Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

Danke schön, Frau Ministerin Sommer. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/7351 und den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Drucksache 14/7344. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der Anträge an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer enthält sich? – Wer ist dagegen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu:

10 Einnahmen aus dem Emissionshandel nutzen für Nationale Kraftanstrengung zur Energetischen Gebäudesanierung

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/7346

Die Fraktionen haben sich darauf geeinigt, eine Debatte heute nicht zu führen, sondern erst nach Vorlage einer Empfehlung des federführenden Ausschusses zu diskutieren.

Wir kommen deshalb zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 14/7346 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie – federführend –, an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie an den Ausschuss für Bauen und Verkehr. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu:

11 Mehr Chancen für mehr Bildung für mehr Zukunft – Sinkende Studierneigung führt zu steigendem Fachkräftemangel

Antrag

der Fraktion der SPD

Drucksache 14/7352

Auch hier haben sich die Fraktionen darauf verständigt, eine Debatte heute nicht zu führen, sondern erst nach Vorlage einer Empfehlung des Ausschusses zu diskutieren.

Wir kommen deshalb direkt zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 14/7352 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dage

gen? – Wer enthält sich? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu:

12 Nordrhein-Westfalen setzt sich für die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz ein

Antrag

der Fraktion der SPD und

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/7347

Ich eröffne die Beratung und erteile Herrn Jörg von der SPD-Fraktion das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Jörg.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass wir im Beratungsverfahren zu diesem Tagesordnungspunkt noch eine Einigkeit erzielen werden; denn Kinderrechte gehen nicht nur eine Fraktion an, sondern wir alle sollten hier gemeinsam als Parlament initiativ werden.

Meine Damen und Herren, viele Kinder sind materiell unterversorgt, sie leben in Armut, sie werden gedemütigt, sie werden geschlagen, sie werden sexuell missbraucht, sie sind psychischer Gewalt ausgesetzt, sie werden vernachlässigt und verwahrlosen. Das Ganze passiert nicht irgendwo in der Welt, sondern mitten in unserer Gesellschaft, in Deutschland und leider auch hier in NordrheinWestfalen.

Kinder sind die noch schwachen Glieder unserer Gesellschaft, Kinder sind abhängig von Eltern, von Bezugspersonen, von Pädagogen und anderen zu ihrem Schutz Verpflichteten. Diese können oder wollen ihre Schutzfunktion allerdings nicht immer so ausfüllen, wie wir es uns wünschen.

Diese Situation ist übrigens unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und ihrer sozialen Situation. Neulich hatten wir im Ausschuss eine Anhörung, aus der ich wenige Sätze von Dr. Erwin Jordan vom Institut für soziale Arbeit in Münster vorlesen möchte: Andererseits ist natürlich nicht zu verkennen, dass das Risiko eines Kindes, zu einem vernachlässigten, misshandelten, sexuell missbrauchten Kind zu werden, in dem Maße zunimmt, wie die für ihre Erziehung verantwortlichen Personen in ihren Handlungs- und Problemlösungsressourcen beeinträchtigt sind. Hier können durchaus Tendenzen wahrgenommen werden, dass gesellschaftliche Belastungs- und Stressfaktoren, bezogen auf die spezifischen Familiensitua

tionen, zunehmen. Neben der gegenwärtig zu Recht intensiv diskutierten Kinder- bzw. Familienarmut können hier noch genannt werden: familiäre Instabilitäten wie Trennung, Scheidung usw.

Meine Damen und Herren, in den allermeisten Familien läuft es gut. Dort werden die Kinder gut betreut, gut gepflegt und genießen eine gute Erziehung. Deshalb ist für uns Sozialdemokraten der im Grundgesetz festgehaltene Satz „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern …“ auch in keiner Weise infrage zu stellen. Wir sehen das absolut so, wie es formuliert ist, und wir stehen dahinter.

Aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir müssen über die Unterstützungssituation der Kinder in unserem Land reden. Kinder haben Rechte. Ich zitiere aus der „Bremer Entschließung“ des Bundesrates vom 24. Juni 2008: Kinder haben ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit, ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung, ein Recht auf Schutz vor Vernachlässigung und Ausbeutung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als staatliche Gemeinschaft haben die Pflicht zur Schaffung kindgerechter Lebensbedingungen. Ein Schritt dahin wäre es, die Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen. Kurz gesagt: Die Kinder, denen es schlecht geht, brauchen den Schutz unserer Gesellschaft. Diesen Schutz können wir als Parlament und als Gesellschaft nur dadurch garantieren, dass wir die Kinderrechte in unsere Verfassung aufnehmen. Das ist sehr wichtig.

Es ist unfassbar, aber wahr: In Deutschland haben wir Statistiken über die Anzahl der Autos, die wir täglich zulassen, die Mengen an Alkohol, die wir täglich konsumieren – aber wir haben keine Statistik darüber, wie viele Kinder Quälereien ausgesetzt sind, wir haben keine Zahlen darüber, inwieweit sich in der Bundesrepublik Kindeswohlgefährdung breitgemacht hat. Das ist ein Spiegel dafür, dass das Thema in den Medien zwar häufig diskutiert wird, dass es sich in den Parlamenten und Ausführungsorganen aber nicht widerspiegelt und dass nicht nachgehalten wird, wie die Situation der Kinder wirklich ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben Initiativen, den Tierschutz und den Umweltschutz ins unser Grundgesetz aufzunehmen. Ich will nicht dagegen sprechen, meine aber: Bevor wir das machen, wäre es wirklich sinnvoll, den Kinderschutz ins Grundgesetz aufzunehmen. Die Realität der Kinder in unserem Land zeigt die Brisanz dieses Themas. Kinder haben in unserer Gesell

schaft eine eigene Stellung – unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Elternhaus. Das müssen wir verdeutlichen.

