Protokoll der Sitzung vom 25.11.2020

In der aktuellen Zeit nutzen weniger Menschen den öffentlichen Nahverkehr. Das liegt zum einen daran, dass viele Personen auf das Auto und auf das Fahrrad umgestiegen sind. Viele Bürgerinnen und Bürger können zum anderen aber auch zu Hause im Homeoffice arbeiten.

Es muss klar betont werden, dass das Infektionsrisiko im ÖPNV gering ist. Das RKI hat in einer Studie mehr als 50.000 Coronafälle untersucht, um zu erfahren, an welchen Orten sich die Menschen infi

zieren. Die meisten Ausbrüche sind im privaten Umfeld zu verzeichnen. Eine untergeordnete Rolle spielen der ÖPNV und der SPNV. Nur in 0,2 % der Fälle ist ein Ausbruchsgeschehen auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zurückzuführen.

Ich selbst nutze weiterhin die Bahn für die Anreise in unsere Landeshauptstadt. Dass Sie, liebe GrünenFraktion, jetzt ein eigenes Gutachten fordern, das Sie gerade selbst infrage gestellt haben, das die Landesregierung in Auftrag geben soll, ist mir nicht einsichtig. Ein erneutes Gutachten zu Infektionsrisiken im ÖPNV würde den vielen bereits vorliegenden Gutachten und deren Erkenntnissen voll und ganz entsprechen.

Bei der Problematik der überfüllten Busse besonders am Morgen, wenn sowohl Schüler als auch Pendler den Bus nutzen, gebe ich Ihnen recht. Es ist richtig, dass dann nicht mehr der an sich erforderliche Sicherheitsabstand einzuhalten ist. Die Unterschreitung ist durch die Coronaschutzverordnung aber gedeckt.

Um die Situation zu entspannen, müssen wir Lösungen finden. Einen guten Lösungsansatz hat die Landesregierung bereits umgesetzt. Sie stellte schnell und unbürokratisch Mittel in Höhe von 13,5 Millionen Euro für den Einsatz von 1.000 zusätzlichen Schulbussen zur Verfügung. Dies war das Angebot der Landesregierung. Über die Annahme entscheiden allein die jeweiligen Schul- und Aufgabenträger.

Aber dies ist nur ein Teil der Lösung. Gestaffelte Schulanfangszeiten würden ganz erheblich zu einer Entspannung der Situation beitragen. Nur ist es heute noch so, wie es schon zu meiner Schulzeit war und auch noch bei meinen Enkelkindern sein wird: Der erste Bus an einer Haltestelle ist immer leer und der letzte viel zu voll.

Ich selbst bin Vorsitzender einer Verbandsversammlung des Aufgabenträgers und habe mich vor Ort an den Haltestellen informiert und mit den Schülerinnen und Schülern gesprochen. Ich habe sie gefragt, warum sie nicht den ersten Bus nehmen. Die meisten antworteten mir, dass ihre Freundin oder ihr Freund auch in dem späteren Bus mitfährt. Hier würde uns eine Staffelung der Schulanfangszeiten eher weiterhelfen als ein zusätzlicher Bus.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Gut, dass die Landesregierung da anderer Meinung ist als Sie!)

Wichtig ist aber weiterhin die konsequente Maskenpflicht auch an den Bushaltestellen, auf den Bahnsteigen und im Bahnhof. Die Pflicht, eine MundNase-Bedeckung zu tragen, besteht im ÖPNV und SPNV bereits seit Monaten. Seit August kann für Maskenmuffel ein Bußgeld von 150 Euro verhängt werden. Regelmäßige Kontrollen werden hier in Kooperation mit den Aufgabenträgern durchgeführt, um

die Bürgerinnen und Bürger für die Einhaltung der Maskenpflicht zu sensibilisieren.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Mostofizadeh?

Herzlich gern.

Das ist freundlich von Ihnen. – Bitte schön, Herr Mostofizadeh.

Herr Kollege, auch wenn es schon spät ist: Manchmal habe ich Schwierigkeiten, dem Text zu folgen. Wie können Sie es denn erklären, dass Landesminister Wüst ein größeres Programm zur Verstärkung des Schulbusangebots in der Frühe aufgelegt hat? Hat er auch den falschen Bus genommen oder nicht mit Frau Gebauer gesprochen?

Wie Sie sicher wissen, ist die Bereitstellung der Mittel über das Verkehrsministerium gekommen. Das sind zusätzliche Mittel. Abgerufen werden können sie über die Schulträger.

Sie haben vorhin selber gesagt, dass es nicht nur um freigestellte Schülerverkehre geht – wie Herr Kollege Arndt Klocke gerade sagte –, sondern auch darum, dass in vielen Bereichen, auch im ländlichen Raum, die Busse eben nicht freigestellt sind. Wir haben erreicht, dass der Schülerverkehr in den normalen Verkehr integriert ist und somit überhaupt eine vernünftige Anbindung im ländlichen Raum möglich ist.

Wir haben die Busse zur Verfügung gestellt. Der Minister hat es mehrmals gesagt: Es war ein Angebot. Leider wurde das Angebot von den Schulträgern und den Verkehrsverbünden viel zu schleppend in Anspruch genommen.

Ich fahre dann fort: Erst gestern gab es wieder Schwerpunktkontrollen in Nordrhein-Westfalen. Um die Kontrollen zu ermöglichen, hat das Land 15 Millionen Euro für den Einsatz von zusätzlichem Kontrollpersonal bereitgestellt.

Wir dürfen dabei – wie Sie gerade betont haben – die Strategie hin zu mehr umweltgerechter Mobilität nicht aus den Augen verlieren. Es gilt, die ausgebliebenen Fahrgäste nach der Pandemie wieder zurückzugewinnen. Dazu müssen wir flexible Lösungen erarbeiten. In Kooperation mit dem Land arbeiten Verkehrsverbünde unter anderem an Ticketlösungen, die ein kontaktloses Bezahlen ermöglichen und sich dem individuellen Bedarf des Fahrgastes anpassen. Dabei werden digitale Technologien erprobt und nutzerorientierte und flexible Dienstleistungen angeboten.

Ein erfolgreiches Pilotprojekt ist das nextTicket 2.0 bzw. das CiBo-System im VRR, das jetzt auch landesweit ausgerollt werden soll. Die Fahrt im öffentlichen Nahverkehr kann mit solchen Systemen jederzeit angetreten werden, und es kann kontaktlos bezahlt werden. Möglich ist das durch smarte Ein- und Auschecksysteme. Erste Erfahrungen aus dem Markttest zeigen, dass die Kunden zufrieden sind und das Ticketangebot sehr positiv aufgenommen wird. In solche Initiativen sollten wir investieren und nicht in neue Gutachten.

Sehr geehrte Damen und Herren, die CDU-Fraktion lehnt den vorliegenden Antrag ab.

(Beifall von der CDU, Ulrich Reuter [FDP] und Angela Freimuth [FDP])

Danke schön, Herr Goeken. – Jetzt hat Herr Löcker das Wort für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch am späten Abend will die SPD-Fraktion das Vertrauen in den ÖPNV stärken – da können Sie sicher sein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir leben in schwierigen Zeiten, und der erste Dank in diesem Zusammenhang muss natürlich den Beschäftigten und den Unternehmen gelten, die mit Blick auf die widrigen Umstände einen guten Job machen. Es gehört zu den vertrauensbildenden Maßnahmen, das hier heute Abend zu sagen.

Es ist natürlich folgerichtig – und so sehen wir diesen Antrag zum großen Teil als appellativen Antrag –, dass die erhöhten Finanzbedarfe der Verkehrsunternehmen anerkannt werden müssen. Blickt man auf die Berichterstattung des VRR, stellt man fest, dass es nicht um Kleingeld, sondern um dreistellige Millionenbeträge geht, die bereits aufgelaufen sind. Das ist schon eine Hausnummer; das kann man nicht mal eben zwischen Zwölf und Mittag erledigen. Da wird uns in der Sache noch mal eine Menge abverlangt. Das ist nicht nur eine Bundesangelegenheit, sondern auch eine Landesangelegenheit, und das verstehen wir natürlich auch so. Deshalb ruft es auch nach dieser hier gerade genannten Vereinbarung, um die Beträge noch mal zu nennen und um ein Engagement des Landes deutlich zu machen. Das erwarten wir natürlich auch.

Es gibt eben auch die erhöhten Bedarfe rund um Hygienekonzepte und Maskenpflicht. All das gehört dazu. Es geht nicht nur um Fahrgeldeinnahmeausfälle. Blickt man auf die Anforderungen, wird klar, dass der größte Teil der Einnahmeverluste insbesondere beim Bargeldverkauf zu sehen ist, weniger im Ticket- und Abobereich, da läuft es eigentlich noch ganz gut. So zumindest sind die Informationen. Insofern muss man für die Zukunft sicher zu Überlegungen darüber kommen, wie man es besser organisie

ren kann, sodass sich die Einnahmesituation der Unternehmen wieder verstetigt.

Noch zwei, drei Sätze zur Überlegung im Zusammenhang mit den Schulanfangszeiten: Das wird viel diskutiert, oftmals höre ich dazu auch ganz unterschiedliche Meinungen. Ich habe Schulanfangszeiten und deren Staffelung jahrelang auch beruflich begleitet und kann beitragen, dass man dort mit Blick auf die unterschiedlichen Anforderungen oft auf Granit und Beton gestoßen ist. Sie wissen, dass Schulen stadtteilübergreifend bzw. stadtübergreifend zusammenarbeiten. Man kann nicht die eine Schule um 8:20 Uhr und die andere um 8:30 Uhr oder 8:40 Uhr starten lassen, weil da auch Kurse und AGs stattfinden. Das ist eine schwierige Angelegenheit. Umso erfreulicher ist der Hinweis darauf, dass das kommunal, möglichst auch regional, zu entscheiden ist. In Herne ist es eben anders als im Kreis Recklinghausen. Das muss ich noch mal betonen.

Insofern ist das Geld gut angelegt. Aber wir sehen auch, dass nur wenig davon abgerufen wird. Das ist vielleicht ein Hinweis darauf, dass es nicht so einfach ist, wie es scheint. Wenn eine Schule früher Schluss macht, kann man eventuell kein Fahrzeug zur Verfügung stellen, weil die Schule nicht gemeldet hat, dass die Unterrichtszeit kürzer ist. Das ist keine Nummer, die selten vorkäme, vielmehr ist das ein Teil der Mechanismen, die dazu beitragen, dass die Angebote in dieser Form nicht abgerufen werden. Im Ergebnis heißt das dann, dass es Überkapazitäten oder zu stark besetzte Fahrzeuge gibt.

Das dürfen wir nicht lediglich beklagen, vielmehr müssen wir schauen, dass wir das in den Städten jetzt einigermaßen hinbekommen. Ich setze auf die Erfahrungen der Unternehmen und der Schulen, die das, wie wir meinen, ganz gut hinbekommen.

Der Wille in diesem Antrag ist erkennbar, und wir werden heute Abend auf jeden Fall zustimmen. – Danke.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Löcker. – Nun hat für die FDP Herr Reuter das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Grünen-Antrag „Vertrauen in den Öffentlichen Nahverkehr stärken – Fahrgäste wieder zurück gewinnen“ stellt richtige und berechtigte Fragen. Allerdings wurden sie nicht erst in diesem Antrag gestellt. Sie werden hier seit Wochen debattiert und seit Monaten intensiv von den zuständigen Aufgabenträgern, den Verkehrsunternehmen und der Landesregierung bearbeitet.

Zu allen zentralen Punkten des Antrags liegt bereits eine Antwort vor; dieser Antrag kommt in allen zentralen Punkten zu spät. Sie kommen, liebe Kollegin

nen und Kollegen von den Grünen, zu spät, wenn Sie eine Imagekampagne für den ÖPNV einfordern. Eine solche läuft unter der Bezeichnung „#besserweiter“ als bundesweite Gemeinschaftskampagne unter Federführung des VDV seit Juli dieses Jahres.

Sie kommen zu spät, wenn Sie jetzt finanzielle Hilfestellungen für die Verkehrsunternehmen einfordern. Diese werden für dieses Jahr schon abgewickelt und für 2021 aktuell verhandelt. Der ÖPNV-Rettungsschirm wird vom Bund aus Regionalisierungsmitteln mit 500 Millionen Euro und vom Land mit weiteren 200 Millionen Euro gespeist. Diese Hilfen sind nach Auskunft der Branche auskömmlich.

Sie kommen zu spät, wenn Sie eine Entzerrung der Schulanfangszeiten durch die Landesregierung fordern. Die entsprechende Regelung gibt es schon. Die Schulanfangszeiten können nämlich schon jetzt von jedem Schulträger individuell in einem Fenster von 7:30 Uhr bis 8:30 Uhr festgelegt werden. Darüber hinaus sind nach Absprache weitere Flexibilisierungen möglich, was mehrere Kommunen im Land mittlerweile auch schon durchziehen.

Das Land hat zudem erhebliche Mittel in Höhe von 13,5 Millionen Euro bereitgestellt, um für 1.000 zusätzliche Busse zur Entzerrung der Schülerverkehre zu sorgen. Auch insoweit kommt der Antrag zu spät.

Die Pandemie als Grund für ein neues Ticketsystem anzuführen, ist absurd. Wer eine Wochenkarte hat, braucht keine Ermäßigung wegen der Krise. Er kann sich nämlich vorher überlegen, ob er die Wochenkarte für sinnvoll hält oder nicht. Bei Abokunden sieht es anders aus: Diese Kunden können kündigen.

Die DB hat für einen gesteigerten Bedarf unterhalb der Schwelle eines Abos bereits im Sommer ein 20Fahrten-Ticket eingeführt. Die Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen in NRW beraten ähnliche Ticketangebote. Zum Beispiel bietet die Rheinbahn gleich um die Ecke solche Tickets bereits seit längerer Zeit an. Außerdem steht NRW vor der Einführung von E-Tickets bzw. E-Tarif; damit wird die Digitalisierung flexiblere Zeitkarten ermöglichen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Klocke?

Ja, gerne.

Das ist nett. – Bitte schön, Herr Klocke.

Danke, Herr Präsident. – Herr Kollege, eine kurze Nachfrage: Habe ich es richtig verstanden, dass Sie den Abokunden, die teilweise über Jahre oder sogar Jahrzehnte in Abozirkeln hängen, ernsthaft empfehlen wollen, ihr Abo zu

kündigen, um dann auf eine 20er- oder 10er-Streifenkarte zu gehen? Das würde mich interessieren.

Das mag zwar praktikabel sein, um Geld zu sparen, aber unser Vorschlag war ja gerade, den Abokunden, die mit Monats- oder Quartalstarifen arbeiten, finanziell ein Stück weit entgegenzukommen, um sie in diesem Abosystem zu halten und sie nicht als Kunden zu verlieren. Deswegen haben wir das extra in den Antrag aufgenommen.

Vielen Dank, Herr Klocke. Ich glaube schon, dass auch das durchaus, wie von mir beschrieben, eine praktikable Möglichkeit ist. Denn ich glaube auf der anderen Seite auch nicht, dass wir diese Kunden verlieren werden. Denn das sind unsere klassischen Fahrer im ÖPNV, und wenn es da lediglich darum geht, Kosten zu minimieren in dieser Phase, dann, glaube ich, ist das durchaus ein probates Mittel, um das am Ende zu erreichen.

Jetzt zitiere ich noch mal – mit Erlaubnis des Präsidenten – aus Ihrem Antrag:

„Ein wissenschaftliches Gutachten, das die Situation in NRW genau untersucht und die bisherigen Annahmen und Studien untermauert, kann hilfreich sein.“