Nordrhein-Westfalen heute so dasteht, wie es dasteht. Man müsste vielleicht mal die letzten 30 bis 40 Jahre beleuchten, um zu erkennen – möglicherweise auch im Rahmen von Strukturwandeldebatten –, was hier alles falsch gelaufen ist.
Wir befinden uns wiederum – die alten Strukturwandelgeschichten sind noch gar nicht abgeschlossen – in einem bahnbrechenden Strukturwandel, der da heißt „Digitalisierung“. Auch davon habe ich heute ein bisschen wenig gehört, außer vielleicht von Herrn Kollegen Lindner und Herrn Kollegen Marsching.
In Bezug auf ein Land, das ein Fünftel der Bevölkerung Deutschlands beherbergt und ungefähr ein Drittel der Wirtschaftskraft einer der führenden Industrienationen der Erde hat, wird stereotyp argumentiert. Das lässt sich einfach nicht auf die eine Legislaturperiode unter Schwarz-Gelb herunterbrechen, sondern hier bedarf es eines Mehr. Davon habe ich nichts gehört.
Im Prinzip könnte man das Wahlprogramm der SPD – vielleicht auch der FDP, vielleicht auch das der Piraten, vielleicht auch das der Grünen – einmal über diesen Antrag legen, um die Differenzen herauszuarbeiten. Das wird uns hier und heute sicherlich nicht gelingen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, eines muss man leider sagen: Das gelingt Ihnen mit dem, was unter Ziffer II steht, auch nicht so ganz. Bei den Forderungen, die Bezug nehmen auf das, was im Feststellungsteil steht – also unter Ziffer I –, und durchaus ihre Berechtigung haben, bleiben Sie mir doch zu sehr im Vagen und Ungefähren.
Nehmen wir einen wesentlichen Punkt heraus – das möchte ich an der Stelle noch tun –: Sie sagen, alles hänge im Wesentlichen von der Wirtschaftsleistung des Landes Nordrhein-Westfalen ab, insbesondere die Bildung, aber auch die innere Sicherheit. Dazu muss ich allerdings sagen: Es braucht tatsächlich ein Mehr in Nordrhein-Westfalen, wie man feststellt, wenn man nur mal in die Bilanz der NRW.Bank für das Jahr 2016 schaut. Da ist nämlich ganz klar zum Ausdruck gekommen –die NRW.BANK ist ja von der Politik flankiert –, dass es bei der Förderung des Mittelstands und den Gründungen einen Einbruch in Höhe von 30 % zu verzeichnen gibt.
Herr Präsident, selbstverständlich komme ich dann zum Schluss. Die wesentlichen Dinge habe ich gesagt. – Leider Gottes werden hier keine flächendeckenden Lösungen angeboten. Es bleibt im Vagen, und deswegen kann ich mich bei der Abstimmung über den Antrag nur enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Lersch-Mense das Wort. Bitte.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Lindner, ich finde, nichts kennzeichnet diese ritualisierte und immer wieder mit großer rhetorischer Geste vorgetragene Schlusslicht-Debatte mehr als der Versuch, den Sie zu Beginn Ihrer Rede gemacht haben, nämlich die Wachstumszahlen so darzustellen und zu interpretieren, als seien dies nominale Werte.
Sie wissen doch ganz genau: Das sind reale Werte; das heißt, die Inflationsrate ist bereits abgezogen.
Sie haben es hier anders dargestellt, weil Sie es anders darstellen wollen, damit Sie dieses SchlusslichtMärchen hier weiter vortragen können. Sie ignorieren die Realitäten bzw. stellen sie falsch dar, und das finde ich einfach nicht fair.
Wenn Sie es anders gemeint haben, war es vielleicht ein Missverständnis. Dann können Sie es noch klarstellen.
Dazu komme ich noch, Herr Lindner. – Indem Sie hier immer wieder diese Schlusslicht-Legende aufwärmen, ignorieren Sie wesentliche Fakten; Sie blenden sie aus.
Das hat eine Studie des „Foreign Direct Investment Magazine“ bereits zweimal bestätigt. Wir sind unter den Top-25-Regionen in Europa immer Spitzenreiter.
Jetzt werden Sie einwerfen – da haben Sie recht –, das dürfe man nicht in absoluten Zahlen sehen, sondern in Pro-Kopf-Zahlen. Aber auch was die ProKopf-Zahlen betrifft, liegen wir im Ländervergleich auf einem guten Platz.
18 der 50 umsatzstärksten Firmen in Deutschland haben ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen. Jeder fünfte Euro des deutschen Bruttoinlandsproduktes wird in rund 750.000 NRW-Unternehmen erwirtschaftet. Jeder vierte deutsche Weltmarktführer kommt aus NRW. NRW hat den größten Anteil der Bundesländer an ausländischen Direktinvestitionen – mehr als Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Das alles ignorieren Sie mit Ihrem Schlusslicht-Gerede.
Nordrhein-Westfalen hat auch beim Ausbau der U3Betreuung in den letzten Jahren eine beispiellose Aufholjagd hingelegt. Wir nehmen bei der prozentualen Steigerung eine Spitzenposition unter allen Bundesländern ein. Sie wissen genau, dass wir hier aus Ihrer Regierungszeit einen erheblichen Nachholbedarf hatten.
Nordrhein-Westfalen hat die höchsten Bildungsausgaben aller Flächenländer. Auch gemessen am Gesamthaushalt liegt die Quote mit 45,6 % für Bildung höher als in anderen Ländern. Pro Einwohner liegen wir ebenfalls in der Spitzengruppe aller Länder.
Mehr als jeder vierte junge Mensch, der in Deutschland studiert, tut dies in Nordrhein-Westfalen. Wir haben über 70 Hochschulen und Fachhochschulen. Sechs der zehn größten deutschen Hochschulen liegen in Nordrhein-Westfalen, darunter die größte Universität, nämlich die Fernuniversität Hagen mit 700.000 Studierenden, und die größte Präsenzuniversität, nämlich die Uni Köln mit ihren 54.000 Studierenden.
Nach einer Studie der Körber-Stiftung sind wir auch, was die MINT-Regionen in Deutschland angeht, führend. Und wir haben die höchste regionale Dichte an Netzwerken und Initiativen bei der MINT-Nachwuchsförderung.
Zumindest diesen Spitzenplatz dürften Sie uns nicht absprechen wollen und sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen.
Kaum ein anderes Land unterstützt die Kommunen so wie Nordrhein-Westfalen. Mit dem GFG 2017 weist das Land den Kommunen mit 10,6 Milliarden € die höchsten Zuweisungen zu, die es je gegeben hat. In 2010 waren es 7,9 Milliarden €. 2010 waren, wie
Sie sich erinnern, 138 Kommunen in NordrheinWestfalen im Nothaushalt. Heute sind es nur noch acht Kommunen. Ich finde, das ist eine tolle Leistungsbilanz.
Der Antrag der CDU enthält auch einige falsche Behauptungen und verzerrte Darstellungen. Die zweite Fortschreibung des Bruttoinlandsprodukts für Nordrhein-Westfalen im Jahre 2015, auf die sich Herr Lindner bezogen hat, liegt seit der letzten Woche vor. Die für 2015 auf 0,8 % korrigierten Wachstumswerte widerlegen das in der vergangenen Zeit von der Opposition immer wieder gebetsmühlenartig gezeichnete Bild vom Nullwachstum in Nordrhein-Westfalen und vom wirtschaftlichen Schlusslicht. – Selbst jetzt, nachdem die aktuellen Zahlen vorliegen, Herr Laschet, sprechen Sie öffentlich immer noch vom Nullwachstum in Nordrhein-Westfalen. Ich finde, es wird Zeit, dass Sie sich an dieser Stelle auch einmal korrigieren.
Die aktuellen Zahlen für 2016 zeigen, dass das Wirtschaftswachstum in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr bei 1,8 % lag. – Damit sind wir sehr nahe an den Bundesdurchschnitt herangerückt, Herr Lindner. Bei der Übernahme der Regierung 2010 lag das NRW-Wachstum bei 1,6 % und damit unter dem Durchschnitt. Seitdem hat sich der Wachstumsrückstand zum Bund bis 2014 in jedem Jahr verringert.
2014 hatten wir ein gutes Wirtschaftswachstum von 1,8 %, lagen damit auf Platz 5 im Bundesländervergleich und über dem Bundesdurchschnitt. 2015 hatten wir, zugegeben, ein schwaches Jahr, wenn auch nicht ganz so schwach wie gedacht. 2016 liegen wir fast gleichauf mit dem Bund: nur noch 0,1 % Abstand.
Den letzten Platz, Herr Laschet, nimmt für 2016 übrigens das Saarland in der Tat mit einem Nullwachstum ein. Sie haben ja nach der Saarlandwahl gesagt, dort sei eine erfolgreiche Ministerpräsidentin wiedergewählt worden. Ich finde, das ist eine gute Prognose für die Wahlen in Nordrhein-Westfalen.
Meine Damen und Herren, im Vergleich zu 2010, um eine andere verzerrte Darstellung aufzugreifen, hatten wir bei Gewerbeflächen ein Plus von insgesamt 250 ha. Es ist zwar richtig, dass seit 2010 3.789 ha nicht mehr als Gebäude- und Freiflächen, Gewerbe- und Industrieflächen ausgewiesen sind. Allerdings blenden Sie völlig aus, dass im Gegenzug in dieser Zeit ein Plus von ca. 4.050 ha bei den Betriebsflächen zu verzeichnen ist. Dies macht summa summarum das Plus von 250 ha bei den Wirtschaftsflächen
insgesamt aus. Sie greifen sich also selektiv ein Teildatum heraus und versuchen, daraus ein verzerrtes Gesamtbild zu zeichnen. Auch das ist nicht seriös und fair.
Sie behaupten dann auch, dass Nordrhein-Westfalen 2017 mehr Schulden machen wolle als alle anderen Bundesländer und der Bund zusammen. Auch hier vergleichen Sie Äpfel mit Birnen, also wieder eine unseriöse Vorgehensweise. Wenn Sie aussagekräftig sein wollen, müssen Sie die Werte pro Kopf, pro Einwohner rechnen; denn bei den absoluten Zahlen sind wir aufgrund unserer Größe natürlich immer vorne – im Positiven wie im Negativen.