Wir bedanken uns gleichzeitig für den inhaltlichen Impuls. Sie machen deutlich, dass wir noch viel tun müssen, um das Fahrrad und andere Verkehrsträger der Nahmobilität zu einem wirklich gleichberechtigten Teil in unserem Verkehrsmix zu machen. Mit anderen Worten: Wir begrüßen die Initiative und stimmen ihr mit voller Überzeugung zu.
Es ist – das will ich unumwunden sagen – völlig unbestritten, dass die Verkehrspolitik in der Vergangenheit – übrigens über alle Landesregierungen hinweg – sehr stark auf die Förderung des Autoverkehrs ausgerichtet war.
Die NRW-Koalition ändert das nun. Niemals zuvor – darauf ist schon hingewiesen worden – wurde so viel Geld für Fahrradinfrastruktur ausgegeben wie heute, und niemals zuvor wurden so viele Radwege gebaut wie heute.
Wir tun das in der Überzeugung, dass es bei der individuellen Entscheidung über die Wahl des Verkehrsmittels auch eine echte Wahlfreiheit geben muss. Diese Wahlfreiheit braucht angemessene infrastrukturelle Rahmenbedingungen – auch für die Nahmobilität, allem voran für das Fahrrad.
Wir tun das auch im Wissen um die neuen Möglichkeiten, die die Nahmobilität heute und in Zukunft bietet. E-Bikes, Pedelecs, E-Scooter, Sharingsysteme, andere Kleinstfahrzeuge, digitale Vernetzung verschiedener Verkehrsträger: Diese Entwicklungen eröffnen heute neue Perspektiven auch für eine Verkehrspolitik jenseits des Autos.
Wir tun das auch mit Blick auf das Ziel, die Verkehrsbelastung in unseren Innenstädten zu reduzieren, und zwar ohne Einbußen bei der Erreichbarkeit, und zusätzlich die individuellen Mobilitätspräferenzen unserer Bürgerinnen und Bürger zu erfüllen. Wir wollen den Menschen einen echten Umsteigeanreiz vom eigenen Auto bieten.
Die Ziele, die die Volksinitiative für den Ausbau des Fahrradverkehrs formuliert, sind ehrgeizig. Das ist auch gut so.
Genauso deutlich will ich sagen: Diese Ziele schrecken uns nicht. Wir wollen die Aktivitäten beim Ausbau noch einmal deutlich steigern. Deswegen werden wir die Zahl der ausschließlich für Radwege zuständigen Planer beim Landesbetrieb weiter erhöhen.
Um die Bedeutung des Themas und unseren politischen Willen zu unterstreichen, wollen wir darüber hinaus ein Gesetz, das die Forderungen der Volksinitiative aufgreift und diese auch dauerhaft sichert. Wir wissen, dass dies ein zentrales Anliegen der Initiatoren ist. Deswegen haben wir es auch zu einem
Lassen Sie mich aber an dieser Stelle genauso deutlich sagen: Für die Erreichung der ehrgeizigen Ziele müssen alle mitziehen. Das gilt zuallererst für die Kommunen. Herr Löcker, dabei stellt sich nicht nur die Frage der Finanzierung, sondern auch die Frage der Trassenauswahl, die Frage der zügigen planerischen Umsetzung und die Frage der Akzeptanz bei Anwohnern oder bei Gewerbetreibenden. Das alles erfordert Entscheidungen, die am Ende im Wesentlichen auf der kommunalen Ebene zu treffen sind.
Und vor allem müssen wir schneller werden. Wenn wir mit den neuen Möglichkeiten von heute die Herausforderungen des Verkehrs von morgen lösen und auch wirklich neue Perspektiven schaffen wollen, können wir es uns nicht leisten, uns durch lange Planverfahren zu lähmen. Ich sage mit voller Überzeugung: Das ist auch eine Frage gesellschaftspolitischer Prioritäten.
Wir setzen deshalb auf Planungsbeschleunigungen und haben dazu unlängst einer Novellierung des Straßen- und Wegegesetzes zugestimmt.
Wenn nun die Grünen in ihrem Entschließungsantrag vollmundig fordern, noch mehr Kapazitäten in den Radwegebau zu stecken, sage ich sehr klar: Wir haben kein Kapazitätsproblem, sondern ein Umsetzungsproblem, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zum Abschluss: Wir begrüßen die Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“. Sie bettet sich in eine neue Verkehrspolitik der NRW-Koalition ein. Diese Politik setzt heute stärker auf das Fahrrad als jemals zuvor unter Rot-Grün. Wir nehmen den Ball der Initiative aktiv auf und sehen sie zugleich als Ansporn, diesen Weg noch konsequenter fortzusetzen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Middeldorf! Fürwahr: Es ist eine neue Verkehrspolitik der Koalition. Ich habe mir nämlich bei der Vorbereitung meiner Rede eine Debatte angeschaut, die wir hier im Herbst 2017 zum Thema „Radverkehr“ geführt haben. Da war diese Landesregierung schon im Amt. Damals habe ich am Ende meiner Rede gesagt – mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich mich selber –:
Das Fahrrad ist das Verkehrsmittel der Zukunft. Wir müssen den Modal Split ändern, und wir müssen deutlich mehr Radverkehr im Modal Split zulassen.
Das ist gerade einmal zwei Jahre her. Da waren Sie auch schon in der Regierungsverantwortung. Jetzt klingt das alles ganz anders.
Wir Grüne, die wir es schon vor 10, 20 oder 30 Jahren gefordert haben, unterstützen das eindeutig. Aber der Dank geht in diesem Fall natürlich an die Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“, die das Ganze mit einer wirklich brillanten Unterschriftensammlung auf den Weg gebracht hat.
