Erstes Beispiel: Amazon. LobbyControl hat schon am 5. November über die Amazon-Aktion berichtet. Das Ministerium hat aber erst dann reagiert, als das hessische Kultusministerium die weitere Teilnahme an ähnlichen Veranstaltungen untersagt hat. Die „Frankfurter Rundschau“ zitiert das Kultusministerium Hessen mit den Worten, es sei offensichtlich, dass es dem Unternehmen ausschließlich um das eigene Image in der Öffentlichkeit gehe. Jetzt hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung letzte Woche – allerdings nachdem wir den Antrag eingereicht haben – gegenüber der Presse die Teilnahme als unzulässig erklärt.
Erstens eine Frage von allgemeinem Interesse: Werden die Schulen und die Schulträger durch das MSW jetzt noch einmal informiert, und zwar nicht nur über die Broschüre, sondern gibt es weitere Maßnahmen?
Dann habe ich eine Frage für das Fachpublikum: Was sind denn die Gründe für die Entscheidung, dass die Teilnahme an diesem Wettbewerb für unzulässig erklärt wurde?
Und ich habe eine Frage für LobbyControl – denn die müssen sich ja veräppelt vorkommen, wenn sechs Monate gar nichts passiert und erst ein Signal aus Hessen kommen muss, bevor das Schulministerium reagiert –: Warum wurde der Verstoß erst nach drei Jahren entdeckt, und was haben Sie jetzt vor, gegen Meinungsmache und Marketing an Schulen zu unternehmen?
Wir hatten einen zweiten Fall, Stichwort „Panini“. Da wurden in Schulen Produkte durch eine professionell und systematisch organisierte Aktion einer Firma platziert. Da gehen Schulen offensichtlich Sponsoringverträge ein, wo sie vorher gar nicht wissen, was sie hinterher bekommen, sozusagen ein Sponsoringabo. Jetzt sagen Sie mir bitte, wie man da vorher beurteilen kann, ob das Sponsoring einem schulischen Zweck dient. Nämlich gar nicht! Auch hier, Frau Ministerin, hätte ich gern Ihre Sicht auf die Problematik.
Die Debatte ist nicht möglich, ohne dass wir uns fragen, warum es das Sponsoring überhaupt gibt. Ich möchte zum Schluss kommen mit einem Zitat:
„Angesichts der zunehmenden Finanznöte der Schulträger versuchen Schulen, an zusätzliche Mittel zu kommen.“
Wir müssen also mit den kommunalen Schulträgern erörtern, wie man an eine bessere sächliche Ausstattung der Schulen kommt. Denn klar ist: Wenn die öffentliche Hand ihre Aufgaben nicht ordentlich finanzieren kann, wenn Schulen auf die Zuwendungen Dritter angewiesen sind, dann untergräbt man die Akzeptanz der öffentlichen Schule. Und das darf uns nicht passieren. – Vielen Dank.
Danke, Herr Kollege Marsching. – Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich in aller Freundschaft, Herr Kollege Marsching, noch einmal daran erinnern, dass die Landtagspräsidentin zu Beginn der Wahlperiode die Abgeordneten gebeten hatte, in angemessener Bekleidung ins Plenum des Landtags zu kommen, insbesondere dann, wenn man ans Rednerpult tritt.
(Beifall von der CDU und der FDP – Michele Marsching [PIRATEN]: Was ist bei meiner Kleidung nicht angemessen?)
Ich will das jetzt nicht weiter vertiefen. Das hat etwas mit der Würde des Hauses zu tun und mit dem Bild, dass wir als gewählte Abgeordnete bei aller Unterschiedlichkeit der inhaltlichen Positionen nach außen vermitteln. Mehr will ich dazu nicht sagen. Vielleicht
lesen Sie dieses Schreiben der Frau Landtagspräsidentin noch einmal. Das würde ich Ihnen gerne mit auf den Weg geben.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Was ist jetzt an meinem Auftreten unwürdig bei meiner vierten Rede heute hier? Ihr macht das schon!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Piratenfraktion, ich kann gleich zu Beginn feststellen, dass Ihr Antrag eine Regelung in den Mittelpunkt stellt, die eigentlich längst entschieden, klar definiert und abschließend ausgearbeitet ist.
Eines vorweg: Kommerzielle Werbung – Herr Marsching, das haben Sie gesagt – wollen wir genauso wenig wie Sie. Das ist aber gar nicht der Punkt. Denn das Verbot von Werbung an Schulen ist nicht neu und im Übrigen auch eindeutig rechtlich geregelt: im Schulgesetz NRW in § 99 Abs. 2.
Sponsoring ist unter bestimmten Umständen – auch das haben Sie erwähnt – erlaubt. Diese liegen beispielsweise vor, wenn Leistungen von Sponsoren mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule vereinbar sind.
Sie fordern in dem ersten Punkt Ihres Antrags dazu auf – ich zitiere –, „die Schulen und die Öffentlichkeit über die bestehenden Regelungen zum Schulsponsoring wirksam zu informieren“. Das passiert doch schon längst.
Jetzt können Sie gleich anfangen, zu zählen, Herr Marsching. – Nummer 1: Der umfangreiche Leitfaden des Schulministeriums „Schulsponsoring heute“ klärt über Rechtsgrundlagen, Anwendungsbeispiele, Nutzen und Gefahren detailliert und praxisorientiert auf.
Nicht nur dieser Leitfaden, sondern auch Ausführungen im Amtlichen Schulblatt der jeweiligen Bezirksregierung geben den verantwortlichen Schulleiterinnen und Schulleitern genügend Wissen an die Hand, um im Zweifel angemessen entscheiden zu können.
Das tun die Schulleitungen im Übrigen nicht allein, sondern es liegt ein Beschluss der Schulkonferenz zugrunde, die ja zu einem Drittel aus Schülerinnen und Schülern – Betroffene –, Eltern – Betroffene – sowie Lehrerinnen und Lehrern – ebenfalls Betroffene – besteht. Sollten am Ende einer solchen Konferenz immer noch rechtliche Fragen bestehen, kann sich wiederum die Schulleitung jederzeit an die Schulaufsichtsbehörden wenden.
Sie fordern in dem zweiten Punkt weiterhin, „die Themen Werbeverbot und Schulsponsoring in den Angeboten der Schulleitungsqualifizierung zu verankern“. Auch diese Forderung wird schon lange erfüllt. Zur Schulleitungsqualifizierung gehören zwingend Kenntnisse des Schulgesetzes. Ich kenne durchaus Kolleginnen und Kollegen, die sich im Schulgesetz besser auskennen als mancher Jurist.
In dem dritten Punkt fordern Sie, „die bestehenden Regelungen zum Schulsponsoring … zu prüfen und diese gegebenenfalls … zu präzisieren“. – Genau dieser Prozess der Begleitung und der Beratung wird seitens der Bezirksregierungen und der Schulaufsicht fortlaufend aktualisiert und den neuen Entwicklungen angepasst.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf die Verantwortlichkeit der Schulleitungen zu sprechen kommen. Seit dem Jahr 2000 verfolgen wir in NRW den Grundsatz der selbstständigen und eigenverantwortlichen Schulen. Das bedeutet in der Konsequenz, auch Vertrauen in die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Schulleitungen zu haben.
Ich glaube nicht – und da spreche ich aus persönlicher Erfahrung als Schulleiter –, dass Entscheidungen für Sponsoring und Kooperation mit Unternehmen leichtfertig, unüberlegt und im Zweifel ohne Rücksprache mit irgendwem – meinetwegen auch der Schulaufsichtsbehörde – getroffen werden.
Meine Damen und Herren, wie läuft das in der Praxis ab? Ich bekomme als Schulleitung ein Angebot auf den Tisch und gehe zu meinem Vertreter bzw. meiner Vertreterin. Zwei Leute sind involviert. Danach gehe ich zum Lehrerrat. Wieder sind mehrere Personen involviert. Das Ganze wird dann in das Kollegium und anschließend in die Schulkonferenz getragen. Es sind also genügend Personen am Entscheidungsfindungsprozess beteiligt.
Wenn Sie auf den Fall – und das haben Sie getan – des Schreibwettbewerbs des großen Versandhändlers an Grundschulen bei uns anspielen: Hier ist die Haltung des NRW-Schulministeriums im Übrigen die gleiche wie die in Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Sie haben es gerade zitiert. Ich erspare mir das.
Sie fordern in dem vierten Punkt, „die Schulträger in die Lage zu versetzen, … dass die Schulen in Nordrhein-Westfalen auf Sponsoring verzichten können“. – Herr Marsching, Sie werden mit mir sicherlich darin übereinstimmen, dass Schulen Partnerschaften und Kooperationen mit außerschulischen Institutionen, Organisationen und Unternehmen benötigen und dass solche Kooperationen neue Perspektiven
ermöglichen können – etwa in gesellschaftlicher Hinsicht, aber vielleicht auch als Perspektive für die Arbeitswelt, in die die Schülerinnen und Schüler ja in absehbarer Zeit eintreten werden.
In meinem Wahlkreis, in meiner Heimatstadt gibt es ein großes Chemieunternehmen, das sich vermehrt um Schülerinnen und Schüler durch Kooperation bemüht. Manchmal erwächst daraus ein Studium der jungen Leute oder ein Ausbildungsplatz. Ich denke, das ist nicht das Schlechteste.
