Die Lösung kann am Ende dann doch nicht sein, das bei den Eltern abzuladen. Wenn Bildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist – und so habe ich uns alle immer verstanden –, und wenn die Frage
des Essens dazu gehört, dann kann es doch nur richtig sein, dass die Allgemeinheit und diese Gesellschaft Verantwortung dafür übernimmt, dass das Essen in Schulen und Kitas perspektivisch kostenfrei werden muss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das zeigt: Wir brauchen einen neuen und ganzheitlichen Blick auf Bildung und damit auch auf die Bildungsfinanzierung. Unser Sprecher Jochen Ott hat ja hier schon mehrfach darauf hingewiesen, dass wir eigentlich einen New Deal in der Bildungsfinanzierung brauchen.
Für uns gehört die Frage des Essens eindeutig dazu, und sie ist untrennbar mit der Debatte über die Zukunft der Bildung und Teilhabe aller jungen Menschen verbunden.
Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Voßeler-Deppe das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Gesundes Essen ist Kinderrecht. Wer wird da widersprechen? Essen – das wissen wir alle – ist mehr als nur Nahrungsaufnahme. Essen ist Genuss. Essen ist Leidenschaft. Gemeinsam essen ist kommunikativ. Essen ist im besten Falle lecker und gesund.
Insofern sprechen wir heute über ein wichtiges und zutiefst menschliches Thema. Deshalb ist auch das Plenum des nordrhein-westfälischen Landtags in der Tat ein guter Ort, um über dieses wichtige Thema zu debattieren.
Das Land macht viel in diesem Bereich. Zentraler landesweiter Ansprechpartner rund um alle Fragen einer gesunden, nachhaltigen Kita- und Schulverpflegung ist die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung NRW. Im Auftrag von drei NRW-Ministerien, dem Verbraucher-, dem Schul- und dem Familienministerium, macht die Verbraucherzentrale NRW seit 2008 Schulleitungen und Schulträgern, Caterern und interessierten Eltern ein breit gefächertes Angebot. Sie bietet professionelle Unterstützung, Beratung und Weiterbildung rund um alle Fragen einer gesunden, nachhaltigen Kita- und Schulverpflegung. Aufgabe ist die landesweite Beratung und Unterstützung der Kindertagesbetreuung, der Schulen sowie der öffentlichen und freien Träger bei allen Fragen rund um die Verpflegungsqualität und -organisation sowie Ernährungsbildung.
2017 wurde dieses gut nachgefragte Angebot auf Kitas ausgedehnt. Ein wichtiges Ziel ist, das Essensangebot an den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung auszurichten, die Orientierungshilfe zum Beispiel für Speisenplanung, Nährstoffe, Hygienemanagement und pädagogische Aspekte geben. Dieser DGE-Standard lässt sich nur empfehlen, aber nicht verpflichtend vorschreiben, da Letzteres in Selbstverwaltung der Träger eingreifen und einen Konnexitätsfall auslösen würde.
Außerdem bietet die Vernetzungsstelle ein umfangreiches Programm an Fortbildungen, Workshops und Veranstaltungen an. Darüber hinaus veranstaltet sie jährlich die Tage der Schulverpflegung in NRW und die Tage der Kitaverpflegung in NRW.
Die DGE-Qualitätsstandards unterstützen Verantwortliche in Kindertageseinrichtungen, Schulen, Betrieben, Krankenhäusern und Rehakliniken sowie Mitarbeiter von Essen auf Rädern bei dem Angebot einer ausgewogenen Verpflegung.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft entwickelte die DGE Qualitätsstandards für verschiedene Lebenswelten.
Außerdem hat das BMEL bereits einen Ausbau der Förderung in diesem Bereich umgesetzt. Ab 2019 wurden die Mittel für die Vernetzungsstellen verdoppelt und das Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule ausgebaut, welches die Arbeit der Vernetzungsstellen in den Ländern ergänzt und unterstützt.
Im Runderlass 12-63 Nr. 2 des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW vom 23.12.2010 werden dem Schulträger die Zuständigkeit und die konkreten Aufgaben für die Schulverpflegung zugewiesen. Darin heißt es:
„Der Schulträger ermöglicht den Schülerinnen und Schülern die Einnahme eines Mittagessens oder eines Mittagsimbisses. In Ganztagsschulen stellt er dafür Räume, Sach- und Personalausstattung bereit. Er trägt die sächlichen Betriebskosten. Die konkrete Umsetzung kann im Einvernehmen mit der Schule auch von Dritten geleistet werden, beispielsweise einem außerschulischen Träger, einem Eltern- oder Mensaverein.“
Jetzt, wo Sie nicht mehr in Regierungsverantwortung stehen, fordern Sie, jedem Kind, unabhängig von seiner sozialen Herkunft, ein kostenloses warmes Mittagessen zur Verfügung zu stellen. Das kann man machen. Nur: Sagen Sie dann doch bitte direkt dazu, welche zusätzlichen Kosten das für die Schulträger bedeutet – ganz abgesehen davon, dass Sie sich wieder in die Freiheit der Schulträger und deren Gremien einmischen.
Es ist halt wie so oft wie bei den Anträgen der SPD: jahrzehntelang in Regierungsverantwortung nicht viel auf den Weg gebracht;
Wir halten nichts davon, Eltern per se die Kompetenz zur gesunden Ernährung ihrer Kinder abzusprechen
Der gesamte Themenkomplex ist zu komplex und zu wichtig, um ihn für ein parteipolitisches Scharmützel zu missbrauchen. Ich freue mich deshalb auf die weiteren Beratungen im Ausschuss und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt hat die Sozialdemokratie das Thema „Schulessen“ für sich entdeckt. Darauf hat die Welt nun wirklich gewartet.
Bevor die Genossen in NRW aber diesen Antrag geschrieben haben, haben ihre Berliner Fraktionskollegen schon in den sozialen Medien vorgelegt. Unter den vielsagenden Hashtags „#bildungfüralle“ und „#zukunftgestalten“ fordert die Berliner SPD
Fraktion – ich zitiere –: „Kein Kind sollte hungrig in den Unterricht gehen müssen.“ Bis hierhin absolut volle Zustimmung!
Aber dann haben die Social-Media-Experten der Berliner SPD-Fraktion dazu folgendes Bild ausgewählt: angetrocknete Röhrchennudeln mit Fettfilm, garniert mit reichlich Ketchup als scheinbar delikater Tomatensoße. Da lachen sogar die Kollegen aus NRW. SPD ist auch Currywurst; das wissen wir. Aber das Bild beweist nun wirklich Kompetenzdefizite beim Thema „Schulverpflegung“.
Das sieht nicht nur unappetitlich aus und ist nicht nur geschmacklich weit vom Zumutbaren entfernt, sondern auch noch reichlich ungesund.
Meine Damen und Herren, ein solches Essen haben unsere Kinder und Jugendlichen nicht verdient. Natürlich ist uns allen wichtig, dass den Kindern in den Kindergärten und den Schülerinnen und Schülern an den Schulen ein leckeres, qualitativ gutes und gesundes Essen zur Verfügung gestellt wird. Selbstverständlich sollten, wenn es vor Ort notwendig erscheint, Anpassungen vorgenommen werden.
Allerdings gibt es keinen Grund, anzunehmen, dass das Schul- oder Kitaessen in Nordrhein-Westfalen so schlecht sei, dass wir wie im Vereinigten Königreich Jamie Oliver durch unsere Bildungseinrichtungen schicken müssten. Im Gegenteil! Ich bin davon überzeugt, dass die Schul- und Kitaverpflegung weitestgehend auf einem qualitativ guten Niveau ist. Im Übrigen habe ich auch schon sehr viel Schulessen probiert. Ich war jetzt nicht überrascht, weil ich da schlechte Qualität vorgefunden hätte, sondern konnte mich von genau diesem Mix in der Praxis überzeugen.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, eigentlich müssten Sie der Meinung sein, dass das Schul- und Kitaessen wirklich qualitativ hochwertig ist. Denn dieses Thema ist – um in der Kulinarik zu bleiben – nicht frisch gekocht, sondern aufgewärmt.
Auf einen Antrag der Fraktion Die Linke hin wurde das Thema schon im Januar 2012 in diesem Hohen Haus beraten. Für Sie hat damals Herr Kollege Gordan Dudas gesprochen, der Folgendes sagte – ich zitiere –: