Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich in diesem Zusammenhang den Sachverständigen Dr. Marco Kuhn vom Landkreistag zitieren, der sich im Rahmen der Anhörung wie folgt geäußert hat:

„Ich fange mit einer grundlegenden Bemerkung an. Nach unserem Verständnis ist Voraussetzung für jedwedes Handeln des Gesetzgebers, dass überhaupt ein entsprechender Bedarf für ein gesetzgeberisches Tätigwerden besteht. Einen solchen Bedarf sehen wir auf kommunaler Ebene mit Blick auf die Themen Transparenz und Informationsfreiheit derzeit nicht, … Um es noch einmal deutlich zu sagen: Zusätzlicher ge

setzlicher Vorgaben bedarf es aus unserer Sicht vor diesem Hintergrund nicht.“

Der Sachverständige Martin Lehrer vom Städte- und Gemeindebund NRW verwies im Rahmen der Anhörung darauf, dass die von den Piraten geforderte Bereitstellung und Aufbereitung der Daten die Kommunen finanziell erheblich belasten würde. Nach Berechnungen des Städte- und Gemeindebundes wäre ca. 0,1 Stelle pro 10.000 Einwohner notwendig, um die Daten sachgerecht einzustellen und zu pflegen. Der Kollege Schneider wies eben auch schon auf die Konnexität hin.

Ich denke, die Ausführungen der Sachverständigen sind so deutlich, dass ich mir weitere Anmerkungen zu dem Gesetzentwurf ersparen kann. Er ist schlichtweg überflüssig. Daran ändert auch Ihr heute vorgelegtes Neun-Punkte-Änderungsprogramm absolut nichts.

Die CDU-Fraktion wird sich daher der Beschlussempfehlung des Innenausschusses anschließen und den Gesetzentwurf der Piraten ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Korte. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Korte, Sie haben das ja gerade sehr tapfer vorgelesen. Aber man muss schon ein Stück weit bei der Wahrheit bleiben.

Selbstverständlich ist es so, dass wir dem Vorhaben, ein Transparenzgesetz als Weiterentwicklung des IFG zu schaffen, sehr offen, sehr positiv gegenüberstehen. Das ist ein so gutes Vorhaben, dass es sogar im rot-grünen Koalitionsvertrag steht.

Aber man muss doch konstatieren – das hat der ganze Beratungsverlauf gezeigt –, dass wir es hier mit einem Gesetzentwurf zu tun haben, der maximal gut gemeint war.

Der Text, der uns vorliegt, basiert auf einem Zwischenstand der Initiative „NRW blickt durch“ vom Mai vergangenen Jahres. Da haben Sie viele Textblöcke übernommen. Ich habe Ihnen auch schon gesagt: Meinetwegen kann man das so machen. Aber wenn man schon abschreibt, dann sollte man zumindest doch so abschreiben, dass diejenigen, von denen man abschreibt, das noch halbwegs gut finden.

Das haben Sie nicht hinbekommen. Die Initiative „NRW blickt durch“ hat Ihnen in der Sachverständigenanhörung im Dezember letzten Jahres zahlreiche handwerkliche Fehler attestiert.

Wenn ich mir das heute angucke, was Sie vorgelegt haben, dann haben Sie das geändert, was ich Ihnen

letzten Donnerstag im Innenausschuss vorgelesen habe. Wow, kann man sagen. Sie haben ein paar Bezüge korrigiert. Das ist fünf Monate nach der Anhörung natürlich ein bemerkenswerter Schritt.

Aber Sie haben trotzdem die Fragen im Wesentlichen offen gelassen. Wenn man jetzt wirklich mal von diesen kleinen Änderungen absieht, haben Sie die Fragen offen gelassen, die uns das ganze Verfahren über beschäftigt haben.

Zum einen das Thema „Konnexität“: Ich habe immer gesagt, das es für uns kein Totschlagargument ist, dass ein Transparenzgesetz möglicherweise zusätzlichen Aufwand verursachen mag. Aber es ist ein Argument, das man ernst nehmen muss. Die Spitzenverbände haben in der Anhörung Zahlen genannt. Wir haben von Ihnen nichts weiter dazu gehört. Erkennen Sie diese Zahlen an? Was sagen Sie dazu? In was für einem Modus Operandi kann man möglicherweise diese Zahlen erheben? Sie haben nichts dazu gesagt. Dazu wollten Sie nichts sagen. Sie wollten nicht sagen, wie Sie damit umgehen möchten.

Sie haben darüber hinaus gehört, dass das Verhältnis von IFG und Ihrem Gesetzentwurf unklar ist, ungeklärt ist. Das stimmt. Wenn man Ihnen nett begegnet, stimmt es zumindest für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren, den ich übrigens nach wie vor knapp finde. Da haben selbst die Hamburger eine längere Frist angelegt.

