Schmuddelkinder behandelt. Wir denken vor allem an die Games-Branche. Schon heute macht die Spieleindustrie weltweit höhere Umsätze als die Filmbranche. In Nordrhein-Westfalen liegt der Bereich Software/Games laut Kreativreport in Sachen Umsatz deutlich vor der Film- oder Musikindustrie.
Trotzdem werden beispielsweise Filme in Deutschland und Nordrhein-Westfalen auch im Hinblick auf die öffentliche Wahrnehmung weit umfassender gefördert als Computerspiele, etwa mit Filmhochschulen und entsprechenden Instituten. Dabei sind diese Spiele längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen und Bestandteil unseres sozialen Zusammenlebens. Wir setzen uns für die Förderung von digitalen und analogen Spielen als Kulturgut ein.
Das sogenannte Mittelstandsförderungsgesetz aber ist aus Sicht der Piraten ein Beispiel für eine Gesetzgebung, wie sie nicht sein sollte. In Ihrem Koalitionsvertrag schreiben Sie – ich zitiere mit Genehmigung –:
Mit dem Mittelstandsförderungsgesetz tun Sie jedoch das genaue Gegenteil. Sie bringen ein Gesetz ein, das voller Worthülsen steckt und bei dem fraglich ist, ob es dem Mittelstand überhaupt hilft. Vor allem aber bringen Sie ein Gesetz ein, dessen Kernbestandteil, die sogenannte „Clearingstelle Mittelstand“, den Verbandslobbyismus auf Landesebene institutionalisiert und die Position des Parlaments im Gesetzgebungsverfahren schwächt.
Tatsächlich werden nämlich in diesem Gesetzentwurf elementare Regeln von Demokratie und Transparenz verletzt: Mit der „Clearingstelle Mittelstand“ wollen Sie eine Institution schaffen, die sämtliche Gesetzes- und Verordnungsvorhaben der Landesregierung, die den Mittelstand betreffen – das dürften viele sein –, auf ihre Mittelstandsverträglichkeit prüft. Konkret soll ein Gremium aus Vertretern sozialpolitischer Verbände und wirtschaftlicher Interessensorganisationen geplante Gesetze lesen und bewerten dürfen, noch ehe sich auch nur das Kabinett geschweige denn die demokratisch gewählten Abgeordneten im Landtag mit diesen befasst haben.
Damit schaffen Sie nicht nur ein bis dato einmaliges, weil gesetzliches Einfallstor für Lobbyismus, sondern Sie konterkarieren geradezu die Idee des demokratischen Gesetzgebungsprozesses. Sie wollen die Beamten in den Ministerien gesetzlich dazu verpflichten, künftig als Allererstes bezahlte Interessenvertreter zu einer geplanten Regelung zu befragen. Erst wenn die Lobbyisten ihre Meinung deutlich machen konnten, soll sich die Regierung als Ganzes mit dem Vorgang befassen. Und irgendwann, ganz am Ende, wenn die Sache längst entschieden ist, dürfen dann auch die demokratisch gewählten Abgeordneten den Gesetzesentwurf abnicken und höchstens noch kosmetische Korrekturen vornehmen.
Nun mögen Sie sagen, dass es sich hierbei gar nicht um irgendwelche Lobbyisten, sondern Vertreter des Mittelstandes handele, die ausschließlich mittelstandsrelevante Dinge bewerten sollten. Doch das ist de facto nicht der Fall. Zwar soll die Clearingstelle mit Vertretern der wirtschaftlichen Selbstverwaltung bestückt werden – etwa aus den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern. Doch sind Sie wirklich sicher, dass diese die Interessen von Klein- und Mittelbetrieben auch effektiv vertreten? Immer wieder hört man die Klage, dass solche Verbände gerade die Interessen
Ein anderer Aspekt an der personellen Zusammensetzung der Clearingstelle ist jedoch noch viel problematischer. Denn über genau diese personelle Zusammensetzung soll die Landesregierung laut ihres Entwurfs per Verordnung entscheiden können. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Regierung die Mitglieder der Clearingstelle nach eigenem Gutdünken und also völlig willkürlich auswählen kann. Der Landtag soll dabei keine Rolle spielen.
Anders gewendet: Den entscheidenden Teil des Gesetzes, den Lobbyistentraum namens „Clearingstelle Mittelstand“, wollen Sie dem parlamentarischen Zugriff entziehen. Der Landtag soll nach Ihrem Gesetz nicht nur an letzter Stelle des Gesetzgebungsverfahrens stehen, sondern Sie möchten jedwede Einmischung des Landtag verhindern, wenn künftig statt demokratisch gewählter Volksvertreter bezahlte Interessenvertreter die Gesetze der Landesregierung vorbereiten.
