Protokoll der Sitzung vom 13.07.2018

(Es liegt eine Mikrofonstörung vor.)

Vielleicht gehen Sie einfach an einen anderen Platz.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Herr Minister, Sie haben den gesellschaftlichen Wandel selber angesprochen. Ein wesentliches Phänomen des gesellschaftlichen Wandels ist, dass sich auch immer mehr Familien mit Migrationshintergrund entscheiden, ihre Angehörigen im Alter in ihrer Nähe haben zu wollen. Das ist ein sehr löbliches Zeichen von Integration, aber auch bei diesem Personenkreis steigt die Zahl der Menschen, die von Demenz betroffen sind.

Bisher war es so, dass das Gelsenkirchener Demenz-Servicezentrum landesweit den Auftrag wahrgenommen hat, diesen Personenkreis zu begleiten. Das ist bisher einzigartig. Warum passt dieses Vorreitermodell nicht mehr in die Struktur, die Sie zukünftig anstreben?

Ich habe gar nicht gesagt, dass es nicht mehr in die Struktur passt. Wir müssen überlegen, wie wir diese Einrichtung in die jetzigen Strukturen einbetten können.

Die Frage ist: Kann man mit einer Stelle in NordrheinWestfalen flächendeckend den Input bekommen, den wir in dieser Frage brauchen? Oder brauchen wir eine breitere Implementierung in das System? Das

wird zu entscheiden sein, wenn wir jetzt mit den Fachleuten über die neue Struktur sprechen. Dem will ich nicht vorgreifen.

„Immigration und Demenz“ ist ein wichtiges Versorgungsthema, weil Demenzkranke – vor allen Dingen dann, wenn die Krankheit in einem fortgeschrittenen Stadium ist – meistens zum Beispiel nur noch in ihrer Muttersprache kommunizieren können. Das ist schon ein ganz wesentlicher Punkt.

Dieser Aspekt trifft im Übrigen nicht nur auf Menschen zu, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind. Wenn Sie da herkommen, wo ich herkomme, aus einem münsterländischen Dorf, wissen Sie, dass dort die Umgangssprache in einem Altenheim in der Regel noch Plattdeutsch ist, weil die Menschen, die dort leben, in einer Zeit groß geworden sind, als das noch die Umgangssprache war.

Dass ein Mensch, der als erste Sprache Platt gelernt hat, mit Demenz auch Platt spricht, ist ganz klar. Wie die Pflegekräfte in 30 Jahren damit zurechtkommen, wenn ich einmal soweit bin, weiß ich nicht, denn meine erste Sprache war auch Plattdeutsch.

(Heiterkeit)

Sie können daran sehen, dass ich ein großes Eigeninteresse daran habe, dass auch diese Frage bei den neuen Strukturen eine Rolle spielt und natürlich auch auf die Problematik der Menschen, die mit einer anderen Muttersprache groß geworden sind, zum Beispiel in diesen Strukturen eingegangen wird.

Das Demenz-Servicezentrum für Menschen mit Hörschädigung, das es erst seit dem Frühjahr dieses Jahres gibt, hat einen Förderbescheid – und daran halten wir uns auch – bis 2021, sodass die Struktur so bleibt. Welche Aufgabe die Koordinierungsstelle beim KDA übernehmen kann und ob wir sie noch brauchen, bleibt den Strukturgesprächen über diese Frage vorbehalten.

Mir ist ziemlich klar, dass die Führung der zwölf Demenz-Servicezentren auf jeden Fall sichergestellt werden muss und wir gewährleisten müssen, dass diese Servicezentren ziemlich stark einheitlich und auf fachlich gleichem Niveau handeln.

Danke schön, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Neumann von der SPD-Fraktion, der seine Fragemöglichkeiten damit erschöpft hat.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Herr Minister, in Nordrhein-Westfalen gibt es 128 Wohnberatungsstellen, es gibt die Landeskoordinierung Wohnberatung, die MGW-Beratungsstellen, die Kontaktbüros, Pflegeselbsthilfe, das NRW-Infoportal usw.

Auch nach dem, was Sie gesagt haben, kann ich nicht nachvollziehen, warum ausgerechnet die zwölf Service-Punkte zum Thema „Demenz“ nicht mehr in dieses Konzept passen sollen. Ich habe diese überzeugende Aussage bisher nicht gehört. Dabei zeigen alle Evaluationen in dem Bereich, wie wichtig die Arbeit zu diesem Thema ist.

