Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Arminia Bielefeld spielt gegen Wolfsburg. Vielleicht findet ja in Berlin ein westfälisches Pokalfinale statt.

(Vereinzelt Beifall)

Jetzt aber zur Sache, zum Antrag:

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Überschrift des Antrages ist schon richtungsweisend. Qualitätsanalyse ist in der Tat ein wichtiger Baustein für die Schulqualität. Die Qualitätsanalyse ist kein Selbstzweck. Sie dient der Entwicklung und Verbesserung der Qualität der Schulen. Der neue Referenzrahmen „Schulqualität“ gibt eine sehr gute und praktikable Orientierung für schulinterne und schulexterne Evaluationen. Beide Formen der Evaluation sind wichtig. Das betonte besonders Prof. Rolff in der Anhörung im Januar. Ich zitiere ihn:

„Man braucht die interne, um eine Reflexionskultur der Evaluation zu entwickeln. Und man braucht die externe, damit die interne auch läuft, …“

Die interne Evaluation des Unterrichts kann im Klassenraum beginnen. Da sind drei Ps wichtig: Prämissen, Prozesse und Produkte. Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler können gemeinsam auswerten und evaluieren: Unter welchen Rahmenbedingungen fand der Unterricht statt? Wie sind die Prozesse abgelaufen? Wo gab es irgendwelche Konflikte, die es zu klären galt? Schließlich das dritte P: Welche Produkte sind dabei herumgekommen? Was haben die Schülerinnen und Schüler in dieser Stunde oder in dieser Unterrichtseinheit gelernt?

Diese Auswertung braucht Offenheit und Vertrauen auf beiden Seiten. Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler müssen offen darüber reden können und ihre Perspektiven abgleichen, dass die Schüler und Schülerinnen manchmal etwas anderes lernen, als der Lehrer oder die Lehrerin erwartet hat.

Auch bei der externen Evaluation sind das gegenseitige Vertrauen und das Miteinander wichtig. Im sogenannten Erläuterungsgespräch, das nach Zustellung des Qualitätsberichts erfolgt, analysieren dann schulintern der Schulleiter, Lehrerinnen und Lehrer, Elternvertreter, Schülerinnen und Schüler, Schulaufsicht und eventuell Mitglieder des Kompetenzteams den Bericht gemeinsam und planen die weiteren Schritte.

Dabei ist die Transparenz in die schulische Öffentlichkeit wichtig. Denn nur eine offene und ehrliche Bestandsaufnahme lässt es zu, dass sich gemeinsame Maßnahmen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung ableiten lassen. Dabei kann die Qualitäts- und Unterstützungsagentur des Landesinstituts für Schule ein wichtiger Partner sein.

Ich komme noch einmal auf ein P zu sprechen: die Prämissen. Die Voraussetzungen, die einzelne Schulen haben, sind sehr unterschiedlich. Ich zitiere aus der Anhörung Prof. Heinrich von der Uni Bielefeld:

„Wir haben bei den Qualitätsentwicklungs- und Qualitätssicherungssystemen natürlich auch den sogenannten Matthäus-Effekt, also: Wer hat, dem wird gegeben. … Schulen, die sehr entwicklungsintensiv sind, profitieren umso mehr …“

Wir als rot-grüne Koalition wollen optimale Bildungsmöglichkeiten schaffen, um allen Kindern und Jugendlichen gleiche Chancen zu ermöglichen. So steht es auch in unserem Koalitionsvertrag. Deshalb brauchen Schulen in besonderen sozialen und regionalen Situationen auch eine besondere Unterstützung.

Das sind nur einige Aspekte. Dieser Antrag ist gut. Wir werden diesem Antrag zustimmen. Ich bitte auch um Ihre Zustimmung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Feuß. Im Hinblick auf Ihre Eingangsbemerkung muss ich leider die Mitteilung machen, dass im Moment Bielefeld hinten liegt, knapp hinter Wolfsburg. Wir wollen alle gemeinsam hoffen, dass sich das Blatt im Laufe des Abends noch wendet.

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Kollege Kaiser. Der hat es mehr mit Dortmund, aber heute Abend hat er es mit der Schule. Klaus Kaiser, bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Feuß, ich bin natürlich auch bei Ihnen, dass es das westfälische Pokalfinale geben sollte. Ich bin nur für einen anderen Sieger. Das müssen wir dann sehen. Das muss schon westfälisch bleiben. Aber in Dortmund wäre es auch richtig.

