Die Landesregierung wird sich daher weiterhin, wie im Antrag vorgeschlagen, beim Bund und den anderen Ländern dafür einsetzen, die Pilotierung in NRW durchzuführen. Ich denke, nach dem, was ich weiß, wird uns das sowie die für die Pilotphase landesseitig benötigten Mittel bereitzustellen, gelingen. Nordrhein-Westfalen kann dann als Pilotland an der Gestaltung eines neuen Verfahrens mitwirken.
Es muss unser Interesse sein, dass die Verwendung eines sicheren digitalen Verfahrens für die Identifikation der Antragstellenden – das war immer der Dollpunkt, weswegen es diese merkwürdigen Verfahren jetzt gibt – gewährleistet ist und gleichzeitig mit geringstmöglichem Aufwand für Studierende und
BAföG-Ämter eine medienbruchfreie Übermittlung und Bearbeitung der Anträge möglich ist. Daran wollen wir jetzt alle arbeiten. Wir haben große Probleme zu bewältigen, aber diese Lösung wird den Studierenden das Leben erleichtern. Und das wollen wir, meine ich, alle. – Vielen Dank.
Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/9821 an den Wissenschaftsausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Digitalisierung und Innovation. Abschließende Beratung und Abstimmung sollen im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ist jemand dagegen? – Nein. Gibt es Enthaltungen? – Sehen wir auch nicht. Damit ist der Antrag Drucksache 17/9821 einstimmig so überwiesen.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 14 aufrufe, sage ich für das Protokoll noch etwas zu Tagesordnungspunkt 12: Der Gesetzentwurf der AfD Drucksache 17/9801 wurde einstimmig überwiesen. Das habe ich eben nicht so deutlich formuliert, wie ich es jetzt wiederholt habe. Damit ist das protokollarisch ordnungsgemäß festgehalten.
sierung zusammen denken – Strukturelle Benachteiligungen von Frauen abbauen und brachliegendes Potenzial für die digitale Transformation nutzen
Inzwischen haben sich alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen darauf verständigt, diesen Tagesordnungspunkt ohne Debatte, sprich: im umgekehrten Verfahren, zu behandeln.
Damit kommen wir gleich zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/9811 an den Ausschuss für Digitalisierung und Innovation – federführend –, den Ausschuss für Gleichstellung und Frauen, an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend sowie an den Wissenschaftsausschuss. Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich auch darauf verständigt, dass die abschließende Beratung und Abstimmung nach Vorlage einer Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses erfolgen soll.
Wer stimmt diesem Verfahren so zu? – Gibt es dazu Gegenstimmen? – Sehen wir nicht. Gibt es Enthaltungen? – Sehen wir auch keine. Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/9914 – Neudruck
Die Aussprache ist eröffnet. Herr Klocke von Bündnis 90/Die Grünen wird sprechen. Bitte schön, Herr Klocke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass es uns heute gelungen ist, hier einen mittlerweile zwischen den vier Fraktionen CDU, FDP, SPD und Grünen abgestimmten Antrag zum Thema „Blutspende“ vorzulegen.
Das Thema ist wichtig und relevant. Alle, die sich in diesem medizinischen Bereich auskennen, wissen, dass wir zu wenige Blutkonserven haben. Gerade die Pandemie hat noch einmal dazu geführt, dass wir hier einen deutlichen Rückgang zu verzeichnen haben. Umso weniger verständlich ist es, dass immer noch Menschen in dieser Gesellschaft von der Blutspende ausgeschlossen sind. Dazu gehören bisexuelle, homosexuelle Männer und Transsexuelle.
Die Debatte hat vor wenigen Wochen auch im Bundestag stattgefunden. Dort haben sich die Fraktionen leider nicht auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt. Die Grünen und die FDP hatten hier den Vorstoß gewagt, dass die bisher gültige Regelung, dass bisexuelle und homosexuelle Männer faktisch von der Blutspende ausgenommen sind, aufgehoben werden soll und dieses Quasi-Verbot eben zukünftig nicht mehr gelten soll. Das ist von den Regierungsfraktionen in Berlin, CDU/CSU und SPD, abgelehnt worden.
Was ist der Grund für diese Vorsicht? Fast alle hier im Plenum werden sich an das Aufkommen der Krankheit Aids, an das Aufkommen der HIVInfektionen in den 80er-Jahren erinnern. Weil es damals noch keine ausreichenden Testmöglichkeiten gab, hat man in den ersten Jahren im Nebel
gestochert, woher diese Krankheit überhaupt kam. Es gab kein vernünftiges Testverfahren. Der erste HIV-Test wurde erst 1985 auf den Markt gebracht, auch wenn die ersten Krankheitsfälle schon im Jahre 1981 in den USA festgestellt worden waren. Es waren in dieser Anfangszeit des Bekanntwerdens der Erkrankung vor allen Dingen homosexuelle Männer, die betroffen waren.
