Protokoll der Sitzung vom 16.12.2020

Ich finde es schäbig, wie Sie Schutzsuchende zu Sündenböcken machen. Die Vorredner haben es erwähnt: Sie stellen Geflüchtete in Konkurrenz zu Wohnungssuchenden und machen Schutzsuchende am Ende zu Sündenböcken und zum Grund für Wohnraummangel.

Dass dieser Wertekanon, dem sich die demokratischen Fraktionen und Parteien im Land verpflichtet fühlen, nicht zu Ihrem völkischen Denken passt, haben Sie tatsächlich mit dieser Großen Anfrage dokumentiert – sonst gar nichts.

Massenzuwanderung ist – um es auch noch einmal zu sagen – angesichts der Zahlen, die der Kollege Yetim noch einmal vorgetragen hat, eine komplett populistische Überhöhung und dient auch dem Zweck der Stimmungsmache und Hetze gegen Flüchtlinge.

Wir Grüne bekennen uns zu unserem Rechtsstaat, denn der und niemand anderes entscheidet, ob ein

Aufenthaltstitel gewährt und ob eine Abschiebung ausgesetzt wird oder nicht.

(Zuruf von Dr. Martin Vincentz [AfD])

Wir haben keinen Zweifel daran, dass Verwaltungsgerichte auf dem Boden unserer Gesetze entscheiden, wenn es zum Beispiel Gründe für die Aussetzung von Abschiebungen gibt. Wir zweifeln diese Gerichtsentscheidungen nicht an.

Es ist letztlich nicht nur menschenrechtsorientiertes und humanitäres Denken, wenn Geflüchtete mit langjährigen Duldungen einen festen Aufenthaltsstatus erhalten. Wir finden das im Gegensatz zu Ihnen auch völlig in Ordnung.

Reden Sie doch zum Beispiel einmal mit Handwerksbetrieben oder anderen Wirtschaftsunternehmen, die fordern, dass der Aufenthaltsstatus von gut integrierten Geflüchteten, die in Ausbildung und Arbeit sind, verfestigt wird. Diese Menschen werden hier bei uns gebraucht, auch wenn diese Wahrheit nicht in Ihr Denken passt.

Wir brauchen diese Menschen für unsere Wirtschaft und unseren Wohlstand. Deswegen sollten auch Spurwechsel von einem Asylverfahren hin zu einem Aufenthaltstitel möglich sein. Das ist nicht nur humanitär geboten, sondern auch im gesamtwirtschaftlichen Interesse.

Eine solche menschenrechtliche und rationale Debatte kann man natürlich mit einer völkischen Schere im Kopf nicht führen. Deswegen setze ich sie an dieser Stelle auch nicht fort, denn ich glaube, dass Sie solche Argumente am Ende auch nicht erreichen werden.

Wir stehen weiter für eine menschenrechtsorientierte Politik, die humanitären und rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtet ist. Ansonsten denke ich, hat uns diese Große Anfrage, was den Erkenntnisgewinn angeht, nicht weitergebracht. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und von Sarah Phi- lipp [SPD] – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Stamp.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass wir den ersten Impfstoff gegen das Coronavirus zwei Medizinern zu verdanken haben, die als Kinder von Einwanderern zu uns gekommen sind und die durch ihre Forschung mutmaßlich weitere Milliardenschäden von unserer Gesellschaft und damit auch von unserem Haushalt fernhalten, hätte ich von der antragstellenden Fraktion erwartet, dass

sie den Tagesordnungspunkt zurückzieht und sich öffentlich entschuldigt. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Für die AfD-Fraktion spricht Frau Kollegin Walger-Demolsky.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Wermer, es hat immer Sinn, wenn ein Abgeordneter selbst einen Blick in eine solche Anfrage und auch in die Antwort wirft und das nicht nur dem Referenten überlässt, denn die Seitenzahl an sich sagt über die Qualität einer Antwort wenig aus.

Die Landesregierung in Schleswig-Holstein schafft, was die Landesregierung in NRW nicht hinbekommt, nämlich auf eine Anfrage zu den fiskalischen Lasten der Zuwanderung Zahlen zu liefern. In SchleswigHolstein hat man also Fakten statt Ausflüchte wie in NRW.

Die Anfrage stammt vom 14. Februar dieses Jahres. Sechs statt drei Monate hat sich die Landesregierung Zeit genommen. Wir haben ihr diese Zeit selbstverständlich auch gegeben. Was kommt dann vielfach von Ihnen? – Die Daten liegen uns nicht vor.

Wir hielten das zunächst für ein Verständnisproblem und haben mit dem Hinweis auf die Antworten Ihrer Kollegen aus Schleswig-Holstein noch einmal nachgefragt, aber Sie hatten offenbar alles richtig verstanden, denn auch die Antworten auf unsere nachgereichten drei Kleinen Anfragen enthielten Informationen nach dem Motto: Die Daten liegen der Landesregierung nicht vor.

Entweder waren Sie mangels Datenerhebung oder mangels Willen nicht zu angemessenen Antworten zu bewegen. Beides ist eine Frechheit dem Bürger gegenüber.

(Beifall von der AfD)

Glauben Sie nicht, der Bürger, also der Souverän, hat Antworten auf ganz einfache Fragen verdient? Dabei geht es um ganz einfache Fragen wie: Sind mehr Personalkosten in den Bereichen innere Sicherheit oder Justiz entstanden, und, wenn ja, wie hoch waren diese Mehrkosten?

Wie hoch sind zum Beispiel die Summe für zusätzliche Investitionen oder für die Bildung von Rücklagen sowie die Summe aller konsumtiven Ausgaben über alle Ministerien?

Hat der Steuerzahler nicht das Recht zu erfahren, mit welchen Mitteln die Bewältigung der Zuwanderung in NRW geregelt wird? Oder soll das lieber Ihr Geheimnis bleiben?

Seien Sie sicher: Wir werden an dieser Stelle nicht lockerlassen – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Walger-Demolsky. – Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen – beim Blick in die Runde bleibt das auch so –, schließe ich die Aussprache zur Antwort auf die Große Anfrage 21. Damit ist die Beratung der Großen Anfrage 21 der Fraktion der AfD abgeschlossen.

Ich rufe auf:

6 Fragestunde

Mündliche Anfragen Drucksache 17/12106

Mit der Drucksache 17/12106 liegen Ihnen die notwendigen Informationen vor, und zwar zu der Mündlichen Anfrage 85 aus der Fragestunde am 11. November dieses Jahres sowie zu den neuen Mündlichen Anfragen 87, 88, 89 und 90.

Die Fragesteller der Fragen 85 und 87 haben zwischenzeitlich darum gebeten, dass ihre Anfragen schriftlich beantwortet werden.

Daher rufe ich jetzt unmittelbar die

Mündliche Anfrage 88

der Abgeordneten Verena Schäffer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf.

Ich darf vorsorglich darauf hinweisen, dass die Landesregierung natürlich in eigener Zuständigkeit entscheidet, welches Mitglied der Landesregierung eine Mündliche Anfrage im Plenum beantwortet.

Die Landesregierung hat uns mitgeteilt, dass Herr Minister Laumann antworten wird. Deshalb schalte ich jetzt das Mikrofon von Herrn Minister Laumann frei. Sie wissen, es bleibt die ganze Zeit offen, sodass Sie sich darauf einstellen können. Herr Minister, Sie können antworten.

Die Landesregierung erteilt grundsätzlich keine Auskünfte über Gespräche, die der Ministerpräsident nichtöffentlich führt, und deren Inhalte.

Ich möchte aber noch etwas zum Thema ausführen. Wir standen, falls das Ihrer Erinnerung entfallen sein sollte, im März und April dieses Jahres vor einem dramatischen Mangel an Schutzausrüstung. Ich möchte das noch einmal in Erinnerung rufen, damit die Vorgänge eingeordnet werden können.

Am 25. Februar ist der erste Infektionsfall im Kreis Heinsberg bekannt geworden. Daraufhin sind der Ministerpräsident und ich am 28. Februar in den Kreis Heinsberg gefahren. Eines der drängendsten Themen dort war die mangelnde Schutzbekleidung. Es gab die konkrete Befürchtung, Pflegerinnen und Pfleger ohne Schutzbekleidung zur Behandlung von COVID-Patienten schicken zu müssen.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das wollte, glaube ich, jeder vernünftige Mensch um jeden Preis verhindern. Wer ansteckende Patienten pflegt, dem musste – so war sicherlich unser aller Überzeugung – entsprechende Schutzausrüstung gestellt werden. Daher haben wir erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Versorgung mit Schutzausrüstung sicherzustellen.

Noch am 28. Februar, also dem Tag, an dem wir in Heinsberg waren, hat das MAGS mit Unterstützung des Landwirtschaftsministeriums dafür gesorgt, dass Schutzausrüstung des Landesamtes für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz in den Kreis Heinsberg geliefert wurde, weil wir nirgendwo anders etwas gefunden haben.

Ich habe im Übrigen persönlich mit unserer Verteidigungsministerin telefoniert, um Schutzbekleidung der Bundeswehr zu organisieren, die dann auch in den Kreis Heinsberg geliefert wurde.

Damals war wirklich Not am Mann. Es war am Anfang aber nicht so einfach.

Im März hat uns dann beispielsweise das Innenministerium den Tipp gegeben, dass das THW 100.000 Kittel im Bestand hat. Danach hat sich sofort jemand auf den Weg gemacht und die Kittel in Augenschein genommen. Diese Kittel sind aber von selbst aufgerissen und waren offensichtlich nicht mehr zu gebrauchen.

Ich will noch einige weitere Beispiele nennen. Der Mangel selbst an einfachster Schutzausrüstung war so groß, dass es ernsthafte Bedenken gab, in Bussen eine Maskenpflicht zu verhängen. Viele Leute haben dann selbst Masken genäht – auch für Altenheime.

Der Mangel war so groß, dass der Landrat aus dem Kreis Heinsberg am 24. März 2020 einen Hilferuf an die chinesische Regierung gesendet hat, um die in seinen Krankenhäusern notwendige Schutzausrüstung zu besorgen.

Der verehrte Kollege Neumann hat hier im Plenum am 11. März 2020 sogar vorgeschlagen, die Landesregierung solle doch Schutzausrüstung beschlagnahmen.