Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

Ja, weil es zu wenig war. Sie haben aber auch nicht mehr gefordert, ganz einfach. Dann müssen Sie schon stringent bleiben.

Ihr Antrag bringt mich zu drei Anmerkungen.

Erstens. Sie wollen mit Ihrem Antrag den Eindruck erwecken, dass die Nachricht vom schlechten Zustand unserer Landesstraßen plötzlich und unerwartet und ausschließlich dank des Berichts des Landesrechnungshofs das Licht der Öffentlichkeit erblickte.

Dem Eindruck muss ich ganz energisch widersprechen. Sie wissen es eigentlich auch besser. Sie wissen nämlich genauso gut wie ich, dass das Verkehrsministerium über den Landesbetrieb Straßen grundsätzlich alle vier Jahre den voraussichtlichen Erhaltungsbedarf der Landstraßen in NRW prognostizieren lässt.

Sie wissen auch genau wie ich, dass die aktuelle Erhaltungsbedarfsprognose am 27. August 2015 im Ausschuss vorgelegt worden ist. Das ist also nicht plötzlich und unerwartet geschehen, sondern über ein Jahr alt. Das ist auch keine besondere investigative Leistung des Landesrechnungshofs, sondern eine öffentliche Vorlage des Ministeriums im Ausschuss.

(Christof Rasche [FDP]: Vorlage an den Lan- desrechnungshof!)

Zweitens. Sie führen dieses Theater hier auf, weil Sie der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen unterstellen wollen, sie ließen die Infrastruktur verkommen.

(Bernhard Schemmer [CDU]: Genauso ist es!)

Sie verkennen dabei einen Punkt, Sie hätten den Bericht mal lesen sollen. Der Bericht des Landesrechnungshofs basiert auf einem Vergleich der Zustandserfassung und Bewertung aus dem Jahre 2004, also kurz vor Ihrem Regierungsantritt, mit der Zustandserfassung und Bewertung aus dem Jahre 2011, also kurz nach Ihrer Abwahl.

(Minister Michael Groschek: So ist es!)

Wenn überhaupt, dann ist der Bericht des Landesrechnungshofs ein Zeugnis für Ihre fünfjährige Regierungszeit.

(Beifall von der SPD und Minister Michael Gro- schek)

Insofern geht doch mindestens die Tatsache, dass sich die Summe der notwendigen Mittel für die Aufrechterhaltung des Straßenzustandes auf mehr als 2,8 Milliarden € verdoppelt hat, auf Ihren politischen Deckel. So einfach ist das. Sie haben jahrelang wissentlich zu wenig Geld in den Erhalt unserer Landes

straßen gesteckt, weil Ihnen symbolische Spatenstiche und Bauschilder für fragwürdige Neubauprojekte wichtiger waren als Investitionen in die Substanz.

Rot-Grün hat damit Schluss gemacht und Gott sei Dank gesagt: Erhalt vor Neubau.

(Christof Rasche [FDP]: Im Jahr 2008!)

Rot-Grün hat den Worten auch Taten folgen lassen und deutlich mehr Geld für den Erhalt der Landesstraßen zur Verfügung gestellt. 2010 waren 50 % des Straßenbauetats für den Erhalt. 2015 waren es schon 62 %. 2016 waren es absolut 115 Millionen €.

(Christof Rasche [FDP]: Aber doch nur, weil Sie den Neubau reduzieren!)

Der Ansatz jetzt liegt bei 117,5 Millionen €. Wer weiß, was am Ende der Haushaltsberatungen dabei herauskommt!

(Christof Rasche [FDP]: Neubau um zwei Drit- tel runter!)

Wir wissen aber auch: Geld ist nicht alles. Deshalb haben wir den planlosen Abbau von 727 Stellen beim Landesbetrieb Straßenbau in den Jahren 2005 bis 2010 gestoppt. Deshalb haben wir neue Stellen eingerichtet und besetzt,

(Beifall von der SPD – Jochen Ott [SPD]: Bravo!)

sodass beim Landesbetrieb Straßenbau im Vergleich zum 31. Dezember 2010 im Februar 2016 33 Köpfe oder 70,1 Vollzeitäquivalente an Ingenieuren mehr gearbeitet haben.

Deswegen haben wir bzw. hat der Minister den Landesbetrieb Straßenbau umorganisiert und so dafür gesorgt, dass für die Kernaufgaben Planen, Bauen und Erhalten bis zu 150 Stellen mehr bereitgestellt werden können.

Deshalb sind wir der Projektmanagementgesellschaft DEGES beigetreten und haben die Mittel für die externe Vergabe um mehr als 21,7 Millionen € im Vergleich zu 2010 aufgestockt.

So wird Straßen.NRW in diesem Jahr die Rekordsumme von 1,1 Milliarden € umsetzen können und darüber hinaus bis zum Jahresende baureife Planungen mit einem Volumen von mehr als 1,2 Milliarden €

(Zuruf von der FDP)

ja, das passt Ihnen nicht, stimmt aber – als Planungsvorrat anlegen können.

