Protokoll der Sitzung vom 27.11.2019

Lieber Herr Seifen, Sie haben gesagt, dass Sie wissen, wovon Sie reden. Dem muss ich leider widersprechen – und nicht nur beim Thema „Inklusion“.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ganz kurz für Sie als Information in Sachen Bildungspolitik: Es war die FDP, die dem Schulkonsens nicht zugestimmt hat. Das sollten Sie vielleicht wissen.

(Helmut Seifen [AfD]: Danke schön! Das ehrt Sie! Es tut mir leid!)

Meine Damen und Herren, Fakt ist, dass wir heute über den größten Schuletat beraten, den es jemals in der Geschichte unseres Landes gegeben hat. Insgesamt beträgt die Summe des Einzelplan 05 knapp 20 Milliarden Euro. Das sind über 1,2 Milliarden Euro mehr als im vorangegangenen Jahr, was einer Steigerung um 6,56 % entspricht.

Die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen hat oberste Priorität. Diese beste Bildung braucht auch optimale Rahmenbedingungen. Daran arbeiten wir als Landesregierung, daran arbeite ich als zuständige Schul- und Bildungsministerin jeden Tag unter Hochdruck.

Wir schaffen zur Umsetzung unserer bildungspolitischen Ziele 889 neue Stellen im Schulbereich. Wir streichen, wie versprochen, die letzten 310 kw-Vermerke der Vorgängerregierung im Lehrerstellenhaushalt. Wir tun also genau das, was wir auch angekündigt haben.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Dieser dritte Haushalt, den die NRW-Koalition vorlegt, ist Anlass genug für eine kurze Zwischenbilanz. Im Vergleich zum letzten Haushalt der Vorgängerregierung im Jahre 2017 investieren wir zusätzlich über 2,2 Milliarden Euro in die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen.

Wir haben seit 2017 über 6.000 kw-Vermerke gestrichen und über 3.100 neue Lehrerstellen geschaffen. Wenn Sie hier vom „Sparschwein MSB“ des Finanzministers reden, muss ich Ihnen sagen: Es ist das Sparschwein von Rot-Grün gewesen, diese Stellen kw zu setzen. Diese Stellen wären alle verloren gegangen, wenn wir die kw-Vermerke nicht gestrichen hätten.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Für die Inklusion geben wir im Vergleich zu dem Jahr 2017 über 2.700 zusätzliche Stellen in unsere Schulen. Bis zum Schuljahr 2023/2024 werden es weit über 6.000 zusätzliche Stellen sein, die wir für das gemeinsame Lernen bei uns in Nordrhein-Westfalen schaffen. Sie sehen: Auch hier halten wir Wort.

Mit dem Haushaltsentwurf 2020 stellen wir 840 weitere Stellen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Inklusion bereit. So schaffen wir die notwendigen Bedingungen für eine qualitative Verbesserung der Inklusion.

Ein weiterer Bereich, den ich ansprechen möchte, ist die Offene Ganztagsschule. Wir investieren seit dem Jahr 2017 fast 110 Millionen Euro zusätzlich in die Offene Ganztagsschule. Über die Fördersätze hat Herr Kollege Rock bereits berichtet, über die Anzahl der Gesamtplätze Frau Kollegin Müller-Rech. Wir haben die Platzzahl um weit mehr als 22.000 erhöht. Alle beantragten Plätze sind seitens der Landesregierung auch genehmigt worden.

Alle diese großen Zahlen zeigen, wie wichtig dieser Landesregierung die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen ist.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der FDP – Christian Dahm [SPD]: Wahnsinn, ihr könnt ja klatschen!)

Meine Damen und Herren, es ist mir ein großes Anliegen, die Versorgung der Schulen mit Schulpsychologinnen und Schulpsychologen stetig zu verbessern. Denn das ist eine Maßnahme, mit der wir auf die stetig wachsenden Herausforderungen unserer Gesellschaft, die sich auch in unseren Schulen widerspiegeln, reagieren und reagieren müssen. Darum haben wir die Zahl der Stellen für die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen um weitere 50 erhöht.

Ein Thema, das auch schon angesprochen wurde, ist die Erinnerungskultur. Sie alle kennen den Satz: Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen. – Wir brauchen gerade heute zeitgemäße Formen des Erinnerns, die die Schülerinnen und Schüler ansprechen und ihnen Berührungspunkte zur Gegenwart verdeutlichen.

Um dieses Erinnern anschaulich zu gestalten, unterstützen wir die Gedenkstättenfahrten finanziell. Ich darf Ihnen sagen, dass die Resonanz der Schulen überwältigend groß ist. Mit diesem Haushalt 2020 stellen wir unseren Schulen 1 Million Euro zur Verfügung. Das sind noch einmal 500.000 Euro mehr als im Jahr 2019. Unter Rot-Grün gab es dafür übrigens keinen einzigen Cent. Wir hingegen sehen 1 Million Euro für die Gedenkstättenfahrten vor.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, beste Bildung können wir nur ermöglichen, wenn wir die Personalversorgung unserer Schulen deutlich verbessern. Wir lassen nichts unversucht, um offene Stellen auch zu besetzen.

Dass unsere Schulen gegenwärtig, aber auch in den folgenden Jahren vor einer sehr schwierigen Situation stehen, ist hinreichend bekannt. Die Versäumnisse liegen aber in der Vergangenheit. In der Vergangenheit wurden die Lehrerbedarfe nicht kontinuierlich erfasst und die Studienkapazitäten nicht nach dem Bedarf ausgebaut. Die Grundschulen leiden unter dieser Nachlässigkeit, unter dieser Fahrlässigkeit enorm.

Wir stellen uns aber diesen Herausforderungen. Gemeinsam mit meiner Ministerkollegin, Frau PfeifferPoensgen, und den Hochschulen haben wir die Studienkapazitäten dauerhaft erhöht – im Grundschullehramt um weitere 300 Bachelorstudienplätze und im Lehramt für Sonderpädagogik um noch einmal 500 Plätze.

Da die Gesamtschulen als Schulform hier schon einmal genannt worden sind, möchte ich gerne auch auf diese Schulform im Besonderen eingehen. Wir haben bereits mit dem Haushalt 2019 das Verhältnis von Sekundarstufe-I-Stellen zu Sekundarstufe-IIStellen an den Gesamtschulen deutlich verbessert, nämlich von 44 auf 47 %. Ich bin froh und dankbar, dass wir diese Möglichkeit geschaffen haben, weil

sie den Schulen enorm hilft. Das waren für das Haushaltsjahr 2019 über 600 Stellen. Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf 2020 können weitere 350 Einstellungsmöglichkeiten für Studienrätinnen und Studienräte an den Gesamtschulen hinzukommen. Das ist eine Maßnahme, mit der wir die Schulform Gesamtschule aktiv unterstützen.

Wenn es um Unterstützung geht, erinnere ich auch an das Dritte Maßnahmenpaket zur Gewinnung von Lehrkräften, das wir in der vergangenen Woche vorgelegt haben. Mit diesem Maßnahmenpaket nehmen wir nun ganz gezielt die Schulen in den Blick, die in Abhängigkeit von der Region, der Schulform oder auch der Fächerkombination ganz besonders große Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung haben.

Dafür nutzen wir konsequent die Spielräume, die uns das Besoldungsrecht bietet. Ab 2020 können diese Schulen bei Neueinstellungen von Lehrkräften mit entsprechender Lehramtsbefähigung – das ist wichtig – Zuschläge in Höhe von monatlich 350 Euro brutto befristet für zweieinhalb Jahre zahlen. Voraussetzung ist, dass es der Schule in den vergangenen zwölf Monaten nicht gelungen ist, im Listenverfahren, im Ausschreibungsverfahren oder im Versetzungsverfahren eine geeignete Bewerberin oder einen geeigneten Bewerber zu finden.

Meine Damen und Herren, das waren nur einige wenige Beispiele, die ich in der Kürze der Zeit aufzeigen konnte, wie wir den Haushaltsentwurf 2020 gestaltet haben. Die Gestaltung soll dazu dienen, dass wir die Schulen gezielt bei ihren zentralen Zukunftsaufgaben unterstützen werden. Das wird auch noch über den Haushalt 2020 hinaus erfolgen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Frau Ministerin Gebauer. – Jetzt spricht Frau Hannen für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch im dritten Jahr in Folge setzen wir die Trendwende in der Bildungspolitik konsequent fort und verstetigen den dringend notwendigen Kurswechsel.

Davon profitieren natürlich nicht nur die allgemeinbildenden Schulen, sondern auch die berufliche Bildung und die Weiterbildung; denn eines sollte allen klar sein: Die berufliche Bildung mit all ihren Lehrkräften, Ausbilderinnen und Ausbildern und vor allem mit den Auszubildenden ist für unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft von unschätzbarem Wert.

Viel zu lange hat man geglaubt, dieses deutsche Erfolgsmodell laufe von ganz alleine und bedürfe keiner besonderen Beachtung und Pflege – ein paar lobende Worte am Sonntag, ein paar Bestenehrungen,

und schon läuft der Laden. Dies ist aber mitnichten so.

Wer auf die Praktiker in den Schulen und Betrieben hört, weiß schon länger, dass an vielen Stellschrauben nachjustiert werden muss und noch große Anstrengungen unternommen werden müssen, um das Erfolgsmodell der beruflichen Bildung und vor allem ihre Chancen und Potenziale langfristig zu sichern.

(Beifall von der FDP und Matthias Kerkhoff [CDU])

Die Jahre der Untätigkeit haben dazu geführt, dass die Herausforderungen nicht weniger und die Problemstellungen nicht einfacher geworden sind. Gut, dass diese Jahre vorbei sind und die NRW-Koalition sich dieses Thema gemeinsam mit unserer Landesregierung auf die Fahnen geschrieben hat und unter Hochdruck an umfassenden Verbesserungen und Weiterentwicklungen arbeitet.

Aktuell laufen die letzten Gespräche im Rahmen der „Agenda zur Stärkung der Beruflichen Bildung“. Nach der gemeinsamen Auswertung der Ergebnisse werden wir im kommenden Jahr die notwendigen Maßnahmen in einzelnen Handlungsfeldern umsetzen und die berufliche Bildung auf einen zukunftsfähigen Weg bringen.

Dazu gehört auch, dass wir die Berufsberatung an den Schulen stärken und die Übergangsbetreuung im Programm KAoA sicherstellen. Deshalb stellen wir mit dem Haushalt 2020 nahezu 750 Ausgleichsstellen für die Berufswegeplanung und zur Übergangsbetreuung von Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf bereit.

In diesem Bereich kümmern wir uns außerdem um Inklusion an den Berufskollegs und lassen die Kolleginnen und Kollegen mit den Herausforderungen der Inklusion am Berufskolleg nicht allein. Insgesamt stellen wir 427 Mehrbedarfsstellen zur Unterstützung des Inklusionsprozesses und für multiprofessionelle Teams zur Verfügung und stärken auch so das ganz wichtige Feld der beruflichen Bildung.

Auch beim Thema „Talentschulen“, das hier so häufig angesprochen wird, zeigt sich, dass die NRWKoalition die Bedürfnisse der beruflichen Bildung ernst nimmt und die Leistungen, die tagtäglich in diesem Bereich an unseren Berufskollegs erbracht werden, zu schätzen weiß.

Für die 15 Berufskollegs stehen jeweils mindestens vier Stellen für die Talentschulprofile in den Bildungsgängen der Anlagen A und B zur Verfügung. Die NRW-Koalition hat aber nicht nur die Ausbildung zu Beginn der beruflichen Laufbahn im Blick, auch das Thema „Weiterbildung und lebenslanges Lernen“ finden im Haushalt 2020 ihren Ansatz.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Für diesen Bereich werden die Ansätze von 52,1 Millionen Euro um weitere 6 Millionen Euro erhöht, was ein wichtiges und gutes Signal für den Bereich der Weiterbildung ist.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Der Haushalt 2020 ist ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Im Sinne der beruflichen Bildung freue ich mich, freuen wir als NRW-Koalition uns darauf, die Beratungen im kommenden Jahr weiterzuführen sowie darauf, den Weg dann hoffentlich gemeinsam gehen zu können. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hannen. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit schließe ich die Aussprache zu Einzelplan 05 – Ministerium für Schule und Bildung.

Vereinbarungsgemäß führen wir jetzt keine Abstimmung durch. Diese wird nach 14 Uhr nachgeholt.

Ich rufe auf:

Einzelplan 02 Ministerpräsident

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/8002