Zwischen dem, was Sie ansprechen, Herr Neumann, und dem, was ich gesagt habe, besteht doch überhaupt kein Widerspruch.

Die vielen Beispiele dazu, was wir mittlerweile auf unterschiedlichen Ebenen und mit unterschiedlichen Verantwortungen im Bereich rund um die Pflege tun, machen deutlich, dass es sinnvoll ist, nicht noch weitere Strukturen aufzubauen, sondern bestehende Strukturen zu ergänzen und in klare Programmlinien zu bringen.

Da das Land im Wesentlichen direkten Einfluss auf die Demenz-Servicezentren hat, weil sie zur Hälfte von uns finanziert werden, ist natürlich klar, dass wir dort anfangen, wo wir Einfluss haben.

Ich sage es noch einmal, damit es hier nicht zur Legendenbildung kommt: Es geht dem Ministerium nicht um die Abschaffung, sondern um eine Weiterentwicklung in Bezug auf die jetzigen Strukturen.

Jetzt können sich die Fraktionen überlegen, ob sie Verteidiger von alten Strukturen sein oder ob sie sich mit mir zusammen auf den Weg machen wollen, die Strukturen so anzupassen, wie wir sie für die heutige Zeit fachlich brauchen.

Danke schön, Herr Minister. – Frau Kollegin Lüders von der SPDFraktion stellt Ihnen die nächste Frage.

Danke, Frau Präsidentin. – Im Zusammenhang mit den Umstrukturierungsmaßnahmen, die Sie gerade genannt haben, wüsste ich gern, inwieweit denn die Vielzahl der Organisationen und Verbände, die derzeit in den Strukturen verankert und Träger sind, mit Ihnen schon in Kontakt getreten und von Ihnen eingebunden worden sind.

Am 28. Juni sind die Träger bzw. Arbeitgeber darüber informiert worden, dass die Demenz-Servicezentren am 4. Juli, zu Beginn ihrer jährlichen Klausurtagung, informiert worden sind, dass wir mit den Pflegekassen über dieses Konzept gesprochen haben und dass jetzt in den Sommerferien die weiteren Gespräche mit den Trägern, den Menschen, die dort arbeiten sowie den Pflegekassen

stattfinden, um daraus ein Gesamtkonzept, zumindest was die Eckpunkte betrifft, zu gießen.

Wenn wir die Eckpunkte festgelegt haben, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass dies nicht nur im politischen Bereich wie dem zuständigen Ausschuss, sondern darüber hinaus natürlich auch in der Szene, wenn ich das einmal so nennen darf, diskutiert wird.

Es ist ja auch so, dass wir in der Szene, wie ich es einmal nennen will, fast alle beteiligt haben, denn die zwölf Demenz-Servicezentren befinden sich in Nordrhein-Westfalen in sehr unterschiedlichen Trägerschaften, sodass im Grunde der gesamte Bereich der Wohlfahrtspflege beteiligt ist, da jeder Wohlfahrtsverband irgendwo Träger einer dieser zwölf regionalen Stellen ist. Insofern ist das ein äußerst transparentes Verfahren.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Kollege Göddertz, SPDFraktion, stellt Ihnen die nächste Frage.

Herr Minister, gehen wir noch einmal nach Gelsenkirchen zurück. Wie schätzt die Landesregierung das Projekt DeMigranz ein, an dem das Gelsenkirchener Demenz-Servicezentrum für Menschen mit Migrationsgeschichte in der Trägerschaft der AWO beteiligt ist?

Ich habe ja schon gesagt, dass wir die Frage stellen müssen: Brauchen wir dafür eine Sonderstelle, so wie es zurzeit ist? Dafür gibt es gute Gründe. Oder können wir es anders organisieren, damit die Frage des Umgangs mit Migrationshintergrund und Demenz auch in den zwölf Fachstellen stärker eine Rolle spielt?

Hier lege ich mich zurzeit nicht fest, da wir am Beginn der Entwicklung eines Konzeptes stehen und man jetzt noch nicht sagen kann, dass eine Struktur von vornherein bei allen Überlegungen außen vor ist. Aber es ist so, dass wir die Eckpunkte nach der Sommerpause fertighaben müssen. Dann haben wir auch in dieser Frage, denke ich, Klarheit.

Danke schön, Herr Minister. – Frau Kollegin Gebhard. Das ist Ihre dritte und damit letzte Frage.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, Ihre Antwort zeigt mir, dass Sie offenbar nicht mit dem Projekt DeMigranz vertraut sind, denn dabei geht es nicht um ein Projekt, das lokal auf Nordrhein-Westfalen bezogen ist, sondern darum, dass unser Demenzzentrum für Men

schen mit Zuwanderungsgeschichte den Auftrag erhalten hat mitzuhelfen, diese Geschichte bundesweit auszurollen.

