Es war Armin Laschet, der am Abend des letzten Wahlsonntags dem erstaunten Fernsehpublikum verriet, er blicke stets neidisch auf die Wirtschaft und die Finanzen des Freistaats.
Herr Kollege Laschet, für jemanden, der Spitzenkandidat seiner Partei für die nächste Landtagswahl werden möchte, war das schon eine sehr bemerkenswerte und – im Hinblick auf Ihre wirtschafts- und finanzpolitischen Kompetenzen – sehr erhellende Aussage. Denn bei allem Respekt vor dem schönen Freistaat Sachsen verraten Sie durch Ihren neidvollen Blick so viel Sachverstand wie ein Fußballtrainer, der Jürgen Klopp mit dem Argument ablösen möchte, das Vorbild für Borussia Dortmund sei Dynamo Dresden. – So etwas Absurdes habe ich noch nicht gehört.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Heiterkeit von der SPD – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Das werden die Fans in Dresden nicht mögen!)
Nordrhein-Westfalen hat die größte Wirtschaftskraft der Bundesrepublik Deutschland, den dichtesten Besatz an Industrie, den größten Energiesektor und das stärkste produzierende Gewerbe. Nicht nur im Ruhrgebiet – im westlichen Münsterland, in Südwestfalen, in Ostwestfalen-Lippe, überall ist das zu besichtigen. Und wir erhalten mit Abstand die meisten ausländischen Direktinvestitionen. Nirgendwo gibt es mehr Universitäten und Forschungseinrichtungen. Hier in Nordrhein-Westfalen schlägt das Herz der Industrie und des produzierenden Gewerbes in Deutschland, Herr Kollege Laschet –
(Lutz Lienenkämper [CDU]: Weil die gut re- giert werden im Gegensatz zu uns! – Zurufe von der SPD: Ooh! – Minister Johannes Remmel: Aber 15 % Rechte und Rechtsext- reme produzieren!)
Herr Kollege Laschet, Sie kennen doch die Weisheit „An ihren Vorbildern sollt ihr sie erkennen“. Also: „Vorbild Sachsen für Nordrhein-Westfalen“, meine Damen und Herren, das macht keinen Sinn.
Ich will das noch mal aufnehmen, damit das für alle klar ist. Wissen Sie überhaupt, Herr Kollege Laschet, dass der Haushalt des Freistaats Sachsen zu fast 40 % fremdfinanziert wird –
unter anderem auch durch die Wirtschafts- und Steuerkraft des Landes Nordrhein-Westfalen? Unser Land hat unter allen Bundesländern – man kann das nicht oft genug sagen, damit die Schwarzmalerei endlich aufhört – die fünfthöchsten Steuereinnahmen pro Kopf der Bevölkerung. Aber nach den vielen föderalen Umverteilungsmechanismen landen wir auf dem letzten Platz.
Nordrhein-Westfalen hat vor nicht allzu langer Zeit den Strukturwandel anderer Bundesländer mit Milliardenbeträgen mitfinanziert – auch den Strukturwandel des damaligen Nehmerlandes Bayern. Wir haben nach 1990 einen großen Teil unserer Finanzkraft für den Aufbau Ost zur Verfügung gestellt. In den Jahrzehnten, in denen Nordrhein-Westfalen anderen Bundesländern geholfen hat, musste es gleichzeitig den eigenen Strukturwandel bewältigen – ein Strukturwandel, dessen wirtschaftliches und soziales Zerstörungspotenzial seinesgleichen suchte.
Zur Wahrheit über die Verschuldung NordrheinWestfalens gehört eben auch, dass es unserem Land mit der Hilfe der Menschen in NordrheinWestfalen gelungen ist, jene sozialen Verwerfungen zu verhindern, die zum Beispiel Mittelengland, die Wallonie oder Lothringen brutal gezeichnet haben. Wenn man dorthin kommt und sich mit offenen Augen umsieht, sind die Narben heute noch zu sehen.
Gleichzeitig, Herr Kollege Laschet – da will ich Sie berichtigen –, haben wir es in Nordrhein-Westfalen geschafft, das Wirtschafts- und Industrieland Nummer eins in Deutschland zu sein und zu bleiben.
Wir sind immer noch Nummer eins in Deutschland. Meine Damen und Herren, das ist ein großer Erfolg, den es aber nicht umsonst gab.
Festzuhalten ist – das ist mir wichtig –: NordrheinWestfalen hat viel für andere Länder getan und tut das noch. Wir brauchen keine Nachhilfe in Sachen Solidarität. Das ist für uns selbstverständlich. Gestern, heute und auch morgen üben wir Solidarität mit anderen.
Wir zahlen pro Jahr nicht weniger als 1,7 Milliarden € netto in den Finanzausgleich. Das sind mehr als 50 % der Nettoneuverschuldung in diesem Jahr. Vor dem Finanzausgleich – auch das, was der Finanzminister herausgestellt hat, wiederhole ich, weil man das nicht oft genug sagen kann – hat unser Land 1.000 € mehr Steuereinnahmen pro Einwohner als Sachsen oder Thüringen. Am Ende erhält Nordrhein-Westfalen pro Einwohner 500 € weniger als alle ostdeutschen Bundesländer, die ohne diese föderalen Ausgleichszahlungen keine ausgeglichenen Haushalte vorlegen können. Eine solche Umverteilung, meine Damen und Herren, ist aber weder fair noch gerecht und muss geändert werden.
