Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Darin steht: Der Bürger muss nachvollziehen können, ob ein Abgeordneter durch seine Nebentätigkeit in Gewissenskonflikte gerät. Wir fordern drei ganz einfache Dinge: Erstens Nebeneinkünfte auf Heller und Pfennig veröffentlichen, zweitens Nebentätigkeiten auch zeitlich veröffentlichen – denn auch ein Ehrenamt kann parlamentarische Entscheidungen beeinflussen –, und drittens berücksichtigen wir selbstverständlich die Rechte Dritter.

Der Gesetz-Entwurf ist genau das: Er ist ein Entwurf. Wenn ich dann von Ihnen lese – Zitat –, „es ist gute Praxis, an den Änderungen des Abgeordnetengesetzes gemeinsam zu arbeiten“, dann ist er noch viel mehr. Dann ist er eine Einladung, jetzt in den Arbeitsprozess einzusteigen. Da braucht es keinen eigenen Entwurf mehr. Wir können diesen Entwurf nehmen. Er ist eine Diskussionsgrundlage, um zu gemeinsamen Vorstellungen zu kommen.

Herr Kollege Rasche, es tut mir leid, wenn ich lesen muss, dass vier Fraktionen in diesem Landtag bestimmt zu einer gemeinsamen Lösung kommen,

aber die Piraten garantiert nicht dabei wären; das finde ich schon absurd, denn gerade wir stellen immer wieder klar, dass wir zu Gesprächen bereit sind und unsere Entwürfe nicht in Stein gemeißelt sind.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Kollege Marsching, die Redezeit!

Und zuletzt ist dieser Gesetzentwurf eine Lokomotive, die das Thema anschiebt und keinen eigenen Bremswagen mitbringt, denn – ich komme zum Schluss – eines ist klar – ich zitiere die „Rheinische Post“ von Montag –:

„Sie könne sich nicht vorstellen, dass die Neuregelung in Nordrhein-Westfalen hinter den Bestimmungen für die Bundestagsabgeordneten zurückbleibt, hat Präsidentin Gödecke gesagt. Getan hat sich wenig.“

Was brauchen Sie noch? Sachverständige hatten wir in der Anhörung, unzählige Presseartikel, die nach Transparenz schreien, einen Gesetzentwurf – es ist alles da, was wir brauchen, was notwendig ist. Lassen Sie uns jetzt loslegen! Verzichten Sie bitte auf dieses elendige Parteitaktik-Klüngel-Gedöns! – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Kollege Marsching. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Herter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Fleißkärtchen für die meisten Zitate von Frau Beer kriegt auf jeden Fall Herr Marsching. Da will ich mich gar nicht drum bewerben.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Sehr gerne!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Einigkeit besteht, dass die Transparenzregeln hier im Hause konkretisiert werden müssen. Ich glaube, da hat niemand etwas anderes behauptet. Ich muss aber auch feststellen: Transparenzregeln erfinden wir nicht neu, es gibt sie hier im Hause schon. Zum Teil gehen sie deutlich über das hinaus, was der Deutsche Bundestag und andere Landtage vorhalten.

Meines Wissens sind wir der einzige Landtag, der zum Beispiel arbeitsloses Einkommen nicht veröffentlichungspflichtig macht, sondern schlicht und einfach verbietet und diese Einflussnahme auf Parlamentarier damit unmöglich macht.

Ja, es ist korrekt, den Prozess von der Anhörung hin zu einer gemeinsamen Lösung kann man mit Fug und Recht als zäh bezeichnen, Herr Marsching. Da bin ich ganz bei Ihnen.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Euphemist!)

Der Beleg, dass heute zwei Entschließungsanträge vorliegen, macht schon deutlich: Es ist auch kein ganz triviales Unterfangen, die unterschiedlichen Modelle, Euro und Cent auf der einen Seite, Stufen wie im Bundestag auf der anderen Seite, unter einen Hut zu bringen. Meine Fraktion ist nun einmal der Auffassung, dass man diese Dinge gemeinsam lösen sollte, dass wir sie gemeinsam lösen sollten.

Ihr Gesetzentwurf, Herr Marsching, leistet dazu leider überhaupt keinen Beitrag – weder formell noch von der Grundanlage her. Er ist mit der heißen Nadel gestrickt und leider auch schlampig gearbeitet.

(Zurufe von den PIRATEN: Oh! – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Und zu früh und zu spät!)

Er ist insbesondere kein Beitrag für eine gemeinsame Lösung. Der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger zu wissen, welche Verdienste neben dem Mandat bestehen, ergibt sich allein schon aus unserer Vollalimentierung, die auch eine volle Arbeitszeit voraussetzt, ergibt sich aber auch aus der Frage

(Theo Kruse [CDU]: Wieso das denn?)

Herr Kruse, ich komme gleich zu der anderen Seite, da werden Sie ganz zufrieden sein, keine Sorge –, was die Befangenheit, nicht technisch gesprochen, sondern was Interessenkonflikte angeht.

Auf der anderen Seite steht der Anspruch eines jeden Bürgers an dieser Stelle, die Möglichkeit zu haben, Abgeordneter zu werden und dabei nicht in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit behindert zu werden.