Wenn man feststellt, dass die Kompetenz in Nordrhein-Westfalen vorhanden ist, muss man sich schon fragen, welche Haltung Sie zu dieser Frage haben. Sie haben es jetzt offen formuliert, als ob Sie das Thema doch noch sehen würden.

Fakt ist aber, dass Sie in der vergangenen Woche bei der Zusammenkunft diesem Zentrum mit dem Fokus auf Menschen mit Zuwanderungsgeschichte keine Bedeutung mehr beigemessen, also keinen Platz mehr dafür in ihrer Zukunftsstruktur gesehen haben. Darum frage ich Sie noch einmal: Wäre das nicht ein großer Rückschritt, wenn wir die Kompetenz, die wir dort haben, statt sie weiterzuentwickeln, aufgeben würden?

Ich denke, gegen Weiterentwicklung hat hier niemand etwas, auch die Zentren nicht, aber die Frage ist: Ist es wirklich gerechtfertigt, den zwölf Zentren plus den zusätzlich vorhandenen Einrichtungen die Fokussierung auf Demenz zu nehmen und ihnen noch so viel zusätzlich oben draufzupacken, das eigentlich von vielen anderen Institutionen geleistet wird? Ist das der richtige Weg?

Oder ist das Thema Demenz kein so großes Thema? Oder wollen Sie mehr Personal hineingeben? Dann kann man natürlich über zusätzliche Aufgaben nachdenken.

Es ist typisch, dass Sie immer sofort über mehr Personal sprechen. Sie haben die Frage gestellt, ob ich einen Rückschritt oder einen Fortschritt will. Gehen Sie davon aus, dass Minister Karl-Josef Laumann grundsätzlich den Fortschritt will.

(Zuruf)

Sie haben die Frage gestellt, ob ich Rückschritt oder Fortschritt will. Ich habe gesagt, ich will den Fortschritt. Das ist meine Antwort darauf.

Danke, Herr Minister. – Mir liegt eine weitere Frage vor, diesmal von Herrn Kollegen Watermeier aus der SPD-Fraktion. Wollen wir es mit diesem Mikrofon probieren? – Okay, ich gebe es frei.

(Es liegt eine Mikrofonstörung vor.)

Sie nehmen das andere, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Das war wohl der „Zonk“.

Herr Minister, Sie sagten, Sie wählen den Fortschritt. Das ist ja sehr sympathisch, nur: Der Fortschritt braucht nicht nur Kompetenz in der Fläche, sondern auch eine Erarbeitung von Materialien. Wenn es das Zentrum in Gelsenkirchen nicht mehr gibt, wer soll zentral Materialien für die Arbeit mit Menschen aus verschiedenen Kultur- und Sprachräumen – meinetwegen auch aus den plattdeutschen – erarbeiten?

Noch einmal: Gehen Sie davon aus, dass wir diese Frage in dem Gesamtkonzept beantworten werden. Ich kann doch nicht seriös in einem Parlament antworten, wenn ich, bevor ich das Gesamtkonzept habe – da man zurzeit dabei ist, es zu erarbeiten –, schon in einem Detailpunkt die Struktur nenne. Wenn ich ganz ehrlich bin: Ich kenne sie nicht, und was ich nicht weiß, kann ich Ihnen nicht sagen.

Ich habe eine klare politische Aussage zu der Frage der Bedeutung des Themas gemacht, was mir wirklich wichtig ist. Deshalb, glaube ich, werden auch jene, die an der Struktur arbeiten, wissen, dass dieses Thema eine Bedeutung hat und natürlich auch in der Strukturfrage beantwortet werden muss, wie dieses Thema auch in der neuen Struktur sowohl fachlich als auch in der Fläche vorkommt.

Im Übrigen sollte man nicht so tun, als ob nur durch die Stelle in Gelsenkirchen an diesem Thema gearbeitet würde. Es wird auch an vielen Pflegefachhochschulen und Universitäten darüber nachgedacht, wie wir in unseren Einrichtungen mit der Frage „Migration und Demenz“ in einer durch viele Kulturen geprägten Gesellschaft umgehen müssen.

Danke schön, Herr Minister. – Gibt es weitere Fragen an den Minister? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Mündliche Anfrage Nr. 19 beantwortet. Vielen Dank, Herr Minister.