Protokoll der Sitzung vom 03.03.2016

Sie schlagen hier die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Gesellschaft vor. Ja, dieses Ziel teilen wir alle miteinander. Dieses Ziel ist schon im Landesgleichstellungsgesetz festgeschrieben. Daran wird sich bei der Novellierung auch nichts ändern. Sie werden darin weiterhin die Gleichberechtigung von Frauen und Männern finden.

Sie schreiben aber nichts Konkretes. Sie schreiben allerlei wolkige Sachen auf, die unbedingt eingelöst werden müssten. Aber dann nennen Sie mir doch einmal einen konkreten Punkt, an dem Männer wirklich so schrecklich benachteiligt werden.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Ich weiß auch keinen!)

Frau Kollegin Kopp-Herr hat es auch schon gemacht. Aber fangen wir doch einmal mit ein paar Fakten an. Wir haben demnächst den Equal Pay Day. Frauen verdienen nach wie vor weniger: 22 % unbereinigte Lohnlücke, 8 % bereinigte Lohnlücke.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist doch eine aggre- gierte Betrachtung!)

Stellen Sie doch eine Zwischenfrage, wenn Sie irgendetwas dazu beizutragen haben. – Die bereinigte Lohnlücke beträgt 8 %. Wenn Sie das auf den Lebensverlauf hochrechnen, kommen wir bei der Rente zu einem sogenannten Gender Pension Gap von fast 60 %. Damit sind wir EU-weit am Ende, am Schluss. Dazu kommt von Ihnen kein Wort. Keine konkrete Fragestellung zu nichts!

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben es schlicht nicht verstanden. Sie weigern sich auch – das sehe ich nicht zuletzt an den Anmerkungen von Herrn Witzel – konsequent, das zu verstehen.

(Zurufe von der FDP: Oh! Oh! – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Ja, genau; glauben Sie keiner Statistik, die Sie nicht selbst gefälscht haben. Dann zeigen Sie mir doch die Daten, nach denen Frauen in diesem Land genauso viel verdienen wie Männer. Aber das können wir gerne herstellen, wenn Sie auf Bundesebene, wo Sie zwar nicht im Parlament vertreten sind, aber eine Bundespartei haben, auch die Initiative für ein Transparenzgesetz unterstützen, damit wir nämlich genau diese Transparenz schaffen. Dann wird auch Ihnen klar werden, dass Frauen und Männer in diesem Land für die gleichen Tätigkeiten nicht gleich bezahlt werden.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Diet- mar Schulz [PIRATEN]: Manchmal, nicht im- mer!)

Ich habe es aufgegeben. Frau Schneider versteht es nicht. Sie verstehen es nicht.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie wissen es nicht! – Dr. Gerhard Papke [FDP]: Vielleicht liegt es an Ihnen!)

Nein, ich glaube nicht, dass es an mir liegt. Das glaube ich nicht. – Herr Witzel, ich lade Sie ein: Kommen Sie doch am 8. März 2016 hier zu der großen Veranstaltung und diskutieren mit uns gemeinsam. Kommen Sie am Equal Pay Day zu den vielen Aktionen, die es geben wird. Da werden die Frauen es Ihnen noch einmal erläutern.

Ich habe noch einen Fernsehtipp für Sie. Auf der Seite zum Equal Pay Day finden Sie einen wirklich interessanten Film der Satiresendung „Die Anstalt“. Dieser Film erklärt sehr anschaulich, woher die Ungerechtigkeiten in der Lebensverlaufsperspektive zwischen Männern und Frauen rühren. Das könnte vielleicht auch bei Ihnen helfen.

Was sind notwendige Forderungen, die in Ihrem Antrag nicht enthalten sind? Dazu zählen zum Beispiel gendersensible Pädagogik und gendersensible Berufswahlorientierung. Sie haben ja recht damit, dass wir die Gleichstellung von Frauen und von Männern fördern müssen. Das bedeutet, dass auch Jungs das Recht haben, für sich Berufsfelder zu entdecken, die sie bislang nicht entdeckt haben. Deswegen brauchen wir diese Dinge als konkrete Forderung. Wir brauchen auch eine Kultur, in der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht allein als Frauenproblem abqualifiziert wird und in der es auch Männern möglich ist, Pflegearbeit zu übernehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir hatten gerade den Equal Care Day, der zum ersten Mal am 29. Februar 2016 stattgefunden hat. Dabei wurde noch einmal sehr deutlich, dass 80 % der Fürsorgearbeit nach wie vor von Frauen erledigt werden. Aber da haben Sie sicherlich auch ein paar Zahlenkorrekturen für mich. Ich bin gespannt.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Diese Dinge brauchen wir, um eine vernünftige Kultur herbeizuführen – beispielsweise auch bei der Frage von Gender-Mainstreaming-Beauftragten in der eigenen Verwaltung. Die Landesregierung hat in jedem Haus sogenannte Gender-Mainstreaming-Beauftragte. Darüber ist bereits berichtet worden, auch in unserem Ausschuss. Das sind zum Teil auch Männer. Zum Beispiel im Emanzipationsministerium ist der Gender-Mainstreaming-Beauftragte ein Mann.

