Nennen Sie mir jedoch nur eine Grüne oder einen Grünen von der Qualität eines Herrn Hirsch, eines Herrn Baum oder einer Frau Leutheusser
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Orth. – Für die Piraten hat sich Herr Kollege Herrmann noch einmal gemeldet. Er bekommt auch das Wort und hat eine Minute Redezeit. Er hat jetzt auch die notwendige Ruhe, um reden zu können.
Vielen Dank! – Herr Minister, es tut mir leid, Sie haben es immer noch nicht verstanden. Ich finde es unerträglich, dass Sie schon wieder mit einem Beispiel hier ankommen. Das, was Sie gebracht haben, ist in meinen Augen Kindesmissbrauch, dass Sie diese Fälle instrumentalisieren, um eine Massenüberwachung hier durchzusetzen. Das finde ich unerträglich.
Die Überwachung fängt mit der Aufzeichnung an, das heißt, wenn die Daten aufgezeichnet werden. Sie argumentieren mit Nutzungen. Daten werden immer irgendwie nützlich sein. Wir müssen einen anderen Weg finden, solche Fälle aufzuklären. Es ist übrigens auch der Kommission nicht gelungen, vernünftige Gründe für ein Fortbestehen der Vorratsdatenspeicherung zu finden.
Die Polizei hat in anderen Ländern wunderbare Wege gefunden, auch in Deutschland übrigens, mit diesen Fällen umzugehen. Wir brauchen keine Massenüberwachung.
Vielen Dank, Herr Kollege Herrmann. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Das bleibt auch so. Dann schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der FDP hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrages Drucksache 16/5754. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von FDP und Piraten. – Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und der fraktionslose Abgeordnete Stein. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 16/5745 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.
Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/5863. Wer möchte diesem Antrag seine Zustimmung geben? Das sind die Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, die FDP und der fraktionslose Abgeordnete Stein. Stimmt jemand mit Enthaltung? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/5863 der Fraktion der Piraten mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ebenfalls abgelehnt. – Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6.
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die fragestellenden Fraktionen Herrn Kollegen Ott von der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz der seit 2010 guten wirtschaftlichen Entwicklung wächst nach Einschätzung der Industrieländerorganisation OECD in Deutschland das Armutsrisiko. Geringverdienern droht Altersarmut. Der Arbeitsmarkt sei zunehmend gespalten. Die Bildungschancen von Kindern aus einkommensschwachen Familien sind weiterhin auffallend gering – so der neue Deutschlandbericht der OECD. Der Bericht wurde am 13. Mai vorgelegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer Armut bekämpfen will, der braucht eine ganzheitliche Politik. Deshalb ist eine soziale Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik für die Menschen in unseren Städten und Gemeinden von großer Bedeutung, so wie wir sie in unserem Koalitionsvertrag auch definiert haben.
Ziel unserer Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik ist ausreichend qualitativer, angemessener Wohnraum in unserem Land, und zwar zu bezahlbaren Bedingungen. Und es geht um ein attraktives Wohnumfeld: das Zuhause im Quartier, die Heimat der Menschen vor Ihrer Haustür. Das alles gilt für alle Wohnungsmarktregionen unseres Landes.
Hierbei müssen wir auf gegenläufige Trends in Stadt und Land reagieren, zunehmend angespannte Wohnungsmärkte in den Städten, aber auch Bevölkerungsschwund in Ballungsräumen und auch in ländlichen Regionen.
Im Zentrum unserer Politik stehen die Menschen, die der Hilfe bei der Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum und einem Lebenswohnumfeld am meisten bedürfen. Weder Slums noch Reichengettos tun unserer Gesellschaft gut.
Unsere Politik steht für lebendige und vielfältige Wohnquartiere. Diese Vielfalt hat unser Land stark gemacht. Deshalb müssen wir für eine erfolgreiche Zukunft Nordrhein-Westfalens daran arbeiten.
Mit der Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage „Zukunft des Wohnens und der Wohnquartiere in Nordrhein-Westfalen“ diskutieren wir heute eine solide Bestandsaufnahme der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik in NordrheinWestfalen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle insbesondere dem Minister und dem ganzen Hause für die sehr ausführliche und gute Beantwortung und die solide Grundlage, die Sie für das Parlament geschaffen haben, danken. Herzlichen Dank!
