Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich heiße Sie alle sehr herzlich zu unserer heutigen, 101. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich 15 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden wir in das Protokoll aufnehmen.
Vor Eintritt in die Tagesordnung will ich noch einmal daran erinnern, dass alle im Landtag vertretenen Fraktionen sich bereits gestern vereinbart haben, die Beratung des ursprünglich für gestern vorgesehenen Tagesordnungspunkts 3 „Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen“, Vorlage 16/3020, erst heute, und zwar zusammen mit der Aktuellen Stunde und dem Eilantrag als Tagesordnungspunkt 1 zu beraten.
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/10469
Alle bisherigen Planungen müssen auf den Prüfstand, wenn die Landesregierung die vereinbarten Klimaschutzziele ernst nimmt
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/10429
Die Fraktion der SPD und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben mit Schreiben vom 14. Dezember dieses Jahres gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Die Fraktion der Piraten hat, ebenfalls mit Schreiben vom 14. Dezember dieses Jahres, fristgerecht den Eilantrag Drucksache 16/10470 zu dem genannten Thema eingebracht.
Ich eröffne die Aussprache, und als erster Redner hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Thiel das Wort.
Vielleicht darf ich die Kolleginnen und Kollegen auf Folgendes aufmerksam machen: Immer dann, wenn der Plenarsaal noch nicht ganz gefüllt ist, ist die Geräuschkulisse noch intensiver. Auch leise Gespräche kommen also hier oben sehr laut an.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Paris und der Klimaschutzplan bzw. die Klimaschutzpolitik in NordrheinWestfalen ist das Thema der Aktuellen Stunde, verbunden mit dem Beschluss zum Klimaschutzplan. Um es gleich vorweg zu sagen: Paris und der Klimaschutzplan und die Klimaschutzpolitik NRW passen zusammen. Mit dem Klimaschutzgesetz und dem Klimaschutzplan unterstützt NRW die Klimaziele der Bundesrepublik. Was jetzt in Paris beschlossen wurde, nämlich die Klimaerwärmung auf unter 2o zu begrenzen, ist bereits seit 2007 Grundlage deutscher Klimapolitik.
195 Staaten und die EU sind nun eingeladen, daran mitzuwirken, dieses Ziel für verbindlich zu erklären. Sie sind ermutigt und eingeladen, etwas zu tun. Bei der Frage des Weges gibt es keine Verbindlichkeit; es gibt nur Einladung und Ermutigung. Das ist bestenfalls ein Minimalkonsens. Aber gerade auf dem Weg dahin brauchen wir Verbindlichkeit und klare, faire Wettbewerbsbedingungen.
NRW ist weiter. Was wir machen, vollziehen andere erst nach. Mit dem Klimaschutzgesetz 2012 hat NRW spezifische Reduktionsziele festgelegt: eine CO2-Einsparung von 25 % bis 2020 und von 80 % bis 2050. Das folgt auch der Logik von Paris, dass Reduktionsleistungen der Leistungsfähigkeit und den Emissionen eines Landes entsprechen sollen.
NRW hat sich eigene Ziele gesetzt, die die besondere Situation des Industrielandes NRW berücksichtigen. Das bedeutet Klimaschutz ohne Strukturbruch. NRW ist ein bedeutendes Industrieland und soll es bleiben. Deshalb brauchen wir stabile, faire, globale Rahmenbedingungen. Letztlich geht es
auch darum, die ambitionierten politischen Minderungsziele technisch und physikalisch zu erreichen, ohne unsere Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden und damit auch die Fähigkeit, Wohlstand und soziale Sicherheit für unsere nächste Generation zu generieren.
„Von fairen weltweiten Wettbewerbsbedingungen für die Industrie auf dem Feld der Klimaschutzpolitik sind wir weit entfernt“, mahnt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Er warnt insbesondere davor, dass China, weltweit größter CO2-Emittent, mit seinen Überkapazitäten die Stahlmärkte unter Druck setzt, seinen CO2-Ausstoß aber weiter erhöht, während hier die Einsparziele ambitionierter werden.
