Ich bin gespannt, ob Ihre Strategie am Ende aufgeht und Sie in irgendeiner Art und Weise tatsächlich Verantwortung in diesem Land übernehmen können. Die nächsten Wahlen werden es zeigen. Ich habe so eine Ahnung, dass die Bürgerinnen und Bürger das auf keinen Fall wollen.
Vielmehr wollen die Bürgerinnen und Bürger die Fortsetzung einer verlässlichen und fairen Politik. Und das ist die Politik dieser NRW-Koalition.
Meine Damen und Herren, wir erleben seit März dieses Jahres ein Jahr, wie noch keines war. Corona steht im Mittelpunkt; die Gesundheit eines jeden steht im Mittelpunkt; die Gesundheit der Gesellschaft steht im Mittelpunkt. Nordrhein-Westfalen hat versucht, zu differenzieren und regionale Lösungen vor Ort zu finden. Wir haben versucht, die richtige Balance zwischen den unterschiedlichen Interessen zu finden.
Es gab andere Regierungen, die von heute auf morgen verboten und erst hinterher nachgedacht haben. Es gab Regierungen, die verpflichtend Tests eingeführt haben und erst hinterher darüber nachgedacht haben, wie sie mit den Ergebnissen umgehen.
Nordrhein-Westfalen hat es bewusst anders gemacht. Wir haben erst nachgedacht. Wir haben zwei, drei, vier Tage abgewogen und uns dann entschieden, einen gemeinsamen Weg – teilweise auch gemeinsam mit der Opposition – zu gehen. Das ist der kluge und richtige Weg. Nordrhein-Westfalen hat es vorgemacht, und die anderen Ländern in Deutschland machen es nach, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen wollen aber nicht nur Corona- und Krisenpolitik. Sie wollen mehr. Sie wollen solide Finanzpolitik. Sie wollen die beste Bildung in Schulen und Kindergärten. Sie wollen wirtschaftliche Perspektiven. Sie wollen die konsequente Arbeit an der inneren Sicherheit. Sie wollen in der Tat eine moderne Mobilität.
In diesem Zusammenhang kommt natürlich immer wieder die Erinnerung an die Jahre 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 hoch. Da gab es Schuldenhaushalte – übrigens ohne Finanz- oder Coronakrise. Es gab keinen Mut in der Bildungspolitik zum Wechsel von G8 zu G9. Es wurden systematisch Förderschulen aufgelöst. Wir waren Schlusslicht oder auf Abstiegsplätzen in der wirtschaftlichen Entwicklung. In der Infrastrukturpolitik gab es bei Dutzenden von Maßnahmen einen Planungsstopp.
All das wurde mit der Wahl im Mai 2017 geändert, weil es die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land so wollten.
Ich habe eben fünf Punkten genannt, die den Menschen wichtig sind. Einen möchte ich noch hinzufügen, nämlich das Thema „Nachhaltigkeit“. Nachhaltigkeit ist für uns alle wichtig – definitiv. Aber was ist denn Nachhaltigkeit? Wie definieren wir Nachhaltigkeit? Das ist ein Thema,
bei dem sich Nordrhein-Westfalen und Deutschland entscheiden müssen. Diese Diskussion, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir führen.
Ist Nachhaltigkeit – in Klammern: nur – Klima- und Umweltschutz? Das ist das, was ich von den Grünen lese.
Oder besteht Nachhaltigkeit aus drei gleichrangigen Elementen, nämlich erstens Klima- und Umweltschutz, zweitens Sicherung von Arbeitsplätzen und Wohlstand und drittens Sicherung von sozialen Standards? Das ist das Verständnis von Nachhaltigkeit bei der FDP und bei der NRW-Koalition. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir die Menschen nur mit diesem Weg auf Dauer von Nachhaltigkeit überzeugen können.
Weil wir gerade bei Unterschieden zwischen CDU und FDP auf der einen Seite und Grünen und anderen auf der anderen Seite sind:
Der Unterschied hier in Nordrhein-Westfalen besteht auch in der politischen Kultur. Wie geht man in einer Koalition miteinander um?
Ist man fair, ist man verlässlich, redet man über Probleme, und sucht man gemeinsam nach Lösungen? Oder macht man das gegeneinander, auf offener Bühne, in der Presse, um sich selber darzustellen, um selber Pluspunkte zu sammeln für die eigene Partei, für die eigene Fraktion, und die Vorteile für das Land stehen dabei im Hintergrund?
Wir haben uns für einen fairen und verlässlichen Weg entschieden. Diesen werden wir bis zur Landtagswahl 2022 und, liebe Freundinnen und Freude, auch darüber hinaus fortsetzen.
Wir haben in diesem Landeshaushalt – der Finanzminister hat ihn vorgestellt und für die Regierung gesprochen – vieles aus der Coronakrise berücksichtigt. Wir haben aber in allen Bereichen auch mittel- und langfristige Ziele berücksichtigt. Ich werde Ihnen gleich einige nennen.
Zunächst möchte ich aber noch kurz auf die Coronakrise eingehen. Wir haben Menschen erlebt, die mit viel Disziplin, mit viel Rücksichtnahme, mit viel Solidarität, mit einer enorm großen Hilfsbereitschaft und mit viel Eigenverantwortung dazu beitragen haben, dass wir mit klugen Wegen und mit einer Akzeptanz von Einschränkungen – diese Akzeptanz war ja nicht selbstverständlich – so gut aus der Krise gekommen sind wie kaum ein anderes Bundesland und wie kaum ein anderes Land auf der Welt.
Dieses Vertrauen der Menschen in den Staat und in die Politik dürfen wir nicht enttäuschen. Denn je besser wir die Krise in den Griff bekommen, desto mehr müssen sich Staat und Politik zurücknehmen und die Eigenverantwortung der Menschen, der Bürgerinnen und Bürger, wieder stärken.
Wir müssen die Effektivität, Verhältnismäßigkeit und Regeln laufend überprüfen. Das muss ein fortlaufender Prozess sein; denn die Rahmenbedingungen ändern sich von Tag zu Tag. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen – ich sage es noch einmal – haben gezeigt, dass sie sich an Regeln halten. Weil die Menschen das bewusst so tun, hat sich die FDP immer wieder für maßvolle und sinnvolle Lockerungen ausgesprochen.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir haben noch keine Coronakrise im Herbst oder Winter erlebt. Diese Erfahrung fehlt uns allen. Meine Damen und Herren, wir benötigen entsprechende Rahmenbedingungen. Wir brauchen ein Regelwerk, mit dem wir gesellschaftlich, gesundheitlich und wirtschaftlich gut durch diese Jahreszeit kommen. Eine Zielsetzung allein – nur gesundheitlich oder nur gesellschaftlich oder nur wirtschaftlich – wird nicht ausreichen, um die Menschen zu überzeugen, sondern wird sie enttäuscht zurücklassen. Wir brauchen daher einen Dreiklang.
Dieses Regelwerk liegt noch nicht vor. Darum müssen wir uns kümmern. Darüber müssen wir gemeinsam diskutieren. Wir brauchen dafür Lösungen und nicht nur Verbote, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Kommen wir zum Haushalt. Überall im Haushalt findet auch Gesundheit statt, weil Gesundheit in allen Lebenslagen eine Rolle spielt. Für die eigene Gesundheit ist es gut, wenn man positiv in die Zukunft blickt. Denn wenn man sich weniger Sorgen machen muss, führt das dazu, dass man gesünder ist.
Wir berücksichtigen die Coronakrise im Haushalt in vielen Bereichen, schauen aber gleichzeitig auch nach vorn. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen, unsere Gesellschaft, aber auch die Wirtschaft brauchen wieder Perspektiven. Genau diese Perspektiven zeigt der Haushalt, den Finanzminister Lutz Lienenkämper gerade vorgestellt hat, auf. Laut einer Studie aus dem Juli haben deutlich mehr Deutsche
Angst vor einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation als vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus.