Das heißt im Grunde genommen: Ihr Antrag ist dadurch obsolet, dass es a) im LGG bereits festgeschrieben ist, b) überflüssig ist und c) an überhaupt keiner Stelle inhaltlich substanziell ist. Dementsprechend werden wir den Antrag in dieser Form ablehnen.

Ich finde es ein bisschen schade, dass Frau Scharrenbach nach der durchaus nachvollziehbaren Argumentation, warum Ihr Antrag nicht besonders stichhaltig ist, am Ende gesagt hat, dass ihre Fraktion sich enthalten werde. Konsequent wäre es gewesen, dann zu sagen: Diesem Antrag stimmen auch wir als CDU-Fraktion nicht zu. – Aber so ist es leider nicht. – Danke.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Paul. – Für die Piraten spricht jetzt Herr Kollege Olejak.

Liebes Kollegium! Vorweg teile ich schon einmal unser Abstimmungsergebnis mit. Ich sage einfach einmal: Nein. – An dieser Stelle möchte ich auch noch ganz herzlich das Präsidium begrüßen und mich dafür bedanken, dass ich die Gelegenheit habe, als Träger eines XY-Chromosoms hier sprechen zu dürfen.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Für die Äußerungen von Frau Scharrenbach bin ich extrem dankbar – bis auf die abschließende Ankündigung einer Enthaltung. Es wurde tatsächlich alles von allen gesagt.

Für eine ergebnisoffene Diskussion oder Debatte hätte ich mir von vornherein gewünscht, wenn sich die FDP-Fraktion gefragt hätte: Was hat das Gleichstellungsgesetz des Landes NRW eigentlich seit 1999 bewirkt? Welche Ergebnisse bei der Umsetzung des Verfassungsauftrages und bei der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichstellung konnten in

NRW seitdem erreicht werden? Wird eine professionelle wissenschaftliche Studie zu der Analyse der Stärken und Schwächen des Gesetzes durch die Landesregierung eingeleitet, oder wurde dies bereits getan, wie dies zum Beispiel Bayern bei der Novellierung seines Gesetzes getan hat? Korrekterweise kam da ja auch schon der Verweis auf die MGEPAStudie.

Daher muss ich ganz einfach sagen: Sie gehen nicht einmal darauf ein, was heute mit den Menschen mit einem selbst bestimmten Geschlecht ist. Wollen Sie Bluttests einführen, um zu überprüfen, ob diese Männer Männer sind oder ob diese Frauen Frauen sind? Das Ding ist einfach für die Tonne; es tut mir leid. – Einen schönen Tag!

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Olejak. – Ich würde gerne klarstellen, dass die Redner und Rednerinnen von den Fraktionen festgelegt werden und nicht vom Präsidium; nicht dass irgendwo ein falscher Eindruck in diesem Haus hängenbleibt. – Für die Landesregierung erhält jetzt Frau Ministerin Steffens das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich jetzt alle Redner außer denen der FDP-Fraktion Revue passieren lasse, dann gibt es, glaube ich, eine relativ breite Kenntnis und Übereinstimmung über die Notwendigkeit eines Gleichstellungsgesetzes und auch darüber, was mit einem Gleichstellungsgesetz eigentlich geregelt wird.

Frau Schneider, dass wir als Landesregierung Jungen- und Männerpolitik betreiben und dass wir gezielte Förderung in vielen Bereichen unterstützen, haben wir nicht erst bei Ihrem Antrag 2014 hier deutlich gemacht und klargestellt, sondern haben es auch an vielen anderen Stellen immer wieder thematisiert.

Es ist richtig, wir brauchen in vielen Bereichen einen differenzierten Blick auf politische Maßnahmen. Aber das machen wir mit dem Gender Mainstreaming. Im Rahmen von Gender Mainstreaming werden die individuellen Bedarfe berücksichtigt und damit auch die individuellen politischen Antworten geliefert; denn klar ist: Rollenstereotypen der beiden Geschlechter müssen überwunden werden. Dafür brauchen wir andere Konzepte.

Aber das Thema „Landesgleichstellungsgesetz“ und „Gleichstellungspolitik“ ist ein anderes. Es ist, glaube ich, auch heute wieder deutlich geworden: Das Prinzip, das dahintersteht, ist bei der FDP-Fraktion überhaupt nicht klar geworden. Es geht nämlich darum, strukturelle Diskriminierung zu überwinden. Struktu

relle Benachteiligung von Frauen wird mit Ihrem Antrag eindeutig negiert. Die Förderung von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst, die gefordert wird, ist sozusagen das Gegenteil von dem gleichstellungspolitischen Auftrag, strukturelle Diskriminierung zu durchbrechen.