Ich komme zum Schluss. Ihr Antrag, auch wenn er vielleicht wohlwollend gemeint sein mag, erschließt sich uns in Bezug auf die praktische Anwendung nicht und hält der Realität an Schulen in NRW im Ganzen nicht stand. Nach der Überweisung werden wir uns im Schulausschuss sicherlich weiterhin damit beschäftigen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Schulsponsoring ist nicht wirklich neu. Das gibt es seit vielen Jahren und wird weitestgehend erfolgreich praktiziert. Natürlich ist der Grat zwischen Sponsoring, das erlaubt ist, und verbotener Werbung schmal. Aber bis auf die wenigen eben auch zitierten Ausnahmen hat es in den vergangenen Jahren keine wirklichen Probleme mit der Einschätzung durch die Schulleitung und ihre Gremien gegeben.
Nennen wir Ross und Reiter: Eine auf Schulsponsoring spezialisierte Agentur aus Recklinghausen liefert regelmäßig Werbeartikel an Schulen.
Das können Getränke einer bekannten Marke sein, Buntstifte eines bestimmten Herstellers oder Pflaster mit Werbelogo, die dann im Sanitätsraum landen – alles logische und praktische Dinge.
Vor Kurzem waren aber die von Ihnen auch angeschnittenen Fußballsammelheftchen dabei, die in klassengrößengerechten Paketen an die Schule geliefert wurden. Das hat gewiss nichts mit dem Schulalltag zu tun. Im Gegenteil! Wer Kinder hat oder sich selber noch daran erinnern kann, auf dem Schulhof Bildchen getauscht zu haben, weiß, dass man, wenn man ein solches Album füllen möchte, ganz schnell am Ende des Taschengeldes angelangt ist.
Im Oktober 2015 war es der Energiekonzern RWE, der in die Kritik geraten ist, weil er kostenlose Brotdosen an Erstklässler vermittelte, Sportfeste bezahlte und kostenlose Unterrichtsmaterialien über den angeblichen Nutzen von Braunkohle an Schulen verteilte.
Ich nenne einen aktuellen Fall, an den Sie, Herr Marsching, eben erinnerten. Mit einem Wettbewerb wollte Amazon kreatives Schreiben von Schulkindern fördern. Um den Preis entgegenzunehmen, reisten beispielsweise Grundschüler aus MoersHülsdonk in das Logistikzentrum dieses Onlinehändlers nach Rheinberg. Was passiert – nicht unerwartet? In einer Halle voller Spielzeug haben die kleinen Besucher den eigentlichen Sinn dieses Ausflugs aus dem Blickfeld verloren. Da ist es eindeutig, dass der kommerzielle Zweck vor die Bildung gerückt ist.
Wo also hört Sponsoring auf und wo beginnt Werbung? Zitat – ich greife noch einmal darauf zurück –: „Jede Werbung, die nicht schulischen Zwecken dient, ist in der Schule unzulässig.“ So heißt es im Landesschulgesetz. Sponsoring ist demnach zulässig, wenn der damit verbundene Werbezweck mit dem Schulauftrag vereinbar ist. Schulen dürfen Zuwendungen von Herstellern entgegennehmen, aber der Werbeeffekt muss deutlich hinter dem schulischen Nutzen – da komme ich wieder auf die Buntstifte zu sprechen – zurückstehen.
In der „FAZ“ vom 4. Juli 2010 findet sich unter der Rubrik „Beruf & Chance“ das Beispiel des PestalozziGymnasiums in Unna. Der damalige Schulleiter Helmut Schorlemmer hat mit verschiedenen Sponsoren Verträge abgeschlossen. Unter anderem boten eine Versicherungsagentur ein Assessmentcenter für Oberstufenschüler und ein IT-Unternehmen Bewerbungstrainings an. Schaut man heute auf die Website dieser Schule, sieht man: Inzwischen hat zwar die Schulleitung gewechselt, aber das Konzept hat sich fortentwickelt. Es war offensichtlich ein Erfolgsmodell, denn die Liste der Sponsoren ist lang.
Grundsätzlich stimmen wir von der CDU-Fraktion Ihrem Antrag zu, das Schulsponsoring verantwortungsvoll zu gestalten. Diese Verantwortung – Herr Weiß hat darauf eben hingewiesen – sollten wir den Schulleiterinnen und Schulleitern vor Ort und den dazugehörigen Schulkonferenzen zutrauen, denn bis auf ganz wenige Ausnahmen funktioniert es gut.
Was wir aber nicht machen sollten, ist, die Schülerinnen und Schüler zu sehr in Watte zu packen. Wir können sie zwar in der Schule vor zu viel Werbung schützen,