(Henning Rehbaum [CDU] und Dietmar Bro- ckes [FDP]: Sie haben das selber beschlos- sen! – Zuruf von Armin Laschet, Ministerpräsi- dent)
Herr Kollege Brockes, wenn wir das Ergebnis der Kohlekommission … Es gab da mal eine Kohlekommission.
Das ist eine Brücke. Gehen Sie über diese Brücke. Die Kohlekommission hat eine Brücke geschlagen, einen Weg für den Ausstieg aus der Kohle bereitet.
Beispiel: Digitalisierung. Auch dazu gibt es ganz viele Versprechen. Digitalisierungsstrategien, Masterplan, Gigabitziele, Taskforce, Breitband – bei dem Wettbewerb um die schönsten Marketingworthülsen haben Sie wirklich die Nase vorn, Herr Minister. Das muss man Ihnen lassen.
Nicht so bei der Umsetzung Ihrer Ankündigungen. Sie versprachen im Koalitionsvertrag 7 Milliarden Euro für Investitionen, die durch Ihre Maßnahmen für das schnelle Internet ermöglicht werden sollen.
Wir haben bei den Haushaltsberatungen einfach mal nachgefragt, wie viel da schon verausgabt worden ist. Da könnte man ja so etwas wie Controlling – so nennt man das, glaube ich –, einen Faktencheck machen, wie viel verausgabt worden ist. Was war die Antwort? – Das alles könne man so gar nicht berechnen. Das wäre zu umfangreich. Man könne das überhaupt nicht sagen.
Herr Ministerpräsident, was sagen Sie dazu? Das ist Ihr Koalitionsvertrag. Ihre Unterschrift steht darunter. Sie können also noch nicht mal sagen, ob Sie irgendetwas vom dem, was Sie da versprochen haben, umsetzen.
Die Bundesregierung kann dazu etwas sagen, Herr Minister. Lesen Sie mal in der Antwort zur Kleinen Anfrage des Kollegen Krischer nach.
Darin ging um die Verausgabung der Mittel aus der Frequenzversteigerung 2015. Seit 2016 sind daraus für NRW 878 Millionen Euro bewilligt worden. Jetzt kommt es: Wie viel ist abgerufen worden und angekommen? – 29 Millionen Euro. Wie lautet denn da, bitte schön, die Antwort des zuständigen Ministers mit all seinen Strategien und den Taskforces? Was ist mit dem Anspruch der Entfesselung und den gebündelten und vereinfachten Förderprogrammen?
Was ist mit der Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung? Statt Handeln gibt es nur Schweigen; die Kommunen vor Ort werden alleine gelassen und das Geld kann gar nicht ausgegeben werden.
Herr Minister, auch an den Hauptverkehrswegen – das ist auch ein solches ziemlich gewagtes Versprechen – reiht sich immer noch ein Funkloch an das andere, obwohl Sie mal eben „bis 2019“ versprochen haben. Gut, Sie haben noch zwei Wochen.
(Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirt- schaft, Innovation, Digitalisierung und Ener- gie: Wir haben die beste Quote in ganz Deutschland!)
Ihr Versprechen lautete, diese Funklöcher bis 2019 zu schließen. Sie können mal versuchen, auf dem Weg von Köln nach Düsseldorf im ICE zu telefonieren. Das geht immer noch nicht.
Alle sachverständigen Vertreter der öffentlichen Einrichtungen – lesen Sie mal das Protokoll aus unserer Haushaltsanhörung – von der Krankenhausgesellschaft über die Pflegeeinrichtungen, Hochschulen, Schulen bis zur Polizei beklagen durchweg riesige Investitionsbedarfe bei der Digitalisierung.
Herr Minister, sind Sie mit dieser Bilanz zur Halbzeit zufrieden? Wir meinen: Statt Ihrer schönen Marketingworthülsen ist jetzt mal Machen angesagt. Wir brauchen eine echte Investitionsoffensive Digitalisierung, bei der das Geld vor Ort ankommt, eine Umsetzung stattfindet und die Menschen eine Verbesserung spüren; denn bislang tun sie das leider nicht.
Beispiel: Aufstiegsversprechen Bildung. Aufstieg durch Bildung – auch das ist eine solche große Phrase, die Sie in den Mund genommen haben, Herr Ministerpräsident. Mit dem Schulversuch Talentschulen sollen nun in zwei Tranchen 60 Schulen mit sozialen Herausforderungen besonders gefördert werden.