Aus dieser Zeit rührt das Verbot für homosexuelle Männer, bei der Blutspende aktiv zu werden. Nur haben wir jetzt das Jahr 2020. Eine HIV-Infektion ist zwar weiterhin chronisch und nicht heilbar, aber mittlerweile eine behandelbare Erkrankung geworden. Darüber hinaus haben wir ganz andere Testverfahren. Heutzutage kann man schon nach zehn Tagen über einen sogenannten PrEP-Test feststellen, ob jemand HIV-infiziert ist oder nicht, und spätestens nach sechs Wochen ist mit dem jetzt gültigen HIV-Test, der in einer normalen Arztpraxis durchgeführt wird, zweifelsfrei festzustellen, ob eine Infektion vorliegt oder nicht.
Deswegen ist es absolut unverständlich, warum homosexuelle oder bisexuelle Männer ein ganzes Jahr auf die Ausübung von Sexualität verzichten sollen. Welch irreale Vorstellung für einen gesunden Menschen! Selbst wenn sie mit dem eigenen Ehemann und in einer monogamen Beziehung Geschlechtsverkehr haben, ist es verboten. Es gibt diesen Fragebogen, und jeder, der schon einmal Blut gespendet hat, weiß, dass man diesen wahrheitsgemäß ausfüllen muss. Damit ist man faktisch von der Blutspende ausgeschlossen.
Vor dem Hintergrund, dass es aufgrund der heutzutage gültigen Testverfahren überhaupt nicht notwendig ist, und angesichts der Tatsache, dass wir dingend Blutspenden brauchen, dass wir die Labore dringend auffüllen müssen, wäre es wichtig, hier einen Sprung nach vorne zu machen. Wir reden immerhin von etwa 10 % der Menschen in unserem Land. Man kann sich ausrechnen, wie viele es sind. Wir sprechen von vier bis fünf Millionen Männern, die von der Blutspende ausgeschlossen sind.
Ich finde, es ist ein starkes Signal, das heute vom Landtag ausgeht, auch wenn dieses Thema zu vorgerückter Zeit behandelt wird und wahrscheinlich auch nicht mehr viele zuschauen: Das größte Bundesland, Nordrhein-Westfalen, sagt in Richtung Bundesregierung: Diese diskriminierende Regelung muss beseitigt werden. Homo- und bisexuelle Männer und transsexuelle Menschen müssen zur Blutspende zugelassen werden.
Das ist meiner Meinung nach ein sehr erfreuliches und sehr klares Signal für Gleichberechtigung, für Vielfalt und Toleranz. Es ist auch ein medizinischer Fortschritt. Wir tun dem Deutschen Roten Kreuz und anderen Organisationen ein Gutes. Wir tun den
Blutbanken ein Gutes. Wir hoffen und setzen darauf, dass die Landesregierung und ganz vorne unser NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann über den Bundesrat und über Gespräche mit der Bundesregierung in Berlin aktiv wird, dass es zu einer Änderung der Praxis kommt.
Ich weiß aufgrund meiner Tätigkeit als Kuratoriumsmitglied der Aidshilfe NRW, dass Sie, Herr Laumann, bei den Aidshilfen und vielen Gesundheitsorganisationen ein gutes Standing haben. Deswegen liegt viel Hoffnung in Ihnen. Erheben Sie Ihre Stimme in Berlin laut und deutlich, damit die Ärztekammer in der Gesetzgebung aktiv wird und wir zu einer Änderung der entsprechenden Regelung kommen. Aus NordrheinWestfalen haben Sie ganz klar Rückendeckung.
Abschließend möchte ich mich bei allen vier Fraktionen, die diesen Antrag mittragen, ganz herzlich bedanken. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Kollege Klocke. – Als nächster Redner spricht für die SPD-Fraktion Herr Kollege Müller.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar für die Anträge heute. Noch dankbarer bin ich dafür, dass es im Gegensatz zu TOP 11 gemeinsam geht, und dabei geht es um mehr als reine Symbolpolitik. Denn wenn wir über das Thema „Blutspende“ reden, reden wir über zwei Dimensionen: zum einen über die wissenschaftliche, zum anderen über die menschliche.
Homosexuelle Männer bzw. Männer, die Sex mit Männern haben, waren bis 2017 völlig ausgeschlossen von der Blutspende. Seit 2017 ist in Deutschland auch diese Gruppe zur Blutspende zugelassen, allerdings erst – Kollege Klocke hat es gerade erwähnt –, wenn sie zwölf Monate lang keinen Sex hatten. Finden Sie den Fehler! Denn wer bleibt eigentlich ein Jahr enthaltsam, um Blut spenden zu dürfen?
Auch durch eine befristete Rückstellung bleiben sexuell aktive Männer, die mit anderen Männern schlafen, also faktisch dauerhaft von der Blutspende ausgeschlossen. Das ist völlig lebensfremd, aber insbesondere entbehrt es jeder wissenschaftlichen Grundlage. Es basiert schlicht auf Vorurteilen und eben nicht auf Wissenschaft.
Die Neuregelung von 2017 stellt also lediglich eine kosmetische Veränderung dar, die über die diskriminierende Wirkung nicht hinwegtäuschen kann. Insbesondere die Frist von einem Jahr ist nicht nachvollziehbar und scheint völlig willkürlich gegriffen – darauf hat auch Kollege Klocke gerade hingewiesen –; denn begründbar wäre einzig und allein ein Zeitraum,
der sich am sogenannten diagnostischen Fenster orientiert. Eine HIV-Infektion kann man heute sechs Wochen nach dem letzten Risiko sicher ausschließen. Sechs Wochen und eben nicht 52 Wochen!
Generell muss man feststellen, dass heute durch moderne Testverfahren eine Infektion mit Hepatitis oder HIV ohnehin nahezu komplett ausgeschlossen werden kann.
Dank der in den vergangenen Jahren entwickelten Verfahren und Sicherheitsmaßnahmen ist die Wahrscheinlichkeit, sich bei einer Bluttransfusion mit HIV anzustecken, von etwa 1:1.000.000 auf etwa 1:10.000.000 gesunken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sowieso wirft das gesamten Verfahren in Deutschland Fragen auf. Denn in Deutschland steht weiterhin sehr stark die sexuelle Orientierung und nicht das verhaltensbedingte Risiko im Vordergrund. Wünschenswert wäre also eine Lösung, die nicht die sexuelle Orientierung bzw. das Verhalten über einen langen Zeitraum, sondern tatsächlich HIV-Risiken in jüngster Zeit in den Blick nimmt, also dass alle Menschen, egal welcher sexuellen Orientierung und welchen Geschlechts, nur dann als Risiko gelten, wenn deren Verhalten oder sexuelle Aktivität ein hohes Risiko für schwere Infektionskrankheiten darstellt. Bislang gibt es keine mir bekannten ernsthaften Bemühungen, das Befragungsverfahren hier im Grundsatz zu verändern.
Dass es auch anders geht, zeigen die Beispiele aus anderen Ländern. So werden Spender in Bulgarien, Italien, Lettland, Polen oder auch Portugal unabhängig von ihrer Sexualität zu ihrem Verhalten befragt. In Israel wird das Plasma aus Blutspenden homosexueller Menschen vier Monate lang eingefroren. Danach wird der Spender noch einmal auf Infektionskrankheiten getestet. Ist der Spender gesund, wird die eingefrorene Blutspende rückwirkend freigegeben. Das zeigt deutlich: Der Ausschluss ganzer Bevölkerungsgruppen einzig und allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ist schon vor diesem Hintergrund völlig unbegründet. Der Geisterfahrer in diesem Falle ist eben Deutschland und sind nicht die anderen.
Sie sind aber nicht nur unbegründet und diskriminierend, sondern vor allem entwürdigend. Denn hier werden schlicht ganze Bevölkerungsgruppen unter einen Generalverdacht gestellt, völlig unabhängig von ihrem persönlichen Verhalten. Dass Transmenschen hier noch einmal extra Erwähnung finden, macht die Diskriminierung zu einer doppelten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will eine einfache Frage in den Raum stellen: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer monogamen heterosexuellen und einer monogamen homosexuellen Beziehung? – Richtig, es gibt keinen einzigen. Und
Ich bin seit nunmehr zehn Jahren mit meinem Mann zusammen. Seit 2018 sind wir verheiratet. Meine Blutgruppe ist 0 negativ. Es ist eine sehr begehrte Blutgruppe, denn sie ist selten und universell einsetzbar. Aber selbst wenn ich helfen wollte, dürfte ich es schlichtweg nicht, nur aufgrund der Tatsache, dass ich mit einem Mann zusammenlebe. Und obwohl sich unser Leben kaum vom Leben monogamer Heterosexueller unterscheidet, dürfen die einen Blut spenden, die anderen, also wir, jedoch nicht. Wenn wir es dennoch wollten, dann müssten wir lügen, was eigentlich nichts anderes heißt, als sich selber zu verleugnen. Nachdem Generationen dafür gekämpft haben, offen und selbstbestimmt leben zu können, ist das absolut inakzeptabel, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Erlauben Sie mir zum Schluss noch ein paar persönliche Worte. Ich persönlich bin es schlichtweg leid, diese Diskriminierung noch einen Tag länger als nötig hinnehmen zu müssen. Ich bin es leid, dass hier immer noch mehr oder weniger subtil so getan wird, als hätten Schwule und Transmenschen HIV exklusiv für sich gepachtet. Das ist wirklich so was von 80er!