Protokoll der Sitzung vom 25.01.2017

Wir müssen aber darauf achten, dass der Gigaliner hält, was er verspricht, und eben nicht das Einfallstor zum 60-Tonner ist, der Brücken kaputtfahren würde, statt sie über die Vielachsigkeit zu entlasten, wie es heute gepriesen wurde.

Außerdem müssen wir dafür Sorge tragen, dass der Gigaliner kein neuer Hemmschuh ist; denn wir wollen Kombiverkehre von Schiene und Straße möglich machen und attraktiv halten. Beim Sattelauflieger, der ja

länger ist als der übliche Sattelzug, haben wir gesehen, dass der Wunsch, Kombiverkehre zwischen München und Köln hinzubekommen, noch längst nicht Wirklichkeit ist, weil wirtschaftliche Hemmnisse bestehen. Diese Barrieren müssen wir abbauen. Demnächst werden wir eine Studie zu der Frage präsentieren, wie wir den Schienengüterverkehr stärken können.

In der beschriebenen Zwei-Komponenten-Perspektive ist der Einsatz von Gigalinern auch in NRW verantwortbar, wenn wir die Punkt-zu-Punkt-Beziehungen definieren und all die Bedenken, die die Kollegen Becker und Klocke hier geschildert haben, ausräumen können.

Ich kann nur davor warnen, an Patentrezepte und Wunder zu glauben. Die Verkehrspolitik braucht Nachhaltigkeit und Beharrlichkeit. Deshalb will ich noch anmerken, dass dies eigentlich auch für die viel zu häufigen Ministersesselwechsel gerade auf dieser Position gelten sollte.

(Beifall und Heiterkeit von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Groschek. – Für die CDU-Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Schemmer zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Herr Präsident! In aller Kürze: Sie reden davon, Güterverkehr auf die Bahn statt auf die Straße zu bringen; das ist richtig, Herr Minister. Wir reden hier aber über Volumen, wir reden nicht über Massen. Insofern ist die Situation da eine andere.

Ich denke, dass die Fraktionen, die von 2007 bis 2017 hier immer die gleiche Position vertreten haben, heute erfahren, dass dieser Weg der richtige Weg ist und dass die grundsätzlichen Bedenken, die Rot und Grün hier äußern, eigentlich nur ein Vertuschen der Tatsache sein soll, dass man die Entwicklung in den letzten zehn Jahren verschlafen hat. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke, Herr Kollege Schemmer. – Für die FDP-Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Rasche gemeldet. Bitte.

Herr Präsident! Herr Minister!

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

Gerne, Herr Klocke, aber ich werde den Präsidenten nicht um Hilfe bitten. Ich kann mich schon allein wehren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Minister, Ihre Äußerungen zum Gigaliner waren recht oberflächlich. Sie haben auch mit Ängsten gespielt, mit Argumenten wie beispielsweise dem 60-Tonner, die in keiner Debatte mit Fachleuten eine Rolle spielen. Selbstverständlich soll es beim 40-Tonner bleiben. Bitte nicht mit Ängsten spielen!

Sie haben natürlich ein Problem. Die SPD-Fraktion hat sich hier völlig verrannt in ihrem Kampf gegen Gigaliner oder gegen Monstertrucks, wie sie die Grünen nennen.

(Zuruf: Quatsch!)

Und jetzt kommen Sie da nicht mehr ehrlich heraus. Ich prophezeie Ihnen: Bis zum 14. Mai wird nichts geliefert, weil sie das mit den Kollegen gar nicht hinbekommen.

(Beifall von der FDP)

Noch ein Wort zu den, wie ich schon sagen muss, dämlichen Vergleichen: Heute Morgen vergleicht Herr Römer die Opposition mit Herrn Trump. Vorhin vergleicht der Kollege Klocke die Opposition bzw. die FDP mit Vertretern der Kirche.

(Jochen Ott [SPD]: Aber das mit der Kirche ist doch keine Beleidigung!)

Alle diese Vergleiche wären unnötig, wenn Sie sich wirklich mal realistisch mit den Problemen in diesem Land auseinandersetzen. Das werden Sie tun müssen, sonst werden Sie am 14. Mai nicht gewählt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Meine Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nunmehr nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/14012 an den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr. Die abschließende Abstimmung soll wie üblich dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Der Entschließungsantrag Drucksache 16/14076 soll ebenfalls überwiesen werden. Wer ist für diese Überweisungsempfehlung? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisungsempfehlung des Antrags Drucksache 16/14012 und des Entschließungsantrags Drucksache 16/14076 an den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr einstimmig angenommen. – Herzlichen Dank.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe auf Tagesordnungspunkt 10

10 Anlasslose Vorratsdatenspeicherung verstößt

gegen Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Jetzt Moratorium für Umsetzung in Deutschland einrichten

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/14004

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende Piratenfraktion Herrn Kollegen Herrmann das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause! Muss ich hier wirklich erklären, was Vorratsdatenspeicherung ist? Ich denke nicht. Für alle, die es noch nicht wissen, mache ich eine Kurzfassung: Das ist die Aufzeichnung und Speicherung, wer wann von wo wie lange mit wem spricht – und zwar von allen, nicht nur von Gefährdern und Terroristen, sondern tatsächlich von allen. Dass wir Piraten das nicht wollen, das wissen Sie.