Während in Paris vereinbart wird, den Höhepunkt der globalen CO2-Emissionen möglichst bald erst erreichen zu wollen, sind wir in NRW bereits auf dem Minderungspfad. Um es klar zu sagen: Aus den Vereinbarungen der Weltgemeinschaft in Paris erwächst kein Druck, bei uns noch schneller aus der Kohle auszusteigen.
Mancher, der hier Ratschläge verteilt, sollte erst einmal vor der eigenen Haustür kehren. Wie wäre es mit einem Projekt „Klimaneutraler Flughafen Frankfurt“? Dabei handelt es sich um die größte interkontinentale Dreckschleuder Deutschlands.
(Hanns-Jörg Rohwedder [PIRATEN]: Frank- furt in Nordrhein-Westfalen? – Josef Hoven- jürgen [CDU]: Und was ist mit Düsseldorf?)
Oder Niedersachsen: Da sollte in Wolfsburg endlich einmal ehrlich an Abgaswerten gearbeitet werden. Heute Morgen konnte man es im Radio verfolgen: Selbst bei den Glühlampen für die Beleuchtung wird getrickst und manipuliert. Da stimmen die Werte hinten und vorne nicht.
Nein, meine Damen und Herren, wir brauchen keine wohlfeilen Belehrungen. Wir setzen bei uns auf vorbeugenden Strukturwandel. Wir wollen die Zeit nutzen, um mit der Innovationsregion Rheinisches Revier neue innovative Arbeitsplätze zu schaffen und die Infrastruktur zukunftsfest zu machen. Dafür nehmen wir auch gerne Hilfe aus Berlin an.
noch die Erdölstaaten noch der Nahe Osten und erst recht nicht die asiatischen Staaten wollen auf ihre Öl-, Gas- und Kohlevorräte verzichten – übrigens auch England nicht.
In NRW wird es keine neuen Tagebaue mehr geben. Dadurch bleiben Milliarden Tonnen Braunkohle unter der Erde. Die bestehenden Tagebaue aber müssen ordnungsgemäß zu Ende gebracht werden und dürfen nicht willkürlich abgeschlossen werden. Das sind wir der Region und den Menschen schuldig.
Der Klimaschutz ist in NRW Bestandteil einer Gesamtstrategie, die sich an wirtschaftlicher Stärke, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Vernunft gleichermaßen orientiert. Wir wollen gute Arbeit schützen. Darum werden wir weiter Strukturbrüche verhindern. Unsere Wirtschaft und letztlich unsere Gesellschaft insgesamt sind auf Versorgungssicherheit angewiesen ebenso wie auf bezahlbare Energiepreise. Darum muss endlich und zügig geklärt werden, wie zukünftig Versorgungssicherheit gewährleistet wird.
Uns ist nicht geholfen, wenn im Nachbarland Belgien schrottreife Atomreaktoren wieder hochgefahren werden. Weltweit erfährt Kernenergie eine Renaissance.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir beschließen heute den Klimaschutzplan. Ökonomisch, ökologisch und sozial – das passt zu NRW. Das ist Klimaschutz made in NRW.
Keine Bevormundung, kein Überstülpen politischer Vorgaben – der Klimaschutzplan ist in einem breiten Beteiligungsprozess entstanden. Er beinhaltet für die Landesregierung einen verbindlichen und klaren Handlungsauftrag sowie zahlreiche Angebote zur Förderung, Forschung und Entwicklung, Beratung und Vernetzung zur weiteren Unterstützung der Menschen im Lande. Sie sollen für Klimaschutz aktiv werden. Das wollen wir nach vorn bringen.
Wir verstehen Klimaschutz als Fortschrittsmotor, als Chance für unseren Maschinen- und Anlagenbau, als Chance für die chemische Industrie und für die Stahlindustrie. Unsere Industrie ist Bestandteil der Lösung zum Erreichen ambitionierter Klimaschutzziele. Wirtschaft 4.0, die Digitalisierung, wird uns dabei weiterhin helfen.
Das machen wir in NRW: Energie weiterdenken und weiterentwickeln – vom virtuellen Kraftwerk bis zur Energiegenossenschaft, Ressourcen effizienter einsetzen und schonen, zum Beispiel bei stromsparender Chlorproduktion, unsere Wohnquartiere entwickeln, zum Beispiel Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in die Stadtentwicklung integrieren, die Mobilität zukunftsgerecht ausbauen und auf