Ein bisschen IFG, ein bisschen Transparenzgesetz? Da muss man sich schon irgendwie entscheiden. „Ein bisschen schwanger“ gibt es ja auch nicht.

Ein weiterer großer Kritikpunkt betrifft den LDI. Sie wollen dem LDI zusätzliche Rechte verleihen. Okay. Sie wollen ihn stärken. Okay. Aber wie gehen Sie damit um, dass der LDI sagt: „Was Sie da als Piratenfraktion vorhaben, das kann ich nicht und will ich nicht“? Auch dazu wollten Sie bisher nichts sagen.

Das sind nur einige Beispiele von Fragen, die Sie im ganzen Verfahren offengelassen haben. Das sind auch nur die Grundfragen, die Sie offengelassen haben. Was die wirklichen Filetstücke betrifft – zum Beispiel das, was wir von der Open Knowledge Foundation Deutschland zum Thema „Lizenzen“ gehört haben –, hatten Sie offensichtlich gar keine Lust mehr, noch darauf einzugehen.

Sie haben die letzten fünf Monate seit der Anhörung nicht genutzt, um etwas Substanzielles an Ihrem Gesetzentwurf zu tun. Sie haben diese Zeit nicht einmal genutzt, um sich eine substanzielle inhaltliche Antwort auf unsere Kritikpunkte, die wir aus der Sachverständigenanhörung abgeleitet haben, auszudenken. Sie haben auch nicht die Gelegenheit genutzt, einmal mit uns von den regierungstragenden Fraktionen zu reden, obwohl wir nach der Anhörung schon gesagt haben, dass wir durchaus gesprächsbereit sind. Sie wollten aber nicht mit uns sprechen. Sie haben diese Gelegenheit nicht ge

nutzt. Darum stehen wir heute im Plenum in dieser Art und Weise voreinander.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Open

Government-Strategie der Landesregierung – das hat der Kollege Schneider gerade schon gesagt – befindet sich auf der Zielgeraden. Sie wird in Kürze vorgelegt. Wir haben immer gesagt, dass es Sinn macht, das IFG in diesem Rahmen zu einem Transparenzgesetz weiterzuentwickeln. Man hätte sich darauf verständigen können, diese Verfahren zu harmonisieren. Auch das wollten Sie nicht.

Die Initiative „NRW blickt durch“ hat mittlerweile einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Ihre Vertreter waren damals sehr unglücklich darüber, dass die Piratenfraktion einfach einen Zwischenstand genommen, verschlimmbessert und hier im Landtag eingebracht hat. Sie von der Piratenfraktion haben mit ihrem Entwurf nicht einen zivilgesellschaftlichen Prozess aufgenommen, sondern sind reingegrätscht. Wir werden als regierungstragende Fraktionen den Entwurf dieser Initiative in der Form, in der er jetzt vorliegt, selbstverständlich mit viel Respekt auswerten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihr Gesetzentwurf mag zwar gut gemeint sein. Sie hätten aber irgendwann einsehen müssen, dass er nicht gut gemacht ist.

Die Redezeit.

Ich kann nach wie vor nicht beurteilen, ob Sie das nicht konnten oder ob Sie das nicht wollten. Ich sehe nur, dass Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Jetzt erwarten Sie von uns, dass wir Ihnen zur Belohnung auch noch das Vokabelheft hinterhertragen. Sie haben dem Thema „Transparenzgesetz“ einen Bärendienst erwiesen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bolte. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Wedel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „NRW braucht ein Transparenzgesetz!“ – so lautete ein Antrag der Piraten, dem die FDP-Fraktion im Februar 2013 zugestimmt hat, weil ein modernes Staatsverständnis tatsächlich einen Paradigmenwechsel hin zu proaktiver Bereitstellung von Daten impliziert. Aus der Holschuld der Bürger muss eine Bringschuld von Politik und Verwaltung werden. Dazu bedarf es einer Weiterentwicklung des bestehenden Informationsfreiheitsgesetzes. Darin sind wir auch weiterhin mit Ihnen einig, meine Damen und Herren von den Piraten.

Die Frage, die sich hier und heute stellt, lautet aber: Braucht NRW dieses Transparenzgesetz? – Die klare Antwort darauf ist: Nein.

Der vorgelegte Gesetzentwurf enthält eine ganze Litanei von handwerklichen Mängeln. Einige davon habe ich in der ersten Lesung beispielhaft aufgezählt. Auf eine Wiederholung verzichte ich an dieser Stelle. Auch die Sachverständigen haben davor kapituliert und sich für die Anhörung nicht einmal mehr die Mühe gemacht, den Gesetzentwurf daraufhin durchzugehen.

