Protokoll der Sitzung vom 20.02.2019

Das Leiden der Tiere wurde zuletzt im Herbst 2018 in niedersächsischen Schlachthöfen dokumentiert. Videos aus einem Betrieb in Oldenburg zeigen Rinder, die unter Stromstößen zusammensacken und bei vollem Bewusstsein ausbluten. Die Vorfälle gibt es nicht nur in Norddeutschland. Auch in NRW sind Vorfälle von Tierquälerei in Großbetrieben, wie etwa in Düren, dokumentiert worden. Laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz gibt es in NRW 460 offiziell zugelassene Schlachtstätten. Die Wahrscheinlichkeit, dass nicht nur Tiere in Düren leiden mussten, ist also relativ hoch.

Umso gravierender ist es, dass die Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Missstände im Tierschutz mit dem gestellten Antrag so halbherzig vorgehen. Die Datenschutzgrundverordnung der EU, das Bundesdatenschutzgesetz und das neue Datenschutzgesetz des Landes NRW sind nur drei Gründe dafür, dass Ihr Vorhaben einer Videoüberwachung in Schlachthöfen so schnell nicht gelingen wird.

Die Landwirtschaftsministerin Heinen-Esser selbst gesteht in einem Schreiben vom 10. Januar 2019 an die Mitglieder des Umweltausschusses ein, dass die Hürden für die Videoüberwachung in NRW hoch sind und dass es dafür einer besonderen Rechtsgrundlage bedarf. Ich zitiere die Ministerin:

Das Ziel der Verbesserung des Tierschutzes ist abzuwägen gegen das Recht der Betroffenen auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten.

Ist der Antrag von CDU und FDP also augenscheinlich bloße Vortäuschung von Aktionismus? Denn eine Bundesratsinitiative, meine Damen und Herren, ist ja schon auf dem Weg.

Wichtig ist, Verordnungen der EU können nicht einfach ausgeblendet werden. Es gilt, zunächst gründlich zu klären, inwiefern die Videoaufzeichnung mit den geltenden Datenschutzgesetzen vereinbar ist. Auch die EU-Verordnung 1099/2009 zur Tötung von Tieren sieht derzeit keine Videoüberwachung vor. Das Thema „EU“ kommt in Ihrem Antrag gar nicht vor.

Ihr Antrag ist im Prinzip erst nach einer Bundesratsinitiative Ihrer Ministerin gestellt worden. Er genügt unseren Ansprüchen überhaupt nicht. Auch wenn wir uns als SPD eine Videoüberwachung vorstellen können, hat der Beschäftigtendatenschutz einen hohen Wert und bedarf der Sensibilität. Mit der Videoüberwachung würde man die vielen Beschäftigten, die in NRW-Schlachtereien ihrer Arbeit gewissenhaft nachgehen, unter Generalverdacht stellen.

In Ihrem Antrag ist von der Nutzung innovativer Kameratechnik die Rede. Die Überwachung soll durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz erfolgen. So sei keine kontinuierliche Überwachung notwendig.

Die Frage ist, meine Damen und Herren, von welcher Technik hier die Rede ist. Wann soll mithilfe der künstlichen Intelligenz denn Alarm geschlagen werden? Sind die Bilder allein schon strafrechtlich relevant?

Für eine flächendeckende Überwachung bedürfte es unserer Ansicht nach eines Mehr an geschultem Personal, Veterinäre, die rund um die Uhr einen Blick auf die Aufnahmen haben und die nötige Distanz zu den Betrieben wahren. Eine solche Überwachung ist derzeit nur stichprobenartig möglich. Das wissen sowohl CDU und FDP als auch die Ministerin.

In Sachen Tierschutz beweisen Sie einmal mehr, dass Sie eine Rolle rückwärts machen. Sie haben ja bereits das Verbandsklagerecht der Tierschutzverbände abgeschafft.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, konzentrieren Sie sich doch auf die Aufgaben in Nordrhein-Westfalen. Konzentrieren Sie sich auf einen besseren Arbeitsschutz in den Schlachthöfen. Unterstützen Sie die Veterinäre der Kommunen und Landkreise. Das könnten Sie umgehend und konkret in Nordrhein-Westfalen sofort tun. Das wäre ein wichtiger Beitrag für den Tierschutz. Mit Ihrem Antrag stehlen Sie sich aber aus der Verantwortung und hoffen Sie, dass Ihre Pflicht von der EU und vom Bund irgendwie erledigt wird.