Jetzt frage ich Sie: Wird die Besetzung der Clearingstelle den Prinzipien der Gemeinwohlorientierung und des Interessensausgleichs folgen? Oder werden dort die Vertreter derjenigen Verbände sitzen, die die besten Beziehungen zur Landesregierung pflegen?
Ich fasse zusammen: Das Mittelstandsförderungsgesetz ist ein weiterer Baustein auf dem Weg zur Entmachtung des Parlaments und zur Dominanz von Exekutive und wirtschaftlichen Interessen. Per Gesetz wird in Nordrhein-Westfalen der Lobbyismus im Gesetzgebungsprozess verankert.
Das Parlament dient nicht mehr der inhaltlichen Gestaltung von Gesetzen, sondern der formaljuristischer Absegnung. Dieses Gesetz spricht Ihren angeblichen Bemühungen um Transparenz und Demokratie Hohn.
Wir Piraten wollen etwas grundsätzlich anderes: Die Idee, Gesetze zu durchleuchten, um unnötige Bürokratie zu verhindern, begrüßen wir ja grundsätzlich sehr. Noch wichtiger ist für uns jedoch ein transparenter und vor allem demokratischer Prozess. Wieso verbinden wir also nicht beides und setzen auf eine Bürgerbeteiligung, von der auch Sie so viel sprechen? Denn auch Einzelunternehmer, Inhaber und Freiberufler sind Bürger, die über Sachverstand verfügen. Trauen Sie diesen Menschen nicht zu, Gesetze auf Mittelstandsverträglichkeit zu prüfen und ihre Einwendungen selbst vorzubringen?
Oder noch besser: Wie wäre es gleich mit der Einrichtung einer „Clearingstelle Bürger“? Diese könnte die Möglichkeit bieten, offen über transparent entwickelte Gesetze zu diskutieren und sie auf Bürgerverträglichkeit zu überprüfen. Eine solche Gesetzesüberprüfung würden die Piraten sofort unterstützen. Von einem solchen Demokratieverständnis scheinen wir aber noch meilenweit entfernt zu sein.
Als fundamental wichtiges Ziel auf diesem Weg sehen wir auch die Verankerung des Verbraucherschutzes in der Landesverfassung. Dadurch soll der Verbraucherschutz zum integralen Bestandteil von Politik werden. Wir haben dazu bereits die Einrichtung eines eigenen Ministeriums gefordert. Diese beiden Punkte werden auch weiterhin eines unserer Ziele in dem Bereich sein. Datenschutz und Transparenz sind dabei fundamentale Bestandteile des Verbraucherschutzes, die bei uns besonders hohes Gewicht haben. Konkret streben wir neben den schon erwähnten Zielen ein Lobbyistenverbot bei allen Gesetzentwürfen an.
Verbraucherinteressen sind vom Gesetzgeber bislang nur teilweise berücksichtigt worden. Immer wieder ist eine Unterordnung der berechtigten Interessen der Verbraucher unter kommerzielle Gesichtspunkte festzustellen. Dabei haben sich Parlament und Regierung in erster Linie als Volksvertreter und nicht als Vertreter von Unternehmensinteressen zu verstehen. Derzeit beschränkt sich unser Verbraucherschutz darauf, im Nachhinein auf Lebensmittelskandale zu reagieren. Wir fordern dagegen proaktive Maßnahmen. Eine wäre zum Beispiel die vollständige Erfassung der Medikation und nicht nur der Antibiotika in der Tieraufzucht. Ein Element dessen wäre eine Datenbank, in der sämtliche Medikamentengaben im Rahmen der Tieraufzucht erfasst würden.
Darüber hinaus ist eine Verbraucherbildung von Kinder und Jugendlichen schon in der Schule besonders wichtig. Das heißt: Ein Verbraucherbildungsangebot auf allen schulischen Ebenen sollte gefördert werden. Denn nur informierte Bürgerinnen und Bürger können die für sie richtigen Entscheidungen frei treffen. Dies zu lernen, muss schon in der Schule eingeübt werden. Das steht auch in direktem Bezug zum Lernkontext Medienkompetenz, gegen den der Herr Spitzer ja so viel hat.
Wir als Piratenfraktion machen nicht einfach nur auf digital, sondern wir wollen in allen Politikfeldern aktiv sein und mit Ihnen gemeinsam unsere Demokratie weiterentwickeln. Die Prinzipien aus der vernetzten Welt müssen auf die Gesellschaft übertragen werden. Das bedeutet: Wir wollen den freien Zugang für alle zu Information und Wissen.
diskriminierungsfreier Zugang zur Infrastruktur wie zum Beispiel dem öffentlichen Personennahverkehr. Mobilität ist Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und damit ein Menschenrecht.
Aus diesem Grund fordern wir – über die Kosten ist ja im Wahlkampf schon diskutiert worden – einen fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehr. Wir wissen natürlich, dass ein so weit gehendes Konzept nicht von heute auf morgen umzusetzen ist. Aber wir wollen, dass spätestens mit dem Haushaltsentwurf 2013 für die Menschen spürbare und konkret erfahrbare Finanzierungsmaßnahmen ergriffen
Meine Damen und Herren von SPD und Grünen, es hilft nichts, wenn Sie den Menschen immer wieder große Versprechungen machen und am Ende davon nur Restposten übrig bleiben – schlicht nach dem Motto: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Angesichts der generell schwierigen Finanzlage auf der Ebene der Bundesländer laufen Sie damit ganz eindeutig in eine Glaubwürdigkeitsfalle.
Von schönen Politikerworten können die Menschen nicht leben. Dadurch erfahren sie auch keine Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitssituationen. Wir Piraten wollen deshalb ganz konkret und spürbar den Bürgern, den Kindern, den Schülern und Studenten, ja den Menschen ohne Arbeit und deren Familien helfen.
Wir wissen natürlich, dass unsere Vorstellungen nicht kurzfristig und schon gar nicht in einem Haushaltsjahr zu verwirklichen sind. Aber Politik muss generell den Anspruch haben, in einer Legislaturperiode auch zu verändern und zu gestalten. Dafür müssen sich auch Schritt für Schritt wieder Finanzierungswege finden. Sonst kann die Politik ihren Gesamtanspruch aufgeben, und wir machen hier nur noch Talkshow. Genügend Formate gibt es ja.
„Politik“ – mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitiere ich den Kunstprofessor Kurt Weidemann – „betreibt Design für unser Zusammenleben, ein Designer ohne Visionen ist aber kein Realist.“
Wir brauchen für die öffentliche Daseinsvorsorge keine Businesspläne für das Land NordrheinWestfalen und dann womöglich noch einen Vorstandsvorsitzenden einer Nordrhein-Westfalen-AG; denn man kann das Lebens- und Arbeitsumfeld der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen nicht ausschließlich an sogenannten betriebswirtschaftlichen Rentabilitätskalkülen ausrichten. Wir brauchen ein tragfähiges Zukunftskonzept für ein solidarisches Gemeinwesen und für den inneren
Zusammenhalt in Nordrhein-Westfalen. Die Solidarität, von der wir Piraten sprechen, entsteht ganz von allein – jedoch nur dann, wenn eine gerechte Lastenverteilung und eine Verbesserung der Einnahmeseite erfolgen, damit die öffentlichen infrastrukturellen Ressourcen und die Versorgungsstandards gepflegt, verbessert und auch finanziert werden können.
Das Eduard-Pestel-Institut hat in diesen Tagen die Probleme des Wohnungsbaus beschrieben. An Rhein und Ruhr liegt der Bedarf an Sozialwohnungen bei über 1,7 Millionen. Zur Verfügung stehen aber nur etwa 500.000. Jährlich verschwinden zudem ca. 46.000 Sozialwohnungen, weil die Frist der Mietpreisbindung ausläuft. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum nimmt schon jetzt dramatische Ausmaße an. Eine weitere Verschärfung ist bei Fortsetzung der betriebenen Wohnungspolitik absehbar, ja geradezu unausweichlich.
Die Landesregierung selbst erwartet in ihrem aktuellen Sozialbericht 2012 eine Verschlechterung der Chancen wohnberechtigter Haushalte auf eine Sozialmietwohnung. Angesichts des laufend zurückgehenden Bestands solcher Wohnungen und des faktisch nicht mehr stattfindenden Neubaus in diesem Bereich ist das keine besonders gewagte Aussage. Schließlich haben wir es NRW auch mit den Spätfolgen der Steinbrück’schen Wohnungsbaupolitik zu tun, die unter Rüttgers natürlich konsequent fortentwickelt wurde.
Angesichts der inzwischen vorliegenden Erfahrungen mit renditegetriebenen Wohnungsunternehmen, die Wohnungen als Finanzmarktprodukt verstehen, kann die Privatisierung keine Option mehr sein, wenn wir den kommunalen Einfluss auf die Versorgung mit angemessenem Wohnraum auch solcher Bevölkerungsgruppen aufrechterhalten wollen, die am Markt kaum mit solchem Wohnraum versorgt werden können. Dabei handelt es sich mitnichten um ein fakultatives Politikfeld, um das wir uns kümmern können, wenn der Rest erledigt ist. Es handelt sich hier vielmehr um ein Kernelement sozial gerechter Politik; denn ohne Wohnen ist alles nichts.
Ja, die sind mit Twittern beschäftigt. Das können die auch. Aber viele sind multitaskingfähig – im Gegensatz zu Ihnen.