Protokoll der Sitzung vom 13.11.2020

Wissen Sie, was in dieser Rechtsverordnung Priorität hat? – Vertretungsunterricht, Vertretungsunterricht, Vertretungsunterricht.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Könnt ihr mal ru- hig sein? Wir sind hier im Parlament! – Josef Hovenjürgen [CDU]: Ganz flaches Niveau bei dir!)

Das heißt, die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt schon über die Maßen belastet sind, sollen noch zusätzliche Mehrarbeit übernehmen. Sie fahren das System vor die Wand, weil Sie es überbelasten. Das hat nichts mit Konzeption und Plan B zu tun.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir müssen in dieser Woche wieder feststellen: Was die Schulministerin anfasst, löst Chaos aus. Das wird an der Frage der vorgezogenen Weihnachtsferien deutlich.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Der Ministerpräsident verspricht im WDR, natürlich werde erst noch mit den Verbänden gesprochen. Aber genau das passiert nicht. Um präzise zu sein: Es werden kurz noch schnell ausgewählte Verbände angerufen. Wer allerdings in Ungnade gefallen ist, wie offensichtlich die GEW, der wird übergangen, der erfährt im Vorfeld gar nichts mehr. – Die Liste der Unprofessionalität der Ministerin und der Unsouveränität wird immer länger. Das kann doch so nicht weitergehen.

Frau Kollegin Müller-Rech, der Flickenteppich in Nordrhein-Westfalen besteht doch längst.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Maulkorberlass à la Beer und Löhrmann!)

Durch die Quarantänesituation in Schulen, durch Teilschließungen, durch Schulschließungen haben wir längst einen Flickenteppich. Klausuren fallen aus und können nicht mehr geschrieben werden. Was ist denn mit den Schülerinnen und Schülern, die jetzt noch im G8 sind? Die werden doch zu einem G7 und zu „G71/2“, wenn es so weitergeht.

(Bodo Löttgen [CDU]: Was ist denn mit den 5.000 an den Schulen, an denen der Präsen- zunterricht gemacht wird?)

Wir brauchen noch ganz andere Konzepte, und all das lässt diese Ministerin vermissen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann gibt es eine Stadt, die anstatt des Ad-hoc-Shutdowns in Schulen ein strukturiertes Vorgehen vorlegt, weil es nämlich darum geht, präventiv dafür zu sorgen, dass so viel Präsenzunterricht wie möglich stattfinden kann. Und das wird dann verboten.

Ich möchte Ihnen den Schulleiter der Gesamtschule Höhscheid, Herrn Braun, zitieren. Er sagt: 308 seiner 764 Schülerinnen und Schüler sind aktuell in Quarantäne, vier Lehrerinnen seien positiv getestet und elf weitere in Quarantäne. Insgesamt ist ein Viertel des Kollegiums im Krankenstand, sagt Braun. Und: Wenn wir die Klassen vorher geteilt hätten, dann wären wir nicht in einer solchen Situation. – Darum geht es genau.

(Bodo Löttgen [CDU]: Was für ein Unsinn! – Josef Hovenjürgen [CDU]: Sie wissen, dass das falsch ist, und behaupten es trotzdem! – Gegenruf von Josefine Paul [GRÜNE]: Warum ist das falsch? – Henning Höne [FDP]: Unfass- bar!)

Das ist genau der Punkt. Es soll keine flächendeckenden Schulschließungen geben,

(Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

sagt auch der stellvertretende Ministerpräsident hier dauernd. Aber gerade macht es doch die Schulministerin, indem sie die Weihnachtsferien um zwei Tage vorzieht. Das ist flächendeckende Schulschließung und nichts anderes.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Dabei ist es gleichzeitig auch ein Eingeständnis der Infektionslage. Denn was hat RKI-Chef Wieler noch einmal sehr eindrücklich deutlich gemacht? – In der Gruppe der 10- bis 19-Jährigen liegen die Inzidenzwerte bei 160. Das heißt, die sind genauso infektiös wie Erwachsene.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Da fällt mir das alte Lied von Nahles wieder ein: Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt!)

Dass Sie hier mit der Vorquarantäne vor Vorweihnachten argumentieren, ist doch der Beleg, dass für Gesundheitsschutz mehr getan werden muss, aber Sie verweigern sich an dieser Stelle. Das ist so inkonsistent. Sie haben nur versucht, etwas herauszuhauen, um von der eigenen Handlungsunfähigkeit abzulenken. Das war das Manöver, das wir in den letzten zwei Tagen hier erlebt haben, und nichts anderes.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das hat nichts mehr mit konsolidierter und seriöser Schulpolitik in diesem Land zu tun, das ist Aktionismus.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Ich will noch etwas dazu sagen, wie die Dinge beurteilt werden. Es ist ja toll, in der „Rheinischen Post“ kann man Ausführungen des Staatssekretärs zu der Frage der Fördermöglichkeiten bei den Ferienprogrammen lesen: „In über 1.200 Gruppen- und Individualmaßnahmen seien bisher über 10.000 Schüler erreicht worden, was die zusätzlichen Fördermöglichkeiten angeht.“

Das wird gepriesen, das ist viel. Aber dass über 50.000 Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen in Quarantäne sind und dass diese Zahlen steigen, ist nicht viel. Darüber gehen Sie hinweg. So kann es in Nordrhein-Westfalen nicht weitergehen!

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Beer. – Für die FDP-Fraktion hat sich der Fraktionsvorsitzende, Herr Rasche, gemeldet und hat nun das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Phase der Plenarsitzung – Unterrichtung, Aktuelle Stunde – erleben wir traditionell, und das ist auch heute so, Rede und Gegenrede. Man geht auf die Worte und die Argumente der Vorredner ein, und genau das möchte ich auch kurz tun.

Wir haben hier erlebt: Krawall, Inszenierung, Unwahrheiten und Widersprüche. Ich möchte das gerne einmal konkret an sechs Beispielen festmachen.

Kollege Sundermann war heute gut drauf und fällt unter die Kategorie „Krawall“, richtiger Krawall, Unsachlichkeit. Bemerkenswert an dieser Rede war: Die Interessen der fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spielen für Sie hier in Nordrhein-Westfalen keine Rolle.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Kollege Thomas Kutschaty fällt unter die Kategorie – es tut mir leid – „Unwahrheit“. Sie haben gesagt, dass Solinger Modell wird in anderen Bundesländern begrüßt und umgesetzt. Gut, dass meine Kolleginnen und Kollegen Zeitungen, Berichte und aktuelle Meldungen lesen. Der Kultusminister von Niedersachsen, SPD, kritisiert das Solinger Modell und sagt, dass es in Niedersachsen nicht angewandt werden darf. Ein klares Beispiel dafür, dass man Wahrheit zumindest verdreht.

(Zuruf von Thomas Kutschaty [SPD])

Das ist eines Fraktionsvorsitzenden nicht würdig.

(Beifall von der FDP und der CDU)

SPD und Grüne, drittes Beispiel – mal als Team, was es eigentlich gar nicht mehr gibt –, fordern hier über Wochen und auch in den letzten Tagen noch einmal intensiv, gerade in Zeiten der Coronakrise Unterrichtungen, Informationen und Transparenz. Dann machen das die Minister Pinkwart und Lienenkämper hier vorbildlich. Gestern noch verhandelt, gestern Abend ein Ergebnis erzielt, heute wird unterrichtet und informiert. Jetzt haben Sie nach all Ihren Forderungen in den letzten Tagen und Wochen noch die Frechheit, genau das zu kritisieren. Das nennt man doppelte Zunge, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der FDP und der CDU – Josefine Paul [GRÜNE]: Na, na, na!)

Viertes Beispiel: Herr Kollege Schmeltzer, Kategorie „Inszenierung“. Er redet von einem Brief von mehreren Kollegen an Ministerpräsident Armin Laschet und an einige Minister und fordert, dass mehr für Schausteller getan werden müsse. Halleluja! Die Verbin

dungen von Herrn Kollegen Schmeltzer zur Landesregierung sind so wie sie sind, aber die Verbindungen zum Bundesfinanzminister Olaf Scholz müssten groß sein. Da wurde gerade ein Paket von 10 Milliarden Euro geschnürt, in das die Schausteller, die gesamte Branche „Alarmstufe Rot“ riesige Hoffnungen gesetzt haben, und jetzt sind sie bitter enttäuscht. Damit hat Herr Schmeltzer ja recht.

Aber warum schreibt Herr Schmeltzer denn keinen Brief an Olaf Scholz, an seinen eigenen Parteikollegen? – Auch das ist wieder ein mieses Spiel, das der Sache überhaupt nicht dient. Es ist ein Bärendienst für die Schausteller und hat mit sehr viel Unehrlichkeit zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Fünftes Beispiel: der geschätzte Kollege – das meine ich ehrlich – Jochen Ott. Wir sitzen schon viele, viele Jahre hier zusammen im Parlament. Das ist eine Mischung der Kategorien „Krawall“ und „Widersprüche“. Sie haben den Begriff „Orientierung“ benutzt. Die Schulen in Nordrhein-Westfalen brauchen Orientierung. Der VBE sagt das auch. Der will auch Orientierung für die Lehrerinnen und Lehrer und für die Schulen. Er sagt heute in seiner Pressemitteilung, der gesamte Bereich Bildung und Schule brauche Ruhe. Der gesamte Bereich brauche alles an Unterstützung, aber auf keinen Fall eine Spaltung.

Wenn Sie es ernst meinen, lieber Jochen Ott, mit der Orientierung für die Schulen – ich hoffe, Sie meinen das ernst –, dann blasen Sie Ihren Schulgipfel am kommenden Dienstag ab.

(Beifall von der FDP und der CDU – Christian Dahm [SPD]: Da scheint ihr große Sorgen zu haben!)

Kollegin Josefine Paul hat gefordert, dass man alternative Modell in Nordrhein-Westfalen nutzen soll, dass es sie überhaupt geben muss.

Yvonne Gebauer als zuständige Ministerin hat eben erklärt – das ist uns allen und auch Ihnen bekannt –, dass es diese alternativen Modelle, die in Verordnungen und Gesetzen angelegt sind, schon längst gibt, seit Monaten gibt und dass sie zum Beispiel unter Marc Herter, dem neuen Oberbürgermeister in Hamm, angewandt werden, indem man sehr differenziert auf die Probleme in einzelnen Schulklassen reagiert, in einzelnen Schulklassen einen anderen Unterricht vornimmt, teilweise in Distanz, also digital, aber niemals eine ganze Jahrgangsstufe oder eine ganze Schule oder alle Schulen einer Stadt ganz oder teilweise schließt. Das ist also genau das Gegenteil vom Solinger Modell.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Marc Herter hat erkannt und steht dazu, weil er in der Verantwortung als Oberbürgermeister steht. Er nimmt diese differenzierten Angebote, die das Schul