Heute Morgen hatte ich ein Déjà-vu, als ich hörte, dass in Berlin gerade das Kabinett umgebaut wird und plötzlich wieder der Name Brigitte Zypries auf der Seite der Ministerinnen und Minister steht – eben jene Brigitte Zypries, die als Justizministerin im Herbst 2005 nach Brüssel gefahren ist und dort im Europarat die Zustimmung der Bundesregierung zur Europäischen Richtlinie zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung überbracht hat – und das entgegen einem Beschluss des 15. Deutschen Bundestages, der nämlich eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung ausdrücklich abgelehnt hatte.

Der 16. Deutsche Bundestag konstituierte sich zu diesem Zeitpunkt gerade, und so blieb das Handeln wider besseres Wissen der Bundesregierung damals weitgehend relativ folgenlos. Die GroKo hatte die Macht, und die kleinen Oppositionsparteien hat niemand mehr gehört.

Und eben diese Brigitte Zypries soll jetzt mal eben Wirtschaftsministerin werden?! Ich weiß schon, warum ich dieses durch und durch verkrustete System nicht so gern mag. Mich haben dieses Verfahren und dieses Umgehen und Ignorieren der Entscheidung der Volksvertreter im Bundestag und der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung damals dazu gebracht, mich zu engagieren. Die Mehrheit war damals gegen die Vorratsdatenspeicherung. Dann hat sich der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung gebildet, an dem ich beteiligt war, und dann ging es bei den Piraten weiter.

Der Rest zum Verlauf der Vorratsdatenspeicherung in Europa ist Geschichte. Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ist in Kraft getreten. Wie ge

sagt, mitentscheidend war das Zutun von Frau Ministerin Zypries. Die deutsche Umsetzung der Richtlinie wurde stur durch das Parlament gepeitscht. Dagegen wurde unter anderem vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung geklagt, auch ich war dabei. Das Bundesverfassungsgericht erließ eine einstweilige Anordnung, die Daten nicht zu nutzen, und erklärte schließlich im Jahr 2010 das Gesetz für verfassungswidrig und nichtig.

Der Europäische Gerichtshof erklärte schließlich in 2014 die gesamte Richtlinie von damals für ungültig, da sie nicht mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar ist. Das ist bis heute der Stand.

Es gab aber auch in anderen EU-Ländern Gesetze auf Basis dieser Richtlinie. Einige Länder haben ihre Gesetze selbst zurückgenommen, zum Beispiel Bulgarien. Bei anderen musste noch einmal der EuGH nachhelfen, bei Großbritannien und Schweden zum Beispiel. Das hat er am 21. Dezember 2016 getan und geurteilt: Eine anlasslose und flächendeckende Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten – kurz: die Vorratsdatenspeicherung – ist mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union unvereinbar, und zwar auch, wenn nationale Parlamente das Ganze so verabschiedet haben.

Damit wäre eigentlich alles gesagt. Nur, die Bundesregierung hat es schon vorher nicht interessiert, wie Gerichte urteilen, und sie hat ein neues Gesetz zur anlasslosen Speicherung von Telekommunikationsdaten auf den Weg gebracht, einschließlich der Zustimmung des Bundesrates mit besonders viel Einsatz unserer Ministerpräsidentin Frau Kraft, wie sich vielleicht der eine oder die andere erinnern mag.

Auch gegen dieses Gesetz ist eine Klage in Karlsruhe anhängig. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom Dezember letzten Jahres ist die Feststellung der erneuten Nichtigkeit des deutschen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung eigentlich eine Formsache.

Es gibt aber aktuell ein Problem. Da das deutsche Gesetz noch gilt, sind die Internet- und Telefonprovider verpflichtet, die technischen Vorkehrungen für eine Umsetzung zur Speicherung zu treffen. Hierzu ist eine Frist dazu bis zum 1. Juli dieses Jahres gesetzt. Für gesetzestreue Unternehmen ist das nicht viel Zeit, vor allem wenn es um ein Investitionsvolumen von insgesamt ca. 600 Millionen € geht.

Ein solches Verfahren, eine solche Vergabe – das hat einen Vorlauf, und deswegen gibt es unter den Unternehmen große Aufregung. Vom eco-Verband und auch von anderen wird ein Moratorium für die Umsetzung gefordert, aber Berlin stellt sich bisher stur.

Gerade für NRW wäre es aber ein großer Schaden, wenn hier ansässige Unternehmen – und das sind

immerhin die größten der Branche – mehrere Hundert Millionen Euro als Verlust abschreiben müssten. Es gibt für die Unternehmen nämlich keine Kompensation für die Fehlinvestition. Wenn das Verfassungsgericht in einigen Wochen oder Monaten das deutsche Gesetz für nichtig erklären wird, dann muss abgeschrieben werden. Ich denke, dass dies angesichts der fehlenden Einnahmen für den Haushalt schon eine spürbare Größenordnung wäre.

Es wären aber auch andere Gruppen betroffen: kleine Vereine, die von Ehrenamtlichen getragen werden, wie beispielsweise die Freifunker. Diese Vereine werden schließlich auch vom Landtag und seitens der Landesregierung begrüßt und gefördert.

Ihre Redezeit, Herr Kollege.

Ich weiß, ich komme zum Schluss.

Auch diese müssen sich auf die Umsetzung einrichten und je nachdem, wann das Verfassungsgericht urteilt, ihre Arbeit einstellen. Die Verunsicherung ist schon jetzt groß. Deshalb unterstützen Sie unseren Antrag und setzen Sie sich für das Umsetzungsmoratorium ein!

Jetzt kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.

Weder die Wirtschaft noch die Freifunkinitiativen im Land sollten wegen unsinniger Bundesgesetze zu Schaden kommen. – Danke für die Aufmerksamkeit.