Protokoll der Sitzung vom 26.09.2013

Lieber Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich mache es kurz aber schmerzhaft. In einem Punkt kann man den Kolleginnen und Kollegen von der FDP recht geben: Wir haben 7,9 Milliarden € im Hochschulhaushalt. Die Hochschulrektoren fordern 800 Millionen € mehr.

Wir Piraten würden sagen: Lassen Sie uns mit Blick auf die Zukunft 1 Milliarde € daraus machen. – Das Geld ist leider momentan nicht da. Aber ich habe wirklich keinen Bock mehr, über Studiengebühren zu diskutieren.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und Arif Ünal [GRÜNE])

Das geht mir auf den Senkel.

Wenn wir über Hochschulpolitik reden, dann lassen Sie uns seriös und konstruktiv sein. Man könnte beispielsweise denken an: den Ausbau von Blended-Learning-Systemen, Hagen, an Open Access, an eine wirklich Studienreform, ein Studium Generale, Hochschuldemokratie, Fächervielfalt, Freiräume für kritische Wissenschaft, Reduzierung der Prüfungsleistungen, interdisziplinäre und transdisziplinäre Forschung und Lehre fördern, keine Studierenden mehr auf den Treppen der Hörsäle – man kann ja Video-Conferencing machen –, einen Masterplatz für jeden Studierenden, der das möchte, die soziale Öffnung von Hochschulen sowie Teilzeitstudiengänge als Antwort auf wachsende Heterogenität der Studierenden.

Das alles findet in diesen Anträgen überhaupt nicht statt. Lassen Sie uns doch einmal die wirklichen Probleme der Hochschulen, und zwar zukunftsorientiert, angehen. Das sage ich Ihnen, Herr Berger, als Marxist, als „Groucho-Marxist“.

(Heiterkeit)

Das ist volkswirtschaftlich konstruktiv. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN und Eva Voigt- Küppers [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Paul. – Für die Landesregierung spricht Ministerin Schulze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute Abend mal wieder über die Abschaffung der Studiengebühren. Ich muss Ihnen sagen: Ich diskutiere das sehr gerne auch immer wieder, weil es eine richtige Entscheidung war, die wir hier im Parlament getroffen haben.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Aber ich weiß, Herr Paul hat es eben noch deutlich gemacht: Es gibt den einen oder anderen, der sich an „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert fühlt. Das gibt mir die Chance, darzustellen, was das Land alles für die Hochschulen tut. Den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen steht in diesem Haushaltsjahr zum ersten Mal ein Gesamtetat von rund 4,4 Milliarden € zur Verfügung. Rund 1 Milliarde € kommt für die Forschung und Lehre in der Medizin dazu. Das bedeutet eine Steigerung von 13,5 % im Vergleich zum Vorjahr.

Seit 2005 sind die Investitionen in Bildung, Forschung und Lehre mit dem Haushalt 2013 um rund 45 % gestiegen. Das ist ein klares Signal für mehr Bildungsbeteiligung und Chancengerechtigkeit. Herr Haardt, nicht 5 %, sondern 45 % sind inzwischen dazugekommen.

249 Millionen € erhalten die Hochschulen als sogenannte Qualitätsverbesserungsmittel. Das sind die Kompensationsmittel, die für gute Lehre und Studienbedingungen zusätzlich noch eingesetzt werden können. 400 Millionen € gibt es aus dem BundLänder-Programm für besseres Lehre, verteilt auf die Jahre bis 2020.

Aus dem Hochschulpakt stehen von 2011 bis 2015 mit einer Ausfinanzierung bis 2018 über 4 Milliarden zusätzliche Euro für mehr Personal, moderne Gebäude und bessere Infrastruktur bereit. Und mit über 130 Millionen € finanzieren wir nun in diesem Haushaltsjahr den Ausbau der Fachhochschulen. Das sind rund 40 Millionen € mehr als noch 2012.

Meine Damen und Herren, ich finde, eines sollten wir hier im Parlament auf keinen Fall tun: die Qualität unserer Hochschulen schlechtreden.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Das werden wir hier auf keinen Fall zulassen. Unsere Hochschulen sind nicht schlecht. Sie bieten eine hervorragende Qualität. Sie sind in der Forschung außerordentlich hoch angesehen. Sie haben erst in einer der letzten Ausschusssitzungen über das DFG-Ranking gesprochen. Wir haben zwei Exzellenz-Universitäten. Wir sind hervorragend nachgefragt in der Lehre. Sehr viele Studierende wollen in Nordrhein-Westfalen studieren. Das alles spricht für die Qualität der Hochschulen hier in NordrheinWestfalen.

Wir stellen ausreichend Geld für die Hochschulen zur Verfügung. Es werden viele Aktivitäten zur Verbesserung der Qualität der Lehre an den Hochschulen nach vorne gebracht. Wir waren hier in Nordrhein-Westfalen beispielgebend mit der Abschaffung der Studiengebühren. Also, meine Damen und Herren, lassen Sie uns diese Diskussion so oft führen, wie die Oppositionsparteien das auch gerne möchten.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Ich finde, es lohnt sich, jedes Mal hier wieder darzustellen, was alles für die Hochschulen in NordrheinWestfalen geleistet wird. Wir haben es versprochen, und wir haben auch Wort gehalten. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Damit sind wir am Ende der Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der FDP hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags Drucksache 16/4025 zu? – Die FDP- und die CDUFraktion. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne und die Piratenfraktion. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung des fraktionslosen Kollegen Stein ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

18 „Keine Bildung ist viel zu teuer!“ – Beitrags

freie Kinderbetreuung in das neue Kinderbildungsgesetz aufnehmen!