Im Einzelnen: Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein afrikanisches Sprichwort sagt – ich habe es schon häufiger zitiert, ich kann es nicht oft genug tun –: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen. Das Wohnen der Menschen endet nämlich nicht an der Haustür, sondern das gesamte Quartier muss in den Blick genommen werden.
Zu einer erfolgreichen Präventionspolitik gehört eine Heimat, ein Veedel, ein Kiez, ein Quartier, ein Ort, in dem ich lebe, in dem ich mich wohlfühle, in dem ich zuhause bin. Heimat an dieser Stelle ist entscheidend für viele Menschen in unserem Land. Es ist die Aufgabe der öffentlichen Hand, dafür zu sorgen, dass sie ihre Fördermechanismen so bündelt, dass sie aus einer Hand angeboten werden können.
Deshalb will ich an dieser Stelle die Landesregierung ausdrücklich loben, dass sie den schwierigen, aber intensiven Versuch unternommen hat, genau das zu tun, die Förderprogramme zu bündeln und alles das, was in einem Quartier notwendig ist, über Ressortgrenzen hinweg zusammenzubinden.
Wichtig dabei ist aber, dass natürlich die Kommunen an dieser Stelle eine wichtige Aufgabe haben; denn wir können das nicht für das ganze Land von oben her organisieren. Es muss vor Ort organisiert werden. Ganz besonders wichtig ist, dass das Land seine Expertise, seinen Sachverstand einbringt und den Kommunen und Gemeinden in unserem Land hilft.
Die passgenauen Konzepte, die vor Ort entwickelt werden sollen, müssen auf die unterschiedlichen Situationen in Nordrhein-Westfalen passen. Vom Münsterland über das Sauerland bis hin zur Rheinschiene – in Städten und Gemeinden, überall – haben die Menschen den Anspruch darauf, dass man passgenaue Konzepte entwickelt. Ich will auch das hier in Richtung Kommunen sagen: Die Kommunen müssen auch dafür sorgen, dass es die Expertise und die Fachleute gibt, die dann vor Ort solche Prozesse organisieren können. Wir haben in den letzten Jahren im Stadtentwicklungsbereich an vielen Stellen im Land einen Verlust von Kompetenz gehabt. Es war ein Fehler, an dieser Stelle einzusparen. Hier muss, da, wo es notwendig ist, korrigiert werden.
tern wird, sondern wir brauchen hier an dieser Stelle die öffentliche Hand. Wir brauchen den Staat, der gemeinsam mit Bündnispartnern versucht, Grenzen zu setzen und dafür zu sorgen, dass solche Entwicklungen vor Ort gelingen können. Wer hier nur auf den Markt setzt und weiter versucht, das Wohnen als libertäres Gut durchzusetzen und es dem freien Markt überlässt, handelt im Hinblick auf die Zukunft unseres Landes falsch.
kommunale Wohnungsbaugesellschaften ist noch deutlich Luft nach oben. Denn eins haben wir gelernt: Wenn Städte und Gemeinden, weil sie Instrumente dafür haben, in der Stadtentwicklungspolitik mitsteuern können, ist das zum Wohle der Menschen in diesem Land. Deshalb müssen wir an der Stelle klar sagen: Die liberalen Tendenzen der letzten 20 Jahre – in deren Rahmen geglaubt wurde, man könne Wohnen einfach dem freien Markt überlassen – waren falsch. Es ist gut, dass wir den Weg wieder in die andere Richtung gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren!
NRW ist verschieden. Wir haben ländliche Bereiche, die wachsen, und solche, die schrumpfen. Wir haben städtische Bereiche, die wachsen, und welche, die schrumpfen. Das alles ist in dieser Beantwortung eindrucksvoll dargestellt, Herr Minister. Sie haben darin deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass man das differenziert betrachtet, und wie wichtig es ist, Konzepte vor Ort zu erarbeiten. NRW berät und fördert.
