Protokoll der Sitzung vom 26.08.2020

(Beifall von der CDU)

Herr Finanzminister, sind Sie bereit? – Der Laptop ist ausgepackt, der Duden und Wikipedia sind geöffnet. Ich freue mich gleich auf Ihre Ergänzungen zu meiner Rede. Dann können wir ja loslegen.

(Lachen von der CDU – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ein großes Dankeschön an die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für den Antrag. Nicht, dass Sie Gefühle kriegen: Es sieht nicht so aus, als ob wir irgendwann einem solchen Antrag zustimmen würden, allerdings – dafür der Dank – haben Sie das Thema „Grundsteuer“ wieder auf die Tagesordnung gesetzt.

Auch uns ist es – wahrscheinlich wegen Corona, der Sommerpause usw. – ein bisschen aus dem Blickfeld geraten. Dass das im größten Bundesland überhaupt passieren konnte, liegt nicht wirklich an Corona, sondern in erster Linie an der Arbeitsweise des nordrhein-westfälischen Finanzministers bei solchen Themen.

Er ist unter den Finanzministern der Länder so etwas wie das Wasser bei den Elementen: Er sucht sich immer den Weg des geringsten Widerstands. Das bedeutet aktuell beim Thema „Grundsteuer“: Nicht bewegen, nicht positionieren und sich schon gar nicht

vor einer Kommunalwahl auf eine Seite schlagen oder gar eine eigene Position entwickeln. Das ist das Problem in NRW. Da sind – Frau Düker hat es eben erwähnt – die anderen Länder schon weiter.

(Beifall von Stefan Zimkeit [SPD])

Doch von vorn: Klar ist, dass die Grundsteuer als wichtige Einnahmequelle der Städte und Gemeinden erhalten bleiben musste und es ja auch bleibt. Sie ist zudem die vom Finanzvolumen her wichtigste Form der Vermögensbesteuerung in Deutschland.

Jetzt müssen 36 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden. Diese Zahl nenne ich, weil sie alleine den Bürokratieaufwand zeigt. Was diesen angeht, muss man ehrlich sein: Selbst bei einem klugen Einsatz digitaler Möglichkeiten der Datenerhebung und der Datenbearbeitung ist das erst einmal ein riesiger bürokratischer Akt. Herr Finanzminister, Sie hatten – glaube ich – einmal als aktuellen Stand mitgeteilt, dass künftig 2.000 Leute damit beschäftigt wären, die neuesten Daten zu erheben – egal, für welches Modell man sich entscheidet.

Damit kommen wir zur Kernfrage: Wird NRW das Bundesmodell umsetzen, so wie es auch Berlin und Schleswig-Holstein tun wollen oder wird die Landesregierung die Länderöffnungsklausel nutzen und, wenn ja, wie? – All diese Fragen wurden in den vergangenen Monaten seitens des Finanzministeriums nicht beantwortet.

Zur Länderöffnungsklausel möchte ich grundsätzlich anmerken, dass solche Klauseln in den Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern der letzte Ausweg sind, wenn sonst vor allem unter Zeitdruck kein echter Kompromiss möglich ist. Es ist kein Grund, zu jubeln. Ich finde, einige Basics in unserer Gesellschaft sollten bundesweit geregelt sein. Wie gesagt, die Grundsteuer ist vom Finanzvolumen her die wichtigste Form der Vermögensbesteuerung in Deutschland.

Sie merken, wir sympathisieren ebenfalls mit dem Bundesmodell, so wie es schon andere Länder tun, insbesondere in Kombination mit der Einführung der Grundsteuer C. Damit sollen die Kommunen zukünftig die Möglichkeit haben, über einen Hebesatz die Spekulation mit baureifen Grundstücken mindestens einzudämmen. Frau Düker hat es eben auch schon kurz angesprochen: Wir in Düsseldorf wissen, was Spekulanten treiben. Angesichts der Zahl der Wohnungen, die wir brauchen, ist das schon eine echte Sauerei.

Zudem gehen wir davon aus, dass bei einer breiten Annahme des Bundesmodells die Chance am größten ist, den Bürokratieaufwand auf Dauer klein zu halten. Das für alle Beteiligten wiederum Aufwendigste, was passieren kann – aber so ist es mit der Länderöffnungsklausel –, ist ein Flickenteppich aus vielen verschiedenen Herangehensweisen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen favorisiert nun in ihrem Antrag das modifizierte Bodenwertmodell der Baden-Württemberger; Frau Düker hat es vorgestellt. Das kann man machen. Das Bodenwertmodell ist auf den ersten Blick relativ einfach zu erheben und animiert Grundstückseigentümer in der Tat zur Bebauung.