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/4019

In Verbindung mit:

Stillstand im Elementarbereich beenden – KiBiz JETZT evaluieren, weiterentwickeln und stärken

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/4026

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der Piraten Herrn Kollegen Düngel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine knappe halbe Stunde müssen wir noch aushalten, auch zu vorgerückter Stunde. Ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere noch den folgenden Worten lauschen würde.

Ich versuche, es einigermaßen kurz zu machen. Ich hoffe, dass wir zumindest mit unserem Antrag, den wir eingereicht haben, Frau Ministerin Schäfer, in die richtige Richtung bzw. in eine ähnliche Richtung gehen. Ich möchte mit einem Zitat der Ministerpräsidentin aus ihrer Rede vom gestrigen Tage beginnen.

„Denn gerade die Investitionen in die frühkindliche Förderung lohnen sich langfristig. Sie sind Basis zusätzlicher Einnahmen für morgen und weniger Reparaturkosten.“

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Sie hat das noch ergänzt und das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung zitiert. Die sagen: „Je früher in die Bildung eines Kindes investiert wird, desto höher sind die Erträge.“

Ich habe Ihnen ein weiteres Zitat mitgebracht, und zwar aus dem Koalitionsvertrag – wenn Sie es wiederfinden wollen, auf Seite 13 –:

„Daher ist für uns klar: Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Wir werden schrittweise die Elternbeitragsfreiheit in den Kindertageseinrichtungen einführen.“

Genau zu diesem Punkt haben wir jetzt unseren Antrag eingereicht. Wir sehen das ähnlich. Wir würden auch gerne mit Ihnen darüber diskutieren wollen, wie dieses „schrittweise“ tatsächlich aussehen kann. Was bedeutet „schrittweise“? „Schrittweise“ heißt an der Stelle für mich erst einmal: In der laufenden Legislaturperiode bis 2017 muss zumindest der nächste Schritt gegangen werden.

Als ersten Schritt habe ich die Beitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr identifiziert. Jetzt wird ja irgendwann in absehbarer Zeit noch etwas Weiteres kommen.

Sie überarbeiten gerade das Kinderbildungsgesetz. Darüber haben wir uns im Ausschuss ja schon einige Male unterhalten. In dem FDP-Antrag, der hier vom Kollegen Hafke auch noch eingereicht wurde, werden einige weitere Punkte angesprochen, die ich zum Teil unterstütze, zum anderen Teil aber auch nicht. Ich glaube, er ist eine ganz gute Basis dafür, bei der weiteren Beratung im Ausschuss auch noch bestimmte andere Themen, wie Qualität, Gruppengrößen, Kindertagespflege, flexible Betreuungszeiten usw. weiter im Blick zu haben und zu schauen, was diesbezüglich in einem neuen Kinderbildungsgesetz tatsächlich geregelt werden

kann.

Uns geht es hier mit unserem Antrag um das einzulösende Versprechen in Bezug auf die Elternbeiträge. Aktuell gibt es unterschiedliche Elternbeiträge in den Kommunen, die teilweise um mehrere Hundert Euro im Monat auseinanderliegen. Es geht in diesem Land von beitragsfreien Kindertagesstätten bis hin zu Monatsgebühren von 600 bis 800 €.

Diese Situation ist nicht tragbar; denn aufgrund dieser Situation ist Bildung davon abhängig, wo das Kind aufwächst. Frau Ministerin Schäfer, ich weiß, Sie werden gleich sagen, Sie haben die unterschiedlichen Beiträge nicht eingeführt. Damit müssen wir momentan leben. Nichtsdestotrotz: Wir sind diejenigen, die das ändern können. Sie sind hier seit fast dreieinhalb Jahren mit an der Regierung, und ich erwarte, wie gesagt, an dieser Stelle irgendwann tatsächlich auch den nächsten Schritt.

Ich glaube, wir müssen uns hier im Hause nicht mehr darüber unterhalten, dass die frühkindliche Bildung einen wirklich wichtigen Grundstock legt. Meines Erachtens ist das fraktionsübergreifend Konsens. Die Beitragsfreiheit schafft in der frühkindlichen Bildung an ganz vielen Stellen Flexibilität und sorgt für Chancengleichheit in allen Kommunen.

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt in unserem Antrag eingehen und einen möglichen Kritikpunkt erwähnen. In unserem Antrag steht nicht, dass wir die Beitragsfreiheit zum nächsten Kindergartenjahr 2014 einführen wollen. Wir unterstützen durchaus eine schrittweise Einführung und wollen mit Ihnen in die Diskussion darüber eintreten, wie das tatsächlich erfolgen kann.

Wir wollen aber, dass die Beitragsfreiheit im neuen KiBiz festgeschrieben wird – zumindest der nächste Schritt; meiner persönlichen Meinung nach sollte aber durchaus auch eine Vision über das Jahr 2017 hinaus enthalten sein. Ich fordere Sie auf, Frau Ministerin Schäfer, sich bitte an diese Absprachen, an den Koalitionsvertrag und an das zu halten, was die Ministerpräsidentin hier gestern gesagt hat. Kommen Sie Ihren Versprechen nach!

Lassen Sie mich abschließend noch sagen: Ich werde an dieser Stelle nicht müde, den Wunsch zu äußern, dass wir in diesen Punkten an einem Strang ziehen. Ich habe gerade schon gesagt, dass wir sehr gerne bereit sind, weiter über das neue Kinderbildungsgesetz zu reden. Wir möchten uns hier – das kann ich zumindest für meine Fraktion sagen – wirklich konstruktiv in den Beratungsgang einbringen, und ich hoffe, dass Sie dieses Angebot annehmen und auf die Stimmen aus der Opposition in unserem Ausschuss hören, die zu einem großen Teil konstruktiv sind. – Ich bedanke mich. Schönen Abend noch!

(Beifall von den PIRATEN)