Protokoll der Sitzung vom 30.11.2016

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/13636

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin für die SPD-Fraktion unserer Kollegin Frau Kopp-Herr das Wort.

Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte sagen: Je später der Abend, desto schöner die Gesetze.

(Beifall von der SPD)

Wir verabschieden heute die Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes – eine Novellierung, die seitens der Gleichstellungsbeauftragten seit langer Zeit erwartet wird.

Das zurzeit noch gültige LGG hat sich zwar im Großen und Ganzen bewährt, es hat über die Jahre seiner Anwendung jedoch bemerken lassen, wo Änderungs- bzw. Verbesserungsbedarf besteht. Deutlich geworden ist das durch die regelmäßigen Gleichstellungsberichte der Landesregierung wie über Gespräche mit den Gleichstellungsbeauftragten. Wo liegt der Verbesserungs- bzw. Veränderungsbedarf?

In aller Kürze:

Erstens. Die Position der Gleichstellungsbeauftragten wird gestärkt. Sie erhält die Möglichkeit, externen Sachverstand hinzuzuziehen; sie erhält die Möglichkeit des KIagerechts, wenn sie nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens durch die Dienststelle in ihren Rechten verletzt wird, und sie erhält das Recht auf Fort- und Weiterbildung.

Zweitens. Die Weiterentwicklung der bestehenden Quotenregelung für Beförderungen und Höhergruppierungen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes, die Gleichberechtigung von Frau und Mann, nach dem Gutachten von Prof. Papier, aufgenommen in § 19 des Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes, hier der Interessenausgleich zwischen Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz und Art. 33 des Grundgesetzes, das Prinzip der Bestenauslese. Wir sehen hier keinen Widerspruch.

(Ralf Witzel [FDP]: Das sehen die Gerichte aber anders!)

Drittens. Die Fortentwicklung der Quotenregelung für Gremien, um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu erreichen.

Viertens. Der Gesetzentwurf präzisiert den Geltungsbereich des LGG, und er erhält eine Experimentierklausel als weitere Möglichkeit zur Umsetzung von Gleichstellungsplänen. Ziel der Novellierung des LGG ist, die strukturelle Benachteiligung von Frauen im öffentlichen Dienst rascher zu überwinden, was leider trotz des seit 17 Jahren zurzeit noch gültigen LGG nicht geschafft wurde. Das macht die Bestandsaufnahme von Prof. Papenfuß deutlich.

Mit der Novelle des LGG sind wir in NRW vorbildlich im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter im öffentlichen Dienst: eine Feststellung aus unserem rot-grünen Entschließungsantrag, ebenso wie die Forderung an die Landesregierung, die Umsetzung der LGG-Novelle auf allen Ebenen zu unterstützen und die angekündigte Handreichung, die Kommunen und anderen öffentlichen Trägern des öffentlichen Dienstes zur Verfügung stehen soll, rasch zu erarbeiten.

Hervorheben möchte ich § 4 LGG, in dem normiert ist, auf die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu achten. Auch die kommunalen Spitzenverbände sind für uns wichtige PartnerInnen bei der Umsetzung der Novellierung.

Nun liegen neben unserem Entschließungsantrag auch noch Entschließungsanträge der Fraktionen der CDU und FDP vor. Ein wenig erstaunt bin ich schon darüber; denn wir haben einen langen Gesetzgebungsprozess hinter uns. Er begann am 8. März dieses Jahres mit dem Tag der Veröffentlichung des Gesetzentwurfs. Noch während der internen Verbändeanhörung fand eine erste Diskussion beim DGB in Düsseldorf statt, an dem Vertreterinnen und Vertreter

fast aller hier im Landtag vertretenen Parteien auf dem Podium beteiligt waren.

Die erste Lesung fand vor der Sommerpause statt. Wir haben die Anhörung vor der Sommerpause beschlossen; stattgefunden hat sie am 7. September 2016. Ende September erfolgte dann die Auswertung der Anhörung. Vor einer Woche haben wir im Fachausschuss die Beschlussempfehlung für heute gefasst. Erst da hat Frau van Dinther zu erkennen gegeben, dass wir für heute mit einem Entschließungsantrag ihrer Fraktion zu rechnen haben.

Auf den lange zurückliegenden Beratungsprozess und darauf angesprochen, warum nicht eher im Verfahren eine inhaltliche Debatte seitens der CDU stattgefunden hat, hat Frau van Dinther geantwortet, sie hätte mit einem möglichen Änderungsantrag keine Hoffnung auf Erfolg gesehen.

Nun, für die heutigen Entschließungsanträge von CDU und FDP stimmt das. Ich kann nicht sagen, wie es gewesen wäre, wenn die Anträge früher im Verfahren eingegangen wären. Sie, liebe Kolleginnen von CDU und FDP aus dem Fachausschuss, haben sich und uns die Möglichkeit, das herauszufinden, nicht eingeräumt. Dabei haben Sie doch vorhin während der Haushaltsberatungen betont, dass wir gerade in jenem Ausschuss häufig zu parteiübergreifenden Beschlüssen kommen.