Mein letzter Satz dazu: Ich glaube, dass wir in Nordrhein-Westfalen überhaupt keine Schwierigkeit haben, das gemeinsam auf den Weg zu bringen, weil wir auch schon gemeinsam beschlossen haben, dass die Kinderrechte in unsere nordrheinwestfälische Verfassung kommen. Ich glaube, dass jeder Abgeordnete in diesem Hohen Hause, der das mitbeschlossen hat bzw. mitträgt, dafür sorgen sollte, dass diese Kinderrechte nicht nur in der nordrhein-westfälischen Verfassung stehen, sondern auch im Grundgesetz. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Jörg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Asch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Interessen und Lebenslagen von Kindern sind in der letzten Zeit gottlob in das Zentrum der gesellschaftlichen Diskussion gelangt. Das ist gut so, weil wir wissen, dass es immer noch viele Kinder gibt, die in Armut leben, die vernachlässigt werden und denen nicht die Fürsorge zukommt, die sie tatsächlich brauchen.

Wir wissen – Herr Jörg hat eben die Anhörung zum Thema „Kinderschutz“ in der letzten Woche angesprochen –, dass viele Kinder Gewalterfahrungen machen, dass sie vernachlässigt werden, dass sie nicht das bekommen, was für ihre Entwicklung wichtig und notwendig ist.

Deshalb ist es wichtig, immer wieder zu betonen: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sondern sie sind eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Rechten. Deshalb ist es wichtig, diese Rechte im Grundgesetz zu verankern, sie dort zu benennen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Damit geht noch einmal ein ganz deutliches Signal an den Staat und die Gesellschaft. Das Wohlergehen der Kinder ist eine Kernaufgabe des Staates. Es ist auch deshalb eine Kernaufgabe des Staates, weil Kinder in besonderer Weise eines Schutzes bedürfen, weil sie der Fürsorge bedürfen, die sie unter ihren Lebensbedingungen und in ihrer Lebensumgebung oftmals nicht haben.

Kinder haben das Recht auf Unversehrtheit, auf gewaltfreie Erziehung. Dazu gehört im Übrigen

auch das Recht auf ein gesundes Aufwachsen. Dazu gehört das Recht auf gesunde Luft, auf eine intakte Umwelt, auf gesunde, gift- und schadstofffreie Lebensmittel, meine Damen und Herren.

Wir wissen, dass die Diskussion um die Verankerung der Kinderrechte in die Verfassung intensiv geführt wird. Die Wohlfahrtsverbände haben dazu gemeinsam mit dem Kinderschutzbund eine Kampagne gestartet. Es gibt eine Vielzahl von Bundesländern – es ist, glaube ich, sogar die Mehrheit –, die die Kinderechte in ihren Landesverfassungen verankert haben. NordrheinWestfalen hat das auch getan, und das mit den Stimmen aller Fraktionen. Wenn ich richtig informiert bin, war es sogar die CDU-Fraktion hier im Hause, die dazu den Anstoß gegeben hat.

Wir wissen, dass es einen Beschluss der Familienministerkonferenz vom Mai dieses Jahres gibt, der einstimmig gefasst worden ist – das heißt, auch Minister Laschet hat ihn mitgetragen – und besagt, dass die Kinderrechte ins Grundgesetz übernommen werden sollen. Die Kinderkommission der Bundesregierung hat einstimmig – auch mit den Stimmen aller Fraktionen – beschlossen, so zu verfahren.

Gleichwohl haben wir hier in Nordrhein-Westfalen in dieser Frage wohl – so verwunderlich das auch ist – einen Dissens. Ich erinnere an die Diskussion in der Enquetekommission. Dort haben Grüne und SPD den Vorschlag gemacht, dem Parlament die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz zu empfehlen. Leider sind wir nicht zu einer Einigung gekommen. Ich bedaure das sehr und habe wenig Verständnis dafür, dass die beiden Fraktionen, die bei der Diskussion um die Verankerung der Kinderrechte in der Landesverfassung in der letzten Legislatur ganz vorne mit dabei waren, dafür argumentiert und das unterstützt haben, in dieser Frage, wo es darum geht, die Kinderrechte auch im Grundgesetz zu verankern, kneifen und sagen: Nein, das wollen wir nicht.

Deswegen kann ich Sie nur bitten: Handeln Sie konsequent, tun Sie das, was Sie in der letzten Legislaturperiode für die Landesverfassung beschlossen haben auch in Bezug auf das Grundgesetz, und unterstützen Sie gemeinsam mit uns die Bundesratsinitiative des Landes Bremen, in der es ganz klar heißt: Wir brauchen diese Rechte nicht nur in den Landesverfassungen, sondern wir wollen die Grundrechte von Kindern im Grundgesetz verankert sehen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN)