Gleichwohl: Die Forderung, die erhoben worden ist, nach mehr Transparenz, nach lückenloser Aufklärung, nach vollständiger Information wird selbstverständlich unterstützt. Das muss weiter eingefordert werden. Im Übrigen sollten wir zunächst die Erkenntnisse der technischen Sachverständigen abwarten. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Krautscheid. – Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegt noch eine Wortmeldung des fraktionslosen Abgeordneten Sagel vor, der hiermit auch das Wort bekommt. Bitte schön, Herr Kollege Sagel.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben hier gerade gehört, was der Minister uns in bester Beamtenmanier vorgetragen hat. Das ist schon erstaunlich.
Sie haben mit nichts etwas zu tun. Das interessiert Sie eigentlich auch gar nicht. Es ist wirklich unglaublich, wie Sie hier argumentieren. Ich möchte einmal wissen, was Sie gemacht hätten, wenn es bei diesem Achsbruch ein paar Hundert Tote gegeben hätte und das Ganze nicht so glimpflich ausgegangen wäre, wie es hier jetzt ausgegangen ist.
Was heißt, hier sind Sie nicht zuständig? Natürlich! Sind Sie hier Minister, oder was sind Sie hier eigentlich? Das frage ich Sie. Ja, was sind Sie denn? Sie haben mit nichts etwas zu tun. Wenn hier ein Unfall mit ein paar Hundert Toten passiert wäre, was hätten Sie denn dann gemacht? Hätten Sie dann auch gesagt, Sie sind nicht zuständig?
Das ist ja unglaublich! Sie sind für die Verkehrssicherheit in Nordrhein-Westfalen zuständig. Was sind Sie denn überhaupt? Das ist eine Frechheit, wie Sie hier argumentieren.
Die Bahn brauchen wir nicht zu verstaatlichen. Wir müssen gerade verhindern, dass Sie, die Sie hier überall Privatisierung betreiben, weiter Politik machen können. Darum geht es hier in NordrheinWestfalen. Wissen Sie, was privare heißt? Privare heißt rauben. Privatisierung heißt Raub. Das ist das, was Sie hier in Nordrhein-Westfalen machen; Sie privatisieren hier an jeder Ecke und Kante.
Dankenswerterweise haben die Grünen das Thema aufgegriffen. Das finde ich sehr gut. Sie haben in Ihrem Antrag auch sehr akribisch dargestellt, worum es hier geht. Nur: Die Konsequenzen scheinen mir noch nicht allesamt zielführend.
Im „Monitor“-Bericht vom 14. August zeigte sich, dass die Deutsche Bahn gegenüber „Monitor“ darauf besteht, dass kein Problem mit den Achsen bestünde, während das EisenbahnBundesamt den „Monitor“-Bericht, der Kernpunkte der Kritik des vorliegenden Antrags darstellt, bestätigt.
Ergo: Es handelt sich um eine Vertuschung der Bahn. Bleibt die Frage nach den dahinterstehenden Interessen. Bahnchef Mehdorn bereitet aktuell den Börsengang der Bahn vor. Leider ist die SPD auch im Boot. Wenn hier vom Börsenfieber der Deutschen Bahn geredet wird, wie der Kollege von der SPD das gemacht hat, dann kann ich nur sagen: Ja, da sind Sie auch dabei. Ihre „Stones“ in Berlin sind dabei. Sie verlassen da leider die Linie, die Sie die ganze Zeit hatten. Auch in dieser Frage verlässt die SPD leider wieder einmal die Linie, indem sie dieser 24,9-%-Privatisierung zugestimmt hat.
Aus Sicht von Herrn Mehdorn ist es offensichtlich notwendig, dass die Bilanzen der Bahn möglichst gut aussehen. Dies wird seit 2003 durch systematische Einsparungen auch bei der Wartung erreicht. Die Intervalle zwischen den Wartungen erhöhten sich von 72.000 km im Jahr 2003 auf zunächst 144.000 km und dann 400.000 km, wie es
im Antrag steht. Diese Intervallverlängerungen bedeuten eine Einsparung in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro als Extraprofit für die Bahn. Genau darum geht es.
Der Verein „Bahn für Alle“ hat Strafanzeige gegen die Vorstände der DB AG wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr gestellt. Damit will der Minister nichts zu tun haben. Dessen Handeln stellt eine Gefahr für Leib und Leben der Passagiere dar.
Ungeeignet erscheint es mir daher, die Bahn zur Veröffentlichung der ihr vorliegenden Fakten aufzufordern. Dem wird sie schwerlich nachkommen. Auch die Prüfintervalle wird sie kaum verkürzen, wenn die Politik sie dazu nicht verpflichtet. Solange das Eisenbahn-Bundesamt faktisch eine Außenstelle der Deutschen Bahn AG darstellt, werden derartige Probleme kaum abreißen.
Das zeigt: Wir müssen verhindern, dass die Privatisierung der Bahn weitergeht. Darüber hinausgehend muss die Kontrolle durch die Politik deutlich verstärkt werden. Darum geht es. Und darum ist es auch sinnvoll, hier darüber zu diskutieren.
Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Mir liegt eine weitere Wortmeldung des Kollegen Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Bitte schön, Herr Kollege Becker.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wegen der Kürze der Zeit will ich nur noch auf wenige Punkte eingehen.
Die Behauptung, die Bahn habe freiwillig gehandelt, ist falsch. In dem EBA-Schreiben – ich gebe es gerne weiter – kann man folgende Passage lesen:
sind leider keine über den gestrigen Sachvortrag hinausgehenden neuen Gesichtspunkte enthalten, die mich zu einer Änderung des mündlich erlassenen Verwaltungsaktes veranlassen würden. Darüber hinaus erscheint mir der von Ihnen als kürzestmöglicher Zeitraum für die Sicherheitsüberprüfung genannte Zeitraum als deutlich zu hoch angesetzt.
Das sagt das EBA am 11. zur Bahn; der Unfall ist am 9. passiert. Wer vor diesem Hintergrund sagt, die Bahn habe freiwillig gehandelt, der hat meiner Meinung nach die Wahrheit nicht zur Kenntnis genommen und die Unterlagen nicht gelesen.
Erstens. Wie man auf der einen Seite die Sicherheitsmaßnahmen – Schließung der Toiletten und Abschaltung der Wirbelstrombremse – als zumindest fragwürdig kritisieren und auf der anderen Seite sagen kann, es würde alles getan, ist mir schleierhaft.
Zweitens. Herr Minister Krautscheid, wenn man sagt, das EBA habe genug Kompetenzen, hat man meiner Meinung nach auch in dieser Hinsicht seine Hausaufgaben nicht gemacht. Das EBA hat nicht genug Kompetenzen. Richtig ist das, was der Kollege Jung gesagt hat. Da geht es um die Frage, ob – bildlich gesprochen – nur die Polizei oder ob auch TÜV-Aufgaben betroffen sind. Ich meine, es muss auch im laufenden Betrieb eingegriffen werden können. Darüber sollten wir in der Tat diskutieren. Das EBA hat in den letzten Jahren – auch das ist belegbar – oft genug kürzere Intervalle gefordert. Die Bahn ist dem aber nicht nachgekommen. Sie ist dem erst nachgekommen, als das EBA wegen Gefahr im Verzug eingreifen konnte.
Letzte Bemerkung: Dass in den letzten Jahren im Streckennetz, an den Werkstätten, auch beim Personal und offensichtlich auch bei den Sicherheitsintervallen drastisch gekürzt worden ist, das kann man heute feststellen und steht außerhalb jeden Zweifels.
Genauso steht es außerhalb jeden Zweifels, dass die Radsatzwellen beim alten dieselgetriebenen ICE unterdimensioniert ausgestattet waren und dieser ICE deswegen aus dem Verkehr gezogen wurde. All das steht fest und ist nicht pseudowissenschaftlich. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung des Ältestenrates, den Antrag Drucksache 14/7340 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem zustimmen möchte, bitte Hand aufzeigen! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? Zustimmung aller Fraktionen und des Kollegen Sagel. Die Überweisungsempfehlung ist angenommen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Regierungswechsel steht Nordrhein-Westfalen wirtschaftlich gut da. 2006 und 2007 lag das Wirtschaftswachstum das erste Mal seit Menschengedenken über dem Bundesdurchschnitt. Seit dem Regierungswechsel haben wir 300.000 Arbeitslose weniger und 240.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr. Sie werden zugeben: Bei solchen Raten hätten unsere Vorgängerregierungen tagelang die Glocken läuten lassen. Wir haben also wirklich keinen Grund, mit der wirtschaftlichen Lage unzufrieden zu sein. Sie werden sich deshalb vielleicht fragen, warum wir ausgerechnet bei einem solchen Höhenflug einen solchen Antrag stellen.