Am Ende bleibt: lustlos in der Verkehrspolitik, ideenlos in der Wirtschaftspolitik und daher erfolglos zum Schaden der Menschen in unserem Land. Das muss aufhören, verehrte Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich am Anfang ein Bild schildern, das sich in den letzten zehn Minuten bei mir im Kopf eingeprägt hat: In meiner Heimatstadt sitzen zwei Herren mit verspiegelten Brillengläsern in einer Eisdiele. Sie schauen auf die Welt hinaus und wollen allen Leuten erklären, wie die Welt aussieht.
Das Problem bei Ihnen, Herr Bombis, und Ihnen, Herr Wüst, ist nur, dass Ihre Brillen nach innen verspiegelt sind, sodass Sie nur sich selbst sehen. Das haben wir nämlich heute gerade hier erlebt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch jetzt über Wirtschaftspolitik sprechen. Wirtschaftspolitik ist – das zeigen auch die wiederholten Debatten in diesem Hause – ein Kernstück der Landespolitik. Deswegen ist es logisch und auch überhaupt nicht falsch, dass Wirtschaftspolitik im Wahlkampf im Mittelpunkt der Diskussionen stehen wird. Ich sage Ihnen von dieser Stelle ganz ehrlich: Ich freue mich auf die Diskussionen über die Wirtschaftspolitik in diesem Land im Wahlkampf.
Was ist heute der Anlass für diese wiederholte Aktuelle Stunde? Der Anlass ist das Gutachten vom Institut der deutschen Wirtschaft im Auftrag von „unternehmer nrw“. Ich will von dieser Stelle aus nicht von einem Gefälligkeitsgutachten sprechen. Lassen Sie mich nur die Frage stellen: Wer hat wem mit diesem Gutachten einen Gefallen tun wollen?
Ich möchte mich aber jetzt einer anderen Frage zuwenden: Wie sieht denn die Wirtschaft die Situation in unserem Land? Wie sehen denn die Unternehmen die Situation? Ist sie so, wie sie von „unternehmer nrw“ beschrieben wird und in dem Gutachten beschrieben wird? Oder sieht sie anders aus?
Denn am Ende des Tages spricht „unternehmer nrw“ nicht für alle Unternehmen in diesem Land. Das Handwerk zum Beispiel sieht ein Allzeithoch. Meine Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen erklärt: Die nordrhein-westfälische Wirtschaft bleibt auf ihrem eingeschlagenen Expansionskurs. – Die IHK Aachen sagt: Aufgrund der guten Rahmenbedingungen wollen die Unternehmen mehrheitlich ihre Investitionsausgaben erhöhen.
Weiter wird in diesem Gutachten ausgeführt, die Mehrheit der Betriebe wolle in den kommenden Jahren und Monaten Personal einstellen.
Aber vier von zehn Unternehmen geben an, dass sie offene Stellen über einen längeren Zeitraum nicht besetzen konnten.
Der Hauptgeschäftsführer des DIHK, Martin Wansleben, wurde am Wochenende im „FOCUS“ folgendermaßen zitiert: Der Fachkräftemangel sei „mittlerweile das Top-Risiko für die Unternehmen“.
Meine Damen und Herren, Fachkräftemangel ist für Unternehmen also das Wachstumshemmnis für die Entwicklung. Das hören wir immer wieder. Die entsprechenden Ausführungen zitiere ich auch gerne.
Was hat denn die Landesregierung getan, um diesem Fachkräftemangel entgegenzuwirken? Fangen wir bei den Studierenden an und hier bei den MINTStudienfächern. Wir haben seit 2010 annähernd 100.000 Studierende mehr in diesem Kernbereich der MINT-Fächer. Glauben Sie, diese Steigerung hätten wir zustande gebracht, wenn wir nicht die Studiengebühren abgeschafft hätten? Nein, wir hätten sie nicht hinbekommen. Das ist auch ein Erfolg unserer Politik.
Wenn Sie nicht verstehen, dass das Wirtschaftspolitik ist, dann müssen Sie noch einmal beim kleinen Einmaleins anfangen. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich, Herr Bombis und Herr Hafke.
Lassen Sie uns hier auf einen zweiten Bereich schauen, nämlich die Facharbeiter. Das Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ organisiert und strukturiert die Übergänge zwischen Schule und Ausbildung. Dieses Programm haben wir jetzt flächendeckend aufgelegt. Es sorgt dafür, dass wir künftig eben nicht mehr solche Brüche haben. Beim Übergang von der Schule zum Beruf haben wir jetzt diese Brüche. Da gehen uns die Leute verloren. Die Facharbeiter von morgen gehen uns genau an dieser Stelle verloren.
Dieses Programm ist gut für die Menschen und gut für die Wirtschaft. Und das ist klassische sozialdemokratische Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren.
Außerdem haben wir das Programm der Talentscouts ausgeweitet und – die Ministerin hat es in den letzten Tagen gesagt – ein Programm für Studienabbrecher neu aufgelegt.
Meine Damen und Herren, das zeigt: Wir setzen da an, wo sich die Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft entscheidet, nämlich bei den Mitarbeitern. Wir stellen die Mitarbeiter in den Fokus. „Zukunftsfähigkeit“ ist sicherlich auch das Stichwort überhaupt.
Ich möchte zu einem wichtigen Zukunftsthema für Nordrhein-Westfalen kommen. Das ist die Digitalisierung. Hier haben wir mit der Strategie „Digitale Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen“ einen Prozess aufgesetzt, der ein klares Ziel verfolgt: Nordrhein-Westfalen soll bei der Digitalisierung nachhaltig einen Spitzenplatz einnehmen.
Mit welchen Maßnahmen machen wir das? Natürlich tun wir das an erster Stelle mit den digitalen Hubs, die genau an dieser Schnittstelle ansetzen: Forschung, Start-up, Mittelstand, Industrie. Genau hier werden sie angesetzt, um diesen Prozess nach vorne zu bringen.
Meine Damen und Herren, wir haben aber nicht nur diese Hubs. Ich möchte hier nur eine weitere Initiative nennen, nämlich HochschulStart-up.NRW. Dieses Programm umfasst verschiedene Maßnahmen. Dabei geht es darum, den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu intensivieren und wirtschaftlich nutzbar zu machen. Wir stecken 70 Millionen € bis 2020 in dieses Programm.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns einmal schauen, ob diese Politik heute schon erfolgreich ist. Nehmen wir einmal die Start-ups als Parameter für Innovation. Dass Start-ups wirklich ein Parameter für Innovation und auch für Wirtschaftspolitik sind, werden, glaube ich, selbst die blökenden Kollegen der FDP an dieser Stelle nicht infrage stellen.
Welches Ergebnis haben wir denn bei dem „Startup Monitor 2016“? Schauen wir uns einmal Folgendes an: Wo haben die Start-ups ihren Hauptsitz?
Ja, das glauben Sie. Zu 19 % haben die Start-ups laut der Studie „Startup Monitor 2016“ ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen. Das sind 25 % mehr als 2015. Wir liegen damit vor Berlin, wo es nur noch 17 % waren. Also sind wir die Nummer eins. Wenn Sie jetzt sagen, NRW sei größer als Berlin: geschenkt. Allein die Gründerregion Rhein-Ruhr hat 14 % aller Gründungen.
Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht und unserer Sicht sieht so der Zukunft zugewandte erfolgreiche Wirtschaftspolitik aus.
Lassen Sie mich zum Schluss zusammenfassend feststellen: Niemals sind hier in Nordrhein-Westfalen so viele Mittel für die Infrastruktur ausgegeben worden. Niemals ist so viel Geld in Bildung geflossen. Niemals haben die Kommunen mehr Geld für ihre Aufgaben bekommen. Niemals hatten wir so viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigte.
Guten Morgen. – Frau Präsidentin, vielen Dank! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Seit Jahren erlebt Deutschland einen relativ stabilen Konjunkturaufschwung. Doch dieser Aufschwung erreicht nicht mehr das ganze Land, weder alle Menschen noch alle Regionen. Das ist eine Grundproblematik der heutigen Zeit. Diese spiegelt sich in der Sorge wider, Nordrhein-Westfalen oder zumindest Teile unseres Landes würden abgehängt. Und dieser Sorge muss man sich stellen, nicht zuletzt wegen des wachsenden Rechtspopulismus, der dieses Gefühl aufgreift.
Da hilft es nicht, wenn der Wirtschaftsminister beklagt, die Opposition würde das Land schlechtreden. Gehen Sie doch einfach mal in die Regionen unseres Landes mit über 12 % Arbeitslosigkeit. Das ist kein Schlechtreden, das ist eine Zustandsbeschreibung. Manche Regionen haben fast Vollbeschäftigung, bei anderen bricht das wirtschaftliche Fundament immer weiter weg. Und die Landesregierung unternimmt einfach nichts dagegen.
Als ich das letzte Mal ins Grundgesetz geschaut habe, stand die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ noch drin. Konsequenzen für Ihre Politik scheint das aber keine zu haben. Was macht denn die Landesregierung gegen die steigende Ungleichheit im Land? Nutzt sie ihre Möglichkeiten? – Bei weitem nicht!
Hier mal ein Beispiel: Das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW hat unter anderem die Aufgabe, faire Löhne zu ermöglichen und Sozialdumping zu bekämpfen. Ein fairer Lohn, der eine Rente ermöglicht – das wurde ausgerechnet –, eine Rente, die über der Grundsicherung liegt, beträgt in etwa 12 € pro Stunde. Also wäre es angemessen, bei Aufträgen der öffentlichen Hand einen vergabespezifischen Mindestlohn von 12 € einzuführen. Was aber macht Herr Minister Duin bei der Novellierung des Gesetzes? – Er schafft das Instrument des vergabespezifischen Mindestlohns klammheimlich ab und ersetzt es durch den viel tiefer liegenden bundesweiten Mindestlohn. Hier wird Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Schwächsten in unserem Land betrieben!
Das ist schon schlimm genug, hat aber noch weitere Folgen. Wenn private Anbieter Löhne unterhalb der niedrigsten Tarifgruppe des öffentlichen Dienstes zahlen dürfen, dann werden immer mehr staatliche Leistungen privatisiert, mit entsprechenden Folgen
für die Qualität, und zwar nicht – wohlgemerkt! –, weil etwa Private eine Leistung effizienter anbieten können, sondern weil sie Niedrigstlöhne zahlen dürfen. Ist das die hier vorherrschende Vorstellung eines modernen Staatswesens? – Unsere ist es jedenfalls nicht.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, wir Piraten sprechen gerne mal zur Digitalisierung, auch zur digitalen Wirtschaft, und haben entsprechende Initiativen zuhauf in den Landtag eingebracht. Ich möchte nicht alles wiederholen, aber auf eine Zahl gehe ich mal ein: 2031, und zwar das Jahr 2031. Das liegt für uns noch in weiter Zukunft, immerhin 15 Jahre. Bis zum 1. Januar 2031 sollen Landesbehörden auf elektronische Verwaltungsabläufe, also E-Government, umgestellt haben. So will es die Landesregierung. Wow, da wird man echt sprachlos! Die Langsamkeit, mit der Sie die Digitalisierung angehen, ist einer der größten Bremsklötze für die Entwicklung unseres Landes.
Diese Gemütlichkeit passt vielleicht in eine bayerische Gaststätte, nicht aber zum bedeutendsten Politikfeld dieses Jahrhunderts, und das in NRW.