Protokoll der Sitzung vom 30.11.2016

Konsum auf Kosten der Infrastruktur ist finanz- und verkehrspolitischer Unfug. Nordrhein-Westfalen

braucht diese Mittel dringend für die Infrastruktur, das heißt, für den Landesstraßenbau. Im Jahr 2017 wird die rot-grüne Landesregierung 230 Millionen € für das Sozialticket ausgegeben haben. Davon hätten viele Kilometer Landesstraßen gebaut werden können, sowohl im Neubau als auch beim Erhalt. Unsere Forderung ist daher die Streichung des Sozialtickets und die Umschichtung von 30 Millionen € davon in den Landesstraßenbau.

(Beifall von Wilhelm Hausmann [CDU])

Beide Maßnahmen führen zu mehr nachhaltigen Investitionen beim Straßenbau.

Der Paradigmenwechsel, mehr in den Erhalt als in den Neubau zu investieren, wurde im Übrigen, Herr Kollege Klocke, bereits 2008 von der damals CDUgeführten Landesregierung vorgenommen und war richtig. Daher begrüßen wir es ausdrücklich, dass die rot-grüne Landesregierung diesen Kurs auch nach 2010 fortgeführt hat. Die Erhöhung der Mittel für den Landesstraßenerhalt in den vergangenen Jahren war auch eine richtige Entscheidung. Aber damit sind wir schon am Ende unseres Lobes.

Damit sind wir auch schon am Ende unserer Gemeinsamkeiten mit der rot-grünen Landesregierung beim Thema „Landesstraßenbau“. Denn seit Jahren hat die rot-grüne Landesregierung beim Landesstraßenbau kontinuierlich gekürzt. Nur noch 32 Millionen € für den Landesstraßenneubau im Jahr 2017 bedeuten, wie schon in den letzten Jahren, den niedrigsten Wert seit Beginn aller Aufzeichnungen hierüber.

Durch die Ausfinanzierung von derzeit im Bau befindlichen Landesstraßen sind diese wenigen Mittel auf Jahre gebunden. So können wichtige Ortsumgebungen nicht gebaut werden, und der Lkw-Verkehr donnert weiterhin zähflüssig durch die Ortschaften. Bürgerinnen und Bürger müssen weitere Jahrzehnte mit Lärm und Staus an ihren Wohnorten leben.

(Beifall von der CDU)

Schließen möchte ich mit einem Zitat von Kurt Tucholsky:

„Erfahrung heißt gar nichts. Man kann seine Sache auch 35 Jahre schlecht machen.“

Die meiste Erfahrung im Regieren hat in NordrheinWestfalen mit Abstand die SPD – sie kommt auf wesentlich mehr als 35 Regierungsjahre –, aber sie macht immer noch eine schlechte Verkehrspolitik und eine unverantwortliche Haushalts- und Finanzpolitik. Das heißt, wir sind nicht nur das Stauland Nummer eins, sondern auch das Schuldenland Nummer eins in Deutschland. Daher lehnen wir den Haushalt ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU – Jochen Ott [SPD]: Das ist erschütternd, wie man so an der Realität vorbeireden kann! – Gegenruf von Christof Rasche [FDP]: Wieso? Sprichst du von der Rede des Ministers? – Jochen Ott [SPD]: Das ist ja unglaublich!)

Danke schön, Herr Voussem. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Kollege Becker.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ehrlich gesagt, hätten wir von der SPD uns über ähnlich gute Worte zum Bundesverkehrswegeplan und zum Einsatz im Bund gefreut, als der Bundesverkehrswegeplan erstellt wurde, Herr Voussem.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Was?)

Wir wollen doch mal ganz ehrlich sein: Ohne die SPD im Bund hätte es diesen Bundesverkehrswegeplan gar nicht gegeben.

(Lachen von Josef Hovenjürgen [CDU])

Eines will ich auch noch richtigstellen: Ohne Ministerin Hendricks hätte es keine 25 Millionen € für den Radschnellwegbau im Bundesetat gegeben.

(Lachen von Josef Hovenjürgen [CDU])

Auch an diesen Fakten sollten Sie sich orientieren.

Bei Ihrer Aussage zu den planfestgestellten Straßen hat der Minister gerade so laut gelacht, dass ich davon ausgehe, dass er gleich selbst darauf eingehen will und das schön zerpflücken wird, wie es seine Art ist und wie wir ihn kennen.

Was uns heute vorliegt, ist ein guter Haushaltsentwurf für die Mobilität und die Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen, mit dem wir unseren Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ konsequent weiter umsetzen. So sieht schon der Entwurf des Haushalts für den Erhalt von Landesstraßen 71,5 Millionen € vor. Die Regierungsfraktionen – Kollege Klocke hat es berichtet – werden noch 10 Millionen € drauflegen, sodass wir insgesamt 127,5 Millionen € für den Erhalt unserer Landesstraßen zur Verfügung stellen.

Das ist Rekord und ehrlich gesagt kein Vergleich zu den 73 Millionen €, die der letzte schwarz-gelbe Haushalt für den Erhalt von Landesstraßen vorgesehen hat. Daher bewundere ich Ihren Mut, überhaupt einen Vergleich anzustellen und zu kritisieren, was wir alles in den Erhalt der Landesstraßen stecken.