Ich meine, dass diese über 200.000 Unterschriften, die engagiert gesammelt worden sind, hier im Plenum etwas größerer Präsenz bei der Debatte würdig gewesen wären.
Mehrere Initiatoren sitzen heute auch auf der Zuschauertribüne. Sie haben bei Wind und Wetter und zu jeder Tages- und Nachtzeit Unterschriften gesammelt. Über 200.000 Unterschriften für diese Initiative zusammenzubekommen, ist eine große Leistung. Offensichtlich brauchte es diese Leistung, um die Koalitionsfraktionen anzuschieben.
Ich war ja einige Wochen lang krankheitsbedingt abwesend. Es hat mich wirklich überrascht, was man dann auf einmal liest. Vor meiner Abwesenheit war alles noch ganz offen. Auf einmal liest man dann, diese Landesregierung wolle zustimmen.
Wir haben einen Entschließungsantrag vorgestellt, der aus dem, was in der Volksinitiative formuliert worden ist, wirklich reale Politik macht. Dafür braucht es nämlich Umsetzungsschritte. Und für Umsetzungsschritte braucht es Stellen und Geld. Offensichtlich gibt es Signale aus Berlin, dass dort mehr kommt.
Ich möchte aber gerne einer Behauptung entgegentreten, die heute schon mehrfach aufgestellt wurde, unter anderem vom Ministerpräsidenten – nämlich, dass in rot-grüner Zeit zu wenig getan worden sei und Schwarz-Gelb es jetzt finanziere.
2010, im letzten Regierungsjahr von Schwarz-Gelb, und auch in den Jahren zuvor waren es 3,6 Millionen Euro für den Ausbau des Radverkehrs an Landesstraßen. Das ist in rot-grüner Zeit auf 12 Millionen Euro aufgestockt worden. Es gab auch den Aktionsplan Nahmobilität, den Sie jetzt fortschreiben. Das sind alles wichtige Projekte, bei denen Sie – jetzt auch mit mehr Geld in der Kasse – draufsatteln. Das
ist auch zu unterstützen. Aber jetzt den Ball der ehemaligen Landesregierung zuzuspielen und zu sagen, dass da gar nichts gelaufen sei, ist falsch.
In den letzten Jahren ist zwar grundsätzlich mehr gelaufen. Wenn das umgesetzt werden soll, was jetzt ansteht, muss aber noch mehr geschehen. Angestrebt ist ein Radverkehrsanteil von 25 %. Aktuell liegen wir bei 8 %. Die Steigerungsquote war in den letzten Jahren ausgesprochen gering. Wenn wir 2025 bei 25 % sein wollen, muss jetzt nicht nur Gas gegeben werden, sondern der E-Bike-Turbo eingelegt werden, damit wir diesen Wert erreichen.
Ich habe überlegt, warum die Landesregierung so gnädig ist, was diese 25 % angeht. Vielleicht liegt es daran, dass Sie überlegt haben: 2025 sind wir schon gar nicht mehr an der Regierung; dann muss die nachfolgende Landesregierung erklären, warum sie noch nicht bei den 25 % angekommen ist.
So sehr ich es begrüße, dass Sie sich auf den Weg machen und die Volksinitiative unterstützen – wahrscheinlich werden wir gleich alle zustimmen –, halte ich Ihren Entschließungsantrag für ausgesprochen dünne Suppe. Darin müssten konkretere Zahlen und konkrete Projekte stehen.
Die Frage ist, was bei den Radschnellwegen passiert. Bisher gibt es in diesem Land sieben Projekte, die nur mühsam vorankommen. Die Frage ist: Was kommt noch hinzu? Wird es einen neuen Radschnellweg geben? Was ist bei den Radstationen vorgesehen? Was ist im Bereich der Digitalisierung zu erwarten?
Um den Entschließungsantrag zustimmungsfähig zu machen, hätten Sie also deutlich mehr Inhaltliches liefern müssen. So können wir nicht mitgehen, sehr geehrte Damen und Herren.
Kurz vor Weihnachten mit der Nachricht nach draußen zu gehen, dass – nachdem das Land Berlin ein Radverkehrsgesetz auf den Weg gebracht hat – das erste Flächenland diese Volksinitiative unterstützt, ist natürlich ein guter Schritt.
Wir sind als Grüne sehr gespannt, wann es wirklich ein reales Gesetz geben wird. Möglicherweise arbeiten die Fachabteilungen im Ministerium ja schon daran.
Aber natürlich ist die reale und zentrale Forderung: Es braucht ein Radverkehrsgesetz in NordrheinWestfalen. Es braucht eine verbindliche Festschreibung über eine gesetzliche Regelung.
Entschließungsanträge sind schön und gut; aber wir wollen ein Gesetz. Da richtet sich an die Koalitionsfraktionen und an den Minister natürlich die Frage: Wann können wir ein solches Gesetz erwarten?
Von jetzt an bis 2025 haben wir noch fünf Jahre Zeit, um diese Verdreifachung des Anteils des Radverkehrs zu erreichen. Die Frage ist also ganz konkret: Mit welcher Beschleunigung, mit welchen Schritten, mit welcher Mittelaufstockung wollen Sie das auf den Weg bringen?
Wir sind gespannt und werden es in jedem Fall konstruktiv begleiten. Aber wir sehen in den jetzigen Festlegungen und im jetzigen Entschließungsantrag von Ihnen, lieber Herr Kollege Voussem,