Protokoll der Sitzung vom 11.05.2016

(Beifall von der FDP)

Mit der Einwanderung eines so großen Raubtiers bestehen in Deutschland kaum Erfahrungen. Die Erfahrungen in der Uckermark lassen sich wohl kaum seriös auf das dicht besiedelte Flächenland NordrheinWestfalen übertragen.

Natürlich muss ein Land mit der Struktur wie NRW definieren, wo der Wolf weitgehend gefahrlos einen Lebensraum finden kann und wo nicht. Wir haben Verbreitungsgebiete für Rot- und Damwild. Warum nicht auch für den Wolf?

(Beifall von der FDP)

Wenn er ein Wildtier wie alle anderen ist, dann muss ich diese Frage nicht nur bei großen Pflanzenfressern, sondern auch bei großen Fleischfressern stellen. Das Ruhrgebiet ist nicht der Yellowstone-Nationalpark, und er wird es auch nicht werden, selbst wenn Minister Remmel hier noch 30 Jahre das Sagen hätte.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

Realitäten muss man erkennen, Herr Rüße,

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das ist unwahr- scheinlich!)

nicht erst dann, wenn es zu spät ist.

Wenn man Verbreitungsgebiete festgelegt hat und sich die Population gefestigt hat, dann kann und muss man Wölfe außerhalb dieser Gebiete auch bejagen. Dies trägt nämlich durchaus dazu bei, dass der Wolf seine angeblich natürliche Scheu vor den

Menschen behält. Diese Scheu ist nämlich nicht so natürlich, wie uns die Wolfsfreunde immer weismachen wollen. Wir wissen gar nicht, wie Wölfe in dritter oder vierter Generation auf Menschen reagieren, wenn von diesen offensichtlich keine Gefahr ausgeht. Zum Beispiel ist Rotwild durch Nachdruck vom Offenlandbewohner zum heimlichen Waldbewohner geworden. Tiere reagieren also ganz deutlich auf ihre Umwelt.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das ist auch nicht gut!)

Ich weiß, Herr Rüße, ist klar. – Also warum sollte der Wolf, der keinen Druck spürt, nicht auch dauerhaft seine angebliche Scheu vor den Menschen verlieren? Darauf gibt keiner der vielen Experten eine Antwort.

Angesichts der Herausforderung ist es nur mit ideologischen Scheuklappen zu erklären, dass die Strukturen eines der erfolgreichsten Wildtiermanagementsysteme der Welt, nämlich unseres deutschen Jagdrechtes, zur Lösung der Problematik nicht herangezogen werden.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das ist ein Jagd- recht und kein Managementsystem!)

Herr Rüße, statt über 80.000 ehrenamtliche Natur- und Tierschützer, die in den letzten Jahrzehnten ihre Leistungsfähigkeit bewiesen haben, in den Prozess einzubinden, werden in Nordrhein-Westfalen mit dem Wolfsmanagementplan der Landesregierung bürokratische, teure und unglaublich komplizierte Strukturen geschaffen.

(Beifall von der FDP)

Mehr als 13 Landesbehörden, eine Vielzahl von Bundesbehörden, unzählige Verbände, Institute sollen sich nach dem Willen des Umweltministers zukünftig um die Lebenswege der Wölfe kümmern. Das ist nicht erklärbar.

Der Wolf ist ein Wildtier, und Wildtiere unterliegen dem Jagdrecht – aus gutem Grund.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Guten Grund hat der Wolf eben nicht!)

Denn dort finden wir alle notwendigen Instrumente zum Management der Wölfe. Diese nicht zu nutzen ist fahrlässig vonseiten der Landesregierung, weil sie damit eigene Gesetze ungenutzt lässt und Möglichkeiten verspielt.

Auch die Jägerschaft würde sich schaden, wenn sie aus Angst vor der Verantwortung den Wolf nicht aktiv als jagdbare Art einfordert. Zu meinem Selbstverständnis als Jäger gehört es, Verantwortung für alle Wildtiere zu übernehmen. Sonst würde die Jagd ihren eigenen hohen Ansprüchen am Ende nicht gerecht – was aber definitiv nicht bedeuten darf, dass

Wildschäden, die der Wolf verursacht oder verursachen wird, auf die Jägerschaft abgewälzt werden.

Die Jagdabgabe muss tabu bleiben, normaler Wildschadensersatz auch.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Man kann nicht al- les haben!)

Solange der Wolf ganzjährig geschont ist, müssen die Schäden aus dem Umweltministerium bezahlt werden.

(Beifall von der FDP)

Ich appelliere an alle Fraktionen, sich dieses Themas ernsthaft anzunehmen. – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Busen. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Meesters.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne. Der Wolf ist wieder da, ja, und das begrüßen wir auch alle. Das ist sicherlich auch ein Erfolg des Natur- und Artenschutzes in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen. Bis dahin teilen wir auch die Einschätzungen der Kollegen der FDP.

Bei der Anwendung des Jagdrechtes und der Festlegung von Verbreitungsgebieten allerdings scheiden sich sehr schnell die Geister, nämlich in die mit und in die ohne Fachkompetenz.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der FDP)

Lieber Herr Busen, der Wolf ist kein Wildtier wie alle anderen. Der Wolf – und das wissen Sie auch sehr genau – genießt in Deutschland und in anderen europäischen Ländern den größtmöglichen Schutzstatus als Wildtier. Er unterliegt dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen, er unterliegt unter anderem auch dem Bundesnaturschutzgesetz, der Bundesartenschutzverordnung und ist auf der Liste der gefährdeten Tiere als vom Aussterben bedroht gekennzeichnet.

Der Wolf ist auch nicht im Bundesjagdgesetz als jagdbare Art aufgeführt. Die Tötung eines Wolfes ist deswegen auch ein Straftatbestand. Ich erinnere mich noch sehr genau: Bei der Diskussion um ein neues NRW-Landesjagdgesetz wurde uns von Ihnen die Liste des Bundesjagdgesetzes immer als Muster für unsere Liste vorgehalten. Und eine Forderung, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen, gab es damals von Ihnen nicht. Ich sehe, Sie suchen sich die Argumente immer so aus, wie sie Ihnen gerade in den politischen Kram passen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben zwar im neuen Jagdgesetz in NRW vernünftige Gründe für die Bejagung von Tieren vorgegeben: die Verwertung oder Vermeidung von Wildschäden. Bei einer Veränderung der Bestandssituation der Arten kann auch der Katalog der jagdbaren Arten angepasst werden. Das ist richtig. Aber das ist bei der derzeitigen Population und angesichts des höchsten Schutzstandards des Wolfes in Deutschland absolut kein Thema; wir haben bisher nur durchziehende Jungtiere und kein Rudel in NordrheinWestfalen gesichtet.

Mit der Einbindung der Jägerschaft über das Jagdgesetz durch die Verpflichtung zur Hege und Pflege unterstellen Sie in Ihrem Antrag große Vorteile beim Wolfsmanagement. Meine Frage ist: Wie soll denn Hege und Pflege des Wolfes machbar sein? Zum Beispiel durch Verzicht der Jagdstrecke, die der Jäger selber durch Zufütterung des Wildes machen will?

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Hege eines Raubtieres wie des Wolfs widerspricht dem allgemeinen Hegeverständnis total. Das passt doch überhaupt nicht.

Experten sagen zudem: Die Eliminierung von Problemwölfen kann nicht im Interesse der Jäger sein. Ich kann mich noch gut an die Diskussion des Jagdgesetzes erinnern. Die haben sich immer sehr dagegen gewehrt, zur „Schädlingsbekämpfung“ eingesetzt zu werden – so wurde das genannt.

Und wenn Fehler gemacht werden, liegt das rechtliche Risiko beim Jäger. Wer kann das denn wollen? Sie etwa? Sie sagen in Ihrem Antrag: Die Jäger tragen im Extremfall die Verantwortung und werden nicht zu Helfern degradiert, wenn im Jagdgesetz der Wolf Einzug gehalten hat. – Wollen Sie das denn wirklich? Aufgrund des hohen Schutzstatus des Wolfes bleibt doch trotz des Jagdrechts eine Strafbewährung bei falschen oder illegalen Abschüssen. Die mögen auch einfach so, aus Versehen zustande kommen. Das würde bedeuten: die negative öffentliche Diskussion zulasten der Jägerschaft und eine Strafbewährung bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug. Wer will das denn?

Sie möchten unter Punkt 4, dass der Landtag feststellt – Sie haben es gerade noch einmal gesagt –: „Mit der Einwanderung eines so großen Raubtieres bestehen in Deutschland keine Erfahrungen.“ Das ist völlig falsch und völlig daneben. Es gibt eine große Erfahrung in Deutschland. In den einzelnen Bundesländern spiegelt sich das in den 13 Wolfsmanagementplänen wider, die wir mittlerweile haben. Der älteste ist 1994 in Brandenburg gemacht worden, der letzte in Nordrhein-Westfalen. Das Ziel aller Länder sind eine konfliktarme Gestaltung der Rückkehr und Ausbreitung des Wolfes, Schutzmaßnahmen und Ausgleichszahlungen im Schadensfall und ein Monitoring der Wolfsbestände.

Damit sind wir in Nordrhein-Westfalen mit unserem Wolfsmanagement in bester Gesellschaft. Ihr Antrag zeugt entweder von tatsächlicher Inkompetenz oder von vorgespielter Unkenntnis. Das vermute ich eher, weil Sie das dem Vorwahlkampf schulden. Ich höre es ja schon an den ewigen Worten mit den Regelungen und Verboten, wie wir das Land mit diesen Dingen überziehen. Es ist vielleicht auch nicht zuletzt dem heutigen Parlamentarischen Jägerabend geschuldet, dass Sie diesen unsäglichen Antrag hier gestellt haben.

Herr Kollege, gestatten Sie ein Zwischenfrage von Herrn Busen?

Das ist freundlich. – Bitte, Herr Busen.

Herr Meesters, in welchen Ländern der EU wird der Wolf bejagt? Und in welchem Land in Deutschland ist der Wolf schon ins Jagdrecht aufgenommen?

In Sachsen ist der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen. Aber die Erfahrungen, die damit gemacht werden, sind nicht so, dass man das als sehr förderlich bezeichnen sollte. Außerdem hat man in Sachsen genauso wie in Nordrhein-Westfalen einen Wolfsmanagementplan; denn ohne den geht es überhaupt nicht.

In Niedersachsen ist übrigens ein ähnlicher Antrag der FDP, den Wolf ins Jagdrecht zu übernehmen, vor gar nicht langer Zeit mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen zu Recht abgelehnt worden. Das zeigt deutlich: Die Jägerschaft ist auf freiwilliger Basis sehr stark in das dortige Wolfsmanagement eingebunden. Und das funktioniert gut.

So können wir das auch in Nordrhein-Westfalen machen. Wir sprechen ja nicht gegen die Jägerschaft. Wir wollen sie nur davor bewahren, eine so unsinnige Geschichte wie die, die Sie hier vorhaben, zu übernehmen – mit all den falschen Folgen, die das hat.

Es gibt also sehr gute Gründe dafür, dass wir es nach der Beratung im Fachausschuss in Nordrhein-Westfalen genauso halten, wie die Kollegen in Niedersachsen das gemacht haben. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde: Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Danke schön.