Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

NRW wäre das erste Flächenland, das sich zu dieser Art der Veröffentlichung von staatlichen Dokumenten und Informationen bekennen würde. Vielerlei unterschiedliche Vorstöße, mehr Transparenz in staatliches Handeln zu bringen, kann man in der ganzen Bundesrepublik beobachten. Im rot-grünen

Koalitionsvertrag ist dies auch festgehalten. Allein in der Ausgestaltung unterscheiden sich die Vorstellungen gravierend.

Ich habe auch den Eindruck, dass wir immer bei verschiedenen Anhörungen gewesen sind. Ich würde jedem empfehlen, das Protokoll über die Anhörung durchzulesen. Man könnte nämlich eine ganze Menge anderer Zitate herausziehen als die, die hier genannt worden sind.

Die Anhörung hat gezeigt, dass es einen breiten Konsens bei der Einführung eines Transparenzgesetzes in NRW geben kann.

(Matthi Bolte [GRÜNE]: Der Gesetzentwurf ist schlecht! Das ist der Punkt!)

Es gibt aber auch Knackpunkte. Ein Knackpunkt war zum Beispiel die Einbeziehung der Kommunen. Das war ein sehr wichtiger Punkt. Wir haben uns die Entscheidung, die Kommunen pflichtig in das Gesetz einzubeziehen, nicht leicht gemacht. Sie ist der Tatsache geschuldet, dass genau dort in den Kommunen die Politik beim Bürger ankommt und wir in Nordrhein-Westfalen einen sehr hohen Kommunalisierungsgrad haben.

Zur gleichen Einschätzung kam übrigens auch der besonders von den Grünen, von Ihnen, Herr Bolte, so gelobte Entwurf der Initiative „NRW blickt durch“. In diesem Bündnis von Mehr Demokratie e. V,, Transparancy International und dem Bund der Steuerzahler haben sich die Initiatoren auf ein offenes Verfahren geeinigt, den Entwurf zu diskutieren. In weiten Teilen kommt man dabei zu übereinstimmenden Ergebnissen mit dem von uns vorgelegten Entwurf. Besonders einig ist man sich darin, dass bei einem entsprechenden Gesetz die Kommunen pflichtig zu berücksichtigen wären.

Die Vorbehalte der kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung in Bezug auf die möglichen Kosten hat Herr Bolte im Innenausschuss und eben auch noch einmal auf das Tableau gebracht. Ich muss mich darüber wirklich wundern, denn: Sind es nicht die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern, die dort einen Gesetzentwurf zum Transparenzgesetz eingebracht haben? Daraus darf ich einmal den Punkt „Kosten“ mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren:

„Den laufenden Kosten für die Umsetzung der Veröffentlichungspflicht und den Betrieb des Informationsportals stehen Einsparungen aufgrund der wegfallenden Antragsbearbeitung gegenüber.“

(Zuruf von den PIRATEN: Aha!)

„Einmalige Kosten für die Implementierung des Informationsportals sind im Landeshaushalt

2014/2015 zu berücksichtigen.“

So die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern.

Bereits im letzten Jahr haben wir mit unserem Antrag „Open Data endlich in NRW einführen – Lan

desregierung muss einheitliche Open (Government) Data-Plattformen fördern, Strukturen schaffen und Kommunen unterstützen“ die Einbeziehung der Kosten in den Landeshaushalt gefordert.

Ich denke, wir sind da ein ganzes Stück ehrlicher und sind auch bereit, Landesmittel für diese wichtige Aufgabe zur Stärkung der Demokratie bereitzustellen.

(Beifall von den PIRATEN)

Kein Pirat will die Kommunen bei der Einführung von mehr Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger allein im Regen stehen lassen.

