Wenn der Ausschuss gravierendes Fehlverhalten der politisch Verantwortlichen festgestellt hätte, wäre es niemals zu diesem einvernehmlichen Bericht gekommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Voussem. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Engstfeld.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über vier Jahre Ar
beit, 2.300 Akten gesichtet, 62.000 Seiten staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsakten durchgesehen – wir haben es gehört –, über 130 Zeugenvernehmungen, ein über 800 Seiten starker Abschlussbericht als Ergebnis – wenn man die Druckversion in der Hand hält, wird klar, wie umfangreich unsere Ermittlungsarbeit in den letzten Jahren war.
Umso zufriedener können wir sein, dass wir den äußerst komplexen Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsauftrag vollständig abgearbeitet haben. Das ist sehr gut und ein Erfolg. Denn dieses gemeinsame Ergebnis ist nur durch eine gute und seriöse Zusammenarbeit über die Fraktionsgrenzen hinweg gelungen.
Daher gilt an dieser Stelle natürlich von mir persönlich wie auch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in diesem Hohen Haus der Dank der Vorsitzenden, Nadja Lüders, und ihrem Stellvertreter, Christian Haardt. Auch dem Vorgänger, Sven Wolf, danke ich herzlich. Er hatte bis April 2015 den Ausschussvorsitz inne.
Ich danke auch den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen für die bei aller politischen Härte faire und professionelle Zusammenarbeit. Damit fühlen sich bitte nur die Abgeordnetenkollegen, sondern auch die Referentinnen und Referenten angesprochen. – Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit.
Natürlich spreche ich auch dem Ausschussreferenten, Herrn Haberland, und der Ausschussassistenz, Frau Kowol, die beide sehr gute Arbeit geleistet haben, von unserer Fraktion und mir persönlich ganz herzlichen Dank aus. Das sage ich auch in Richtung des Sitzungsdokumentarischen Dienstes und allen, die an diesem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss mitgewirkt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach der Auflösung des Landtags im Jahr 2012 war zunächst unklar, ob es eine Fortsetzung dieses Untersuchungsausschusses zu den Bauvorhaben unter der Leitung des Bau- und Liegenschaftsbetriebes des Landes Nordrhein-Westfalen geben würde. Es gab Stimmen, die dies forderten, und solche, die keine Fortsetzung der Untersuchungsarbeit wollten.
Nicht zuletzt durch die Initiative der Piraten – das muss man der Fairness halber eindeutig sehen und erwähnen – wurde erneut ein Untersuchungsausschuss im September 2012 zu demselben Thema eingesetzt. Wir haben dies sehr begrüßt, weil meine Fraktion es immer für absolut notwendig gehalten hat, die Skandale rund um den BLB lückenlos aufzuklären. Umso zufriedener sind wir jetzt, da wir die Untersuchungen erfolgreich abgeschlossen haben.
Der Bericht, der nun vorliegt, dokumentiert in aller Ausführlichkeit, was genau beim BLB und in der Politik – vor allen Dingen unter der Regierung Rüttgers von 2005 bis 2010, die ebenfalls eine große Verantwortung hatte – schiefgelaufen ist. Denn alle Bauvorhaben, die wir untersucht haben, weil sie aus dem Ruder gelaufen sind, fanden unter schwarz-gelber Regierungsverantwortung statt. Teilweise waren sie vorher beschlossen, aber aus dem Ruder gelaufen sind alle in den Jahren 2005 bis 2010. Diese schwarz-gelbe Landesregierung war oftmals sogar Auftraggeber für einige der Bauprojekte, die aus dem Ruder gelaufen sind und zu exorbitanten Kosten geführt haben.
Man wollte beispielsweise – das ist erwähnt worden – vonseiten der Rüttgers-Regierung beim Landesarchiv Duisburg ein – so steht es im Bericht, Zitat – „herausragendes Gebäude mit architektonischer Zeichensetzung“ anstelle eines kostengünstigeren Zweckbaus. Und man bekam ein herausragendes Gebäude mit architektonischer Zeichensetzung. Auch die Baukosten waren dann natürlich herausragend. Zwischenzeitlich war sogar eine Partyetage in der Dachspitze im Gespräch, wo die Landesregierung im Rahmen der Kulturmetropole 2010 Empfänge geben wollte.
So hat uns das ein Zeuge geschildert. Die Funktionalität spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle. Auch das steht in unserem Bericht – ein gemeinsamer Bericht, um es an dieser Stelle noch einmal zu betonen. Bezahlen mussten dies alles der Steuerzahler und die Steuerzahlerin, nicht der Auftraggeber.
Auch die Ausübung der Fachaufsicht durch das von Dr. Helmut Linssen geführte Finanzministerium spielte in unseren Untersuchungen eine Rolle. Mal war, wenn etwas schief ging, ganz allein der BLB verantwortlich und das Finanzministerium hatte nichts damit zu tun. An anderer Stelle wiederum, zum Beispiel beim Vodafone-Hochhaus, griff Finanzminister Linssen persönlich in Kaufverhandlungen ein und rühmte sich mit dem aus seiner Sicht guten Ergebnis. Verantwortung im Sinne einer effektiven Fachaufsicht sieht anders aus.
CDU und FDP vertraten im Ausschuss zunächst die Linie, dass einzig und allein die Strukturen des BLB daran schuld seien, dass unter ihrer Regierungsverantwortung so einiges beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes schief ging. So kann man natürlich auch versuchen, sich der eigenen Verantwortung zu entledigen. Das ist in etwa so, als wenn sich der Bankräuber darauf berufen würde, er sei unschuldig, weil es doch eine Lücke im Sicherheitssystem der Bank gegeben habe.
Andererseits kann man nicht alles durch strukturelle Gestaltung verhindern, vor allem nicht, wenn jemand
wie der ehemalige Geschäftsführer Ferdinand Tiggemann, der ja – wie erwähnt wurde – am Montag zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, mit solch hoher krimineller Energie agiert. Das Urteil – siebeneinhalb Jahre, direkt im Gerichtssaal verhaftet – ist hart, aber, wie ich finde, angemessen und gerecht.
Ich möchte zum Schluss meiner Rede noch einen generellen Punkt ansprechen. Unser Untersuchungsausschuss – das hat unsere Vorsitzende erwähnt – lief parallel zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Unsere Herangehensweise war jedoch, die politischen Verantwortlichkeiten festzustellen. Diese politischen Verantwortlichkeiten festzustellen, ist letztendlich eine wichtige Funktion von Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen in einer parlamentarischen Demokratie. Das unterscheidet Demokratien von nichtdemokratischen Staaten.
In einer Demokratie werden Dinge wie Korruption, aber auch politische Fehlentscheidungen möglichst lückenlos – wie in diesem Fall – aufgearbeitet, auch wenn dies manchen natürlich so nicht passt. Nur so kann man Licht ins Dunkel bringen, und nur so können Verantwortungsträger, die versuchen, sich ihrer Verantwortung zu entziehen, gezwungen werden, ihre Verantwortung zu übernehmen.
Untersuchungsausschüsse sind, wie auch unser Rechtsstaat im Ganzen, nicht zuletzt auch eine Drohkulisse für all diejenigen, die meinen, sich über Regeln hinwegsetzen zu können. In einem Rechtsstaat, in einer Demokratie kommt man damit nicht durch. Das hat Konsequenzen – strafrechtliche und in der Regel auch politische. Manches ist vielleicht nicht einmal strafbar, aber dennoch moralisch falsch. Auch das spielt ja in der Politik eine Rolle.
Die Menschen, die uns wählen, müssen uns vertrauen können und wissen, dass, wenn dieses Vertrauen missbraucht wird, dem nachgegangen wird, bis die Verantwortlichkeiten geklärt sind. Das parlamentarische Instrument dafür ist der Untersuchungsausschuss. Zu der Frage, ob sich der Aufwand gelohnt hat, ob der Untersuchungsausschuss etwas gebracht hat, kann ich nur sagen: Ja, der Aufwand hat sich gelohnt. Ich glaube, dass dieser Parlamentarische Untersuchungsausschuss unserer politischen Hygiene, unserer Demokratie gut getan hat. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach über vier Jahren intensiver Arbeit ist der Untersuchungsausschuss I heute in der Lage, dem Plenum einen von allen Fraktionen gemeinsam getragenen Beschlussbericht vorzulegen. Dies zeigt, dass im Untersuchungsausschuss die Aufklärung der oftmals hohen Kostensteigerungen der einzelnen Bauprojekte sowie deren Begünstigung durch die Strukturen des BLB im Mittelpunkt der Arbeit standen, und nicht etwa politische Ränkespiele oder Parteienzwist.