Alles in allem bleibt festzuhalten: Die Landesregierung zieht Konsequenzen aus ihrer eigenen Erhaltungsprognose für die Landstraßen. Insofern werden wir den FDP-Antrag ablehnen, weil er – das ist die positivste Formulierung – durch Regierungshandeln erledigt ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und Mi- nister Michael Groschek)

Vielen Dank, Herr Becker. – Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Voussem.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Journalist Claus Henninger hat einmal gesagt: Nichts kommt ein Unternehmen so teuer zu stehen wie „Leute, die falsche Entscheidungen treffen.“ Nicht nur falsche Entscheidungen, die Unternehmensmitarbeiter treffen, kommen unsere Unternehmen teuer zu stehen, nein, auch Fehlentscheidungen der Politik tun das.

Eine von vielen verkehrspolitischen Fehlentscheidungen der rot-grünen Landesregierung war die Einführung des Sozialtickets im Jahr 2011.

(Lachen von Arndt Klocke [GRÜNE])

Seit 2011 wurden jährlich 30 Millionen € für das Sozialticket ausgegeben. In den Jahren 2016 und 2017 werden für das Sozialticket sogar jeweils 40 Millionen € in den Haushalt eingestellt. Das ist eine rein konsumtive Ausgabe, meine Damen und Herren. Das ist falsch. Solche konsumtiven Ausgaben haben nichts im Haushalt des Verkehrsministeriums zu suchen. Konsum auf Kosten der Infrastruktur ist finanz- und verkehrspolitischer Unsinn.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Nordrhein-Westfalen braucht diese Mittel dringend für die Infrastruktur, das heißt für den Landesstraßenbau. Im Jahr 2017 wird die rot-grüne Landesregierung 230 Millionen € für das Sozialticket ausgegeben haben. Davon hätten wir viele Kilometer Landesstraßen bauen oder reparieren können.

Unsere Forderung lautet daher, konsumtive Ausgaben zugunsten der Infrastruktur umzuschichten, das heißt die Streichung des Sozialtickets und die Umschichtung von bisher 40 Millionen € dafür in den Landesstraßenbau. Beide Maßnahmen führen zu mehr nachhaltigen Investitionen in den Straßenbau.

Der Paradigmenwechsel, Herr Kollege Becker, mehr in den Erhalt als in den Neubau von Landesstraßen zu geben, wurde übrigens 2008 von der schwarz-gelben Landesregierung vorgenommen und war richtig. Daher begrüßen wir es auch, dass die rot-grüne Landesregierung diesen Kurs nach 2010 fortgeführt hat. Die Erhöhung der Mittel für den Landesstraßenerhalt in den vergangenen Jahren war auch eine richtige Entscheidung.

Damit sind wir aber bereits am Ende unseres Lobes und unserer Gemeinsamkeiten mit der rot-grünen Landesregierung beim Thema „Landesstraßenbau“.

Seit Jahren hat sie beim Landesstraßenbau kontinuierlich gekürzt. Nur noch 32 Millionen € für den Landesstraßenneubau im Jahr 2016 bedeuten den niedrigsten Wert seit Beginn aller Aufzeichnungen hierüber.

Auch im Haushaltsentwurf 2017 sind nur 32 Millionen € dafür vorgesehen. Durch die Ausfinanzierung von derzeit im Bau befindlichen Landesstraßen sind diese Mittel aller Voraussicht nach auf Jahre gebunden. So können weiterhin wichtige Ortsumgehungen nicht gebaut werden. Der Lkw-Verkehr fließt weiterhin zähflüssig durch die Ortschaften. Bürgerinnen und Bürger müssen weiter Jahrzehnte mit Lärm, Dreck und Staus in ihren Wohnorten leben.

Darüber hinaus wissen wir heute nicht, wie viele Mittel von den 32 Millionen € für Landesstraßenneubau noch für Radschnellwege abgezweigt werden. Die Grünen haben eine Halbierung auf nur noch 16 Millionen € für denkbar gehalten. Bisher haben aber weder die Landesregierung noch die sie tragenden Koalitionsfraktionen unsere Frage dahin gehend beantwortet, inwieweit diese Pläne realisiert werden. Vielleicht wird uns Herr Kollege Klocke gleich ins Bild setzen.

Mit der Änderung des Straßen- und Wegegesetzes durch die rot-grüne Landesregierung wird die Abzweigung von Landesstraßenneubaumitteln für den Radschnellwegebau jedenfalls möglich. Der Gesetzentwurf ist bereits eingebracht und wird demnächst auch im Landtag beraten.

Meine Damen und Herren, Rot-Grün hat in vier Jahren über 12 Milliarden € neue Schulden gemachen. Die Ausgabenlast des Landeshaushalts ist von 2010 bis 2016 um mehr als 30 % gewachsen. Der Verkehrshaushalt ist in diesem Zeitraum allerdings alleine aufgrund durchgereichter Bundesmittel um magere 10 % gestiegen. Die Landesregierung hat hierzu also nichts beigetragen.

Das traurige Fazit sieht so aus: Trotz Aufblähens des Haushalts und massiver Neuverschuldung profitiert die Infrastruktur in unserem Land überhaupt nicht. Wir brauchen daher einen Politikwechsel, weniger Schulden und mehr Straßenbau.

Die Landesregierung muss Umschichtungen im Haushalt vornehmen, weniger Schulden machen und mehr Mittel für die Infrastruktur einstellen. Dann steht auch mehr Geld für neue Landesstraßen und mehr Geld für den Landesstraßenerhalt zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion stimmt dem Antrag der FDP zu. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Herr Voussem. – Für die grüne Fraktion spricht nun Herr Klocke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde gern mit einem Lob an die FDP-Fraktion anfangen.