Allerdings ist uns das modifizierte Bodenwertmodell – ich sage es mal so – zu zweidimensional. Es ist nämlich nur nebensächlich oder es spielt gar keine Rolle, was auf dem Grundstück gebaut wird. Der Gebäudewert wird nicht berücksichtigt. Wir finden, es macht schon einen Unterschied, ob auf einem Grundstück eine Villa oder ein Mietshaus steht. Darum fokussieren wir uns – ich nenne es so – auf die 3D-Variante des Bundes und werden uns in der Diskussion auch noch dazu positionieren.

Aber wie bereits zu Beginn gesagt, sind wir für Vorschläge und Anträge dankbar. Denn von diesen kann man im Diskurs nur schlauer werden.

Das eigentliche Problem …

Die Redezeit.

… ist die schwarzgelbe Landesregierung. Von dieser ist bisher überhaupt nichts gekommen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Weske. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Witzel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag werben die Grünen dafür, das sogenannte Bodenwertmodell als grünes Grundsteuermodell aus Baden-Württemberg für das Land Nordrhein-Westfalen abzuschreiben und zu übernehmen.

Im grünen Bodenwertmodell basiert die Grundsteuer bekanntlich auf zwei Kriterien, nämlich auf der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Für die Bewertung einer Liegenschaft werden beide Werte miteinander multipliziert. In einem weiteren Schritt wird dann eine gesetzlich festgelegte Steuermesszahl zur Berechnung der Grundsteuer angewandt.

Wir können diesem Ansinnen als FDP-Landtagsfraktion nicht zustimmen. Bei dieser Forderung im Antrag der Grünen ist eine einzige Feststellung aus Sicht der FDP-Landtagsfraktion nachvollziehbar: Sie halten das Scholz-Modell für kritikwürdig und lehnen es ab.

Wie die Überschrift Ihres Antrages bereits sagt, soll die Länderöffnungsklausel genutzt werden. Diesen

Punkt haben auch wir bislang immer vertreten. Die FDP-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen hat wie auch die FDP-Bundestagsfraktion stets dafür geworben, dass große Bundesländer mit einer leistungsfähigen Finanzverwaltung den Anspruch haben sollten, eine überzeugendere eigene Lösung für die zukünftige Grundsteuererhebung zu finden, als es der nach jahrelanger und quälender Debatte gefundene GroKo-Kompromiss in Berlin vorschlägt.

Mit dieser Sichtweise, Frau Düker, haben Sie sich jetzt bewegt und auch etwas dazugelernt. Ich kann mich an frühere Debatten erinnern, in denen Sie vor Länderöffnungsklauseln gewarnt und für Sie noch ganz andere Szenarien gegolten haben.

Mit dieser Sichtweise steht die FDP-Landtagsfraktion nicht alleine da. Die Mehrzahl der Bundesländer prüft derzeit bessere Alternativen zum Scholz-Modell, da sie dieses als wenig überzeugend empfinden. Das Grundsteuermodell von Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist aus unserer Sicht ausdrücklich keine gute Empfehlung für seine Kanzlerkandidatur.

Interessant ist der Umfaller der Grünen in dieser Frage. Als sich das Land NRW für die Länderöffnungsklausel starkgemacht hat, ist Schwarz-Gelb von Ihnen unredlicherweise monatelang der Vorwurf gemacht worden, wir würden das Scholz-Modell ablehnen, um eine zukünftige Grundsteuererhebung an sich zu torpedieren. Diese Panikmache ist bekanntlich immer unbegründet gewesen.

Selbstverständlich brauchen die Kommunen in unserem Land bei rund 4 Milliarden Euro Steueraufkommen für die kommunale Familie auch zukünftig eine Grundsteuererhebung, die wir weiterhin ermöglichen wollen; an dieser Auffassung gab es nie irgendeinen Zweifel.

Mit diesem Antrag korrigieren die Grünen nun ihre bisherige Position, eine Länderöffnungsklausel und deren Nutzung abzulehnen.

Inhaltlich ist das grüne Modell aber nicht überzeugend, und ich möchte Ihre Neugierde befriedigen, Frau Düker, und Ihnen die einschlägigen Argumente nennen, damit Sie sich auch im Nachgang fachlich mit diesen befassen können, zumal dieser Antrag auch einer Ausschussdebatte standhalten soll.

Zum einen spricht dagegen, dass das Bodenwertmodell nicht aufkommensneutral ist bzw. dies maximal zum Umstellungszeitpunkt wäre. Spätestens danach fallen erhebliche Mehrbelastungen an, was von den Grünen sicherlich auch beabsichtigt ist, von uns allerdings nicht. Der grüne Ansatz beinhaltet eine innere Wertdynamik. Kontinuierlich steigende Bodenwerte führen automatisch ohne eine aktive Anpassung der Hebesätze vor Ort, für die die Kommune auch Flagge zeigen müsste, zu einer immer weiter steigenden Grundsteuer.

Zum anderen bricht Ihr Modell vollständig mit dem Äquivalenzprinzip. Die Grundsteuer ist eine Objektsteuer auf Grund- und Wohneigentum zur Finanzierung kommunaler Leistungen. Bei Objektsteuern sollte eine individuelle steuerliche Leistungsfähigkeit eines Steuerzahlers definitionsgemäß keine entscheidende Rolle spielen.

Die Legitimation der Grundsteuer ergibt sich aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme von kommunalen Leistungen. Sie können beispielsweise Verkehrswege, Bildungsinfrastruktur, Kultureinrichtungen oder Sportstätten nutzen.

Eine ungedämpfte Orientierung am Bodenwert führt faktisch vielmehr zu einer Vermögensteuer und immer mehr Umverteilung, die nicht durch innerkommunale Unterschiede beim Umfang bereitgestellter Leistungen sachlich gerechtfertigt ist. Das scheint auch Ihre Absicht zu sein, wenn ich mir Ihre Rede vor Augen führe.

In besseren Lagen entsteht beim Bodenwertmodell eine teilweise erhebliche zusätzliche Steuerlast, der auch mit viel Fantasie kein adäquates Mehrangebot gegenübersteht.

Die NRW-Koalition prüft deshalb gegenwärtig sorgfältig, welches Grundsteuermodell das beste für unser Land ist. Die Zielsetzungen der FDP-Landtagsfraktion sind dabei bekannt: Wir wollen ein bürokratiearmes, gerechtes, verfassungsfestes und aufkommensneutrales sowie planungssicheres Modell für Bürger und Kommunen. Wir stehen dazu auch im Austausch mit anderen Ländern.

Die Redezeit.

Die Ansätze aus anderen Bundesländern nehmen wir bei der Entscheidung für das beste Modell für unser Land selbstverständlich ebenfalls zur Kenntnis, auch wenn wir längst nicht alle unterstützen, wie beispielsweise den von Ihnen hier vorgelegten Antrag. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Beckamp.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Urteil vom 10. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die damalige Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, eine neue Regelung zu entwerfen, die ab 2025 gelten soll. Das hört sich trocken

an und ist es auch. Aber es ist wichtig; denn es betrifft wirklich jeden, ob Eigentümer oder Mieter.

Der Bund hat nunmehr eine Regelung getroffen, das hier schon oft genannte Bundesmodell, das sehr viele Kriterien wie Miethöhe – diese dann pauschaliert –, Wohnfläche, Baujahr, Grundstücksfläche, Bodenrichtwert usw. umfasst. Das ist alles sehr komplex, sehr aufwendig und immer wieder zu aktualisieren.

Hiervon abgewichen werden kann durch eine Öffnungsklausel für die Länder. Genau darum geht es heute: dass NRW auf Grundlage dieser Öffnungsklausel gegebenenfalls eine eigene Regelung schafft.

Grundsätzlich ist eine solche Öffnungsklausel sehr zu begrüßen. Das ist Wettbewerb; das ist Föderalismus; die besten Ideen können miteinander streiten.

Die Grünen möchten nun konkret ein Bodenwertmodell. Baden-Württemberg hat es vorgemacht. Dort wird es wohl auch zur Anwendung kommen.

Nun schauen wir uns einmal den Vorschlag an, wie auch die Grünen unsere Vorschläge immer ganz unvoreingenommen anschauen, und überlegen uns, was daran ist oder auch nicht.

Bei dem Bodenwertmodell – es wurde bereits teilweise ausgeführt – gibt es zwei grundlegende Kriterien: die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert. Der Bodenrichtwert ist der Durchschnittswert aus einer Vielzahl von Verkäufen in einem bestimmten Gebiet. Für die Bewertung werden beide Werte multipliziert. Dann gibt es noch eine Differenzierung nach Nutzung des Gebäudes, je nachdem, ob es sich um ein Wohngebäude oder ein Gewerbegebäude handelt.