Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass diese Debatte über weite Strecken - von Ausnahmen abgesehen - im We
sentlichen mit einem freundlichen Unterton geführt worden ist. Ich glaube, dass der Anlass e~ rechtfertigt, mit freudiger Miene über diese Fragen zu reden; denn zweifellos wurde mit der Verabschiedung der Steuerreform hinsichtlich der
Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland und damit auch· unseres Landes Rheinland-Pfalz ein Meilenstein erreicht und ein Riesenschritt nach vorn gegangen.
Meine Damen und Herren, das ha~en wir in diesem Hause, in den Schritten, die wir gehen wollten, teilweise unterschiedlich, aber als gemeinsame Zielsetzung x-mal betont.
Jedem von uns wird es so gegangen sein: -Wenn man in den vergangenen Jahren im Ausland für den Standort RheinlandPfalzgeworben hat, und es wurden einem immer nominale -und reale Steuersätze entgegengehalten, die in Deutschland um so viel schlechter seien als anderswo, so hat einem diese Tatsache schon ~vehgetan und hat die Bemühungen ungemein erschwert. Bei vielen Unternehme:n, insbesondere bei denjenigen, die international an den Märkten tätig sind, ha•
ben wir einen deutlichen Druck gespürt, wesentliche Unternehmensteile und neue Produktionsanlagen nicht aus marktbedingten Gründen, sondern aus Wettbewerbsgründen aus Deutschland herauszuverlegen. Dies hat uns alle mit großer Sorge erfüllt.
Ich möchte das u-nterstreichen, was mein Kollege Mertes gesagt hat. Diejenigen, die das Vermittlungsverfahren vor drei Jahren miterlebt haben, werden es unterstreichen. können. Vorhin wurde Bernhard Vogel zitiert. Er könnte bestätigen; dass es damals von ihm sowie von mir gemeinsame Bemühungen um eine Lösung gegeben hat. Ich möchte auch nicht bestreiten, dass es ~ut gewesen wäre, wenn wir eine solch_e Entscheidung schon früher bekommen hätten. Aber ich unterstreiche in diesem Zusammenhang auch das, \.Ja·s mein Kolle
ge Bauckhage gesagt hat. Es war damals ein Zeitpunkt, der bereits auf die Bundestagswahl zugespitzt war, sodass ein vernünftiges Ergebnis, wie es nun erreicht worden ist, damals leider nicht erreicht werden konnte.
Aber es kann doch nicht wahr sein, dass man nun sagt, dies sei keine für die Wirtschaft, für die Bürgerinnen und Bürger sowie für unser Gemeinlll!esen äußerst positive Entscheidung·,
- die getroffen worden ist. Es ist die größte Steuerreform, die bisher in Deutschland gemacht wurde, und wir freuen uns darüber. Wir sollten sie auch nicht kaputtreden, meine Damen und Herren.
Ich meine nicht.,kaputtreden" in dem Sinne, dass nicht an jedem Vorhaben auch irgendetvvas zu kritisieren wäre und dass dies nicht in ein Parlament und in eine solche Debatte gehörte. Aber das, was wir derzeit an Signa]~n an die WirtSchaft
und an die Gesellschaft richten, Ober die nationalen Grenzen hinaus, darf nicht so klingen, als hätten wir nicht diesen großen Schritt gemeinsam getan und als hätten wir nicht auf über 90 Milliarden DM an Steuererleichterungen im steuerlichen System verzichtet, auch wenn ein Teil durch Verbreiterung der Steuerbasis, aber auch durch das Schließen so genannter Steuerschlupflöcher refinanziert wird. Auch dies ist
durchaus ein Wort, das man nur unter dem Tisch aussprechen dürfte. Dies war auch gewollt. Es gab tiefe Unvernünftigkeite;n auch ·bei Abschreibungsgestaltungsmöglichkeiten, die korrigiertwerden mussten.
Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Hause immer gesagt- dies können Sie in vielen meinen Reden, aber auch in Reden des Finanzministers nachtesen -, das, was hir.sichtlich der steuerlithen Entscheidungen notwendig_ ist, muss sich auch an Kriterien messen lassen, die wir immer genannt haben: Zum einen habe ich immer das Beispiel der Familie genannt, die auf dem Hunsrück wohnt und einer der Ehepartner einen weiten Pendlerweg zurückzulegen hat, da er in Mainz arbeitet.- Ich komme darauf zurück.
Wir haben zum Zweiten immer gesagt, für den typischen mittelständischen Betrieb in unserem Land Rheinland-Pfalzmuss eine Erleichterung dabei herauskommen, da diese Betriebe das Rückgrat unserer Wirtschaft in diesem Flächenland dar
stellen und entscheidend-dazu beigetragen haben, dass wir eine deutlich günstigere Arbeitsmarktsituation haben, als
· dies in fast allen anderen Bundesländern der Fall ist. Die Breite und.Stabilität dieser mittelständischen Wirtschaft hat dazu einen maßgeblichen Beitrag geleistet, und dies wollten wir auch bei dersteuerlichen Entlastung berücksichtigt sehen.
Schließlich haben wir immer deutlich gemacht, dass als Eck~ wert für unsere Orientierung die Gestaltungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte auch weiterhin gesehen werden muss und dass wir vorhaben- das haben wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen, werden es uns aber auch für die Zukunft vorneh_men -, die Investitionsfähigkeit der öffentlichen Haushalte zu erhalten. Dies wiederum begrenzt natürlich die Spielräume einer Steuerreform, da wir ansonsten handlungsunfähig werden.
Wer meint, er kann ständig noch oben draufsatteln, um beispielsweise immer weitere Absenkungen des s·pitzensteuersatzes zu erreichen--
Wir waren schon bei einer Größenordnung von 43·auf 42 %, was vernünftig war und was wir auch gerne mitgetragen haben. Aber dabei sind s~hon Belastungen heraüsgekommen,
die über der 6-Milliarden-Grenze liegen. Je weiter man nach unten geht, desto mehr Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind durch den ~pitzensteuersatz in seiner Absenkung erfasst, und destoteurer wird dies.
Wenn ich nun noch den Tarifverlauf absenken würde, so wäre es schlicht und einfach unbezahlbar und ungestaltbar. So sahen im Übrigen die Vorschläge der Union aus.
Ich möchte nun einmal versuchen, das, was ich gesagt habe, an dem zu messen, was erreicht worden ist, um möglichen Legendenbildungen entgegenzuwirken. Meine sehr geehrten
so deshalb, weil auch an der Legende gestrickt wird, man müsse im Zusammenhang mit der Steuerpolitik einen Anwalt für die kleinen Leute neu erfinden, und das sei die Union.
"Ich möchte deutlich machen, dass der Grundfreibetrag von12 300 DM im Jah-r 1998 zukünftig auf 15 000 DM angehoben wird. Dies bedeutet, dass viele Leute gerad_e im untersten Ein
sten Einkom-men, aber auch für alle anderen; denn es kommt allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zugute, was als Existenzminimum steuerfrei gestellt worden ist.
Natürlich muss in diesem Zusammenhang der Eingangssteuersatz,-der ab diesem Zeitraum einsetzt, ebenfalls sozial ge
nem Eingangssteuersatz von 25,9 % im Jahr 1998 auf 15 % im Jahr 2005 gekommen sein werden, so wird niemand ernsthaft behaupten, dass die kleineren Einkommen in dieser Steuerreform keine Berücksichtigung gefunden hätten. Sie wissen ebensogut wie ich, dass dazu die Kindergelderhöhun-gen zu rechnen sind und dass man somit zu der Beurteilung der Frage kommt, ob die Familfe mit Kindern anständig entlastet ist oder nicht. Ich werde Ihnen einige Beispiele nennen, wiesich dies auswirkt.
Ich niochte Ihnen ein paar Beispiele nennen, wie sich das für die Familie auswirkt, die normal ihr Geld verdient, normal zur Ar(?eit fährt und zwei Kinder hat. Ich möchte zu dieser Rechnung die beiden genannten Argumente einbeziehen. Das eine hat man sich heute trocke[Jgehalten, da zurn 1. Januar des kommenden Jal;lres eine Kampagne geplant ist, wie ich heute in der Zeitung- gelesen habe. Aber wir können heute schon ein-mal darüber reden, das ist gar keine Frage. Ich meine die Ökosteuer.lch habe einmal diese Komponente mitberechnen lassen und einbezogen, zum Zweiten auch das schöne Nominai-/Realverhältnis. Herr Böhr hat dazu Zahlen genannt, die vielleicht bei der letzten Mondfinsternis geschrieben worden sind, Herr Kollege. Aber real sind sie I,.'Virklich nicht. Das, was Sie hier genannt haben, würde ich einmal von Ihren wenigen Mitarbeitern nachrechnen lassen. Es stimmt schlicht
Schauen wir es uns einmal an; wie es aussieht für einen verheirateten Schlosser mit zwei Kindern und einem Jahresbruttoeinkommen von 60 000 DM. Das ist in unserem Land durchaus nicht unrealistisch.
Herr Kollege Böhr, ich bedauere es, dass wir häufig Debatten ohne Sie in diesem Hause führen. Es ist nichtsclilimm. Nur, Sie haben mich angesprochen, und ich hätte Sie auch gern ange