Also, der vorliegende Antrag ist nach unserer Ansicht mit einer heißen Nadel gestrickt. Er liegt zwar heute zur Beratung vor. Wir stellen aber fest, dass er erst nach der Berichterstattung im Ausschuss und nach der Bundesratsinitiative Ihrer Ministerin gestellt worden ist.

Was bleibt von Ihrem Antrag übrig? Dass Sie regelmäßig über Tierschutzverstöße informiert werden wollen, meine Damen und Herren, das hätten Sie auch im Ausschuss sagen können. Alles andere ist in NRW schon auf dem Weg. Ihrem Antrag können wir daher nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Blask. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Rüße.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns jetzt mit einem ernsthaften Thema. Ich glaube, wir alle haben die Bilder von den Schlachthöfen gesehen. Ich weiß nicht, welcher Kollege es gesagt hat. Aber ich glaube nicht, dass man von Einzelfällen und bedauerlichen schwarzen Schafen reden kann. Dazu sind die Verstöße in den letzten Monaten einfach doch zu regelmäßig gewesen. Ich habe, ehrlich gesagt, eher das Gefühl, immer da, wo Under-cover-Recherchen stattgefunden haben, ist man fündig geworden.

Ich will auch noch einmal darauf hinweisen, dass es sogar Bilder von Veterinären gibt, die sich zu Mithelfern machen, die diese Tierschutzverletzungen also nicht abstellen, sondern diese decken oder sich sogar aktiv daran beteiligen. Dafür habe ich absolut kein Verständnis.

Insofern ist natürlich Ihr Antrag schon richtig. Also, dass man das thematisiert und guckt, wie man das vernünftig geregelt kriegt und was man da tun kann, das halten wir für absolut richtig.

Wir diskutieren in diesem Zusammenhang nun viele verschiedene Möglichkeiten, wie man den Tierschutz auf Schlachthöfen endlich durchsetzen kann. Sie haben sich in Ihrem Antrag auf eine Möglichkeit, auf eine Maßnahme fokussiert. Sie haben die Videoüberwachung des Schlachtvorgangs, der sensiblen Bereiche, in den Vordergrund gestellt.

Auch da sage ich Ihnen: Ja, das teilen wir. Auch da sind wir bei Ihnen. Das halten wir durchaus für eine richtige Maßnahme. Wir wissen mittlerweile auch aus anderen Ländern, dass das schon ein Weg sein kann. Es wurde ja auch schon gesagt: Es gibt Betriebe, die das bereits machen.

Wir meinen aber schon, dass man, wenn man das macht, bestimmte Kriterien haben muss, dass die Standards an den Schlachthöfen einheitlich sein müssen und dass die Kontrollbehörde am Ende auch die Oberhand und den vollständigen Zugriff auf die Daten haben muss. Das fehlt uns in dem Antrag ein bisschen. Das muss klar und deutlich gesagt werden. Denn wenn es diese eindeutigen Vorgaben nicht gibt, dann wird diese Überwachungstechnik am Ende auch nicht das bringen, was Sie sich davon versprechen.

Was mich ein bisschen wundert, ist Folgendes: Ihre Ministerin ist mit dem Thema längst unterwegs. Sie unterstützt die Initiative, die aus Niedersachsen kommt. Ich finde es gut, dass Nordrhein-Westfalen da beigetreten ist, weil wir schon ein wichtiger Standort der Branche sind.

Was ich nicht verstehe: Wenn man einen Antrag macht – das kann man ja tun –, dann muss man doch einen Schritt weitergehen

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

und der Ministerin ein paar konkrete Punkte mit auf den Weg, den sie längst beschritten hat, geben.

Man stellt sich da schon die Frage, ob Sie vielleicht doch nicht mehr so begeistert davon waren, das zu machen, weil die Ministerin schon unterwegs war und Sie sich gesagt haben: Sie macht das sowieso. Daher müssen wir uns bei diesem Antrag nicht mehr wirklich bemühen und wollen es eigentlich nur einmal im Plenum aufgerufen haben.

(Thomas Schnelle [CDU]: Wenn man immer nur Berichtsanträge stellt, dann wird das nichts!)

Wenn Sie also zukünftig Ihre Ministerin und ihre Berlinaktivitäten im Umweltbereich fördern wollen, dann wäre ich dankbar, wenn Sie das Timing im Plenum etwas optimieren würden.

(Beifall von Inge Blask [SPD])

Ich sage jetzt noch einmal deutlich: Videoüberwachung alleine wird uns nicht reichen können.

Ich finde, die Gewerkschaften geben da durchaus einen richtigen Hinweis; es geht nämlich auch um die Arbeitskräfte. Den Hinweis auf die Persönlichkeitsrechte finde ich dabei gar nicht allzu wichtig;

(Zuruf von der SPD: Das ist wichtig, weil es ar- beitsrechtliche Konsequenten hat!)

viel wichtiger finde ich, dass wir uns Gedanken darüber machen, was diese Arbeit auf den Schlachthöfen mit den Menschen macht. Was passiert in deren Köpfen?

Müssen wir uns nicht die Frage stellen, ob Videoüberwachung der Versuch des Kurierens eines Symptoms ist. Wir versuchen, etwas zu unterdrücken, was sich anscheinend sonst Bahn bricht.

Wir müssen uns außerdem überlegen, ob die Arbeit auf den Schlachthöfen falsch konzipiert ist. Verrohen die Menschen bei dieser Arbeit, die sie am Fließband erledigen?

(Zuruf von der SPD: Natürlich tun die das!)

Diese Fragen müssen wir ernsthaft thematisieren. Es kann nicht reichen, dass wir sagen: Wir können das mit der Videoüberwachung regeln. – Ich bitte herzlich darum, dass wir alle daran weiterarbeiten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kollegen von CDU und FDP, ich sage Ihnen deshalb zum Schluss einerseits: Ich finde, dass Ihr Antrag ein bisschen eindimensional auf die Videoüberwachung abzielt. Das ist zu wenig. Sie wissen, dass wir viel mehr thematisieren müssen, wenn wir den Tierschutz auf den Schlachthöfen wirklich durchsetzen wollen.

Andererseits sage ich Ihnen: Auch wenn man eindeutig zu kurz springt, ist es immer noch besser, man springt überhaupt. Von daher werden wir Ihrem Antrag, obwohl wir gewisse Bauchschmerzen haben, zustimmen, weil er in die richtige Richtung geht. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, Bianca Winkel- mann [CDU] und Henning Höne [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege Rüße. – Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Blex.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Laschet-Parteien laden uns heute ein, uns mit dem Thema „Videoüberwachung“ zu beschäftigen und darüber zu debattieren. Das tun sie, nachdem die Laschet-Regierung längst eine Bundesratsinitiative gestartet hat und mit anderen Landesregierungen über dieses Thema Gespräche führt. – Das ist ja mal was.

Der AfD ist Tierschutz ein wichtiges Anliegen.

(Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher- schutz: Nein!)

Ja, in Schlachthöfen kommt es zu Verstößen. Allerdings hat eine Große Anfrage der Grünen erst kürzlich ergeben, dass diese Zahl doch sehr gering ist. Hinzu kommt, dass das Amtsärzte die Betriebe selbstverständlich bereits stichprobenartig kontrollieren.

Durch die Videoüberwachung könnten sie fortan in der Lage sein, dies per Smartphone zu erledigen, heißt es nun. Eine Dauerüberwachung gebe es aber nicht; dabei ist von intelligenter Bilderkennungssoftware die Rede.

Uns überzeugt das alles nicht. Wie Sie selbst im Antrag schreiben, sind viele Probleme und Fragestellungen noch nicht gelöst bzw. beantwortet. Diese Probleme zu lösen, wäre eigentlich die Aufgabe zum jetzigen Zeitpunkt.

Mir persönlich wäre es allerdings noch lieber, Sie würden fordern, die Kameras nach außen auf linksextremistische Pseudotierrechtler zu richten.

Die AfD-Fraktion kann sich abschließend wegen der unzähligen offenen Fragen und der absoluten Dürftigkeit des Inhalts nur enthalten. – Danke schön.