Das ist in der Tat ein sehr wichtiges Element, das unsere Arbeit kennzeichnet, die Zeit nicht hauptsächlich im Ministerbüro zu verbringen, sondern tatsächlich in den Unternehmen, bei den Kammern zu sein und mit den vor Ort Verantwortlichen Gespräche folgender Art zu führen: Was ist euer Beschwer? Wo können wir – Stichwort: Rahmenbedingungen – dafür sorgen, dass eure Entwicklung in den einzelnen Branchen, aber vor allen Dingen auch in den einzelnen Regionen noch besser wird als bisher? Dann weiß man eben sehr genau, was vor Ort passiert.
So ein Ergebnis haben wir in der letzten Woche einstimmig auf den Weg gebracht. Denn es war klar, zum Beispiel bei OWL muss es darum gehen, nicht nur die Erfolge zu feiern. Da kann sich jeder seinen Haken auf die Schulter kleben, um zu zeigen, welch großen Anteil er daran hat. Im Wesentlichen haben eine Initiative des Bundes und dann vor allen Dingen eine Initiative der ostwestfälischen Wirtschaft zu diesem Erfolg geführt. Aber hier einstimmig zu sagen: „Wir wollen das über die Bundesförderung hinaus fortsetzen“, ist ein Element der konkreten Umsetzung der Gespräche, die man vor Ort führt.
Dann geht es in der Tat, Herr Wüst, um das Thema „Flächen und Flächennachnutzung“. Sie sind sicher auch schon mal auf der EXPO REAL gewesen – ich hatte gestern den ganzen Tag das Vergnügen –, bei der es um nichts anderes geht als um folgende Themen: Wie geht man mit Flächen um? Was macht der LEP? Wie ist die regionale Umsetzung in den Regionalplänen? Was kann ein Landrat, ein Bürgermeister, ein Oberbürgermeister jeweils tun, um die Dinge voranzubringen? Welche Rolle haben die Bezirksregierungen dabei? – All das wird im Detail besprochen. Dafür haben wir ein sehr aufmerksames Ohr.
Ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit, wir sind diejenigen, die zum Beispiel in Bochum dafür gesorgt haben, dass nicht nur die Trauer über das Ende mit Mittelpunkt steht, sondern das Neue angefangen werden kann und der Bagger rollt, um für Neues Platz zu machen.
Das ist das – darauf haben Sie Bezug genommen –, was im Vorwort steht: nicht das Vergangene vor der Zukunft zu schützen, sondern dafür zu sorgen, dass das, was Zukunft bedeutet, sofort Platz greifen kann.
Wir haben dort sehr schnell einen ersten Ankerinvestor gefunden, und Sie können jetzt verfolgen, dass mit unserer Unterstützung die Ruhr-Universität mit auf dieses Gelände geht, um sehr zukunftsfähige Forschungen und Entwicklungen zu betreiben.
Sie sehen in dieser Woche auch, dass ein bedeutender Investor noch mal ein Gebäude gekauft hat, um es ebenfalls wieder einer Nutzung zuzuführen. Es
wird öffentlich schon darüber spekuliert, dass es weitere künftige Investoren gibt. Das zeigt, dass diese vorausschauende Wirtschaftspolitik richtig ist. Man muss nicht warten, bis der letzte Opel vom Band gerollt ist, sondern muss frühzeitig anfangen, sich um diese Dinge zu kümmern. Und das tun wir.
Sie ahnen, Herr Wüst, worauf ich gleich hinauswill. Aber ich fange mit dem anderen Beispiel an, das in der von Ihnen zitierten Zeitung, die ich natürlich heute Morgen schon gelesen hatte, eine wichtige Rolle spielt. Es geht auch um das schon stillgelegte Bergwerk Auguste Victoria.
Herr Hovenjürgen wird gleich noch sprechen, aber er wird zumindest bestätigen müssen, dass wir auch dort nicht gewartet haben, bis das vorbei ist, sondern sehr viel früher angefangen haben, uns um die weitere Flächennutzung in diesem Fall zu kümmern. Wir haben gemeinsam mit der RAG Immobilien, gemeinsam mit allen Beteiligten – mit den Bürgermeistern, mit den lokal Verantwortlichen – dafür sorgen, dass man jetzt schon die ersten Schritte gehen kann, um Auguste Victoria tatsächlich zu der am schnellsten revitalisierten Fläche in Nordrhein-Westfalen aller Zeiten werden zu lassen. Das ist unser Anspruch, und das werden wir gemeinsam realisieren, meine Damen und Herren.
Die Gefahr kennen wir alle in der Politik, wenn man über den einen spricht, sagt der andere: Was ist mit mir?
Es geht nicht darum, wenn man über AV spricht, dass man dann nicht über Ibbenbüren oder nicht über Bottrop und Prosper-Haniel sprechen würde. Sie wissen selbst – vielleicht war das in der redaktionellen Zusammenfassung nicht mehr ausführlich zu berichten –, Bürgermeister Schrameyer ist für mich kein Unbekannter, sondern wir sind schon mehrfach zusammen gewesen und haben genauso, wie wir das auch auf AV machen, darüber gesprochen, welche künftige Entwicklung nach Ende des Bergbaus in Ibbenbüren stattfinden wird. Deswegen bin ich mit Bürgermeister Schrameyer sehr einig, dass wir genauso wie auf AV schon jetzt eine Potenzialanalyse auf den Weg gebracht haben – mit unserer finanziellen Unterstützung.
Wir wissen aber auch, dass in einer Region wie in Ibbenbüren, in der links und rechts überall Vollbeschäftigung ist, die Situation eine andere ist als im nördlichen Ruhrgebiet. Diese Unterschiede kann man mal zur Kenntnis nehmen.
Das bedeutet aber gerade nicht, dass man deswegen in Ibbenbüren weniger machen würde, sondern es geht um absolute Gleichbehandlung aller, die
noch von dieser Entwicklung betroffen sind. Namentlich werden Bottrop und Ibbenbüren genauso behandelt, wie das in Marl auf Auguste Victoria der Fall ist.
Diese Zusage will ich hier an dieser Stelle auch noch einmal ausdrücklich machen. Die vor Ort Verantwortlichen haben sie in der Vergangenheit allerdings auch schon immer wieder bekommen, und sie können das zudem daran messen, was wir ihnen an finanzieller Unterstützung weit vor Ende des Bergbaus dort zugutekommen lassen.
Zweiter Punkt, den Sie angesprochen haben, Sie würden die Landräte des Münsterlandes besser kennen. – Klar kennen Sie die länger, das ist unbenommen. Ich habe aber auch erst gestern wieder viele von ihnen getroffen, und zwar alle nicht zum ersten Mal. Aus deren Sicht wäre es falsch, wenn sie Ihnen etwas anderes sagen würden als mir, denn Sie können hier Anträge stellen, ich kann aber Entscheidungen treffen. Deswegen glaube ich, dass sie sehr wohl ein sehr offenes Wort darüber haben, wie zum Beispiel beim Thema „Flächen“ oder beim Thema „Breitbandausbau“ – das haben Sie hier zu Recht noch einmal thematisiert – die Lage tatsächlich ist.
Ich habe gestern nicht nur mit Landräten aus dem Münsterland, sondern genauso aus dem Bergischen gesprochen. Diejenigen, die im ersten und zweiten Call des Bundes für die Verwendung der Mittel zum Breitbandausbau noch keine Anträge gestellt haben, habe ich gefragt: Warum habt ihr das bisher noch nicht gemacht? – Wir haben in der letzten Woche von 13 bzw. jetzt mit Coesfeld 14 Landräten und Oberbürgermeistern die Förderbescheide zu Breitbandbeauftragten gegeben. Sie haben dann sehr genau die lokalen Konflikte beschrieben.
Sehr geehrter Herr Wüst, Sie kennen ja nicht nur die Landräte, sondern auch die Bürgermeister sowie deren Selbstbewusstsein und Auftreten gegenüber manchen Landräten.
Nehmen wir als Beispiel Euskirchen, weil wir das schon positiv hinter uns gebracht haben. In Euskirchen war ich vor zwei Jahren, und der Landrat sagte: Meine Bürgermeister wollen alle eigene Anträge stellen, das ist alles überhaupt nicht koordiniert, und ich habe da gar nicht so den Zugriff. – Ich habe ihm dann den Rücken gestärkt und gesagt: Es ist aber für den Kreis besser, wenn nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht als Bürgermeister, sondern wenn ihr das dem Kreis als Aufgabe mit übertragt und darlegt: Wir benötigen eine einheitliche Breitbandstrategie für den gesamten Kreis, manchmal sogar kreisübergreifend.
Der Landrat in Euskirchen hat sich damit durchgesetzt. Sie waren im ersten Call dabei und haben, wie andere auch, den Förderbescheid erhalten.
Ich glaube, das wird sich jetzt durchsetzen, und es gibt sehr viele positive Hinweise, dass wir im dritten
und vierten Call eine ganze Reihe von Anträgen mehr haben, weil sich die Schwierigkeiten, die es vor Ort unabhängig von den Farben natürlicherweise gegeben hat, mittlerweile gelöst haben.
