Diese Situation sehen Experten allerdings ganz anders. VBE, GEW, lehrer nrw und der Verband Sonderpädagogik haben sich wiederholt kritisch geäußert. Von den Elternverbänden möchte ich gar nicht erst sprechen.
Auch in vielen Kommunen brodelt es. Als ein Beispiel verweise ich hier auf den Rat der Stadt Bornheim, der vor Weihnachten eine Erklärung zur schulischen Inklusion verabschiedet hat, in der beklagt wird – und jetzt darf ich mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren –, dass „die Ausdünnung der Standorte der Förderschulen durch die restriktive Handhabung der Mindestgrößenverordnung und damit der Entfall einer echten Wahlmöglichkeit der Eltern und ihrer Kinder durch unzumutbare Entfernungen“ vorliegt.
Meine Damen und Herren, diese Erklärung ist auch von SPD und Grünen vor Ort offensiv mitgetragen worden. Also finden auch Ihre Kolleginnen und Kollegen das Vorgehen hier im Land inakzeptabel.
Lassen Sie mich eine persönliche Bemerkung machen. Ich fand es beschämend, wie in den vergangenen Jahren vor Beginn des Inklusionsprozesses mit Eltern von Kindern mit einer Behinderung umgegangen worden ist, die ihr Kind nicht an einer Förderschule anmelden wollten, sondern an einer Regelschule. Was da geschehen ist und welche Verfahren diese Eltern zum Teil durchlaufen mussten, fand ich beschämend.
Aber ich finde es auch beschämend, wenn wir aus diesen zum Teil entwürdigenden Verfahren nichts gelernt haben und trotz dieser Vergangenheit heute Eltern um ihr Wahlrecht bringen wollen, indem wir Förderschulen flächendeckend schließen und ihnen dieses Wahlrecht verwehren, obwohl wir wissen, dass für viele Kinder die Förderschule nach wie vor der richtige Unterrichtsort bleibt.
Natürlich kann ein solches Angebot nicht, wie bei den Grundschulen, immer wohnortnah sichergestellt werden. Aber es ist auch nicht nachvollziehbar, nicht verständlich und auch sicherlich nicht gerechtfertigt, warum Rot-Grün bei dem Grundgedanken erreichbarer Grundschulangebote zwischen Förderschulen und Regelschulen in dem Maße differenziert, wie wir das momentan vorfinden.
Wir von der FDP sind der Meinung, dass gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Landschaftsverbänden ein flexibleres Konzept für die Förderschullandschaft entwickelt werden muss. Denn eine so sensible Thematik darf sich nicht allein an starren Zahlen der Verordnung orientieren, sondern muss sich den Situationen vor Ort bzw. den Entfernungen der Förderschulschwerpunkte anpassen und sie entsprechend berücksichtigen.
Ein letzter Satz: Wer den Geist der UN-Behindertenrechtskonvention wirklich ernst nimmt, der sichert für Kinder und Eltern Qualität an beiden Förderorten und respektiert entsprechend auch die Wahlmöglichkeiten. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schauen wir doch zunächst einmal auf die Überschrift des FDP-Antrags. Ich zitiere: „Schließungswelle von Förderschulen stoppen“. So
lautet ein Teil der Überschrift. Durch diese Überschrift wird der Eindruck erweckt, die Landesregierung wäre für die Schließung von Förderschulen verantwortlich. Das ist falsch.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Sie schaffen die Rahmenbedingungen! Haben Sie das bis heute nicht begriffen?)
Sie entscheiden über die Auflösung von Förderschulen. Ein solcher Auflösungsbeschluss muss durch die obere Schulaufsichtsbehörde, die Bezirksregierung, genehmigt werden.
Wollen Sie jetzt noch etwas sagen? – Sie wollen telefonieren. Alles klar. Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich weiterrede.
Seit Rot-Grün regiert, ist die Zahl der Förderschulen zurückgegangen – aber nicht, weil die Regierung diese geschlossen hat, sondern weil durch die Umsetzung der UN-Konvention
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist in der Tat ein Parlament, in dem Wort und Widerwort die wesentliche Rolle spielen. Darüber haben ja nun in den letzten zwei Tagen gemeinsam mehrfach geredet und auch Erfahrungen
gesammelt. Das setzt aber immer voraus, dass man sich auch – zumindest in Ansätzen – zuhört. Und das ist in der Tat schwierig, wenn es etwas lauter wird. Bei leeren Räumen ist es auch etwas lauter.
