Kurt Beck

Sitzungen

13/101 13/104 13/108 13/109 13/113 13/114 13/116 13/121

Letzte Beiträge

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin erstaunt und erfreut zugleich, dass eine der umstrittensten Fortschreibungen der Rundfunkstaatsverträge in dieser Kürze und Prägnanz das rheinland-pfälzische
Parlame-nt in dieser Einstimmigkeit zu passieren scheint.
- Rheinland-_Pfalz ist nicht Sachsen, offensichtlich auch nicht Braridenburg, wie ich erfreut feststelle.
Dennoch möchte ich darauf hinweisen,-dass es eine Reihe von _
- Anzeichen bei der Diskussion um -diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag gegeben hat, dass das duale-System ernsthaft infrage gestellt werden sollte. Mit dieser Fortschreibung wäre dies zumindest bis zum Jahr 2004 nicht der Fall. Ich denke, wirsollten auch bei diesen bewährten Grundorientierungen bleiben.
Lassen Sie mich darüber hinaus noch einmal darauf hinweisen, dass in diesem Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch wesentliche weitere Änderungen enthalten s_ind: eine Liberalisierung der Werberegeln auch für private Anbieter und die Regelung der Digitalisierung der terrestrischen Frequenzen, eine nicht unbeachtliche Ergänzung der bisherigen Ausrichtung auf diese- neue technologische Form der -Ausstrahlung und der Endgeräte im Bereich Fernsehen.
Beim Hörfunk wird das zeitlich sicherlich noch etwas ge-streckter sein. Das wird auch Folgen für die Umstellung der Endgeräte-Industrie auf -digitale Ausrichtungen haben. ln den kommenden Monaten und Jahren werden \tlfir uns darüber unterhalten müssen, weil entsprechende Anpassungen an neue Decoder oder Geräte in einem abse-hbaren Zeitraum ins Haus stehen, nachdem alle Ausstrahlungsmöglichkeiten
zur Digitalisierung, zumindest hinsichtlich der rechtlichen Frägen, offenstehen werden.
Ich möchte nur noch einen Punkt ansprechen und generell um Ihre Unterstützung bei dem Versuch bitten, eine Brücke zu bauen, um den Kolleginnen und Kollegen im Sächsischen · Landtag, insbesondere der CDU-Fraktion, und im Branden_burgischen Landtag, wiederum insbesondere der CDUFraktion, Angebote zu unterbreiten, _diesem Staatsvertrag zu
folgen. 'vVürde ihm nicht gefolgt, hätten wir eine mehr als problematische Situation- in der Medienlandschaft. Daran kann es keinen Zweifel geben. Ich will jetzt nicht über Folgerungen reden oder l3ut nachdenken, weil ich jeden Anschein vermeiden möchte, dass irgendwelche Druckkulissen gegenüber den Kolleginnen und Kollegen i':l den genannten Ländern aufgebaut werden.
Mit einem Satz möchte ich noch erwähnen, dass es in diesem Staatsvertrag nicht nur um die ARD und den SWR geht, son_dern auch um unsere Sitzanstalt ZDF; denn dass wir neben den rundfunkrechtlichen und rundfunktpolitischen auch außerordentlich- bedeutende standortpolitische Interessen verfolgen, wird wohl nicht infrage gestellt werden.
Ich hoffe sehr, dass das, was ich vorgeschlagen und zwischenzeitlich mit Herrn Kollegen Biedenkopf abgestimmt-habe- bis auf Formulierungseinzelheiten besteht vveitgehend Einigkeit mit allen Kolleginnnen und Kollegen-, am Ende tragen wird. Ich bin der Meinung, dass das, was wir vorgeschl~gen haben, über die aktuelle Situation hin~us Bedeutung hat, weil es der Versuch ist, die Landtage aus dieser Notariatsfunktion ~ei Staatsverträgen, insbesondere bei den komplizierten· Rundfunkstaats-verträgen, herauszuführen und mit entsprechenden Möglichkeiten der Zwischeninformation dafür zu sorgen, dass die rundfunk!Jolitischen und die finanzpolitischen Entwicklungen im Medienbereich mit verfolgt werd~n können. Ob die vorgeschlagenen Größenordnungen letztlich zählen und gelten, vvill ich offen lassen und darüber hinaus die Bereitschaft erklären, dass man über die Größe eines solchen Gremiums natürlich noch einmal diskutieren kann.
_ Ich wäre Ihnen ·sehr dankbar, wenn die Grundbereitschaft vorhanden wäre, einer solchen Ergänzung des Rundfunkstaatsvertrags zu folgen, und dies relativ zügig, damit wir das Signal in Richtung Sachsen und Brandenburg senden können, aber auch, um die entsprechenden Signale in Richtung einer _veränderten Haltung und eines veränderten Aufeinanderzugehens zwischen den Verantwortlichen der öffentlichrechtlichen Sender, also den Intendanten, und den Parlamen
ten auf den Weg zu bri nge!'l.
Ich bedanke mich dafür, dass Sie in dieser Einmütigkeit diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag folgen._ Für mich ist es von ganz entscheidender Bedeutung, wie ich es den Redebeiträgen entnommen habe, dass das rhernland-pfälzische Par
lament einmütig an dem dualen System festhalten will. Für die Arbeit an der Spitze der Rundfunkkommission der Länder ist das fürmich von entscheidender Bedeutung.
Ich bitte Sie um Verständnis dafür,dass ich länger als zwei Mi-
nuten geredet habe, aber es geht um eine der wichtigsten rundfunkpolitischen Weichenstel!ungen, die wir in den ver
gangenen Jahren -vorgenommen haben. Ich möchte es mir nicht nachsagen lassen, dass ich nicht wenigstens einige Linien ansatzweise angesprochen hätte.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
(Beifall der spD und der F.D.P.}
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich füge dem einige Bemerkungen hinzu, was Herr Kollege Bauckhage für die Landesregierung deutlich gemacht hat.