Deswegen werden wir auch entgegen dem, was Sie, Herr Wüst, behaupten, unser Ziel – das übrigens ein gemeinsames der Bundes- und der Landesregierung ist –, ein flächendeckendes und schnelles Internet bis 2018 mit 50 Mbit/s als Zwischenschritt, erreichen. Dafür stehen die Mittel im Haushalt zur Verfügung. Darauf kann zugegriffen werden, und deshalb werden wir dieses Ziel auch erreichen.
Herr Wüst, Sie sagen „Neuanfang“, und ich höre genau zu, was Sie alles vorschlagen. Sie verweisen dann auf Rüttgers – das ist, meine ich, jetzt nicht der Neuanfang – und kommen dann mit Details aus Förderbescheiden, die in der Tat wahrscheinlich eine Doppelförderung vermeiden sollen.
Denn sehen Sie sich nur einmal die Games-Branche an: Da gibt es einen eigenen Leitmarkt Create Media, in dem das alles abgebildet wird. Allein 20 Bescheide – das ist ungefähr die Größenordnung – sind genau in diese Region gegangen, um das zu unterstützen.
Ich bin selbst auf der Gamescom und bei vielen Veranstaltungen in diesem Bereich gewesen. Das ist gerade das Merkmal, bei wir uns eben nicht hinter Berlin oder sonst irgendwem verstecken müssen, sondern wo international klar ist, dass Nordrhein-Westfalen der spannende Ort ist, an dem diese Dinge passieren. Wir als Landesregierung unterstützen das, weil wir den Kontakt vor Ort zu den Akteuren in dieser Branche haben.
Nehmen wir als weiteres Beispiel – da will ich auch auf den Abgeordneten Priggen zurückkommen – das Thema „eMobility“. Elektromobilität ist – davon bin ich zutiefst überzeugt – gerade in der Struktur des Landes Nordrhein-Westfalen ein absolutes Zukunftsthema. Deswegen ist es auch gut und richtig, dass – auch wiederum mit unserer Unterstützung – an ganz verschiedenen Orten des Landes – ob das im Karosseriebau, in der Batterietechnik oder bei Mobilitätskonzepten ist – bei ganz vielen Dingen hier in Nordrhein-Westfalen geforscht wird und es eine Reihe von lokalen Projekten gibt.
Unsere Aufgabe ist es – so habe ich Sie auch verstanden –, dass wir diesen Weg dort konsequent oder vielleicht sogar noch konsequenter weitergehen müssen – und zwar auch über die Ressorts hinweg –, die Kooperation der einzelnen Akteure zu stärken. Denn die Batterieforschung im MEET in Münster kann alleine nichts, wenn man sie beispielsweise nicht mit den Zulieferern zusammenbringt oder sie nicht in ein
Mobilitätskonzept für das Ruhrgebiet, für das Rheinland und am Ende auch für die ländlichen Bereiche einbettet. Das muss ineinandergreifen.
Wir haben in der Vergangenheit, als beim sogenannten „Schaufenster Elektromobilität“ sehr viel Geld ausgeschüttet wurde, ja durchaus erlebt, dass die ganze Kompetenz aus Nordrhein-Westfalen bei dieser starken Förderung nicht zum Tragen gekommen ist, weil man zu wenig Kooperation hat. Aus diesem Fehler haben wir gelernt.
Das nächste parallel zur Elektromobilität laufende riesige Zukunftsthema ist das Thema „Industrie 4.0“. Herr Dr. Paul, ich habe den Chef von PHOENIX CONTAKT zitiert, einem dieser unbekannten Unternehmen, die weltweit Bedeutung haben. – Herr Bundespräsident Gauck ist vor wenigen Tagen nicht umsonst nach Lippe gefahren, um sich genau ein solches Unternehmen wie PHOENIX CONTAKT anzusehen. Zwar gibt es in der Region noch einige andere wie Weidmüller etc., aber Herr Gauck war eben jetzt bei PHOENIX CONTAKT. – Dieser Chef hat nach einem USA-Besuch gesagt: Die haben das Internet, wir haben die Dinge.
Was er mit diesem knappen Satz ausdrücken will, ist: Wir haben die Riesenchance, auf der Grundlage unseres Maschinenbaus, unserer Elektrotechniker, der Firmen, die tatsächlich etwas an Produkt herstellen, die gewerbliche Produktion repräsentieren, in Kombination mit dem, was an neuen digitalen Geschäftsmodellen kommt und was auch an neuen Technologien Eingang findet, wieder an die Spitze zu kommen, sofern wir diese Chance ergreifen.
Was hat das mit dem Thema „Elektromobilität“ und den verteilten Kompetenzen zu tun? – Es ist uns gelungen – und das passiert eben nicht ohne politisches Handeln vor Ort und politische Kommunikation mit den Beteiligten –, dass die klugen Köpfe aus OWL, die genauso klugen Köpfe aus dem Ruhrgebiet, zum Beispiel am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund, und die mindestens genauso schlauen Köpfe in Aachen an der RWTH eben nicht alleine losgelaufen sind, um an diese sehr bedeutenden Fördertöpfe zu gelangen.
Es ist uns gelungen, sie unter einen Hut zu bringen, unter einen Schirm zu bringen und zu sagen: Wir haben beim Thema „Industrie 4.0“ eine Kompetenz, und wir wollen diese Kompetenz nicht nur in den Universitäten haben, sondern wir wollen diese Kompetenzen in den Mittelstand übertragen, damit daraus Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen werden.
Das ist Industriepolitik für Nordrhein-Westfalen: gute Akteure zusammenzubringen und dann gemeinsam erfolgreich zu sein.
Dasselbe gilt jetzt bei vielen anderen Dingen. Nehmen wir die Fab Labs, Dr. Paul. Wenn es um 3DDruck geht, dann geht es nicht darum, dass wir irgendwo einen 3D-Drucker haben und uns alle freuen, sondern es geht darum: Wie kriege ich den Handwerker dezentral, regional dazu, sich einmal in ein solches Fab Lab am Niederrhein, im bergischen Städtedreieck in Solingen zu bewegen und zu sagen: „Jetzt gucke ich mir das einmal an und überlege einmal, was das eigentlich für mein Handwerk bedeutet? Bricht mir da etwas weg, oder kann ich da selber hineingehen?“ Bin ich der Zahntechniker, der achselzuckend sieht: „Oh, da passiert etwas; künftig braucht man mich nicht mehr“, oder bin ich der Zahntechniker, der das Ding bei sich hinstellt und dem Zahnarzt ein entsprechendes digitales Angebot macht, sodass er sogar noch eine gesteigerte Wertschöpfung daraus ziehen kann?
Also, es fängt an beim Handwerksbetrieb. Es fängt damit an, dass man darüber nachdenkt, wie man regional, dezentral Zugang zu diesen neuen Technologien schafft, also nicht nur über sie redet, sondern ganz konkret Zugang dazu schafft, und zwar auch mit finanzieller Unterstützung. Wir haben gerade mit über 3 Millionen € ein solches Projekt gefördert, damit vor Ort dafür gesorgt wird.
Ich finde es im Übrigen auch interessant und auch – ich habe es ja im Ausschuss schon gesagt – einer näheren Betrachtung wert: Wir haben die Leitmärkte. Die haben wir uns ja nicht ausgedacht. Koalitionsvertrag hin oder her; das ist ja gar keine rot-grüne Erfindung, sondern es ist ein Fortschreiben, weil es gute Gründe dafür gibt, in diesen Säulen der inhaltlichen Leitmärkte Projekte der Wirtschaft im Land finanziell zu unterstützen.
Aber wir sehen eben auch, und zwar nicht nur in Ostwestfallen-Lippe, dass es für Unternehmen manchmal einfacher und auch reizvoller ist, mit einem Nachbarn, der aus einer ganz anderen Branche kommt, etwas zu machen als mit dem Branchenverwandten, der 200 km weiter weg ist. In den Leitmärkten gibt es zwar die Branchenorientierung, aber weniger die regionale. Deswegen ist es ein interessanter Gedanke, den wir weiter diskutieren sollten: Wie können wir Wirtschaftsförderung noch regionsspezifischer machen, damit das Potenzial einer Region sich optimal entfaltet, egal, ob im Münsterland, in Südwestfalen, in der Städteregion Aachen oder wo auch immer? Ich glaube, das ist ein guter Ansatz.
Allein die Ansage der Landesregierung, in den Jahren 2022 und 2025 wieder eine REGIONALE durchzuführen, führt quasi im ganzen Land dazu, dass die Menschen auf einen zukommen und sagen: Können Sie uns nicht unterstützen? Wir wollen uns gerne bewerben. – Alle wollen dabei sein, weil sie in Südwestfalen 2013 ganz besonders gemerkt haben, welchen Schub das für eine Region geben kann. Deswegen muss man das für die wirtschaftspolitische Debatte
auch noch einmal in den Mittelpunkt stellen. Wir wollen die Stärkung der regionalen Kooperation zwischen Wirtschaft, Handel, Mittelstand, Handwerk, aber eben auch der Wissenschaft. Da, in diesen Regionen, liegt die eigentliche Stärke unseres Landes Nordrhein-Westfalen.
Deswegen will ich am Schluss noch einmal sehr deutlich machen: Wir sind über die Entwicklung der Zahlen von 2015 hin zum ersten Halbjahr in der Tat nicht todtraurig gewesen. Sie waren in der Tat kein Grund, um jetzt Trübsal zu blasen. Aber sie sind eben auch kein Grund, zufrieden zu sein, sondern es geht darum, jetzt weiterzuentwickeln.