Natürlich gab es auf dem Weg dahin sowohl in Verfahrensfragen als auch in der Sache unterschiedliche Auffassungen der Fraktionen, um die hart gerungen worden ist. In diesem Zusammenhang nehmen wir für uns in Anspruch, dass unser Drängen auf die strikte Einhaltung der für Parlamentarische Untersuchungsausschüsse geltenden Rechtsvorschriften zu einer ausgeprägten Versachlichung beigetragen hat.
Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss bedanken. In den Dank möchte ich die Ausschussassistenten, die Referenten der Fraktionen, den Sitzungsdokumentarischen Dienst und last, but not least beide Vorsitzende des Untersuchungsausschusses ausdrücklich einschließen.
Eine für uns wichtige Erkenntnis aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses stellt die Notwendigkeit dar, das Untersuchungsausschussgesetz NRW dahin gehend zu ändern, dass im Rahmen der Einstufung der Akten in Geheimhaltungsgrade und im Rahmen des Umgangs mit diesen Akten im Ausschuss die Verschlusssachenordnung des Landtags nicht länger umgangen werden kann. Der Umgang insbesondere mit den durch das Justizministerium übersandten Akten der Staatsanwaltschaft Wuppertal wurde durch die von der Mehrheit des Ausschusses gefassten Geheimhaltungsbeschlüsse sui generis unnötig erschwert und verkompliziert.
Auch wenn der Untersuchungsausschuss keine neuen Sensationen an das Tageslicht gefördert oder durch spektakuläre Zeugenvernehmungen auf sich aufmerksam gemacht hat, war die Einsetzung des Untersuchungsausschusses keine – wie teilweise in der Öffentlichkeit behauptet – Verschwendung von Steuergeldern, sondern im Gegenteil ein gelungener Beitrag zur Verhinderung künftiger Steuergeldverschwendung.
Der Ausschuss hat zudem an mehreren zentralen Stellen zu denen des Landesrechnungshofs abweichende Feststellungen getroffen. Da wir die richterliche Unabhängigkeit der Mitglieder des Landungsrechnungshofs uneingeschränkt respektieren, sehe ich dazu von einer Bewertung ab.
Zu den Ergebnissen im Einzelnen: Im Rahmen des Neubaus des Landesarchivs im Duisburger Innenhafen wurde ein für die Unterbringung eines Archivs vollkommen ungeeignetes Industriedenkmal in Form eines alten Getreidehochspeichers ausgewählt. Schon aus Gründen der Statik, und damit aus der Erkenntnis heraus, dass man Archive nicht in die Höhe, sondern in die Breite baut, hätte dieser Standort niemals ausgewählt werden dürfen.
Der BLB kam allerdings zu einer anderen Einschätzung. Nach seinen Berechnungen sollte die Einbindung des alten Speichergebäudes zunächst sogar günstiger als ein Neubau auf der grünen Wiese werden. Nachdem sich Kulturstaatssekretär GrosseBrockhoff auf das Projekt im Duisburger Innenhafen festgelegt hatte, verhinderten insbesondere durch den BLB getroffene nachteilhafte Vertragskonstruktionen, wie die Koppelung der Miete an die steigenden Baukosten, dass bei den zu erwartenden Kostensteigerungen die Reißleine noch hätte gezogen werden können.
Bei der Umsetzung des Erweiterungsbaus des Polizeipräsidiums Köln-Kalk hat der Ausschuss festgestellt, dass die Wahl des Interessenbekundungsverfahrens durch das Innenministerium ein zum damaligen Zeitpunkt nicht unvertretbares Vorgehen gewesen ist, da die entscheidende vergaberechtliche Streitfrage weder obergerichtlich noch höchstrichterlich geklärt war.
Am Ende bleibt festzuhalten, dass mit dem direkten Anbau an das Bestandsgebäude die für alle Beteiligten funktionalste Lösung umgesetzt wurde und so eine kostenintensive Querung über eine vierspurige Straße verhindert wurde.
Bei dem Projekt Fachhochschule Köln ist die Art und Weise, wie der Geschäftsführer Tiggemann den Ankauf der benötigten Grundstücke ohne eine konkrete Mietzusage eines Ministeriums unter Einschaltung eines Zwischenerwerbers vorantrieb, nicht nachvollziehbar und stellt vielmehr eine massive Verschwendung von öffentlichen Mitteln dar.
Zu einem ähnlichen Steuergeldgrab führte der Ankauf des Schlosses Kellenberg. Ohne konkrete Nutzungszusage kaufte der BLB eine nach einem Brand praktisch nicht nutzbare Ruine – ein schier unglaublicher Vorgang.
Bei dem Ankauf des Vodafone-Hochhauses handelte es sich demgegenüber um ein gutes Geschäft, welches unter Einbindung der damaligen Opposition getätigt wurde. Der Komplex wird aufgrund seiner exponierten Lage in seinem Wert bis heute gestiegen sein.
Bezüglich des Projektes Landesbehördenhaus Bonn kann die Unverkäuflichkeit der überdimensionierten Immobilie niemandem zu Last gelegt werden.
Beim Neubau des Landeskriminalamts Düsseldorf hat einzig die fehlerhafte Weitergabe von Planungsänderungen zur Verzögerung und Kostensteigerung geführt. Trotz dieser Kostensteigerung wurde der Bau am Ende in einer Topqualität zu einem für Düsseldorfer Verhältnisse günstigen Quadratmeterpreis erstellt.
Zusammenfassend kann der ehemalige Sprecher der Geschäftsführung des BLB, Herr Tiggemann, als Hauptverantwortlicher für die festgestellten Missstände ausgemacht werden. Begünstigend wirkten sich die Konstruktion des BLB und hier insbesondere die Alleinentscheidungsbefugnis des Sprechers der Geschäftsführung aus. Aus Sicht der FDP liegt in der bereits angesprochenen Alleinentscheidungsbefugnis das Grundübel, welches die festgestellten Missstände erst ermöglicht hat. Herr Tiggemann konnte schalten und walten, wie er wollte, ohne sich BLBintern rechtfertigen zu müssen. Die letzte Entscheidung lag bei ihm, und selbst seinen Geschäftsführerkollegen konnte er bei Widerspruch einfach überstimmen. Die Geschäftsführung eines so großen Landesbetriebs sollte vielmehr als Kollegialorgan mit gegenseitiger Kontrollfunktion ausgestaltet sein. Im Rahmen der anstehenden Neubesetzung eines Geschäftsführerpostens muss dies zeitnah umgesetzt werden.
Neben der Alleinentscheidungsbefugnis stellte sich das der BLB-Konstruktion zugrunde liegende Vermieter-Mieter-Modell als problematisch dar. Durch die den Ressorts zukommende Doppelrolle als Mieter und gleichzeitig Mitglied des Verwaltungsrats fehlte es dem BLB an einer für die Vermieterposition elementaren Distanz zu den Ministerien.
So war Herr Tiggemann stets bemüht, den Mietern zu gefallen, und erfüllte auch wirtschaftlich unrentable Wünsche, wobei allerdings die Kabinettvorlage zur Gründung des BLB dies ausdrücklich ermöglichte. Dem Prinzip des wirtschaftlichen Handelns wurde insofern nämlich nicht Rechnung getragen. Bereits in der Kabinettvorlage vom 05.12.2000 zur Gründung des BLB wurde ausdrücklich festgelegt, dass keinesfalls eine kostendeckende Umwälzung der tatsächlichen Personal- und Sachkosten des BLB in der Miete vereinbart werden sollte. So waren bereits bei Gründung des BLB etwaige Kostensteigerungen und unwirtschaftliches Agieren bei Bauprojekten von ganz oben gedeckt.
schiere Größe dieses Gremiums, das Fehlen von immobilienwirtschaftlichem Sachverstand und die nur begrenzte Kontrollbefugnis gegenüber dem BLB verdeutlichen die Fehlkonstruktion dieses Organs. Dazu kam, dass die von Herrn Tiggemann verfassten Vorlagen an den Verwaltungsrat regelmäßig Probleme
und Risiken aussparten und problematische Sachverhalte beschönigten. Eine effektive Kontrolle wurde so bewusst untergraben.
Damit, meine Damen und Herren, läuft es immer wieder auf eine Person hinaus, den ehemaligen Sprecher der Geschäftsführung des BLB, Herrn Tiggemann. Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom Montag, wenn auch noch nicht rechtskräftig, passt da ins Bild.