Frau Korte, nun zu der von Ihnen zitierten Aussage von Herrn Lehrer vom Städte- und Gemeindebund betreffend die Kosten für die von ihm für notwendig gehaltenen 0,1-Stelle, die erforderlich wäre, um in den Kommunen Transparenz umzusetzen. Die Kosten würden sich – wir haben es hochgerechnet – auf 18 Millionen € belaufen. Ich denke, das ist etwas, was einem die Transparenz im Land wert sein muss.

Sollte aber dies für die anwesenden Fraktionen nicht ausreichend sein, dann ist es jedem freigestellt, sich auf den dritten Teil des Konnexitätsausführungsgesetzes NRW zu berufen und die Landesregierung aufzufordern, eine entsprechend konkrete Kostenfolgeabschätzung in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden vorzunehmen.

Dann können wir in eine dritte Lesung gehen, um die dann neu gewonnenen Erkenntnisse einzuarbeiten. Stellen Sie also bitte diesen Antrag. Das wäre Arbeit an der Sache, unabhängig vom Antragsteller. Aber dazu ist hier im Hause ja leider niemand fähig.

Wir stellen diesen Gesetzentwurf heute abschließend zur Abstimmung mit einem Änderungsantrag zu den in der Anhörung zu Recht kritisierten formalen Punkten. Damit ist dieser Entwurf verabschiedungsreif. Allein der politische Wille zur Transparenz muss bei den Fraktionen gegeben sein.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Zustimmung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die eine offene, transparente Verwaltung in Nordrhein-Westfalen verdient haben. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Herrmann. Bleiben Sie bitte gleich am Redepult. Der Kollege Bolte hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Herrmann, zunächst einmal ist es bemerkenswert, dass bei einem Thema, bei einem Gesetzentwurf, der eigentlich das Kernanliegen der Piratenfraktion gewesen ist, als sie in den

Landtag gekommen sind, nicht einmal die Hälfte Ihrer Fraktion bereit ist, Ihr Bemühen um einen Gesetzentwurf hier mit Anwesenheit zu honorieren.

Zweiter Punkt. Sie haben es sich nach wie vor – das haben wir in den Ausschüssen immer wieder kritisiert – auf dieser Metaebene gemütlich gemacht. Alle sind da irgendwie einer Meinung, dass es eines solchen Transparenzgesetzes bedarf. Wir auch. Das habe ich umrissen.

Aber Sie sind an keiner einzigen Stelle konkret auf das eingegangen – das werfe ich Ihnen tatsächlich vor –, was Ihnen die Sachverständigen gesagt haben, was Ihnen die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen in der Ausschussberatung gesagt haben. Es ärgert mich ganz einfach, dass Sie an dieser Stelle nicht ordentlich arbeiten, nicht – so muss ich es interpretieren – ordentlich arbeiten wollen und deswegen dieses Thema dermaßen vor die Wand setzen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich kann nur sagen, dass unsere Initiativen zu dem Thema reihenweise abgelehnt worden sind. Wir sind diejenigen, die hier vor die Wand laufen. Die Politik der ausgestreckten Hand haben wir uns, ehrlich gesagt, auch anders vorgestellt. Alle Initiativen zum Thema „Transparenzgesetz“, „Open Government“ und „Open Data“ werden hier abgeblockt. Die Protokolle liegen vor. Man muss dort nur hineinschauen. Ich habe mir das anders vorgestellt.

Ich hoffe, wir können in den letzten zweieinhalb Jahren bis zum Ende der Legislaturperiode daran noch etwas ändern. Ich würde mich freuen.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Herrmann. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Schneider.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung weiß sehr wohl um den Wunsch der Bürgerinnen und Bürger, Daten und Informationen öffentlich bereitzustellen. Den Wunsch gibt es nicht erst, seitdem Piraten in diesem Parlament präsent sind.