1. Wir haben nie daran gezweifelt - ich hoffe, diesbezuglieh
_ besteht grundsätzlich Einigkeit, aber die Fraktion BÜND
NIS 90/DIE GRÜNEN scheine ich ausnehmen zu müssen -, dass_ der Frankfurter Flughafen auch für Rheinland-Pfalz von er
heblicher Bedeutung ist. Deshalb sind wir daran interessiert und haben unseren Beitrag dazu geleistet. dass dieser Flughafen im Reigen der internationalen Flughäfen in Europa sei
- ne Spitzenstellung behaupten kann. Dies ist für viele Men
. sehen, die unmittelbar dort arbeiten, und für den Wirtschaftsstandort Rhein-Main von großer Bedeutung.
2. Ich rufe noch einmal in Erinnerung, dass die rheinlandpfälzische Landesregierung es nicht bei Lippenbekenntnissen hinsichtlich dieser Grundorientierung belassen hat, sondern in einemsehr intensiven Verhandlungsprozess dazu beigetragen hat, dass wir wenige Tage vor Weihnachten 1999 einen Vertrag unterschreiben konnten, der beinhaltet, dass in den kommenden Jahren sukzessive die bisherige amerikanische Militärnutzung vom Frankfurter Flughafen nach Spangdahlem und Ramstein verlagert wird. Dies ist alles -in allem be
trachtet auch in unserem Interesse, weil sehr hohe Investitionen damit verbunden sind, weil die Arbeitsplätze in Ramstein und Spangdahlem gesichert werden und weil wir um die Be
deutung der Standorte wissen, aber :lUch, weil wir wissen, dass sowohl auf dem Boden als auch in der Luft für den Frankfurter Flughafen neue Perspektiven eröffnet worden sind.
3. Wir haben den Flughafen Hahn gegen den erbitterten Widerstand der GRÜNEN, bei hämischer Begleitung der CDUFraktion und bei einer Art und Weise der Debatte, dass man manchmal meinte, jemand habe die Hoffnung, es würde scheitem, so ertüchtigt, dass er in der Tat in der Lage ist, eine Ergänzungsfunktion für den Frankfurter Flughafen wahrzu
nehmen;
dies _im Wesentlichen durch die dort geltende Nachtfluggenehmigung. Bezüglich der Erschließungen auf dem Boden ist das Notl.'ilendige gesagt worden.
Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der hessischen Landesregierung mache ich noch einmal deutlich - ich sage das noch einmal, weil ich das schön öfter gesagt habe, aber was man nicht hören will, scheint auch nicht gehört zu werden -, dass ich vor geraumer Zeit,-das gilt auch _für die Ebene der Verkehrsminister, mit Herrn Kallegen Koch Übereinstimmung darüber erzielt habe, dass wir die Grundintention bezüglich des Frankfurter Flughafens miteinander kooperativ vorantreiben wollen. Dies ist nicht erfolgt. Auf einer Parteiveranstaltung ist eine Entscheidung getroffen worden. Das will ich nicht kritisieren, ist in diesem Zusammenhang aber ungewöhnlich.
Ich betrachte diesen Vorgang als erledigt, zumal sich Herr Kollege Koch am vorigen Freitag bei mir für diese Vergehensweise entschuldigt hat. Das sollte akzeptiert weorden, und ich akzeptiere diese Entschuldigung.
Für die kommende Woche haben wir einen Termin vereinbart. Herr Kollege Bauckhage und ich werden in Hessen mit den Vertretern der hessischen Landesregierung die Positionen besprechen und --Wie ich hoffe - ein einvernehmliches
Vorgehen vereinbaren. Ob wir.am Ende der Prozesse zu·einer einvernehmlichen Haltung finden, hängt davon ab,· wie die Abwägung der Interessenvorgenommen wird und wie sie am Ende dieser Prozesse aussehen. Es ist ganz selbstverständlich,
dass wir dabei eng mit den rheinhessischen Kommunen- ich gehe davon aus, dass das auch f~r die hessischen Kommunen gilt- zusammenarbeiten werden. Das ist ir:' der Form mit dem Oberbürgermeister der Landeshauptstadt besprochen worden. Diese Zusammenarbeit muss natürlich auch mit siCh bringen, dass die Interessen der Bevölkerung nicht unzumutbar belastet, sondern berücksichtigt werden.
Im Übrigen 'haben wir nie einen Zweifel daran zugelassen, dass eine Grundvoraussetzung, um dieses Ziel zu erreichen, ist,
a) dass alle-infrage kommenden Varianten untersucht wer
den - Herr Kollege Bauckhage hat dies deutlich gemacht
und
b) dass die Fragen der Lärmbelastung insbesondere dadurch von vornherein in eine überhaupt handl)abbare Größenordnung gebracht werden, dass ein klares und eindeutiges Nachtflugverbot für den Frankfurter Flughafen Grundvoraussetzung für weitere Verhandlungen ist, t'lieil die Ziele ansonsten auf keinen Fall zusammenzuführen sind.
· - Lieber Herr Schreiner, auf die Art und W.eise, wie Sie gere
Das war mir wirklich zu oberflächlich. Das geht so nicht.
-Sie können reden wie Sie wollen, aber ich kann auch reagie
ren, wie ich will. Eine solche Frage debattiere ich nicht auf einem solchen Niveau. Das muss klar sein.
Wir haben die große Chance, dass wir in dieser Frage. mit ei
ner geschlossenen Haltung auf rheinland-pfälzischer Seite für die Mensch~n in diesem Raum, und zwar in jeder Hinsicht, sowohl in der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Hinsicht als auch im Hinblick auf die Lebensqualität, ein vernünftiges Ergebnis erzielen können. Deshalb habe ich gehofft, dass die Debatte so geführt wird, wie sie unter den Verantwortlichen geführt wird, nämlich sehr sachbezogen und sehr nüchtern, aber auch im Bewusstsein der Verantwortung gegenüber den hier wohnenden Menschen. So werden wir dies weiter betreiben.
Natürlich kann alles zum Schlachtfeld der ironischen oder parteipolitischen Auseinandersetzung gemacht werden. Ich bin aber der Meinung. dass das nicht sein sollte. Es ist eine hoch sensible und hoch verantwortlich zu handhabende Materie.
Ich sage ganz offen: Ich möchte nicht ohne weiteres in der Haut derjenigem stecken, die das auf hesSlscher Seite zu behandeln haben. Deshalb gehe ich mit meinen Gesprächspartnern so um. wissend Ulll die Sensibilität dieser Frage. Das be
deutet aber auf keinen Fall, dass wir rheinland-pfälzische Interessen auch nur für einen Augenblick zurückstellen. Wir ha
ben mehr. zu bieten als nur Proteste. Wir haben richtige Hilfe bereits geboten und werden sie weiter anbieten. Das ist eine Grundlage für eine einvernehmliche, vernünftige und verantwortliche Regelung. Dabei bh~ibtes.
'ident:
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass diese Debatte über weite Strecken - von Ausnahmen abgesehen - im We
sentlichen mit einem freundlichen Unterton geführt worden ist. Ich glaube, dass der Anlass e~ rechtfertigt, mit freudiger Miene über diese Fragen zu reden; denn zweifellos wurde mit der Verabschiedung der Steuerreform hinsichtlich der
Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland und damit auch· unseres Landes Rheinland-Pfalz ein Meilenstein erreicht und ein Riesenschritt nach vorn gegangen.
Meine Damen und Herren, das ha~en wir in diesem Hause, in den Schritten, die wir gehen wollten, teilweise unterschiedlich, aber als gemeinsame Zielsetzung x-mal betont.
Jedem von uns wird es so gegangen sein: -Wenn man in den vergangenen Jahren im Ausland für den Standort RheinlandPfalzgeworben hat, und es wurden einem immer nominale -und reale Steuersätze entgegengehalten, die in Deutschland um so viel schlechter seien als anderswo, so hat einem diese Tatsache schon ~vehgetan und hat die Bemühungen ungemein erschwert. Bei vielen Unternehme:n, insbesondere bei denjenigen, die international an den Märkten tätig sind, ha•
ben wir einen deutlichen Druck gespürt, wesentliche Unternehmensteile und neue Produktionsanlagen nicht aus marktbedingten Gründen, sondern aus Wettbewerbsgründen aus Deutschland herauszuverlegen. Dies hat uns alle mit großer Sorge erfüllt.
Ich möchte das u-nterstreichen, was mein Kollege Mertes gesagt hat. Diejenigen, die das Vermittlungsverfahren vor drei Jahren miterlebt haben, werden es unterstreichen. können. Vorhin wurde Bernhard Vogel zitiert. Er könnte bestätigen; dass es damals von ihm sowie von mir gemeinsame Bemühungen um eine Lösung gegeben hat. Ich möchte auch nicht bestreiten, dass es ~ut gewesen wäre, wenn wir eine solch_e Entscheidung schon früher bekommen hätten. Aber ich unterstreiche in diesem Zusammenhang auch das, \.Ja·s mein Kolle
ge Bauckhage gesagt hat. Es war damals ein Zeitpunkt, der bereits auf die Bundestagswahl zugespitzt war, sodass ein vernünftiges Ergebnis, wie es nun erreicht worden ist, damals leider nicht erreicht werden konnte.
Aber es kann doch nicht wahr sein, dass man nun sagt, dies sei keine für die Wirtschaft, für die Bürgerinnen und Bürger sowie für unser Gemeinlll!esen äußerst positive Entscheidung·,
- die getroffen worden ist. Es ist die größte Steuerreform, die bisher in Deutschland gemacht wurde, und wir freuen uns darüber. Wir sollten sie auch nicht kaputtreden, meine Damen und Herren.
Ich meine nicht.,kaputtreden" in dem Sinne, dass nicht an jedem Vorhaben auch irgendetvvas zu kritisieren wäre und dass dies nicht in ein Parlament und in eine solche Debatte gehörte. Aber das, was wir derzeit an Signa]~n an die WirtSchaft
und an die Gesellschaft richten, Ober die nationalen Grenzen hinaus, darf nicht so klingen, als hätten wir nicht diesen großen Schritt gemeinsam getan und als hätten wir nicht auf über 90 Milliarden DM an Steuererleichterungen im steuerlichen System verzichtet, auch wenn ein Teil durch Verbreiterung der Steuerbasis, aber auch durch das Schließen so genannter Steuerschlupflöcher refinanziert wird. Auch dies ist
durchaus ein Wort, das man nur unter dem Tisch aussprechen dürfte. Dies war auch gewollt. Es gab tiefe Unvernünftigkeite;n auch ·bei Abschreibungsgestaltungsmöglichkeiten, die korrigiertwerden mussten.
Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Hause immer gesagt- dies können Sie in vielen meinen Reden, aber auch in Reden des Finanzministers nachtesen -, das, was hir.sichtlich der steuerlithen Entscheidungen notwendig_ ist, muss sich auch an Kriterien messen lassen, die wir immer genannt haben: Zum einen habe ich immer das Beispiel der Familie genannt, die auf dem Hunsrück wohnt und einer der Ehepartner einen weiten Pendlerweg zurückzulegen hat, da er in Mainz arbeitet.- Ich komme darauf zurück.
Wir haben zum Zweiten immer gesagt, für den typischen mittelständischen Betrieb in unserem Land Rheinland-Pfalzmuss eine Erleichterung dabei herauskommen, da diese Betriebe das Rückgrat unserer Wirtschaft in diesem Flächenland dar
stellen und entscheidend-dazu beigetragen haben, dass wir eine deutlich günstigere Arbeitsmarktsituation haben, als
· dies in fast allen anderen Bundesländern der Fall ist. Die Breite und.Stabilität dieser mittelständischen Wirtschaft hat dazu einen maßgeblichen Beitrag geleistet, und dies wollten wir auch bei dersteuerlichen Entlastung berücksichtigt sehen.
Schließlich haben wir immer deutlich gemacht, dass als Eck~ wert für unsere Orientierung die Gestaltungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte auch weiterhin gesehen werden muss und dass wir vorhaben- das haben wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen, werden es uns aber auch für die Zukunft vorneh_men -, die Investitionsfähigkeit der öffentlichen Haushalte zu erhalten. Dies wiederum begrenzt natürlich die Spielräume einer Steuerreform, da wir ansonsten handlungsunfähig werden.
Wer meint, er kann ständig noch oben draufsatteln, um beispielsweise immer weitere Absenkungen des s·pitzensteuersatzes zu erreichen--
Wir waren schon bei einer Größenordnung von 43·auf 42 %, was vernünftig war und was wir auch gerne mitgetragen haben. Aber dabei sind s~hon Belastungen heraüsgekommen,
die über der 6-Milliarden-Grenze liegen. Je weiter man nach unten geht, desto mehr Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind durch den ~pitzensteuersatz in seiner Absenkung erfasst, und destoteurer wird dies.
Wenn ich nun noch den Tarifverlauf absenken würde, so wäre es schlicht und einfach unbezahlbar und ungestaltbar. So sahen im Übrigen die Vorschläge der Union aus.
Ich möchte nun einmal versuchen, das, was ich gesagt habe, an dem zu messen, was erreicht worden ist, um möglichen Legendenbildungen entgegenzuwirken. Meine sehr geehrten
Damen· und Herren, wenn ich beim Grundfreibetrag beginne,
so deshalb, weil auch an der Legende gestrickt wird, man müsse im Zusammenhang mit der Steuerpolitik einen Anwalt für die kleinen Leute neu erfinden, und das sei die Union.
"Ich möchte deutlich machen, dass der Grundfreibetrag von12 300 DM im Jah-r 1998 zukünftig auf 15 000 DM angehoben wird. Dies bedeutet, dass viele Leute gerad_e im untersten Ein
kommenshereich aus der- Steuerpflicht zusätzlich völlig her
ausfallen.
- Dies ist zum einen ein Er.tlastungselement für die allerklein
sten Einkom-men, aber auch für alle anderen; denn es kommt allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zugute, was als Existenzminimum steuerfrei gestellt worden ist.
Natürlich muss in diesem Zusammenhang der Eingangssteuersatz,-der ab diesem Zeitraum einsetzt, ebenfalls sozial ge
staltet werden. Meine Damen und Herren, wenn Vllir von ei
nem Eingangssteuersatz von 25,9 % im Jahr 1998 auf 15 % im Jahr 2005 gekommen sein werden, so wird niemand ernsthaft behaupten, dass die kleineren Einkommen in dieser Steuerreform keine Berücksichtigung gefunden hätten. Sie wissen ebensogut wie ich, dass dazu die Kindergelderhöhun-gen zu rechnen sind und dass man somit zu der Beurteilung der Frage kommt, ob die Familfe mit Kindern anständig entlastet ist oder nicht. Ich werde Ihnen einige Beispiele nennen, wiesich dies auswirkt.
Ich niochte Ihnen ein paar Beispiele nennen, wie sich das für die Familie auswirkt, die normal ihr Geld verdient, normal zur Ar(?eit fährt und zwei Kinder hat. Ich möchte zu dieser Rechnung die beiden genannten Argumente einbeziehen. Das eine hat man sich heute trocke[Jgehalten, da zurn 1. Januar des kommenden Jal;lres eine Kampagne geplant ist, wie ich heute in der Zeitung- gelesen habe. Aber wir können heute schon ein-mal darüber reden, das ist gar keine Frage. Ich meine die Ökosteuer.lch habe einmal diese Komponente mitberechnen lassen und einbezogen, zum Zweiten auch das schöne Nominai-/Realverhältnis. Herr Böhr hat dazu Zahlen genannt, die vielleicht bei der letzten Mondfinsternis geschrieben worden sind, Herr Kollege. Aber real sind sie I,.'Virklich nicht. Das, was Sie hier genannt haben, würde ich einmal von Ihren wenigen Mitarbeitern nachrechnen lassen. Es stimmt schlicht
-und einfach hinten und vorne nicht.
Schauen wir es uns einmal an; wie es aussieht für einen verheirateten Schlosser mit zwei Kindern und einem Jahresbruttoeinkommen von 60 000 DM. Das ist in unserem Land durchaus nicht unrealistisch.
Herr Kollege Böhr, ich bedauere es, dass wir häufig Debatten ohne Sie in diesem Hause führen. Es ist nichtsclilimm. Nur, Sie haben mich angesprochen, und ich hätte Sie auch gern ange
sprochen.
{Böhr, CDU: Ihr Bedauern ist
Ihnen anheim gestellt!)
- Das ist wahr, das ist mir anheim gestellt. Ich darf es aber auch ab und zu einmal ausdrücken.
Schauen wir uns einmal an, wie das aussieht unter Einbeziehung des Kindergelds für diese Familie. Einbezogen ist ein Pendelweg von 20 Kilometern. Ich komme noch auf einen Pendelweg - immer einfache Strecke, weil das steuerrelevant ist- von 80 Kilometern, damit niemand sagen kann, er rechnet schön. wfr haben eine Entlastung ab dem Jahr 2001. Wir haben jetzt eine Belastung dieser Familie, wenn ich die-steuerlichen Regelungen und das Kindergeld nehme, von 706 DM. Im Jahr 2001 wird es eine Entlastung geben. Das Kindergeld wird die Steuern überschießen. Insofern werden sie einen Transfer vom Staat von netto 2 200 DM bekommen. Wenn ich bei diesen 20 Kilometern die Ökosteuer gegenrech
ne, und zwar den Stand, wie er geplant ist, immer Gesetzesla
ge, wie sie derzeit ist, sind ~ies 412 DM. Dagegen ist eine Entlastung der Rentenbeiträge von 388 DM zu rechnen. Das heißt, dass wir nach wie vor eine Entlastung von 2 176 DM haben. Es ist also ein Überschuss von 2 176 DM, den diese Familie hat. Das ist gegenüber 1998 eine Entlastung von 2 882 DM.
Wenn ich die Rechnung fortsetze und rechne sie für das Jahr 2005, dann kommen wir unter dem Strich, wobei die gleichen Kriterien unterstellt sind, also eine Erhöhung der steuerlichen Belastungen, die bereits beschlossen sind, und Entlastungsfaktoren, auf eine Summe von 4 034 DM mehr in der Tasche als jetzt. Wenn sie nominal und real rechnen und zugrunde legen, dass die Preissteigerung im Jahr bei etwa 1,4% liegt
-dabei ist mehr der Satz dieses Jahres angenommen als der in den letzten Jahren wirklich reale Durchschnitt -, dann kommen sie auf eine Differenz zwischen dem, was nominal und dem, was real an Entlastung vorhanden ist, die sich etwa auf 160 DM beläuft, was gegenzurechnen ist, was also in der jetzigen Situation in Abzug zu bringen ist.
Dies ist zu den Horrorzahlen zu sagen, die vorhin hier verbrei- tet worden sind. Ich denke, wir sollten einfach bei den Fakten bleiben. Es wird im Protokoll stehen. Sie können es nachrechnen lassen. Es wurde ·im Finanzministerium vom Kollegen Herrn Dr. Deubel gerechnet. Da bin ich ganz sicher, dass es richtig ist, was er gerechnet hat.
Jetzt nehmen wir einmal jemanden, der ein bisschen besser verdient und, um besser zu verdienen, auch bereit ist, einen noch weiteren Fahrweg auf sich zu nehmen und 80 Kilometer zur Arbeit fährt. Es ist ein Chemiefacharbeiter, verheiratet, zwei Kinder mit einem Einkommen von 100 000 DM. Das gibt es auch. Das sind zum Beispiel Leute, die aus der Westpfalz aus Kusel bis nach Ludwigshafen fahren. Es ist ein einfacher Fahrweg von 80 Kilometern. Ich nehme die gleiche Rechnung. Es kommt unter dem Strich _bei der ganzen Geschichte -wieder alles gegengerechnet-zwischen 1998 und 2001 eine Verbesserung von 3 594. DM für diese Familie heraus. Im Jahr 2005 werden es 5 117 DM sein. Auch dort beträgt die RealNominal-Differenz knapp 600 DM, die noch einmal gegenzurechnen wäre. Dies zu der Legendenbildung, das Ganze wäre sozusagen im Jahr 2005 schon alles aufgefressen.
Ich möchte Ihnen auch gern ein Beispiel eines verheirateten Malermeisters und dessen Situation bei einem durchschnittlichen zu versteuernden Gewinn vor Steuern von 90 000 DM nennen. Nun sage niemand, das hätte nichts mit der Realität zu tun. Zumindest wenn ich mit den Leuten rede, sind wir im Regelfall in dieser Größenordnung und nicht in der Regel in der Größenordnung, in der der Spitzensteuersatz greift. Dort
. haben wir eine Entlastung unter dem Strich in der Größen
ordnung von 5 641 DM anzusetzen.
Ich möchte jetzt die Beispiele nicht noch weiter fortsetzen. Ich habe noch eine ganze Reihe anderer Beispiele, die alle spitz gerechnet sind nach der Kunst unserer Steuerbeamtin
nen.und Steuerbeamten. Lassen Sie uns also mit der Mär aufhören, die Wirkung würde sich nicht so entfalten, wie wir dies in diesem Land von diesem Rednerpult aus zum Maßstab unseres politischen Handeins gemacht hC!ben.
Meine Damen und Herren, wer wüsste es nicht, oder wer sollte es de.nn verschweigen, dann spielen natürlich auch Grundorientierungen unterschiedlicher Parteien bei der Frage eine Rolle, wie wir uns bei einem so großen Steuervorhaben am Ende verhalten. Wir haben über· diese Fragen intensiv kommuniziert. Ich war ein bisschen weit weg, aber glauben Sie mir, ich habe intensivst mit komr_nuniziert, so weit die Akkus der Handys getragen habe. Der Kontakt zum Bundeskanzler war während dieser ganzen Zeit einwandfrei, auch der Kontakt zum Finanzminister. Der Kontakt zum Koalitionspartner war einwandfrei während dieser Zeit. Wir haben die Möglichkeit gehabt, die Interessen unseres Landes und die grundsätzlichenAbwägungen und Einordnungen vorzunehmen.
Dass es durchgesetzt worden und ri~htig platziert worden ist, ist im Wesentlichen das Verdienst des Kollegen Mittler. Wir haben das platziert, was letztendlich als maßgebliche Verbes
serung noch einmal für die Personengesellschaften, also für den Mittelstand einzuordnen ist. Ich werde Ihnen kein Ge
heimnis verraten, wenn ich Ihnen sage, kurz nach der Opera
tion, also kurz nach der Abstimmung, nein, es war am Samstagmorgen, hat mich Herr Eichel angerufen und hat mir ge
sagt: Ihr wart mir die Teuersten!- Frau Thomas, das hat sich aber nicht darauf bezogen, dass v11ir irgendwo um etwas gefeilscht haben, was uns aus anderen Gründen zustand, sondern wir haben nur über diese inhaltlichen Fragen gerungen, dabei allerdings eine Menge herausgeholt, weil wir das für richtig gehalten haben. Das ist die Wahrheit.
. Wenn.wir eine Chance haben, dann haben Herr Kollege Bauckhage und ich sie auch genutzt, dass wir nämlich über Luft im Investitionsplan für Straßen im Bundeshaushalt reden können. Dies ist jetzt, weil eben durch die schon eintretende psychologische Wirkung der Steuerreform, aber auch durch ein allgemeines und sich schon vorher ankündigendes Anziehen der Konjunktur·dort Luft entstanden ist. Dann wären wir geradezu leichtfertig, würden wir uns nicht melden. Wir ha
ben uns gemeldet. Sie können davon ausgehen, in anderen Fragen stehe ich auch mit der Bundesregierung in engem Kontakt. Wenn es eine Chance gibt, dann heben wir den Fin
ger, dann wollen wir auch im Interesse unseres Landes mitreden. Das hat überhaupt nichts mit politischen Kompensationsgeschäften zu tun. Das möchte ich ein für alle Mal und ganz deutlich gesagt haben: Alles andere, wenn es behauptet
. \Vird, ist eine glatte Lüge.
Ich bezichtige Sie nicht der Lüge, ich möchte es nur darge
stellt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir das, was wir an Maßstäben gehabt haben, jetzt einmal darauf abklopfen, wie die Wirkungen sein werden, dann möchte ich doch auch einige Bemerkungen dazu machen. Ich komme zunächst zu der Verzweiflungsattacke der Union, die schon im Bundes
rat losging und jetzt fortgesetzt wird, die politische Kultur in Deutschland wäre beschädigt worden. Ich möchte gar nicht so weit zurückschauen und einmal fragen, wie bestimmte Entscheidungen beispielsweise mit Aufträgen für Fregatten zu früheren Zeiten schon zustande gekommen sind.
Aber ich möchte noch eines deutlich machen.
-Lesen Sie es doch nach, Sie wissen es doch so gut wie ich.
- Nein, ich rede doch gar nicht von ,.Bimbes" oder so etwas. Ich rede davon, dass bestimmte Aufträge an bestimmte Werften vergeben worden sind und dafür bestimmte Verhaltensweisen zu bestimmten Zeiten in der Landesregierung zustan- _ de gekommen sind.
Sie müssen sich nicht aufregen. Es ist nicht alles auf Sie gemünzt. Darum geht es gar _nicht. Davon habe ich geredet. Es wardoch so. Das weiß dochjeder in Deutschland.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, dass wir nicht das Recht haben, zu kritisieren, wie Herr Kollege Diepgen sich in dieser Frage entschieden hat. Ich finde auch nicht; dass wir das Recht haben, zu kritisieren, wie Herr Kollege Perschau und Herr Kollege Scherf sich in dieser Frage entschieden haben. Das Gleiche billige ich auch der brandenbur
gischen Landesregierung zu. Ich gehe davon aus, dass sie in der Sache de-n Weg für vertretbar gehalten haben. So ist es mir auch bestätigt worden.
Unter dem Gesichtspunkt einer Interessenlage in ihrem Land haben sie eine Entscheidung getroffen. Ihnen war es nicht wert, in die Solidarität der Parteiraison in dieser Interessenlage gezwungen zu werden. Das ist die künstliche Aufregung über das Vertun von irgendwelchen Spielregeln oder irgendwelcl]en verfassungsgemäßen Vorgehensweisen im Bundesratnicht wert, was hier abgezogen wird. Ich muss sagen, das sollte man ein bisschen herunterhängen. Ich habe manchmal auch Verständnis. Ich rege mich auch manchmal auf. Aber insoweit habe ich auch Verständnis, dass sich Herr Kollege Vogel aufgeregt hat. Wenn man sich selbst in die Gewissheit redet, man könne andere wider besseres Wissen in die Parteiraison gegen das Interesse des Staates zwingen, und man läuft: damit auf, dann kann man sich innerlich so enttäuscht fühlen, dass man solche Reaktionen an den Tag legt.
So ist das zu erklären und nicht anders.
Lassen_Sie- mich über diese politische Frage, über die Frage von aufgestell~n Taktiken, die manchmal danebengehen können, hinaus ein Wort zu der P,.uswirkung auf unsere Wirtschaft sagen. Ich bin sehr zuversichtlich. Aus den in den letzten Wochen und Monaten im Land geführten Gespräche im
Zusammenhang mit der Steuerreform -- auch in den Wochen seit sie entschieden ist- ergibt sich, dass sich diese Entscheidung sehr positiv auf das Investitionsverhalten der rheinlandpfälzischen Wirtschaft auswirken wird. Das ist für uns ein wichtiges Datum, wie-immer man das im Einzelnen politisch bewertet. Ich möchte darüber hinaus sagen, dass ich davon ausgehe, dass der Trend, der sich in Rheinland-Pfalz Gott sei Dank auch im_ letzten Jahr schon abgezeichnet hat, nämlich eine positive Beschäftigungsbilanz, fortsetzt. Es ist nicht nur
die drittgünstigste Arbeitsmarktbilanz, sondern auch eine positive Beschäftigungsbilanz. Das war bundeswelt bei wei
tem nicht so.
Ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend durch diese Ent
scheidung verstärkt. Insoweit können wir auch am Arbeits
markt in den kommenden Jahren zu einer weiteren Verbesserung kommen. Ich denke, das kann niemand kalt lassen, wenn wir dort endlich die Kurve zu einer Beschäftigung fin: den, die die nominale Arbeitslosenzahl in einer Größenord
nung von unter 5 % sieht. Nach deri heute geltenden Spielre
geln kann das de-facto als Vollbeschäftigung betrachtet werden. Das muss unser Ziel sein. Wir haben realistische Chancen, dies in den nächsten Jahren zu erreichen.
Es gibt eine _Reihe von Arbeitsamtsbezirken in RheinlandPfalz- nicht nur in den Ballungsregionen -,die bereits heute in den Größenordnungen von 6 %, 6,4 %, 6,5 %, 6;7 o/o Arbeitslosigkeit liegen_. Dort können wir es schaffen, unter die Fünf-Prozent-Marke zu kommen. Das wird unsere einzusetzenden Kräfte umso stärker in die Regionen leiten, die es schwerer haben und denen wir noch stärker als bisher helfen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage ein letztes Wort zu den öffentlichen Haushalten. Ich glaube schon, es ist ein bemerkenswertes Datum. Was an Solidarität zwischen der kommunalen und landespolitischen Verantwortung gefordert ist, konnten wir ohne äußeren Druck als Entscheidung der Landesregierung - ohne dass wir deshalb von Oberbürgermeistern, von Landr~ten gedrängt werden mussten - sagen: Immerhin werden 184 Millionen DM über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren nicht im kommunalen Finanzausgleich verrechnet. - Das sind erhebliche Zinsverluste für das Land. Aber das ist ein Zeichen der Solidarität an die Kom
munen. Das darf man auch aussprechen und deutlich machen.
Ich denke, darüber hinaus ist heute auch eines klar geworden: Es hat Kassandrarufe bei der Verabschiedung des Dop
pelhaushalts 2000/2001 gegeben.
- Verehrter Herr Kollege JulliE:n, lese[J Sie einmal nach, was Sie gesagt haben, nämlich dass dieser-Haushalt danebenge
hen werde. Lesen Sie es einmal nach. Ich kann Ihnen heute sa
gen: Diese Operation, die uns - - - Es ist genannt worden. Weit über 800 Millionen DM wird es auch im kommenden Jahr an zusätzlichen Steuereinnahmeausfällen geben, die ausgeglichen werden müssen. Mit unserer Vorsorge, mitden Maßnahmen der Personalbewirtschaftung über die Personalbudgets und den vorbeugenden Maßnahmen, um die allge-.
meine Ausgabenentwicklung im Griff zu behalten, werden wir aUskommen und müssen nicht zusätzlich eine Vollbremsung in Bezug auf das Ausgabeverhalten des Landes machen. ·
Ich möchte in Erinnerung rufen, was Herr Kollege Mertes hier gesagt hat. Es wird jetzt nicht "Wünsch dir was" gegeben.
"Wünsch dir was" ist vorbei. Das geht nicht, dass man überall alles verspricht. Wir müssen aber nicht zusätzlich auf die Bremse treten. Wir haben sogar die Luft - wie Herr Bauckhage, denke ich, dies mit einem ·eindrucksvollen Programm für die Winzer deutlich gemacht hat-, diese Notwendigkeiten zu erfüllen und das in Ordming zu halten.
Das \'l[ird auch für 2001 gelten. Wir brauchen keinen Nach
tragshaushalt. Wir brauchen keine Haushaltssperre, weder in
2000 noch in 2001. Die Regierung ist stolz darauf, und darauf können die- sie tragenden Regierungsfraktionen stolz sein, dass sie es geschafft habe·n, eine Steuerreform, eine so große Entlastung der -Bürger, jnsbesondere der Familien mit Kin
dern, der Wirtschaft zu verkraften und auf der anderen Seite die notwendigen Investitionen und Impulse der öffentlichen Hand weiterzugeben und die Nettoneuverschuldung über die mittelfristige Finanzplanung in diesem Land auf nu!! zu fahren. Das ist für ein Land wie Rhein!and-Pfa!z eine gewaltige Leistung. Das wollen wir auch einmal reklamieren dürfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für meine Begriffe bleibt angesagt, dass wir die sich ergebenden Chancen noch mehren, indem wir die Kräfte bündeln und zusammennehmen und dass wir das große Sozia!werk, nä!lllich die Rentenversicherung, für die kommenden 20 bis 30 Jahre stabilisie- · ren. Diese Chance besteht in Deutschland. Wenn wir das ge
schafft haben, können wir wirklich sagen, wir haben den Reformstau durchbrachen. Diese Bundesrepublik Deutschland und unser Land Rheinland-Pfalzwerden auch durch unser eigenes Zutun im Reigen der Nationen, der Wirtsch~ftsnatio nen und_ auch im Reigen der Regionen in Europa und darüber hinaus in Zukunft eine führende Rolle spielen können. Darum ist es gegangen. Das ist erreicht. Diese Chance haben wir.
Ich bitte Sie herzlich, diese Chance nichtdurch Ihr Schlechtre
den zu mindern. (Anhaltend Bei_fa[( der SPD und der F.D.P.)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit 53 Jahren haben wir in diesem Land
Rheiniand-Pfaiz, seit gut 50 jahren in Deutschland West und seit gut zehn Jahren in Deutschland insgesamt eine freiheitliche Grundordnung, die jedem einzelnen Menschen so viele Chancen und so viele Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung und unserer Gesellschaft insgesamt eine Chance zur positiven Zukunftsentscheidung und -ent\tvicklung gibt, wie dies nie zuvor in den Grenzen Deutschlands, sicher auch in den Grenzen Europas und darüber hinaus, der Fall gewesen ist.
Wir müssen hin und wieder daran erinnern, welche Bedeutung diese Freiheitsrechte, welche Bedeutung diese Mitwir•
kungsrechte in einer Gesellschaftsordnung haben. Wir müssen auch immer wieder in Gesprächen mit jungen Menschen, aber nicht nur mit jungen Menschen, herausstellen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dies alles für alle Zeit zu behalten, weil man es einmal von den eigenen Eltern oder Großeltern erworben, übertragen bekommen und übernommen hat.
Demokratie muss immer wieder neu erworben werden. Das mag wie eine allgemeine Weisheit klingen, aber gerade die Herausforderung, über die wir derzeit reden, hat mit dieser Grundwahrheit eine ganze Menge zu tun.
Aus diesem Grund kommt es in erster Linie darauf an, dass wir uns unser eigenes Verhalten und das Verhalten, das wir als Eltern, Nachbarn, Arb~itskolleginnen und Arbeitskollegen an den Tag legen, bewusst machen, auch wenn es im Alltag die eine oder andere Verirrung hinsichtlich des Nichtbeach
L~ndtag Rheinland-Pfalz- 13. Wahlperiode -113. Sitzung, 16. August 2000 8517
tens der notwendigen Solidarität und des notwendigen Respekts geben mag. Das respektvolle Umgehen llliteinander
und das Tolerieren der Freiheit der anderen ist die entscheidende Grundlage dafür, dass wir das richtige Beispiel geben und nicht den Eindruck erwecken, als könnten sich diejeni
. gen, die diese Verirrungen zur Regel machen wollen, auf eine
Basis in der Gesellschaft stützen.
Meine Damen und Herren, ich scheue mich nicht, auch an die
ser Stelle noch einmal deutlich zu sagen, dass es gut ist, dass in dieser Debatte und bei anderen Gelegenheiten die Werte
frage immer wieder gestellt und in die gemeinschaftliche Erinnerung in unserer Gesellschaft gerufen wird. Es zeigt sich, dass sich dort, wo Menschen in neue Herausforderungssituationen hineingeworfen werden und darauf nicht vorbereitet · sind, Vakuen bilden. ln diese Vakuen strömen Entwicklungen hinein, die nicht von allen als vernünftig aufgenommen und verarbeitet werden und durchaus zu solchen Tendenzen, wie wir sie derzeit im Rechtsex-tremismus erleben müssen, führen können.
Was in den neuen Ländern in besonderer Weise, aber auch bei uns - wenn auch nicht so ausgeprägt- geschieht, hat et
was mitWerteverlusten, Orientierungslosigkeit und damit zu tun, dass es uns nicht gelungen ist, nach dem Druck, der gera
de auf die Menschen in den neuen Ländern über Jahrzehnte hinweg ausgeübt worden ist, neue Orientierung zu setzen,
die sich an den demokratischen Entwicklungen festmachen kann.
Diese muss natürlich immer gegenüber den Bevölkerungskreisen untermauert sein, die sich ausgegrenzt fühlen. Ob sie es wirklich sind, spielt dabei nicht die entscheidende Rolle. Wir müssen diesen Menschen immer wieder eine Perspektive anbieten, damit sie ihr Leben meistern können und sich nicht zurückziehen und sagen: Wir sind ohnehin die Ausgestoßenen. Des\vegen können wir uns auch so benehmen und schließen uns im Zweifelsfall denjenigen an, die in dieser Ge~ sellschaft scheinbar die Rechte dieser Außenstehenden vertreten.
Das fordert der Gesellschaft natürlich vieles ab. Es fordert ihr zum Beispiel ab, dass wir allen Menschen eine Perspektive im Arbeits- und Wirtschaftsleben bieten können. Es fordert uns auch ab, dass wir das Gefühl der Solidarität und der Mit
menschlichkeit möglichst für alle praktisch erlebbar machen. Deshalb dürfen \vir uns in unserer Gesellschaft nicht auf die Funktionalität, gute Sprachkenntnisse, den Umgang mit der Technik und den Naturwissenschaften reduzieren lassen. ln
Zukunft muss genauso.dazukommen, dass wir miteinander umgehen können und wissen, was Freiheit und Menschlichkeit bedeuten.
Ich sage dies ausdrücklich in erster Linie nicht nur an die Adresse der Schulen- das wäre zu wohlfeil-, sondern auch an
unser aller Adresse, ob wir Eltern oder Großeltern, Tante oder Orikel sind und ob wir uns in politischer oder gesellschaftlicher Veranüvortung befinden. Wir können alle einen Beitrag dazu leisten, damit dieses Gefühl des FüreinanderVerantwortung-Tragens in einer Gesellschaft nicht völlig an den Rand gedrängt wird. Vor diesem Hintergrund ist die Politik der Landesregierung entwickelt, die Herr Kollege Zuber in ihrer Gänze und in ihrem Zusammenhang dargestellt hat. Ich möchte mich darauf ausdrücklich beziehen.
Es muss natürlich dabei bleiben, dass wir Prävention in einem sehr weiten Sinn verstehen. Wir müssen Prävention so verste
hen, dass wir den Menschen·Perspektiven geben und denjeni
gen, die besonders benachteiligt sind, besondere Hilfen an
bieten, um aus ihrer Situation herauskommen zu können. Die hohe Langzeitarbeitslosigkeit hat einen Beitrag dazu gelei
stet, dass sich bestimmte Wohnbereiche in unseren Städten· und Gemeinden, in denen soziale Probleme vorherrschend sind, vergrößert haben. Wenn dies so ist, muss den Menschen, die dort leben, insbesondere den Kindern und den Jugendlichen, die dort heranwachsen, ein besonderes Angebot gemacht werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Angebote im Bereich der aufsuchenden, begleitenden und beratenden Jugendarbeit hinweisen. Vielleicht müssen wir unser Angebot noch ein bisschen deutlicher herausstellen, damit es auch angen.ommen wird. Es gibt ein sehr breites Angebot. Ich bin den Kommunen dankbar, dass sie ihrerseits solche Bemühungen unterstützen und damit ihrer Verantwor
tung auch diesbe_züglich gerecht werden.
Diese Anstrengungen werden wir fortsetzen und natürlich immerwiederautihre Zielgenauigkeit hin zu überprüfen haben; denn das, was wir an gesellschaftlichen Entwicklungen vorfinden, ist kein statischer Sachverhalt, sondern ein Prozess, der sich verändert und dem wir auch· mit unseren Maßnahmen entsprechend zu folgen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Prävention ist auch in dem Sinn zu begreifen, dass wir versuchen, ausländischen Menschen, Menschen anderer Rasse urid Hautfarbe, anderer Religion, behinderten Menschen und Leuten, die anders auf
treten oder aussehen wie wir, zu begegnen.
Ich glaube, dass dem Gedanken, den Herr Kollege Zuber bereits vor Jahren in die Diskussion und in die Umsetzung eingebracht hat, nämlich die Einführung der Präventionsräte auf kommunaler Ebene.und.jetrtauf Landesebene, eine ganz hohe Bedeutung zukommt, weil wir uns einfach mit Entwicklungen befassen müssen, die möglich und augenscheinlich sind. An beides muss gedacht werden, an das eine vorweg und an das andere g_anz konkret, um uns für solche Enhvicklungen zu wappnen und nicht von solchen überholt u.nd dann als hilflos eingestuft zu werden. Diese Hilflosigkeit wird nämlich dann als Schwäche ausgelegt mit der Folge, ~ass man sich be
sonders stark fühlt und auch so verhält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben diesen präventiven Bemühungen müssen wir als Gesellschaft auch die Offenheit haben, den Personen, die sich einmal verirrt haben und jemandem hinterherlaufen, der Kameradschaft verspricht und in Wirklichkeit Menschen zu Gewalt anhält und ins Unglück hineinführen will, zu sagen: Ihr könnt euch umdrehen. Ihr könnt den anderen Weg in die Gesellschaft zurückgehen.
Deshalb muss unsere Gesprächsbereitschaft vorhanden sein. Ich möchte heute in diesem Parlament ausdrücklich betonen, dass ich jederzeit für junge Menschen ansprechbar bin, die sich lösen und einen anderen Weg gehen wollen. Ich bin bereit, alles zu tun. Ich bitte Sie alle, mitzuhelfen, dass wir diesen jungen Leuten sagen: Wenn ihr euch wirklich besinnt, - könnt ihr in diese Gesellschaft zurückkehren. Dann wollen
wir euch auch. Ihr seid mit der Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe nicht markiert. Diese Gesellschaft ist nicht gnadenlos, sondern eine solidarische Gesellschaft. Das kam) an guten Beispielen bewiesen werden.
Dies muss allerdings immer die klare Aussage gegenüber denjenigen folgen lassen, die sich nicht besinnen, diesen Rechtsstaat herausfordern wollen und die meinen, sie könnten ihre Provokation auf die Spitze treiben. Deshalb war und ist es notwendig - ich bin sehr froh darüber, dass in diesem Sommer 2000 diese Diskussion so breit geführt wird-, die Illusion wegzunehmen, sie könnten sich irgendirJo ganz hinten im Hinterstübchen auf eine Rechtfertigungssituation berufen, weil viele in der Gesellschaft so denken würden.