Bei der ersten und zweiten Tranche haben sich viermal so viele Schulen beworben, als am Ende ausgewählt wurden. Unter allen Schulen mit diesen besonderen Herausforderungen, die von der Schulministerin in einen Wettbewerb um die knappen Ressourcen geschickt wurden, wird es deutlich mehr Verlierer als Gewinner geben.
Was sagt die Ministerin auf die Nachfrage, was mit den anderen Schulen sei? – Sie sagt lapidar, dass man auch diese Schulen weiter – ich zitiere – „im Blick habe“. Ich frage die Schulministerin, das Schulministerium, was es diesen Schulen, die sich ja jetzt als Verlierer fühlen müssen, nützt, wenn die Ministerin sie im Blick hat?
Frau Ministerin, was Sie so alles im Blick haben, ist ja gut und schön. Aber was nützt es den Schulen konkret?
Warum wird nicht endlich – Sie kündigen da ja immer irgendetwas an – tatsächlich ein allgemeiner Sozialindex eingeführt? Es liegen Konzepte auf dem Tisch, anhand derer man die Ressourcen nach Bedarf verteilen kann und diesen unwürdigen Wettbewerb nicht braucht. Konzepte liegen vor – setzen Sie sie um!
Was ist zur Halbzeit aus Ihrem großen Versprechen – leider müssen wir Sie immer wieder daran erinnern – geworden, die Grundschullehrerinnen und -lehrer endlich so zu bezahlen, wie sie es verdient haben, nämlich nach A13?
Es wird immer dringender. Es muss kommen. Es ist eine immer dringender notwendige Maßnahme – nicht nur aus Gerechtigkeitsgründen. Leistungsgerechtigkeit – das ist auch so ein schönes Wort, und es kommt meines Wissens immer in den FDPWahlprogrammen vor. Sie haben dasselbe wie andere Lehrerinnen und Lehrer verdient. Es ist außerdem auch eine Maßnahme gegen den Mangel an Grundschullehrerinnen und -lehrern.
Beispiel: Armut in Nordrhein-Westfalen. Der Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist erschreckend und zeigt schwarz auf weiß, dass die Grenze zwischen Arm und Reich nicht nur zwischen Ost und West verläuft, wie man das gemeinhin meint. Während Bayern und Baden-Württemberg eine Armutsquote von 11,8 % aufweisen, liegt sie in NRW bei erschreckenden 18,1 %. Im Ruhrgebiet beträgt sie 21,1 %. Das ist der höchste Wert einer Region, und damit ist das Ruhrgebiet auch die größte Problemregion in Deutschland.
In Gelsenkirchen ist jede und jeder Vierte auf Hartz IV angewiesen, und in Gelsenkirchen gibt es einen weiteren furchtbaren Rekord: Die Langzeitarbeitslosenquote von 5,8 % ist die bundesweit höchste.
Diese Zahlen sind bedrückend und können Sie nicht einfach kaltlassen, Herr Minister Laumann. Das wäre ein klarer Handlungsauftrag an die Landesregierung.
Ich sage „es wäre einer“, denn von Ihnen kamen leider nur ein paar Allgemeinfloskeln, zum Beispiel dass man die Menschen irgendwie unterstützen muss. Sonst kommt nichts Konkretes.
Es kommt aber nicht nur nichts Konkretes, sondern Sie kündigen auch an, dass man einmal eben die 79 Arbeitslosenzentren für die betroffenen Langzeitarbeitslosen mit dem Ende der Förderphase des Europäischen Sozialfonds schließen will. Herr Minister,
was in diesen Arbeitslosenzentren an Arbeit geleistet wird, ist mehr als ein Instrument zur Integration in den Arbeitsmarkt.
(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Ge- sundheit und Soziales: Das ist ja Quatsch! – Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)
Genauso steht es aber in der Kleinen Anfrage. Entschuldigen Sie, aber Sie haben uns mitgeteilt, dass sie nicht weiter finanziert werden.
Hier werden wichtige Stabilisierungshilfen, Mittagstische, Beratungen auf Augenhöhe, Stärkung und Begegnungsmöglichkeiten im Quartier angeboten. Es sind Orte der Begegnung, und sie machen die Menschen stärker, die wegen ihrer Lage oft nicht stark genug sind. Auch diese Menschen, Herr Laumann, müssen wir im Blick behalten.