Wir stimmen drittens über den zweiten Antrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/6684 ab. Der Ausschuss für Kommunalpolitik empfiehlt in Drucksache 16/7361, den Antrag Drucksache 16/6684, wie bereits erwähnt, abzulehnen. Wir kommen somit nicht zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung, sondern auch hier zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 16/6684 selbst. Wer ist dafür? – Das sind die Fraktionen von CDU, FDP und die Piratenfraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist auch dieser Antrag Drucksache 16/6684 abgelehnt.
Ich darf Ihnen den Hinweis auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 16/7514 geben.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die CDU-Fraktion Herrn Kollegen Wüst das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.
Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Grob gesagt gibt es drei Varianten, einen Haushalt zu sanieren: Erstens: Kürzen und Streichen. Da kann man Ihnen auch als neutraler Beobachter wahrscheinlich nicht viel Aktivität vorwerfen.
Zweitens: Frisches Geld organisieren. Bei höheren Steuern sind Sie nicht zimperlich. Geld vom Bund fordern – es gibt kein wichtiges Thema, wo das nicht zum Repertoire gehört. Umverteilung zulasten anderer Länder – wenn es gerechtfertigt ist, sind wir da an Ihrer Seite.
Drittens: Wirtschaftliches Wachstum generieren, um mehr Einnahmen zu gewährleisten. Da ist bei Ihnen allerdings ziemlich Fehlanzeige. Selbst wenn „Kürzen und Streichen“ laufen würde und selbst wenn frisches Geld käme – die Schuldenbremse 2020, die Nettonullverschuldung, wird es ohne eine entsprechende Wachstumspolitik in Nordrhein
Sie wollen vordringlich das Geld anderer. Ich will, dass wir in Nordrhein-Westfalen so erfolgreich werden wie andere.
Seit dem Jahr 2000 hat Bayern einen Wachstumsvorsprung von mindestens 8 Prozentpunkten. Hätten wir dieses Wachstum, bräuchten wir in diesem Jahr über das Schuldenmachen nicht mehr zu reden. Wir hätten 3,2 Milliarden € mehr, und da wäre auch einiges für die Kommunen dabei. Allein diese Chance, diese Verheißung, müsste uns alle gemeinsam zu einem Wettbewerb um die besten Wachstumsideen anspornen.
Mit Erlaubnis des Präsidenten möchte ich aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage Nummer 12 zitieren. Auf Seite 43 heißt es:
„Die grundlegenden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden auf europäischer und bundespolitischer Ebene gestaltet. Auf dieser Ebene gibt es annähernd gleiche Rahmenbedingungen in allen Bundesländern.“
Ein Satz von folgenloser Richtigkeit – das ist so. Aber wenn das nun einmal richtig ist, dann muss es
für unsere Wachstumsschwäche in NordrheinWestfalen auch hausgemachte landespolitische Gründe geben. Und jetzt kommen Sie mir bitte nicht wieder mit dem Strukturwandel von Kohle und Stahl, der vor 50 Jahren begonnen hat. Ja, das mag lange Zeit ein Grund gewesen sein, heute ist mir das als Argument alleine zu billig.
Die Ausgaben der Unternehmen in NordrheinWestfalen für Forschung und Entwicklung liegen 41 % unter dem Schnitt. Und was machen Sie? Was haben Sie getan? Sie diskreditieren, Sie torpedieren die Zusammenarbeit von Universitäten und Wirtschaft.
Die Investitionen der Unternehmen in NordrheinWestfalen sind zu gering. Hier werden nur 18 % des Bruttoinlandsprodukts investiert; in Baden-Württemberg sind es 20,7 % und in Bayern 23,7 %. Gerade die energieintensiven Unternehmen haben in den letzten Jahren in Nordrhein-Westfalen nicht investiert, sie haben de-investiert. Und was tun Sie? Auf den EU-Zertifikatehandel, auf die Energiewende satteln Sie noch eine Landesklimaschutzpolitik obendrauf. Das sind nur zwei Beispiele für landespolitischen Einfluss auf Wachstum und Beschäftigung.
Zum Schutz haben Sie sich dann ein Kriterium gesucht, wo wir mal nicht hinten liegen: Wir belegen Platz 2 bei den ausländischen Direktinvestitionen. Das ist gut. Die Frage ist jedoch: Kann man sich darauf ausruhen, oder sollte man auch da genauer hinschauen? – Sie werden es ahnen: Genauer hinschauen lohnt sich. Wenn man bei ausländischen Investitionen, die in Deutschland schon investiert sind, fragt, wie zufrieden sie am Standort sind, halten 24 % Bayern für besonders attraktiv, und nur 5 % Nordrhein-Westfalen. Auch hier sind wir also schwer herausgefordert.
Eine etwas größere Hausnummer findet sich aber bei meinem Lieblingsthema Tariftreue- und Vergabegesetz. 425.000 € für eine Evaluation, von der wir alle – jedenfalls fast alle – doch heute schon wissen, was dabei herauskommt. Wir hatten eine Anhörung nach der anderen; alle Vorschläge liegen auf dem Tisch. Diese Evaluation ist unnötig. Das Gesetz muss weg!
Und wenn man nicht die Kraft hat, es zu eliminieren, dann sollte man es wenigstens auf Grundlage der vorliegenden Vorschläge entschlacken.
Nein, nein, Herr Schmeltzer, nicht unserer Vorschläge, sondern der Vorschläge der kommunalen Familie
Wenn man Nordrhein-Westfalen stärker auf den Wachstumspfad bringen will, ist der erste Punkt die Deregulierung, also unnötigen Ballast abwerfen: Tariftreuevergabegesetz weg, Klimaschutzgesetz und Klimaschutzplan weg, ein LEP mit Raum für Wachstum, Vorlage eines Hochschulgesetzes mit mehr Freiheit für die Hochschulen, Verbandsklagerecht weg, etc. pp. – Das ist der erste Teil, und das ist alles sattsam bekannt.
Wer Wachstum will, muss aber auch die Zukunft erkennen und in sie investieren. Breitband ist der Wachstumstreiber Nummer eins im Bereich der Infrastruktur. Wandelt man 10 % der Anschlüsse von langsame in schnelle Anschlüsse um – so sagt das ifo-Institut –, kann man bis zu 1,5 Prozentpunkte zusätzliches Wachstum generieren. 30 % der Haushalte und Unternehmen verfügen bisher nicht über schnelles Internet, nicht über Breitband. Da ist Potenzial, da liegt die Chance für zusätzliches Wachstum, wenn man diese Investitionen in Nordrhein-Westfalen auslösen kann.
Fachleute sagen uns: Um die Wirtschaftlichkeitslücken in den etwas abgelegenen Regionen zu schließen, wäre ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag notwendig. Was tun wir? Was tun Sie, um diese Lücke zu schließen? Bis zum Jahr 2020 werden 70 Millionen € zur Verfügung gestellt.
Dass Bayern 2 Milliarden € liefert – aus eigenem Geld, durch ein von der EU zertifiziertes Sonderprogramm –, ist mittlerweile Allgemeingut. Die Versorgungsquote ist in Bayern aber nicht deutlich schlechter als bei uns, sondern sie liegt nur knapp hinter uns. Und ich prophezeie: Wenn wir in fünf oder zehn Jahren über dieses Thema diskutieren oder unsere Nachfolger das tun, dann wird Bayern uns auch in diesem Bereich abgehängt haben.
Dann wird man dort den nächsten Schritt der industriellen Entwicklung gemacht haben, und wir hecheln wieder hinterher. So viel zum Thema „Landespolitik hat keine Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum“.
Wenn Nordrhein-Westfalen zu alter Stärke kommen will, dann muss es klare Prioritäten für Wirtschaftswachstum setzen. Es reicht nicht, Unternehmertage zu boykottieren, wie es die SPD-Fraktion jetzt Anfang der Woche in Duisburg getan hat. Sie müssen sich schon der Realität stellen und aus der Wohlfühlzone herauskommen.
Vielen Dank, Herr Kollege Wüst. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Eiskirch das Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kleinmut in der Argumentation der CDU und die gebeugte Haltung dem eigenen Bundesland gegenüber werden der Bedeutung Nordrhein-Westfalens nicht gerecht.
NRW ist in Deutschland das starke Industrie- und Wirtschaftsland schlechthin. Mit über 600 Milliarden € erwirtschaftet NRW knapp 22 % des deutschen Bruttoinlandsproduktes und liegt damit ganz deutlich an der Spitze aller Bundesländer. Das allein aber macht es nicht, sondern Nordrhein-Westfalen liegt auch im weltweiten Vergleich auf Rang 19, gleichauf mit den Niederlanden und vor allem vor europäischen Staaten wie Schweiz, Schweden, Norwegen, Polen oder Belgien.
Das zeigt die Potenz, die wirtschaftliche Bedeutung und die wirtschaftliche Kraft Nordrhein-Westfalens. Ich finde es wenig hilfreich, immer so zu tun, als wäre dies ein Bundesland im Niedergang. Ganz im Gegenteil, es ist ein Bundesland voller wirtschaftlicher Kraft.
Nordrhein-Westfalen ist in ganz wesentlichen Zukunftsfeldern gut positioniert. Es hat im verarbeitenden Gewerbe mit 42 % eine überdurchschnittliche Exportquote. NRW ist mit über 27 % Anteil an den ausländischen Direktinvestitionen bundesweit – im Vergleich zu allen 16 Bundesländern – Spitzenreiter. Wir sind übrigens die Nummer eins bei vielen, die in diesen Standort investieren. Das gilt für Japan, China, Frankreich, die Niederlande, die USA und viele andere Länder auch. Das heißt, diese anderen Länder bzw. Nationalstaaten erkennen die Bedeutung Nordrhein-Westfalens. Nordrhein
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe es mir vorhin sogar in der richtigen Reihenfolge aufgeschrieben:
Erstens. Die Opposition im Landtag von NordrheinWestfalen erstellt keine eigenen Konzepte zur Wirtschaftspolitik, sondern sie ergeht sich hier seit Jahren in einer Jammertrias – einer Jammertrias aus Klimaschutzgesetz, Tariftreue- und Vergabegesetz sowie Landesentwicklungsplan. Das kann hier schon fast keiner mehr hören, weil es nie konkrete Vorschläge, sondern ausschließlich Gejammer gibt. Das ist wenig konstruktiv.
Ja, ich sage Ihnen das! Wie gerne hätten manche von Ihnen das selbst umgesetzt. Es ist Ihnen während Ihrer Regierungszeit nicht gelungen, Kolleginnen und Kollegen. Kollege Wüst, wir haben noch vor drei Wochen zusammen an einem Tisch darüber gesprochen. Das will ich jetzt gar nicht genau erzählen. Ich weiß aber doch, dass die CDU gerne selber ein Mittelstandsgesetz dieser Güte vorgelegt hätte.