Die Daten – es gab ja eben Zwischenrufe vonseiten der FDP-Fraktion –, die mit dem Landesgleichstellungsbericht noch einmal vorgelegt worden sind, sind eindeutig.

(Unruhe)

Es ist extrem laut.

Ja, da hat die Ministerin recht. Es ist relativ laut. Der Geräuschpegel entsteht nicht durch die Kolleginnen und Kollegen, die bereits im Raum sind, sondern eher durch diejenigen, die hereingekommen, um gleich abstimmen zu können. Wenn Sie die Gespräche einstellen könnten, wäre das sehr freundlich.

Der Landesgleichstellungsbericht hat es, was die Umsetzung angeht, noch einmal vorgelegt: Frauen sind vor allem in gut bezahlten und einflussreichen Positionen nach wie vor erheblich unterrepräsentiert, und das ist ein Zeichen einer strukturellen Benachteiligung und kein individuelles Problem von einzelnen Frauen.

Schauen wir uns die Zahlen an: 31,7 % Frauenanteil in Führungspositionen im Bereich der Ministerien, des Landesrechnungshofs, der Landesdatenschutzbeauftragten und der Landtagsverwaltung. Der Anteil ist zwar geringfügig gestiegen, aber trotzdem handelt es sich bei 31,7 % um eine strukturelle Benachteiligung. Genauso ist es bei der Referatsleitung, bei der der Frauenanteil bei 34,8 % liegt, oder in den Aufsichtsgremien der Landesunternehmen mit einem Frauenanteil von 25,3 % oder in den Aufsichtsgremien der Kommunalverwaltung mit einem Frauenanteil von 22 %.

Das zeigt also, an all den Stellen liegt eine strukturelle Benachteiligung vor. Deswegen liegt der Fokus des Landesgleichstellungsgesetzes nach wie vor auf der Beseitigung der strukturellen Benachteiligung von Frauen. Das ist letztendlich das, was wir mit dem Landesgleichstellungsgesetz und mit der dazu vorliegenden Novelle erreichen wollen.

Dabei ist uns ein zweiter Punkt sehr wichtig, nämlich dass ein solches Gleichstellungsgesetz verfassungskonform sein muss. Das müsste eigentlich auch ein Anliegen der FDP-Fraktion sein.

Schauen wir uns an, was im Bund war: Die Bundesregierung hat ein neues Gleichstellungsgesetz für

den öffentlichen Dienst vorgelegt, das zuerst durchgängig auf die Förderung von Männern und Frauen ausgerichtet war. Auch die Quotenregelung bei der Einstellung und Beförderung sollte auf Männer ausgedehnt werden. Was aber ist geschehen?

In der Anhörung zum Gesetzentwurf haben viele eindringliche Hinweise klar und deutlich gemacht, dass dieses Vorhaben nicht verfassungskonform ist, weil es nämlich genau nicht die strukturelle Benachteiligung im Fokus hat; denn eine strukturelle Benachteiligung von Männern im öffentlichen Dienst liegt in der Form nicht vor.

Deswegen hat die Bundesregierung die Ausrichtung auf Männer relativiert. So gibt es zum Beispiel eine Quotenregelung für Männer nur noch in den Bereichen, in denen neben der Unterrepräsentanz auch eine strukturelle Benachteiligung vorliegt. Da die Unterrepräsentanz von Männern regelmäßig eine Folge anderer Ursachen ist, etwa dass die Bezahlung nicht die ist, die Männern gerne hätten, liegt in den Teilen, die gerade unser Landesgleichstellungsgesetz betrifft, keine strukturelle Benachteiligung vor.

Ein Letztes, worauf ich hinweisen möchte – weil das auch der Wunsch von Frau Scharrenbach war –, ist Folgendes: Wir werden jetzt mit dem Landesgleichstellungsgesetz in das Kabinett gehen. Wir werden zu dem Referentenentwurf direkt nach der Verabschiedung die Verbändeanhörung einleiten. Sie bekommen natürlich parallel zur Verbändeanhörung den Entwurf des Gleichstellungsgesetzes. Das heißt, Sie haben dann noch die Osterpause über Zeit, sich intensiv damit zu beschäftigen. Ich hoffe, dass all die Punkte, die dann wirklich diskussionsrelevant sind, auch gemeinsam im Ausschuss diskutiert werden.

In diesem Sinne: Der Antrag der FDP-Fraktion hat mit dem, was an Bedarfen und Herausforderungen da ist, nichts zu tun. Aber die Diskussion zum Gleichstellungsgesetz sollten wir sehr intensiv gemeinsam führen. – Danke.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)