Bitte denken Sie immer daran, dass wir auch Zuschauerinnen und Zuschauer haben, die einen Moment lang hier zuhören und zuschauen. Sie nehmen eine Momentaufnahme mit – und nicht die ganze Bandbreite von parlamentarischer Arbeit.
Deshalb sollten wir doch die Mittel nehmen, die wir kennen, also Zwischenfrage und Kurzintervention. Dann ist es für alle etwas einfacher.
Die Zahl der Förderschulen – das hat Frau Gebauer gesagt – ist in diesem Zeitraum um rund 200 auf gut 400 Förderschulen gesunken. Aber das war auch zu erwarten. Das hat Frau Gebauer gesagt. Sie zitierte auch aus dem eigenen Antrag, dass ein Absinken der Förderschulen systemimmanent ist. Denn gleichzeitig ist die Inklusionsquote gestiegen. Das heißt, dass die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf verstärkt an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden. Lag die Quote in der Primarstufe und der Sekundarstufe im Jahr 2009/2010 bei 16 %, so liegt sie in diesem Schuljahr bei knapp über 42 %.
Schauen wir jetzt auf die Überschrift des Entschließungsantrags von Rot-Grün. Zitat: „Der Elternwille bestimmt die Entwicklung des Schulsystems in Nordrhein-Westfalen“.
„Die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung haben sich dafür entschieden, landesseitig keine Förderschulart aufzulösen, sondern entsprechend des Elternwahlverhaltens vorzugehen.“
Diese Vorgehensweise entspricht auch der Vereinbarung aus dem Schulkonsens. Zu den Schulformen, die in NRW angeboten werden, zählen auch Förderschulen, soweit diese trotz Inklusion erforderlich sind.
Zum Thema „Mindestgrößen“: Die alte Verordnung über die Mindestgrößen von Förderschulen stammt aus dem Jahr 1978. Mit der neuen Mindestgrößenverordnung reagierte das Schulministerium auch auf das Gutachten des Landesrechnungshofes aus dem Jahr 2013. Bei diesem Verfahren wurden die kommunalen Spitzenverbände, Landschafts- und Elternverbände beteiligt. Nicht jeder Förderschulort, der unter die Mindestgröße fällt, muss geschlossen
werden. Durch Teilstandorte oder Verbundschulen können die Schulträger das Angebot an Förderschulen in der Fläche erhalten.
Die im November 2013 in Kraft getretene Mindestgrößenverordnung enthielt Übergangsfristen bis zum Schuljahresbeginn 2015/16 oder bis zum Beginn dieses Schuljahres. Diese Zeit haben Kommunen und Kreise genutzt, um ihre Förderschulplanung neu auszurichten. Dabei spielte immer auch der Aspekt der Erreichbarkeit von Förderschulen eine Rolle. Ich weiß nicht, wie es in Bornheim gelaufen ist, kann aber aus eigener Erfahrung sagen: Im Kreis Gütersloh und im Nachbarkreis Paderborn ist unter Hinzuziehung von Experten eine Förderschulplanung zustande gekommen, die eine Lösung mit Teilstandorten vorsieht und dafür sorgt, dass die Förderschulen für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf erreichbar bleiben.
Für das gemeinsame Lernen hat die Landesregierung in den letzten sieben Jahren rund 5.000 Lehrerstellen zur Verfügung gestellt. Das entspricht etwa 1 Milliarde €. Damit wird das inklusive Lernen sowohl an Förder- als auch an Regelschulen gefördert und ist ebenso gut investiertes Geld wie das in die Studienplätze für Sonderpädagogik, deren Zahl wir um 2.300 gesteigert haben. Damit kommen wir der Aufgabe nach, die das Land hat. Wir gestalten den Inklusionsprozess in diesem Land. Was wir nicht tun, ist, Förderschulen zu schließen.