(Vereinzelt Beifall)

Zur Sache selber: Der Antrag – deshalb werden wir ihm nicht zustimmen – springt eigentlich nicht weit genug. Wir haben die Qualitätsanalyse – jeder weiß, dass ich immer ein vehementer Verfechter war und bin – und die eigenverantwortliche Schule in einem Zusammenhang zu sehen.

Wir müssen fragen: Wie gelingt es, dass sich die Eigenverantwortung der Schulen weiterentwickelt? Da kann man dieser Landesregierung kein besonderes Lob ausstellen, weil sich im Bereich der Weiterentwicklung der Eigenverantwortung der Schulen wenig tut. Die Implementierung der Inklusion ist gerade kein Beispiel für eine Implementation von unten.

Deshalb muss man, wenn man sich dem Thema „Qualitätsanalyse“ widmet, die Frage stellen: Welche Voraussetzungen sind eigentlich zu erfüllen oder vor welchen Aufgaben steht man, wenn man erreichen will, dass die Qualitätsanalyse im Prinzip hilft, Schulen zu unterstützen? Da geht es nicht nur

ums Detail, sondern vor allem auch um einen Grundsatz, der vorhanden ist.

Uns wird berichtet – das ist in der Anhörung auch deutlich geworden –, dass es im Rahmen der Qualitätsanalyse heute Vorführeffekte gibt, nämlich besondere Situationen und Inszenierungen, die stattfinden. Deshalb müssen wir fragen: Misst die Qualitätsanalyse eigentlich das an Qualität, was den einzelnen Schulen hilft?

Der hier vorliegende Antrag von Rot-Grün springt nicht weit genug, weil er auf genau diesen Punkt nicht eingeht. Herr Feuß hat tausend Details genannt und sehr schön beschrieben, was man alles machen kann. Nachdem die Qualitätsanalyse jetzt einige Jahre läuft, müsste aber eigentlich erst einmal die Grundsatzfrage beantwortet und entsprechend evaluiert werden.

Prof. Dr. Krautz hat in seiner Stellungnahme zu unserer Anhörung ausgeführt – ich zitiere –:

„Die postulierte ,Autonomie‘ der Schulen und Lehrkräfte besteht tatsächlich in der Reaktion auf die Vorgaben, die die QA macht. Insofern wirkt die QA verdeckt und massiv normativ: Sie setzt ihr Bild von Schule und Unterricht in der Praxis durch, indem sie das Handeln der Lehrerinnen und Lehrer ohne Diskussion an den neuen Normen ausrichtet.“

Ist es Vielfalt von Schule, wenn bestimmte Rahmenvorgaben nur so verstanden werden? Diese Grundfrage wird in dem Antrag nicht vernünftig beantwortet.

Wir müssen also untersuchen: Findet eine verdeckte Steuerung und Normensetzung statt? Oder wird wirklich erreicht, dass Unterrichtsziele und Erziehungsziele faktisch gemessen werden? Das ist die offene Frage.

Wenn man als Forderungskatalog in diesem Antrag formuliert, man wolle im Prinzip die Zusammenarbeit aller Träger – nämlich Schulaufsicht, Qualitätsteams, Kompetenzteams der Dezernate und die jeweilige Schule – zu einem gemeinsamen Aktionsbündnis zusammenfassen, ist das reichlich unkonkret. Wenn man sagt, man solle sich zusammensetzen und über die Leistungsentwicklung der einzelnen Schulen sprechen, ist das zwar probat, aber auch politisch reichlich unkonkret.

Damit ist dieser Antrag, in dessen Überschrift es schon heißt: „Qualitätsanalyse – ein wichtiger Baustein für die Schulqualität“, eher beschreibend und nicht politisch perspektivisch ausgerichtet. Mit wenig perspektivisch ausgerichteten Anträgen können wir als CDU wenig anfangen. Deshalb lehnen wir ihn ab. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Kollege Kaiser. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Schmitt-Promny.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie sehen mich hier heute als Neuling in diesem Hause. Das Thema „Schulqualität“ dagegen ist nicht neu. Alle Lernenden können lernen. Sie sollen ihre Bildungschancen unabhängig von Geschlecht, Kultur und Stellung im sozialen System wahrnehmen können. Kinder und Jugendliche darin zu begleiten und zu fördern, das ist die Aufgabe von Schule.

Um diese Aufgabe mit ihren heutigen Anforderungen wahrnehmen zu können, brauchen Schulen, brauchen Lehrerinnen und Lehrer Unterstützung. Dem Grunde nach wird dies von Ihnen allen befürwortet. Darüber bin ich sehr froh; denn das war nicht immer so.

Ein Element im Kanon verschiedener Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Qualitätsanalyse. Sie dient der Auseinandersetzung über Unterricht, Schulprogramm und Schulkultur. Qualitätsanalyse darf jedoch kein Selbstzweck sein. Wenn sie nicht in den Prozess der jeweiligen Schulentwicklung eingebunden ist, wird sie zum bürokratischen Hindernis.

Genau darin liegt die Kritik an der Form der Qualitätsanalyse, wie sie unter Schwarz-Gelb eingeführt wurde.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das Verfahren war sehr bürokratisch und machte den Schulen viel Arbeit. Der Nutzen dagegen war zweifelhaft. Lehrer und Lehrerinnen fühlten sich durch einen Schulkommissar beurteilt, zum Teil verurteilt. Das ist die Qualitätsanalyse, Herr Kaiser, von der Sie eben gesprochen haben. Diese Qualitätsanalyse beschrieb lediglich einen Status quo, ohne weiteren Entwicklungsschritten Rechnung zu tragen.

Da wir aber davon überzeugt sind, dass das Instrument einer Qualitätsanalyse richtig und notwendig ist, wollen wir dieses Instrument nun wesentlich verbessern. Zusammen mit anderen Maßnahmen hat Rot-Grün einen Paradigmenwechsel eingeleitet, der auch in diesem Antrag zum Ausdruck kommt.

Der grundlegende Unterschied liegt darin, dass die Qualitätsanalyse nun die Schulen einbezieht. Sie soll die Schulen partnerschaftlich in ihrer Entwicklung begleiten, bei deren Reflexion der eigenen Praxis. Herr Kaiser, damit springt sie weiter, als Sie meinen. Sie reiht sich ein in die Schritte, die jede Schule für ihr eigenes Fortkommen unternimmt, und erkennt die bisherigen und zukünftigen Anstrengungen der Schulen an.

Wir erwarten von Schulen hohe Selbststeuerung und starke Selbstverantwortung; denn dies ist eine

wesentliche Voraussetzung für gute, motivierte Arbeit und für gute Arbeitsergebnisse. Wir bieten allen Beteiligten auch Unterstützung an, um diese Erwartung erfüllen zu können. Das ist mehr als Messen, Herr Kaiser.

(Beifall von den GRÜNEN)

Um dies leisten zu können, dafür ist das QUA-LiS NRW da, die „Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule NRW“. Im Rahmen der Arbeit von QUA-LiS wurden im Referenzrahmen Schulqualität Nordrhein-Westfalen Qualitätsmerkmale benannt, um allen an Schulen Beteiligten transparent zu machen, was unter Schulqualität zu verstehen ist. Dieser Referenzrahmen Schulqualität Nordrhein-Westfalen ist in einem partizipativen Prozess entstanden.

Schulqualität wurde nicht von Einzelnen festgelegt, sondern von allen an Schule Beteiligten, von Lehrenden und Lernenden, von Eltern, von der Wissenschaft und von einer breiten Öffentlichkeit. Insgesamt haben sich fast 6.000 Menschen daran beteiligt. Das nenne ich vorbildlich.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Zum Schluss bleibt die Frage, was mit den Ergebnissen der verbesserten Qualitätsanalyse geschehen soll. Wir Grüne lehnen die generelle Veröffentlichung der Ergebnisse durch das Land ab. Wir wollen Schulen nicht vorführen, wir wollen keine Schaumaßnahmen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wir wollen keine Schaumaßnahmen seitens der Schulen für einen guten Platz im Ranking. Schulen sollen selbst entscheiden können, ob sie ihre Ergebnisse veröffentlichen wollen.

Abschließend: Wir wollen Schulen helfen, im Prozess besser zu werden, und wir wollen anerkennen, welche Wege Schulen und Lehrende bereits gegangen sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.