Protokoll der Sitzung vom 28.11.2019

Einzelplan 08 Ministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen

a) Kommunales, GFG

In Verbindung mit:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2020 (Gemeindefinanzierungsge- setz 2020 – GFG 2020) und zur Änderung des Stärkungsgesetzes

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Kämmerling das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Herr Déus, Herr Höne und Frau Scharrenbach werden jetzt gleich etwas ausführen zu den Themen „Kommunalfreundlichkeit“ und „echte Verbundsätze“, zum Volumen und dazu, was alles ein Erfolg der Mehrheit hier im Haus sei.

Ich will versuchen, im Vorgriff auf diese drei Reden schon einmal eine Bewertung zum GFG vorzunehmen: Nach meiner Auffassung ist das GFG 2020 kein großer Wurf.

Ich will beginnen mit der Aufwands- und Unterhaltungspauschale – einer Erfindung von Frau Scharrenbach und der Mehrheit hier im Haus.

Diese Erfindung ist gegriffen und systemfremd. Die Pauschale wird jetzt auch noch überproportional angehoben. Sie folgt dem Prinzip, dass finanzstärkere gegenüber finanzschwächeren Kommunen bevorzugt werden.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Das sehe nicht nur ich so. Ich darf mich eines Gutachters, Herrn Holler vom Städtetag NordrheinWestfalen, bedienen und aus der Anhörung zitieren:

„Die Aufwands- und Unterhaltungspauschale ist im GFG systemfremd, weil sie zum einen finanzkraftunabhängig ist, auf der anderen Seite aber nicht zweckgebunden.“

Herr Holler spricht in diesem Zusammenhang von einem Umverteilungsvehikel. Ich glaube, damit ist das, was Sie da erfunden haben, treffend beschrieben.

Zum Thema Einwohnergewichtung haben Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, hier am Pult, aber auch im Ausschuss in den vergangenen Monaten viele Reden geschwungen. Dann haben Sie ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dann haben Sie angekündigt, Sie würden die Grunddaten aktualisieren. – Passiert ist aber bis heute nichts.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Auch hier ist wieder interessant, einmal in die Anhörung zu schauen. Auch da darf ich wieder einen der Gutachter zitieren:

„Man kann, wenn man will, so lange Gutachten in Auftrag geben, bis man das politisch gewünschte Ergebnis erzielt. Die Frage ist, ob man sich damit einen Gefallen tut und ob man damit auch diesem Instrument der finanzwissenschaftlichen Begutachtung des GFG einen Gefallen tut.“

Schöner kann ich das auch nicht beschreiben, als der Sachverständige des getan hat.

Ich komme zum Thema „Hebesätze“. Auch bei diesem Thema bleiben Sie sich treu. Sie nehmen auch 2020 wieder künstliche Abschlagsregelungen vor. Argumente dafür gibt es keine. Das sehen auch alle kommunalen Spitzenverbände so, aber auch hier lassen Sie sich von Expertise nicht beeindrucken.

Das GFG kann man mit Blick auf die Kommunen nicht isoliert diskutieren. Darum will ich etwas zum Flüchtlingsaufnahmegesetz ausführen. Im Dezember 2015 hat Rot-Grün mit den kommunalen Spitzenverbänden die Umstellung auf eine echte Kopfpauschale vereinbart. Es folgte dann das allen bekannte Gutachten von Professor Lenk.

Seit 2018 sind den Kommunen mindestens 300 Millionen Euro entgangen. Die befinden sich nicht in Ihrem Landeshaushalt, für den Sie sich hier heute und in den vergangenen Tagen so gefeiert haben.

Die Kommunen selber sagen, dass sie 70 % der Flüchtlingskosten selbst tragen und das Land nur 30 % ersetzt. Dem können Sie, meine Damen und Herren, hier nicht viel entgegenhalten. Es müssen jetzt dringend rückwirkend die FlüAG-Sätze angehoben werden.

In dem Zusammenhang kommen wir auch nicht umhin, einmal auf das zu blicken, was meinem Kollegen Ibrahim Yetim gestern von Herrn Stamp entgegnet wurde. Es ging um eine Pressemitteilung des Städte- und Gemeindebunds zu dem Thema. Dazu sagte Herr Stamp, da hätte er die Veranstaltung, auf der die Pressemitteilung beruht, anders verstanden.

Deswegen habe ich mir die Pressemitteilung noch einmal herausgesucht. Der Städte- und Gemeindebund berichtet gestern in einer Pressemitteilung über den Besuch von Herrn Stamp. Der Hauptgeschäftsführer Dr. Schneider führt in der Pressemitteilung Folgendes aus: „Derzeit haben wir es mit einer Lücke in Höhe von jährlich mindestens 750 Millionen Euro zu tun“.

(Zuruf von der SPD: Genau! So ist das!)

Und ich zitiere Herrn Dr. Schneider weiter:

„Schon ein ganzes Jahr lang stellt sich das Land taub und ignoriert das Ergebnis eines selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens der Universität Leipzig: Schwarz auf weiß ist dort nachzulesen, dass Städte und Gemeinden für jeden einzelnen Geflüchteten jährlich 2.500 Euro mehr bezahlen, als sie vom Land zurückbekommen.“

Und dann führt er fort:

„Das Land muss zu seinen Zusagen stehen und die Kosten rückwirkend zum 1. Januar 2018 vollständig erstatten.“

Ich darf Sie noch einmal an Ihre eigene Kritik erinnern, als Sie noch Opposition waren, an das, was Sie zu Beginn Ihrer Regierungsverantwortung …

Die Redezeit.

… der kommunalen Familie versprochen haben. Wenn Sie sich nicht selber Lügen strafen wollen,

(Zuruf von der CDU – Gegenruf von Michael Hübner [SPD])

dann müssen Sie entweder aufhören, davon zu berichten, dass Sie kommunalfreundlich handeln würden, oder es dann endlich wirklich tun. Bis hierhin. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kämmerling. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Déus.

(Zuruf von der CDU – Michael Hübner [SPD]: Das richte ich gerne aus!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste, auch wenn uns die meisten schon verlassen haben! Wir beraten seit gestern den Landeshaushalt für das Jahr 2020 in zweiter Lesung, und ich hoffe, Sie haben auch noch ein Ohr für den Kommunalhaushalt.

Unsere Landesregierung hat einen Haushalt mit einem Gesamtvolumen von rund 80 Milliarden Euro vorgelegt, der keine neuen Schulden enthält und die Maxime der schwarzen Null beibehält. Das ist finanz- und haushaltspolitisch verlässlich, es ist seriös und auch generationengerecht.

Mit dem Einzelplan 08 und dem Gemeindefinanzierungsgesetz, kurz: GFG, setzen wir zwei Schwerpunkte: Wir entlasten die Bürgerinnen und Bürger – dazu gleich noch mehr –, und wir setzen einen verlässlichen Rahmen für die kommunale Familie in unserem Land, damit sie seriös wirtschaften kann, sich Städte und Gemeinden weiterentwickeln und für die Zukunft rüsten können.

(Beifall von Bodo Löttgen [CDU] – Christian Dahm [SPD]: „Vereinzelt Beifall von Bodo Lött- gen“ kommt ins Protokoll!)

Die kommunale Familie in NRW wird 2020 stolze 12,8 Milliarden Euro und damit nahezu 440 Millionen Euro mehr als in 2019 erhalten. Damit stehen den Kommunen rund 2,2 Milliarden Euro mehr Finanzmittel aus der Gemeindefinanzierung zur Verfügung als im Jahr 2017, als wir die Regierung übernommen haben.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Zur Erinnerung: Bei der Regierungsübernahme hatte die NRW-Koalition einen maroden Landeshaushalt und eine Neuverschuldung von über 1,6 Milliarden Euro vorgefunden. Das war Faktenlage im Mai 2017 und das Erbe der rot-grünen Landesregierung, das wir übernommen haben.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Michael Hüb- ner [SPD] – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Seit der Regierungsübernahme und erst recht mit der Gemeindefinanzierung 2020 erhält die kommunale Familie in NRW endlich wieder Rahmenbedingungen und auch Möglichkeiten, die die Bezeichnung wirklich verdienen. Unsere Kommunen benötigen diese, um für die Menschen vor Ort nach Jahren des Stillstands unter Rot-Grün wieder verlässlich planen und aktiv gestalten zu können.

Hierzu zählen Themen wie Kindertagesstätten und Schulen, Wasserversorgung, öffentlicher Nahverkehr, Kultur, Sport, Feuerwehr, Rettungsdienst, Straßenbau, Radwege und vieles mehr. Zu diesen Themen haben meine Kolleginnen und Kollegen sich heute schon deutlich geäußert.

Die Konjunktur in NRW hat sich stabilisiert. Die Beschäftigung wächst schneller als in Deutschland insgesamt, bestätigt das gerade veröffentlichte Gutachten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung. NRW-Kommunen profitieren von den durch uns deutlich erhöhten Schlüsselzuweisungen.

Was heißt das im GFG konkret? An Schlüsselzuweisungen stellen wir insgesamt 10,8 Milliarden Euro zur Verfügung, an pauschalierten Zuweisungen fast 2 Milliarden Euro und für Sonderbedarfe über 37 Millionen Euro.

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

Die Aufwands- und Unterhaltungspauschale in Höhe von 130 Millionen Euro ist eben schon angesprochen worden. Sie ist keineswegs systemfremd oder spricht gegen das bisherige System. Das haben uns die Anhörungen gezeigt. Die Sachverständigen haben das in ihrer überwiegenden Mehrheit nicht als systemfremd angesehen. – Es ist falsch, Herr Kämmerling, was Sie gerade gesagt haben.