Mit dem größten Rettungsschirm in der Geschichte Nordrhein-Westfalens haben wir gemeinsam die Weichen gestellt und den Unternehmen und der Gesellschaft des Landes gezeigt, dass sie nicht allein durch diese Krise kommen müssen. Wir setzen die Mittel aus dem Rettungsschirm so ein, dass wir zielgerichtet Schäden beheben oder eindämmen und auch für noch nicht absehbare Folgen Mittel in der Hinterhand haben. Die Krise ist derart schwer zu bewerten. Im Herbst und im Winter und bestimmt auch im Frühjahr werden noch viele Tatbestände auf uns zukommen. Daher ist es klug und sinnvoll, Mittel in der Hinterhand zu haben.
Viele Auswirkungen des Lockdowns sind schon heute bemerkbar und konkret auszumachen, viele aber eben noch nicht.
Die Argumentation von Teilen der Opposition, wir würden den Rettungsschirm nutzen, um den Haushalt zu schönen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist absurd. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir setzen sämtliche Mittel aus dem Corona-Rettungsschirm genau dafür ein, wofür sie angesetzt worden sind, nämlich zur Behebung der Krise und um der Krise zu begegnen. Genau das zeigt dieser Haushalt, und genau das hat uns Lutz Lienenkämper in seiner Rede eben erklärt.
Mit dem Rettungsschirm konnten wir wirtschaftlichen Schäden in Nordrhein-Westfalen begegnen. Der wirtschaftliche Abschwung in Nordrhein-Westfalen ist daher auch geringer ausgefallen als im Bundesdurchschnitt. Das muss man sich noch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ich hoffe, Sie haben gut zugehört.
In der wirtschaftlichen Entwicklung und im Vergleich mit anderen Bundesländern hinkt Nordrhein-Westfalen nicht hinterher. Wie wir alle wissen, war das von 2010 bis 2017 genau andersherum. Damals haben wir im Vergleich mit anderen Bundesländern reihenweise Abstiegsplätze belegt. Über diese erfolgreiche Wirtschaftspolitik der NRW-Koalition freuen sich die Familienunternehmer, freuen sich die Freien Berufe, freut sich das Handwerk, freut sich der Mittelstand. Genauso, liebe Kolleginnen und Kollegen, freuen sich die Arbeitnehmer und die Betriebsräte. Sie sind nämlich froh, dass ihre Arbeitsplätze in vielen Bereichen gesichert werden.
Mit dem Rettungsschirm haben wir ein Soforthilfeprogramm auf die Beine gestellt, das Vorbild für ganz Deutschland war und ist und die Bundesprogramme hervorragend ergänzt hat. Bis heute haben knapp 30.000 Unternehmen Anträge auf Überbrückungshilfe gestellt. Wir müssen leider davon ausgehen, dass noch mehr Unternehmen in den nächsten Monaten Anträge stellen müssen.
Deshalb ist die Weiterführung des Rettungsschirms das beste Instrument, um diesen Unternehmen zu helfen und damit zum Erhalt der Arbeitsplätze beizutragen. Das ist genau der richtige Weg. Ich sage es noch einmal: Dafür wird das Geld des Rettungsschirms verwandt, also nur für die Folgen von Corona, auch haushalterisch. – Damit halten wir unser Versprechen ein. Insofern ist der Vorwurf aus den Reihen der Opposition absolut absurd. Wir halten uns an die Regeln.
Ohne Corona – das will ich noch einmal deutlich sagen – würden wir in Nordrhein-Westfalen mit dem Haushalt 2021 keine neuen Schulden machen. Keinen Euro, keinen Cent! Das steht fest.
Auf Bundesebene – da haben wir einen SPDFinanzminister – gibt es Wahlgeschenke, etwa die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes über den Bundestagswahltermin hinaus und die weitere Aussetzung des Insolvenzrechtes. Beides widerspricht dem Grundgedanken unserer Sozialen Marktwirtschaft.