Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

(Zuruf von der CDU)

seinen ganzen Redebeitrag lang: Wenn dieses nicht, aber jenes!

Aber sonst sind Sie doch die große NRW-Koalition, die alles weiß und alles kann und für alles eine Lösung hat.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Heute: null und nix. Nichts tun! Das ist Ihr Ergebnis. Sie wollen nichts tun.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der CDU und der FDP)

Das haben Sie heute mit vielen Worten hier am Redepult dargestellt. Sie wollen nicht handeln. Sie wollen es herauszögern. Sie wollen den Bürgerinnen und Bürgern, die Rechte haben, die sich auch vereimert fühlen, nicht entgegenkommen.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Das ist die Botschaft, die heute von hier ausgeht. Sie wollen vertrösten und nicht handeln. Das ist das, was die NRW-Koalition derzeit ausmacht. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Beckamp.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Warum hast du es nicht selbst gemacht? – Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE] – Weitere Zurufe)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Remmel von den Grünen hat hier ein großes Lamento gehalten, dass CDU und FDP nichts tun – genauso nichts wie Rot-Grün vor einigen Jahren. Denn das Thema ist schon älter; das gibt es ja nicht erst seit 2017.

Wie es gehandhabt werden könnte, ist auch schon länger bekannt, und zwar seit 2013, als das Bundesverfassungsgericht nämlich schon entschieden hat.

Worum geht es? Es geht um den sogenannten Erschließungsbeitrag, also die Kosten der erstmaligen öffentlichen Erschließung von Grundstücken für den Anschluss an das Straßennetz und die Versorgung mit Strom, Wasser und Abwasser.

Die gesetzliche Regelung dazu ist grundsätzlich einfach: Die Anlieger haben für die geschaffene Erschließung zu bezahlen. – Das hört sich einfach an, ist es aber nicht. Denn der Erschließungsbeitrag, also die Gebühr für die Versorgungsleistungen, ist erst dann fällig und zu zahlen, wenn die Erschließungsanlagen endgültig hergestellt sind.

Das ist aber erst dann der Fall, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Dabei handelt es sich um die technische Herstellung, die öffentliche Widmung der Straße, die Gültigkeit der Beitragssatzung und weitere Voraussetzungen.

Oftmals ist es so, dass bestimmte Voraussetzungen nicht oder erst sehr spät zustande kommen. Da könnte man meinen: Tolle Geschichte; dann muss ich ja auch nicht zahlen. – Das stimmt; erst einmal jedenfalls.

Genau das ist das Dilemma. Denn die Pflicht, den Erschließungsbeitrag zu bezahlen, kommt irgendwann, und sei es nach Jahrzehnten. Sie haben selber ein Beispiel aus den 60er-Jahren vorgetragen. Das ist das Problem. Verjähren kann ein solcher Anspruch nämlich erst, wenn er entstanden und fällig ist. Aber daran fehlt es ja gerade. Darum geht es bei dem ganzen Thema heute – durchaus trocken, aber relevant für viele, weil es teuer werden kann.

Das bedeutet: Ein Grundstück kann einmal, zweimal, beliebig viele Male verkauft werden. Den letzten Käufer trifft dann irgendwann nach Jahrzehnten unvorhersehbar ein nicht absehbarer, vielleicht fünfstelliger Betrag – wohlgemerkt zusätzlich zum Kaufpreis für das Grundstück und ohne es zu ahnen. Denn die Erschließungskosten treffen immer den Eigentümer. Die Last hängt am Grundstück.

Dazu gibt es aber, wie einleitend ausgeführt, durchaus schon eine gewisse Lösung. Hören wir kurz, was das von Ihnen immer bemühte Bundesverfassungsgericht dazu zu sagen hat. Ich zitiere:

„Das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verlangt

Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich“

also: Erschließungsanlagen hergestellt –

„nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können.“

Aha! Das heißt also: keine ewige Zahlungspflicht. – Erster Punkt im Urteil.

Weiter heißt es:

„Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit“

also den Kommunen –

„an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.“

Aha! Zweiter Punkt: Darum muss sich der Gesetzgeber kümmern. Er soll also tun, wofür er da ist. Okay!

Das Gericht hat damals auch entsprechende Vorschläge gemacht. Okay! Nur: Sie haben sie nicht umgesetzt.

Ein Sachverständiger in der Anhörung hat es wunderbar auf den Punkt gebracht. Er sagte, die Rechtslage könne man getrost als unhaltbar bezeichnen, und fügte hinzu, alle Gerichte seien sich einig, dass der Gesetzgeber handeln müsse.

Der Gesetzgeber sind wir alle hier. Der bleibt aber untätig – also die Mehrheit, CDU und FDP. SPD und Grüne hätten das vor 2017 genauso machen können. Auch das ist nicht passiert.

Aber erfreulicherweise ist der SPD mit ihrem Antrag wieder eingefallen, dass etwas zu tun ist. Das ist ja positiv. Heute kommt noch einmal die SPD. Sie schlägt eine Verjährungshöchstgrenze vor, die auch durchaus sinnvoll ist – wie es im Übrigen sehr viele Bundesländer bereits getan haben.

Sie greifen also ein Problem auf, das tatsächlich besteht, und wollen das bayerische Modell, nämlich eine zwanzigjährige Verjährungsgrenze, einführen. Tolle Idee! Das finden wir gut.

Aber es geht noch besser. Wir könnten uns nämlich auch mit einer Regelung wie in Sachsen-Anhalt anfreunden. Da sind es zehn Jahre. Dort tritt schon mit Ablauf des zehnten Kalenderjahres Verjährung ein, nachdem die Vorteilslage gegeben ist, also das Ganze technisch hergestellt wurde.

Genau so ist unser Änderungsantrag formuliert. Das ist bürgernah und bürgerfreundlich. Es funktioniert. Das ist die Aufgabe des Gesetzgebers. Dass Sie ständig auf irgendwelche Gerichte verweisen, die noch irgendetwas entscheiden müssen, ist, ehrlich

gesagt, eine Nebelkerze. Das ist Unfug. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Beckamp. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Scharrenbach.

Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es, offen gesagt, kurz machen.

Die Landesregierung wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwarten. Auch das Ergebnis der Sachverständigenanhörung hat uns eher darin bestärkt, dass es sinnvoll ist, genau auf dieses Urteil und die Leitlinien und Leitplanken, die das Bundesverfassungsgericht setzen wird, zu warten. Dann werden wir Ihnen zu entsprechender Zeit einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kann ich die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 14 schließen.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar erstens über den Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/10746. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Änderungsantrag Drucksache 17/10746 mit dem soeben festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Zweitens kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/9033. Der Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen empfiehlt in Drucksache 17/10664, den Antrag abzulehnen. Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag selbst und nicht über die Beschlussempfehlung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen und AfD. Wer stimmt dagegen? – Das sind CDU und FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Antrag Drucksache 17/9033 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Ich rufe auf:

15 Rolle der Landesregierung bei der Räumung

des Hambacher Waldes im Herbst 2018

Große Anfrage 17 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/7893