Diese beiden Seiten beziehungsweise Interessen sind in der Transparenzregelung in Balance zu bringen. Das gilt übrigens auch in Bezug auf die Frage der Selbstständigen bzw. darauf, inwieweit auch nur zeitweise das Mandat eines Parlamentariers angestrebt wird und eine Rückkehr in den bisher ausgeübten Beruf möglich sein soll. Dieses Spannungsverhältnis kann man nicht ausblenden. Da muss man am Ende abwägen.

Wir legen hier heute dazu vier Eckpunkte vor.

Erster Eckpunkt: Bagatellgrenze senken.

Zweiter Eckpunkt: Außerordentliche Einkünfte – sie sind mit der größten Gefahr verbunden, was Interessenskonflikte angeht; ich nenne nur Aufsichtsgremien, Berater- und Gutachtertätigkeiten sowie Vortragshonorare – müssen auf Euro und Cent und sofort veröffentlicht werden.

Dritter Eckpunkt: Die laufenden Einkünfte allerdings, die man in Nebentätigkeit als Arbeitnehmer oder als Selbstständiger hat, sollten in einer engen Staffelung, die nicht nach oben offen sein soll, veröffentlicht werden.

Viertens geht es um das Bruttoprinzip. Danach ist die Veröffentlichung vor persönlichen Steuern –

aber selbstverständlich nach Aufwendungen – vorzusehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte betrachten Sie es als Einladung, diese Diskussion hier gemeinsam weiter zu führen. Betrachten Sie den 1. Januar 2015 als für eine neue Regelung gesetzt. Ich bin an dieser Stelle unverwüstlicher Optimist und ganz sicher: Wir werden eine gemeinsame Lösung auf dieser Grundlage finden. – Herzlichen Dank.

Herr Kollege Herter, ich wollte nicht in den letzten Satz hineingrätschen. Herr Kollege Marsching hat sich noch zu einer Zwischenfrage angemeldet. Möchten Sie die zulassen?

Aber selbstverständlich, sehr gerne!

Herr Kollege Marsching, bitte schön.

Vielen Dank, Herr Kollege Herter. Ich habe eine ganz einfache Frage, nämlich die, ob Sie sich den Aussagen des Kollegen Rasche anschließen, dass es hier nur eine Lösung mit vier Parteien gibt oder ob wir als Piratenfraktion von Ihrer Seite aus auch mit einer Einladung für eine wirklich gemeinsame Lösung rechnen können. Wenn die Einladung gerade auch an uns gerichtet war, dann wäre ich darüber sehr, sehr glücklich. – Danke.

Selbstverständlich richtet sich erstens eine solche Einladung immer an alle Fraktionen im Hause. Zweitens weiß ich mich in Bezug auf diese Einladung mit dem Kollegen Rasche einig. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Herter. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Kollege Spiecker.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine repräsentative Demokratie braucht öffentliche Kontrolle. Öffentliche Kontrolle wiederum ist nur möglich, wenn Transparenz über etwaige Interessen und Interessenkonflikte von Abgeordneten herrscht. Meine Fraktion begrüßt es daher ausdrücklich, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen wollen, für noch mehr Transparenz zu sorgen.

Wir sollten dies ruhig und sachlich tun. Vor allem aber sollten wir es mit Selbstbewusstsein machen. Schließlich haben wir nichts zu verbergen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

In der anstehenden Debatte sind für meine Fraktion zwei Fragen von elementarer Bedeutung. Die erste Frage lautet: Welche Informationen benötigt die Öffentlichkeit, damit tatsächliche Transparenz über etwaige Interessen und Interessenskonflikte von Abgeordneten herrscht? Ist dafür die Höhe der Nebeneinkünfte entscheidend – oder nicht vielmehr der dahinterstehende Interessenskonflikt?

Etwaige Interessenskonflikte können sich nicht nur aus einer beruflichen Tätigkeit ergeben, sondern auch aus der Mitgliedschaft in Verbänden, Vereinen, Gewerkschaften, Aufsichtsräten und Verwaltungsräten. Das sind Gremien und Interessengruppen, die bestimmte politische Ziele verfolgen. Wie steht es um die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Abgeordneten? Ist der Abgeordnete als Berufspolitiker wirtschaftlich von seinem Mandat abhängig und daher beeinflussbar, weil er um die Wiederwahl und damit um die persönliche Existenz bangt?

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die zweite Frage lautet: Wie bereiten wir die notwendigen Informationen auf, ohne ganze Bevölkerungsgruppen von der Übernahme eines Landtagsmandats abzuhalten?

(Beifall von der CDU und der FDP)

Unsere repräsentative Demokratie lebt davon, dass die gesamte Bandbreite unserer Gesellschaft im Parlament vertreten ist: Junge, weniger Junge, Frauen und Männer, Arbeitnehmer und Unternehmer, Beamte und Selbstständige. Wir wollen schließlich keine reinen Funktionärsparlamente.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir wollen keine parlamentarischen Raumschiffe, deren Besatzungen vom realen Leben keine Kenntnisse haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir wollen keine Politik unter der Käseglocke. Unsere repräsentative Demokratie lebt daher davon, dass sich aus allen Bevölkerungsgruppen Personen finden, die Verantwortung auf Zeit in unseren Parlamenten übernehmen.