Jetzt, kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes, mit inhaltlichen Entschließungsanträgen um die Ecke zu kommen, wirkt auf uns wie ein Feigenblatt, ganz nach dem Motto: Wir sind ja für die Gleichstellung, hätten aber gerne noch hier dies und dort das. Leider stimmen die regierungstragenden Fraktionen unseren Änderungsanträgen aber nicht zu;

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

sie sind nicht darauf eingegangen. So können wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. – Ja, gut. Dann ist das so. Wir stimmen dem Gesetzentwurf nach einem langen, gründlichen, konstruktiven und erfolgreichen Beratungsprozess für mehr Gleichstellung im öffentlichen Dienst von Frauen und Männern zu.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Herr Witzel, Sie haben ja gleich noch die Möglichkeit, zu sprechen. – Danke schön.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Kopp-Herr. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Kollegin van Dinther das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Reform des 1999 in Kraft getretenen Landesgleichstellungsgesetzes sollte das zentrale Vorhaben der rot-grünen

Gleichstellungspolitik in dieser Legislaturperiode werden. Jetzt, am Ende, verabschieden Sie wieder eher ein Frauenfördergesetz, das jedenfalls direkt nach seinem Inkrafttreten in wesentlichen Punkten beklagt werden wird.

(Beifall von der CDU)

Deshalb, liebe Frau Kollegin, habe ich gar keine Angst, dass das Thema nicht schnellstens wieder auf die Tagesordnung kommt.

(Beifall von der CDU)

Sie haben weder den Mut, bei der Gremienbesetzung eine echte Quote einzuführen noch über die Novelle zu einem echten Landesgleichstellungsgesetz zu kommen, mit dem der öffentliche Dienst in die Lage versetzt würde, ein innovatives und strategisches Personalmanagement zu installieren, das den Herausforderungen der Zukunft wirklich gerecht würde.

Die CDU-Landtagsfraktion legt Ihnen heute einen Entschließungsantrag vor, in dem wir die Schritte und Maßnahmen beschreiben, die notwendig wären, um zu einem modernen Gleichstellungsgesetz zu kommen. Diese wurden weitestgehend in der Expertenanhörung empfohlen, und wir haben sie selbstverständlich auch in den Sitzungen des Frauenausschusses vorgetragen.

(Beifall von der CDU)

Die CDU sieht durchaus weiterhin eine hohe Unterrepräsentanz von Frauen, vor allem in höheren Entgelt- und Besoldungsgruppen sowie auch in Führungspositionen und Gremien. Aber gleichzeitig sehen wir, dass der öffentliche Dienst für männliche Bewerber immer unattraktiver wird. Die Zahl der Bewerber in den Landes- und Kommunalverwaltungen nimmt jedenfalls stetig ab.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der demografische und gesellschaftliche Wandel sowie die Entwicklungen in der Arbeitswelt erfordern ein strategisches Personalmanagement. Erfolgreiche Arbeit wird in Zukunft von gut gemischten Teams erfolgen und nicht anders – von jungen und erfahrenen Kräften, von vielen internationalen Mitarbeitern und eben

(Regina Kopp-Herr [SPD]: Und Mitarbeiterin- nen!)

von Männern und Frauen. Diese gute Mischung erreichen Sie ganz sicher nicht mit dem von Ihnen vorgesehenen Instrumentarium.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die CDU ist durchaus für eine Quotenregelung, aber für eine gerechte, die beide Geschlechter in den Blick nimmt und die gleiche Eignung, Befähigung und

fachliche Leistung als Ausgangspunkt hat und nicht eine im Wesentlichen gleiche.

Die CDU-Fraktion möchte, dass aus dem Gleichstellungsplan in Zukunft ein Diversity-Plan wird.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Wir alle waren zusammen in Norwegen und haben uns angeschaut, wie so etwas geht. Neben den Gesetzen und Ausführungsbestimmungen müssen die Akteure, die Verantwortlichen sagen: Jawohl, wir wollen das. Wir überprüfen unsere Entscheidung jährlich und nutzen dazu auch das ganz normale Instrumentarium. Wir sorgen vor allen Dingen für Transparenz.

Der Stellenplan muss jährlich vorgelegt werden. Er benötigt eine Ergänzung um die gleichstellungsrelevanten Informationen und Plandaten, auch eine Übersicht über die geplanten Höhergruppierungen und Einstellungen, getrennt nach Geschlechtern und getrennt nach Besoldungs- und Gehaltsgruppen. Genau diese jährlichen Plandaten können dann auch die Resultate der Gremienbesetzungen beinhalten. Dann kämen wir da sicherlich auch besser voran.

Ganz wichtig ist es, auch eine Begründung hineinzuschreiben, falls mögliche Mindestanteile oder eigengesetzte Ziele nicht erreicht werden sollten. Ich bin sehr gespannt, ob dann solche Aussagen kämen wie: Wir finden leider keine qualifizierten Frauen. – Man wird sich nicht trauen, das dort hineinzuschreiben.

Bei erreichter Transparenz geht es dann im Grundsatz vielleicht wirklich um die Qualifikation für die Aufgaben, und zwar von Männern und Frauen, und weniger um andere Quoten, zum Beispiel um Parteibuchquoten. Genau das hat dieses Land viele Jahre lang gelähmt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Am 1. Juli 2016 haben Sie § 19 Abs. 6 Landesbeamtengesetz eingeführt, die Bevorzugung von Frauen bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und Leistung.