Auch ansonsten ist der Gesetzentwurf nicht ausgereift. Zunächst einmal blendet er die Frage der Konnexität schlicht aus. Eine Kostenfolgeabschätzung fehlt. Die kommunalen Spitzenverbände haben dagegen glaubhaft dargelegt, dass für die Aufbereitung der Daten und den Pflegeaufwand nun einmal dauerhaft Kosten anfallen. Alleine deshalb dürfte der Gesetzentwurf den verfassungsrechtlichen Anforderungen wohl kaum genügen.

Geradezu grotesk mutet es aber an, dass Ihrem Entwurf eines Transparenzgesetzes seinerseits Intransparenz bescheinigt werden muss. So erklärt der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:

„In Punkten wie Aufbau, Übersichtlichkeit und Rechtsklarheit bleibt der Gesetzentwurf hinter der geltenden Fassung des IFG NRW zurück und lässt an nicht unwesentlichen Stellen die notwendige Transparenz für die Rechtsanwenderinnen und -anwender vermissen.“

Meine Damen und Herren, wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie auch zugeben, dass der Gesetzentwurf nicht reparabel ist. Darüber kann Ihr heute vorgelegter Änderungsantrag, der nur kleine redaktionelle Änderungen beinhaltet und die Probleme außen vor lässt, nicht hinwegtäuschen.

Der Gesetzentwurf bleibt damit, wie ich es bereits in der ersten Lesung bewertet habe, ein Diskussionsbeitrag, anhand dessen wir jedoch das eine oder andere lernen konnten. Zunächst hat sich gezeigt, dass die Komplexität der Materie eine einfache und schnelle Lösung verbietet.

Auch bei einer proaktiven Veröffentlichung von Daten durch Verwaltung und Politik ist unverzichtbar, dass grundrechtsrelevante Positionen wie der Schutz personenbezogener Daten oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht verletzt werden und schützenswerte Interessen etwa in Form der Vertraulichkeit bedürfender Dokumente gewahrt bleiben. Die nun beantragte Änderung des § 4 Abs. 1 Nr. 3 verschlimmert den Gesetzentwurf an dieser Stelle sogar noch.

Des Weiteren hat sich gezeigt, dass sich gerade bei diesem Thema das Sprichwort „Weniger ist manchmal mehr“ wohl als richtig erweist. So ist es

vielleicht doch keine wirklich sinnvolle Herangehensweise, den Katalog der proaktiv zu veröffentlichenden Daten von vornherein so umfangreich wie möglich zu gestalten. Vielmehr erscheint es vorzugswürdig, zunächst mit einem kurzen, prägnanten und rechtsklaren Katalog an Veröffentlichungspflichten zu beginnen und Erfahrungswerte zu sammeln, die eine spätere Fortentwicklung und Ausweitung auf weitere Tatbestände ermöglichen.

Meine Damen und Herren, vor wenigen Wochen hat die Initiative „NRW blickt durch“ ihrerseits einen Entwurf eines Transparenzgesetzes überreicht. Das Thema wird uns also erhalten bleiben.

Auch die Landesregierung ist gefordert. Bei der Vorlage der Open-Government-Strategie befindet sie sich bereits in Verzug. Wenn die Landesregierung im bisherigen Tempo fortfährt, wird sie das Versprechen aus dem rot-grünen Koalitionsvertrag, die Veröffentlichungspflichten der öffentlichen Stellen deutlich auszuweiten und damit das Informationsfreiheitsgesetz zu einem Transparenzgesetz weiterzuentwickeln, wohl kaum bis zum Ende der Wahlperiode umsetzen können.

Dem Gesetzentwurf der Piraten können wir heute aus den genannten Gründen nicht zustimmen, doch wir sind gerne bereit, weiter an dem Weg hin zu Open Data konstruktiv mitzuarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Wedel. – Für die Piraten spricht Herr Kollege Herrmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger am Livestream! Es ist ein bisschen schade, dass niemand von Ihnen zur Weiterentwicklung des Gesetzentwurfes beigetragen hat. Einen Änderungsantrag von Ihnen habe ich nicht gesehen, aber viel Kritik gehört.

Der Landtag Nordrhein-Westfalen kann einen Meilenstein in Transparenz setzen, wenn er den vorliegenden Gesetzentwurf so annimmt.

Der von unserer Fraktion eingebrachte Entwurf beruht auf der Adaption des Hamburger Modells eines Transparenzgesetzes, das von der Hamburger Bürgerschaft vor zwei Jahren einstimmig verabschiedet wurde. Es sind nicht „Fragmente“ der Initiative „NRW blickt durch“, Herr Bolte.

NRW wäre das erste Flächenland, das sich zu dieser Art der Veröffentlichung von staatlichen Dokumenten und Informationen bekennen würde. Vielerlei unterschiedliche Vorstöße, mehr Transparenz in staatliches Handeln zu bringen, kann man in der ganzen Bundesrepublik beobachten. Im rot-grünen