Nehmen wir uns die Bereiche vor, zunächst den schrumpfenden ländlichen Bereich. Viele Menschen in den ländlichen Bereichen Nordrhein-Westfalens haben auf Politik, auf Bausparkassen und Banken gehört, die gesagt haben: Investiere in ein Eigenheim, das ist auch eine Altersvorsorge. Was erleben viele Menschen gerade? Ihre Altersvorsorge bröckelt ihnen durch die Finger. Ihre Häuser sind nicht mehr so viel wert, und viele dieser Menschen stellen sich die Frage: Was passiert denn dann, wenn ich beispielsweise pflegebedürftig werde? Was soll ich tun? Wenn sie die Häuser verkaufen, um in die Städte zu ziehen, können sie die Mieten, die dort zu bezahlen sind, oft gar nicht bezahlen. Wenn Sie sich vor der Haustür umgucken, stellen sie fest: Es gibt gar keinen Arzt und vielleicht auch keinen Shop mehr in der Nähe, wo sie einkaufen können. Das ist eine gewaltige Herausforderung, und wir sind erst am Anfang dieser Debatte, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dieses Problems müssen wir uns annehmen.
Ich komme zum schrumpfenden städtischen Bereich. Der Chef der SGK NRW, Frank Baranowski, hat deutlich gemacht, was es für eine Stadt bedeu
tet, wenn man Kanäle und Straßen zurückbauen muss, wenn man vielleicht auch Wohnsiedlungen zurückbauen muss, damit keine Verwahrlosung und Leerstände entstehen, die vor Ort für große Probleme sorgen. Das alles ist dargestellt worden. Unsere Fördersystematiken passen aber auf diese Situation gar nicht; denn sie sind in einer Zeit gemacht worden, die auf Wachstum und Steigerung ausgelegt war.
Nehmen wir den wachsenden ländlichen Bereich. Er hat das Problem der zusätzlichen Versiegelung von Flächen und das Problem, dass die Infrastruktur gar nicht nachkommt. Viele Bürgermeister fragen: Wo soll ich denn die Kinder noch unterbringen? Wie soll ich denn noch zusätzlich Kindergärten und Schulen bauen? Wie soll ich dafür sorgen, dass die Menschen zu den Oberzentren mit der S-Bahn oder der Bahn fahren können? Und auch dort steigen die Mieten.
Nehmen wir schließlich den großstädtisch wachsenden Bereich: Hier gibt es Mietsteigerungen en masse, die vollkommen unverhältnismäßig sind. Es gibt die Verdrängung von Mietern aus bestimmten Quartieren. Wir sehen den Konflikt um die Nutzung von Wohnungen zwischen Flüchtlingen, Studenten, ärmeren Rentnern und Familien mit Kindern. All diese Leute wollen in der Stadt wohnen und können sich viele Quartiere nicht mehr leisten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist deutlich, dass wir verschiedene Antworten brauchen. Es sind gewaltige Herausforderungen, vor denen wir stehen. Deshalb sage ich Ihnen ganz ehrlich: Das werden wir nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung unter Bündelung unserer Kompetenzen hinbekommen. Das ist für die Regierungen auf allen Ebenen ein Riesenproblem – ich glaube, manchmal auch für die Fraktionen –, weil man nicht mehr als Sozialpolitiker, Wohnungspolitiker, Sportpolitiker oder Wirtschaftspolitiker agieren kann, sondern überlegen muss: Wie kann man diese Quartiersentwicklung aus einer Hand vernünftig voranbringen.
Das alles wollen wir noch gleichzeitig damit verbinden, dass wir unseren Wohnungsbestand energetisch aufmotzen. Weiter wollen wir dafür sorgen, dass die zweite Miete nicht weiter steigt und nicht so viel CO2 verbraucht wird. Außerdem wollen wir auch noch dafür sorgen, dass alles barrierefrei oder barrierearm ist, damit die Menschen lange in ihren Wohnungen bleiben können. Das alles muss auch noch jemand bezahlen.
Von daher, sehr geehrter Herr Minister, meine Damen und Herren: Wir haben mit dieser Antwort eine wirklich solide Grundlage, die Probleme aufzureißen. Wir werden nicht in Bezug auf alle Lösungen einer Meinung sein. Fakt ist aber: Es bedarf der staatlichen Organisation und der Überlegung: Wie kann man das machen? Das können wir nicht alleine, das muss mit den Bündnispartnern im „Bündnis
für Wohnen“ – mit vielen Fachleuten, die uns beraten – geschehen. Ich bin guten Mutes, dass wir das hinkriegen.
Etwas will ich aber zum Schluss noch sagen. Bei all dem ist für uns Sozialdemokraten und für die Grünen in dieser Landesregierung, glaube ich, in den letzten Jahren eines deutlich geworden: