Um es einmal ganz bildhaft darzustellen: Stellen Sie sich vor, dass Sie Feuerwehrmann sind. Sie werden mit neun brennenden Häusern konfrontiert und mit dreien, auf die gerade das Feuer überspringt. Jetzt sollen Sie das benötigte Löschwasser kalkulieren. Was tun Sie? Ignorieren Sie die drei Häuser, die gerade Feuer fangen, und berechnen lieber drei nicht brennende Häuser aus einem anderen Stadtteil mit ein? Oder erkennen Sie, dass auch die drei Objekte Hilfe brauchen, die gerade beginnen, zu brennen und Opfer der Flammen zu werden?
Ich denke, dass die Antwort auf der Hand liegt. Darum bitte ich Sie herzlich: Entscheiden Sie richtig. Lassen Sie die Idee fallen, Monate in die Hilfe einzuberechnen, in denen Corona gar keine Rolle gespielt hat.
Ein weiterer Punkt ist auch wichtig. Ganz genau weiß niemand von uns – das hat der Kollege gerade völlig zutreffend ausgeführt –, wie die Einnahmeausfälle Ende 2020 aussehen werden. Eventuell reichen die 2,72 Milliarden Euro auch gar nicht aus. Für solche Fälle hat dieses Haus einen Rettungsschirm beschlossen. Den sollten wir auch nutzen. Darum sollten wir in dieses Gesetz einen entsprechenden Airbag einbauen. Ich bitte Sie, darüber noch einmal nachzudenken, und bitte um Zustimmung.
Ich will mich zum Schluss noch einmal bei dem Kollegen Mostofizadeh von Bündnis 90/Die Grünen für die Zusammenarbeit in der Sache bedanken. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, die Gewerbesteuer ist die fiskalisch bedeutendste Steuerart für die Kommunen. Damit ist sie ein ganz zentraler Baustein für das Funktionieren der Kommunen, also für das Funktionieren unseres Alltags vor Ort, und natürlich auch ein ganz zentraler Baustein für genehmigungsfähige Haushalte.
Das unterstreicht noch einmal die Bedeutung des heutigen Beschlusses. Bund und Länder, so auch das Land Nordrhein-Westfalen, gleichen Ausfälle bei dieser so wichtigen Einnahmequelle der Kommunen, der Gewerbesteuer, im Jahr der Pandemie aus. Das ist ein gemeinsamer Kraftakt, das will ich ganz deutlich sagen.
Rund 1,4 Milliarden Euro Bundesmittel entfallen auf Nordrhein-Westfalen. Das Land gibt einen entsprechenden Anteil dazu, sodass wir insgesamt bei rund 2,7 Milliarden Euro liegen werden
Das ist einer von zahlreichen Bausteinen der Hilfe für die Kommunen in dieser Krise. Es ist einer der ganz wichtigen Bausteine für genehmigungsfähige Haushalte und vor allem für Planungssicherheit der Kommunen. Ich will unterstreichen: Planungssicherheit wünschen sich in der Krise alle, bekommen können sie allerdings nur sehr wenige.
„Unzweifelhaft positiv zu bewerten“, „sehr begrüßenswerter Schritt“, „starkes Signal“, so lauteten Aussagen der kommunalen Spitzenverbände bei unserer Anhörung hier im Haus. Das unterstreicht die positive Wirkung dieses Gesetzentwurfes.
Es geht um viel Geld. Wenn es um so viel Geld geht, wird natürlich auch über den richtigen Mechanismus zur Verteilung diskutiert. Ich rate uns dazu, diese Diskussion ehrlich zu führen. Es gibt nicht nur den einen einzigen sachgerechten Weg der Verteilung. Zur Wahrheit gehört, dass es immer mehrere Wege gibt.
Sachgerecht ist, dass der Ersatz von Ausfällen auf Einnahmen in der Vergangenheit beruht. Der hier gewählte Zeitraum über drei Jahre gleicht Schwankungen aus. Diese Systematik kennen wir durchaus aus der Gemeindefinanzierung. Wir schauen nicht nur auf ein Jahr in der Vergangenheit, sondern poolen Daten, um dadurch Schwankungen auszugleichen.