Herr Kollege Laschet, man muss doch darauf hinweisen dürfen, ohne von Ihnen gleich wieder der Bettelei bezichtigt zu werden.
teiligt wird. Nach seiner Einwohnerzahl hätte Nordrhein-Westfalen 21,8 % aller Zuweisungen für Wirtschaft, für Infrastruktur, für Bildung, Forschung und Soziales erhalten müssen. Wir bekommen aber nur 14,9 %. Das heißt: Wir erhalten im Jahr 3 Milliarden € weniger als uns nach unserem Bevölkerungsanteil zustehen würde für dringend notwendige Projekte in den Bereichen Bildung, Infrastruktur oder Soziales. Das ist nicht fair, und das ist auch nicht gerecht, meine Damen und Herren!
Deshalb ist es jetzt an der Zeit, den föderalen Finanzausgleich so zu reformieren, dass unser Land so viel von seiner Finanzkraft behält, wie ihm zur Bewältigung seiner Aufgaben zusteht. Für diese wichtige und zugleich schwierige Aufgabe – das sage ich mit allem Freimut – hat die Landesregierung mit Finanzminister Norbert Walter-Borjans und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft unsere volle Unterstützung.
Es wäre gut, Herr Kollege Laschet, wenn die CDU dabei an unsere Seite käme. Das wäre im Interesse des Landes. Das wäre auch im Interesse der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Machen Sie das endlich! Kommen Sie in dieser wichtigen Frage an unsere Seite! Lassen Sie Ihre Schwarzmalerei sein, meine Damen und Herren!
Herr Kollege Laschet, ich will mir zwei Bemerkungen zu den von Ihnen angesprochenen Punkten erlauben, zum einen zu den BAföG-Mitteln und zum anderen zur Maut.
Sie behaupten, diese 279 Millionen €, die das Land durch die Übernahme des eigenen Anteils durch den Bund bei der BAföG-Regelung einspare, würden im Haushalt versickern. – Dazu sage ich Ihnen: Das ist falsch! Denn nachweisbar gibt das Land durch die zusätzlichen Studienplätze im Rahmen des Hochschulpakts, den Ausbau des offenen Ganztags, die zusätzlichen Lehrerinnen- und Lehrerstellen für die Inklusion,
die weitere Qualitätsverbesserung in den Kitas und, und, und deutlich mehr Geld aus. Herr Kollege Laschet, wir geben das Geld also für genau das aus, für das es bestimmt ist
Sie wissen ganz genau: Das sollte zur Entlastung der Länder bei der Bewältigung dieser Aufgaben passieren. Das machen wir. Es versickert also nicht, sondern es wird zielorientiert für das ausgegeben, wofür es bestimmt ist, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Laschet, ich wollte gerade etwas zu Ihrem „Hilferuf“ sagen. Es ist wie bei Ihrer Rede, Herr Kollege Laschet, Sie sind immer nur abgelenkt.
Herr Kollege, ich wollte Ihnen etwas zur Maut sagen. – Wir haben eine klare Haltung, und zwar schon lange.
Wir haben unser eigenes Konzept der Ausweitung der Lkw-Maut immer wieder vorgelegt. Offensichtlich kennen Sie die Tagesordnung nicht, weil das Thema hier im Plenum noch eine Rolle spielen wird. Wir reden darüber. Wir halten dieses Konzept einer Ausweitung der Lkw-Maut auch deshalb für richtig, weil nur dies nennenswerte Mehreinnahmen verspricht. Deshalb ist ja auch die Bundesratsinitiative, die von NRW ausgeht und für die Verkehrsminister Mike Groschek überall beharrlich wirbt, absolut richtig.
Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Sie versuchen, sich mit dem Thema „Maut“ bundesweit zu profilieren.
Das dürfen Sie, das ist Ihr gutes Recht. Aber weit hat es nicht gereicht, Herr Kollege Laschet, nur noch bis zum Machtwort von Frau Merkel.
Herr Kollege Laschet, das an Ihre Adresse: Ihnen fehlt es doch ganz offensichtlich an Durchsetzungskraft. In Berlin hört niemand auf Sie, noch nicht einmal in der eigenen Partei.
Ich will Ihrem Hilferuf ja gar nicht ausweichen, fand es aber nur bemerkenswert, dass Sie gerade die sozialdemokratische Fraktion um Hilfe gegen Ihre eigenen Parteifreunde in Berlin gebeten haben, Herr Kollege Laschet. Das sagt viel über Ihre Durchsetzungskraft und Ihren Einsatz aus.
Ich habe vorhin von Ihnen kein einziges Wort zu der eigentlich wichtigen Frage in diesem Zusammenhang gehört. Sie geben keine Antwort darauf, woher denn die rund 7 Milliarden € jährlich kommen sollen, die wir in Deutschland Jahr für Jahr zur Sanierung und zum Erhalt der Straßen und Brücken benötigen. Dazu kein einziges Wort von Ihnen, stattdessen populistische Versuche, mit der Maut zu punkten. Das geht nicht, Herr Kollege Laschet! Das wird Ihnen niemand durchlassen, die Kanzlerin sowieso nicht. Das haben Sie schon gemerkt.