2001 wurde das Informationsfreiheitsgesetz hier im Landtag verabschiedet, und das im Übrigen einstimmig. Das Gesetz war damals für NordrheinWestfalen Neuland; das Wort hat der damalige Innenminister Fritz Behrens richtig immer wieder aufs Neue gebraucht. Das Inkrafttreten des IFG war wichtig, um die Distanz zwischen Bürgerinnen und Bürgern auf der einen und der öffentlichen Verwaltung auf der anderen Seite zu überwinden, und zwar nicht nur was die Veröffentlichung von Daten

anbelangt, sondern auch mit Bezug darauf, Vertrauen in die Verwaltungen aller Ebenen zu stärken.

Im Vergleich dazu hat sich heute, mehr als zwölf Jahre später, einiges verändert. Technische Möglichkeiten haben sich dynamisch entwickelt. Drei von vier Menschen in diesem Lande verfügen über einen Internetzugang, 2001 waren es etwa 37 %.

Das IFG ist evaluiert und im Grundsatz bestätigt worden. In Kombination mit der Errichtung des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit als unabhängige Stelle haben wir für NRW Regelungen, die Datenschutz und Transparenz in hohem Maße gewährleisten.

Meine Damen und Herren, das heißt natürlich nicht, dass wir es beim heutigen Zustand belassen wollen. Es ist eben schon auf den NRW-Koalitionsvertrag hingewiesen worden. Nach diesem Vertrag wollen wir das Informationsfreiheitsgesetz zu einem Transparenzgesetz weiterentwickeln. Das Wort „weiterentwickeln“ ist das Entscheidende. Wir wollen ein über Jahre gewachsenes und bewährtes Gefüge nicht eins zu eins durch ein Transparenzgesetz ersetzen, das vielleicht für Stadtstaaten gut sein mag, aber auf ein Flächenland wie NRW kaum übertragbar ist.

Die Beratungen in den Ausschüssen haben gezeigt: So einfach, wie es sich die Piraten vorstellen oder wünschen, ist es eben nicht. Sowohl die kommunalen Spitzenverbände als auch der LDI sind sich einig: Ein völlig neues, aus dem Boden gestampftes Gesetz brauchen wir nicht.

Die Landesregierung will dagegen den im Koalitionsvertrag verankerten und bereits beschrittenen Weg weitergehen. Dabei sind die Fragen der technischen und finanziellen Realisierbarkeit ebenso sorgfältig zu prüfen wie Aspekte der Konnexität. Wir werden die derzeitige Situation genau untersuchen und evaluieren. Die dabei gewonnen wichtigen Erkenntnisse werden wir nutzen, um die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes sinnvoll anzugehen.

Meine Damen und Herren von der FDP, haben Sie keine Sorge: Der Koalitionsvertrag wird bis zum Ende der Wahlperiode erfüllt. Hier geht allerdings auch Genauigkeit vor Schnelligkeit. Das ist selbstverständlich.

Im Übrigen brauchen wir keine Anleihen bei Hamburg zu machen. Wir sind ein großes Land und müssen das Informationsfreiheitsgesetz entsprechend unseren Bedingungen weiterentwickeln, so wie es die Koalitionsparteien verabredet haben. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Schneider. – Herr Minister Schneider hat

übrigens in Vertretung von Herrn Minister Jäger gesprochen.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass wir die Aussprache schließen können und zur Abstimmung kommen. Ich lasse als Erstes über den Änderungsantrag der Fraktion der Piraten, Drucksache 16/5556, abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP und der fraktionslose Abgeordnete Stein. Enthaltungen? – Niemand. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 16/5556 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt worden.

Wir haben nun über den ursprünglichen Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlüsse des Innenausschusses und damit über die Beschlussempfehlung abzustimmen. Ich rufe daher die Abstimmung über die Beschlussempfehlung Drucksache 16/5496 auf. Dort empfiehlt uns der Innenausschuss, den Gesetzentwurf Drucksache

16/3248 abzulehnen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP und der fraktionslose Abgeordnete Stein. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Piraten. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis die Beschlussempfeh

lung Drucksache 16/5496 angenommen und der Gesetzentwurf Drucksache 16/3248 damit abgelehnt.