(Beifall von der SPD)

Darüber hinaus haben wir den Landesbetrieb Straßenbau so auf Vordermann gebracht, dass das größte Staubeseitigungsprogramm aller Zeiten tatsächlich umgesetzt werden kann. 14 Milliarden € sieht der Bundesverkehrswegeplan bis 2030 vor. Wir werden dieses Geld dazu verwenden, die Maßnahmen in die Tat umzusetzen.

Die Regierungsfraktionen werden diesen guten Haushalt noch besser machen, weil wir nämlich die Mittel für zehn zusätzliche Planfeststeller in den Bezirksregierungen einplanen werden, damit die Umsetzung schneller erfolgen kann. Wir werden dem Landesbetrieb Straßenbau Mittel für verbesserte Öffentlichkeitsarbeit mit entsprechenden Agenturen zur Verfügung stellen, um insbesondere bei Großprojekten die Informationen zu optimieren und damit die Akzeptanz in der Bevölkerung, bei den Bürgerinnen und Bürgern, zu erhöhen.

Zu Bussen und Bahnen: Der RRX wird kommen. Er wird den Regionalverkehr im größten Ballungsraum Europas auf eine neue Stufe heben und diesen im 15-Minuten-Takt vernetzen.

Für den öffentlichen Personennahverkehr werden wir demnächst – auch wenn das ÖPNV-Gesetz erst beim nächsten Plenum auf der Tagesordnung steht – die Rekordsumme von 1,6 Milliarden € ausgeben. Dass wir dies tun können – daran erinnere ich gern schon heute –, liegt an den erfolgreichen

Verhandlungen der Landesregierung, namentlich des Verkehrsministers Mike Groschek, der für eine gerechte Berücksichtigung des Landes bei der Verteilung von Regionalisierungsmitteln gesorgt hat.

Es kommt zu einem strukturell abgesicherten verlässlichen Aufwuchs. Schon 2017 werden 150 Millionen € zusätzlich zur Verfügung stehen. Die Mittel werden weiter aufwachsen. Damit ist die Grundlage für zielorientierte Investitionen in unseren ÖPNV gegeben. Sowohl für städtische Räume als auch für den ländlichen Raum bedeutet das eine Frischzellenkur für Mobilität in unserem Land. Wir werden für eine deutliche Steigerung bei Barrierefreiheit, Elektrifizierung und Kundenfreundlichkeit sorgen.

Für die rot-grüne Regierungskoalition ist auch der Radverkehr ein wichtiger Bestandteil ihrer Verkehrspolitik – nicht nur wie für Sie von der CDU eher lästiges Beiwerk.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wenn wir mit dem Radschnellweg 1 bis zu 50.000 Pkw-Fahrten täglich verlagern können, müssen wir das doch fördern. Der Bund hat das erkannt und stellt, wie gesagt, erstmals 25 Millionen € zur Verfügung. Davon wollen und werden wir in NordrheinWestfalen profitieren.

Wir werden deshalb als Koalition mehr Geld zur Verfügung stellen, als es der ohnehin schon gute Haushalt tut. Wir werden nicht nur für die Weiterentwicklung des Radwegenetzes an bestehenden Landesstraßen Mittel bereitstellen, wir werden nicht nur für die Nahmobilität mehr Mittel bereitstellen, sondern wir werden auch für den Bau und für die Planung von Radschnellwegen insgesamt 1,5 Millionen € mehr zur Verfügung stellen, als es der ohnehin gute Entwurf schon vorsieht.

(Beifall von der SPD)

Alles in allem macht diese Debatte bislang wieder einmal deutlich: Die CDU hat in der Verkehrspolitik nichts anzubieten.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Wir dagegen machen mit neuer Mobilität einen guten Haushalt, den wir für 2017 beschließen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und Rolf Beu [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt 19:20 Uhr, und ich habe das Gefühl: Alles geht etwas gelassener zu.

Vor einigen Stunden war die Stimmung noch weit aggressiver. Der grüne Umweltminister Remmel warf der Opposition vor, eine verlogene Politik zu betreiben. Das macht man, wenn einem die Argumente fehlen.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Richtig!)

Da gefällt mir die Debatte zu diesem Thema weitaus besser.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Spaß macht mir natürlich auch unser Minister Mike Groschek. Er hat die Qualität zum Bundesligatrainer, nämlich für den HSV.

(Heiterkeit von Klaus Kaiser [CDU])

Der HSV ist Schlusslicht, Nordrhein-Westfalen ist auch Schlusslicht – aber beides wird in der Welt schöngeredet. Darin ist der Kollege Groschek wirklich Weltmeister.

(Beifall von der FDP, der CDU und Michele Marsching [PIRATEN])

Fußballtrainer zu werden, wäre vielleicht ein interessanter Karrieresprung.

(Heiterkeit von der FDP und der CDU – Mi- chele Marsching [PIRATEN]: Ich habe nur we- gen des Fußballvergleichs geklatscht!)