Nun kann man gerne über die Frage diskutieren, welche Quartale man einbezieht und welche nicht. Ich will nur sagen: Zur Ehrlichkeit gehört dazu, dass zumindest die erste Hälfte des ersten Quartals dieses Jahres auch nicht von Einnahmeausfällen durch Corona geprägt war. Ihr Modell, nicht das vierte Quartal des Vorjahres, sondern die ersten drei des laufenden Jahres zu nehmen und daraus ein viertes zu errechnen, ist ein mögliches Rechenmodell. Das kann man so machen. Ob es wirklich so viel besser ist, als wenn man das vierte Quartal des Vorjahres dazunimmt, weil zumindest die erste Hälfte des ersten Quartals des Jahres 2020 nun auch nicht komplett unter dem Stern der Pandemie stand, das lasse ich dahingestellt.
Zu der Frage, ob das Geld reicht, haben die Kommunen, zum Beispiel der Kämmerer der Stadt Oberhausen oder der Kämmerer aus Unna, in der Anhörung erklärt, dass die vorgesehene Größenordnung aus ihrer Sicht genügt. Das stärkt uns in dem gewählten Kurs.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, klar ist: Ohne diese Hilfsmaßnahme von Bund und Land wären große Lücken in die kommunalen Haushalte gerissen worden. Da wir das verhindern, halten wir die kommunalen Haushalte für genehmigungsfähig. Damit halten wir den Alltag der Menschen in diesem Land in ihrer Kommune, in ihrem Zuhause lebenswert. Dabei hilft Planungssicherheit.
Je schneller wir heute Abend beschließen, umso schneller kann das dringend benötigte Geld bei den Kommunen im Land ankommen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich fange mit dem Änderungsantrag an. Zur Eile, die Herr Höne anmahnt, dass wir heute möglichst schnell beschließen sollten: Das kann ich Ihnen auf jeden Fall zusichern. Es wird keine weiteren Anhörungen oder Verfahren geben. Wir werden das heute ganz sicher abschließen.
Um auf die Anhörung zurückzukommen: Was begehren wir mit unserem Änderungsantrag? – Wir begehren zwei Punkte. Erst gehe ich darauf ein und dann auf die anderen Punkte.
Einmal begehren wir, dass das Land ausgleicht, falls das Geld nicht ausreicht. Herr Kollege Höne, Sie gehen davon aus, dass das Geld ausreicht. Dann hätten Sie mit diesem Punkt kein Problem. Dann gehen Sie kein Risiko ein und können diesen Vorschlag problemlos beschließen. Die Steuerschätzung ist jetzt auch ein bisschen besser, als wir es befürchtet haben.
Bei dem zweiten Punkt, den wir ansprechen, geht es tatsächlich um den Mechanismus der Berechnung. Dadurch kommt kein Cent mehr oder weniger in den Topf. Die Frage haben alle Sachverständigen angesprochen, das ist keine Erfindung einer bestimmten Richtung. Die Sachverständigen sagten, es wäre schon eine massive Verfälschung, wenn man den Stichtag nicht möglichst spät festlegen würde.
Ich sage Ihnen auch vorweg: Diese Frage ist sicherlich nicht so entscheidend, dass man deswegen das ganze Gesetz auf den Kopf stellen müsste. Das ist es sicherlich nicht. Aber es ist eine wichtige Anmerkung, die in den Anhörungen gemacht wurde. Es ist ein fachlicher Hinweis. Warum sollten wir nicht die Größe haben, diesen wichtigen fachlichen Hinweis aufzugreifen und ihn in das Gesetz aufzunehmen? Das verändert aus meiner Sicht an der Möglichkeit, noch in diesem Jahr vernünftig auszuzahlen, gar nichts.
Ich möchte darauf zurückkommen, wie dieses Gesetz zustande gekommen ist. Wir haben im Laufe dieses Jahres viele wichtige Entscheidungen – sehr viele wichtige positive Entscheidungen hier im Landtag, vor allem aber auf der Bundesebene – getroffen. Ich bin der Letzte, der Frau Merkel oder Herrn Scholz unnötig loben würde. An zwei Stellen muss ich sie
Bei den Kosten der Unterkunft macht die Entlastung zumindest nach den Zahlen für dieses Jahr für Nordrhein-Westfalen 1 Milliarde Euro aus.
Der zweite Punkt, für den man Frau Merkel und Herrn Scholz loben muss, ist die Gewerbesteuerkompensation. Die 50 %, die die Länder, darunter auch Nordrhein-Westfalen, dazusteuern müssen, kommen nicht ganz freiwillig. Das ist die Bedingung, die der Bund gestellt hat, um diesen Ausgleich herbeizuführen. Aus meiner Sicht ist es eine nachvollziehbare Forderung des Bundes, dass wir uns die Kosten teilen müssen. Darüber, ob es fifty-fifty hätte sein müssen, könnte man streiten. Es ist jetzt aber so entschieden. Das ist auch in der gemeinsamen Konferenz des Bundes mit den Ländern so entschieden worden. Das ist eine gute Nachricht.
Es stimmt, die Größenordnungen in den kommunalen Haushalten sind immens. In meiner Heimatstadt fehlen Beträge von mindestens 50, 60 Millionen Euro in den Haushalten. Welche Investitionen damit vor Ort geleistet werden können, kann sich, glaube ich, jeder selbst ausrechnen.
In diesem Zusammenhang hat aber auch eine Diskussion darüber stattgefunden, wie die Kommunen weiterhin zu finanzieren sind und was der Bund von den Ländern erwartet. Eine Erwartung war die Auflegung eines Altschuldenfonds. Diesen Altschuldenfonds bleibt die Landesregierung aber schuldig. Sie hat in ihrem Koalitionsvertrag die Zinshilfe oder einen Altschuldenfonds – wir würden keine Zinshilfe machen wollen – stehen. Die Landesregierung tut es nicht.
Deswegen kann ich nur sagen: Das Gesetz, das wir heute verabschieden, ist ein sehr gutes Gesetz. Es ist eine sehr gute Sache, dass die Kommunen dieses Geld bekommen. Aber Sie machen Ihre Hausaufgaben nicht. Der Bund hat an zwei Stellen geliefert, nämlich bei den Kosten der Unterkunft und jetzt bei der Gewerbesteuerentlastung, an der Stelle aber nicht.
Ich will Ihnen auch Folgendes sagen: Für das Jahr 2021 liegt die Steuerschätzung vor. Für 2021 müssen wir für das Land Nordrhein-Westfalen von erneuten Verlusten bei der Gewerbesteuer von mindestens 1,7 Milliarden ausgehen. Die Kommunen gehen sogar von 2 Milliarden Euro an Steuerverlusten aus. Für 2021 gibt es nichts, keinen Cent. Es gibt das COVID-19-Isolierungsgesetz. Es gibt also die 2 Milliarden an Schuldenaufschub und die 1 Milliarde, die aus dem GFG dazukommt. Das sind 3 Milliarden Vorbelastung für die Kommunen extra.
Jetzt könnten Sie sagen, wie es die Ministerin beim letzten Mal getan hat: Dann zeigen Sie mir, wo wir im Landehaushalt kürzen sollen. – Einverstanden! Dann
sagen Sie doch bitte den Kommunen, wo sie kürzen sollen, wenn sie auf der anderen Seite landauf, landab ihre Pflichtaufgaben nicht mehr erledigen können. Das wäre aus meiner Sicht die Aufgabe, die heute mit diesem Gesetzgebungsverfahren einhergehen müsste.
Ministerin Scharrenbach und Ministerpräsident Laschet müssen in Berlin mit den anderen Ländern eine Konferenz abhalten und darüber entscheiden, wie die Gewerbesteuerentlastung in den Jahren 2021 bis 2023 ausgestaltet wird. Das ist mindestens der Zeitraum, über den wir reden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn Sie unserem Antrag nicht folgen, werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich kann Sie nur auffordern: Nehmen Sie diese inhaltlichen Anregungen an, stimmen Sie dem Antrag zu, und machen Sie auch die anderen Hausaufgaben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es gehört: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzt die Landesregierung das Bundesgesetz zum Ausgleich der Gewerbesteuermindereinnahmen durch Corona in Landesrecht um. 2,72 Milliarden Euro – davon rund die Hälfte jeweils vom Bund und vom Land – sollen den Kommunen zugewiesen werden, um die Gewerbesteuerausfälle, die durch Betriebsschließungen und ähnliche Maßnahmen entstanden sind, auszugleichen.
Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen, denn unsere Kommunen sind auf dieses Geld dringend angewiesen. Es gibt zwar berechtigte Kritik an der Berechnungsgrundlage, aber vermutlich wird es kein Verfahren geben, das alle Kommunen glücklich macht.
Uns ist ein weiterer Aspekt viel wichtiger. Eine umfängliche Lösung für das Problem wird nicht gewährleistet, vielmehr wird eine vorübergehende Linderung verschafft. Das ist wie ein Pflaster, eine Schmerztablette oder eine Krücke. – Herr Déus, gute Besserung auch von uns.
Die Kommunen rechnen bereits jetzt damit, dass sie das Gewerbesteuervolumen aus 2019 frühestens im Jahr 2024 wieder erreichen werden; so steht es in der Stellungnahme der Spitzenverbände. Ihr Gesetz schafft allerdings nur einen Ausgleich für das Jahr 2020. Erschwerend kommt hinzu, dass Sie das Problem durch die Lockdown-Politik – wir durften heute schon
Wir alle, also auch meine Fraktion, haben im Frühjahr, als es um den ersten Lockdown ging, diese Politik noch mitgetragen. Die Erkenntnisse über das Virus waren zu gering und die Bilder aus anderen Ländern zu erschreckend. „Flatten the Curve“ war das Motto; vielleicht erinnern Sie sich noch. Alle haben damals brav mitgemacht. Für ein paar Tage, ein paar Wochen ist das auch kein Problem. Inzwischen sind wir aber alle acht Monate älter und zumindest manche auch ein wenig klüger.
Wir sehen, dass die Lockdowns viele negative Auswirkungen haben, aber offensichtlich doch recht wenig positiven Einfluss auf das Infektionsgeschehen. Länder mit noch viel strengeren Lockdowns entwickeln sich katastrophal, während andere Länder, die nach Ihren Vorstellungen ein Hort der Krankheit sein müssten, die Lage recht gut im Griff haben.
Aus dem Wellenbrecher-Shutdown nur für November ist inzwischen eine Diskussion geworden, ob und inwieweit wir noch Weihnachten und Silvester feiern dürfen. Der Flurschaden, den Sie mit dieser Politik anrichten, wird immer größer.
Inzwischen geht es nicht mehr nur darum, ob Gastronomen, Hoteliers oder Einzelhändler für ein paar Wochen oder Monate keine Gewerbesteuer zahlen, sondern es geht darum, ob sie ihren Laden überhaupt wieder aufmachen. Die Betroffenen sind zumindest in unseren Augen weit mehr als nur Gewerbesteuersubjekte. Es sind Menschen, die eine Familie ernähren, die andere Menschen beschäftigen und die nicht nur Steuern zur Gemeinschaft beitragen.
Die Zeit, in der man die Risiken und Nebenwirkungen Ihrer Lockdown-Politik noch als gottgegebenes Schicksal abtun konnte, ist inzwischen vorbei. Es gibt Alternativen, und es gibt namhafte Fachleute, die sich gegen eine solche Politik aussprechen. Sie treiben sie aber ungebremst immer weiter, und man darf sich mit Recht fragen, wie es weitergehen soll.
Wie lange sollen und wollen der Bund und die Länder den Kommunen diese Ausfälle noch bezahlen? Wie lange sollen Nothilfen und Kurzarbeitergeld bezahlt werden? Vor allen Dingen ist die Frage, wovon das alles bezahlt werden soll. Soll das auf Pump erfolgen? Oder soll das auf Kosten einer jungen Generation erfolgen, der Sie schon jetzt einen gewaltigen Schuldenberg, marode Sozialsysteme, ein kaputtes Bildungswesen und eine heruntergekommene Infrastruktur hinterlassen und die im Regelfall noch nicht einmal merkt, wenn sie an Corona erkrankt?
Meine Damen und Herren, das alles ist nicht mutig und nicht tatkräftig, obwohl Sie es immer gerne so aussehen lassen. Es ist auch ganz sicher nicht nachhaltig und zukunftsorientiert, sondern das Gegenteil ist der Fall.