Protokoll der Sitzung vom 17.08.2000

(Böhr, CDU: Jederzeit!)

- Das ist nett. (Beifall bei der SPD)

Schauen wir uns einmal an, wie das aussieht unter Einbeziehung des Kindergelds für diese Familie. Einbezogen ist ein Pendelweg von 20 Kilometern. Ich komme noch auf einen Pendelweg - immer einfache Strecke, weil das steuerrelevant ist- von 80 Kilometern, damit niemand sagen kann, er rechnet schön. wfr haben eine Entlastung ab dem Jahr 2001. Wir haben jetzt eine Belastung dieser Familie, wenn ich die-steuerlichen Regelungen und das Kindergeld nehme, von 706 DM. Im Jahr 2001 wird es eine Entlastung geben. Das Kindergeld wird die Steuern überschießen. Insofern werden sie einen Transfer vom Staat von netto 2 200 DM bekommen. Wenn ich bei diesen 20 Kilometern die Ökosteuer gegenrech

ne, und zwar den Stand, wie er geplant ist, immer Gesetzesla

ge, wie sie derzeit ist, sind ~ies 412 DM. Dagegen ist eine Entlastung der Rentenbeiträge von 388 DM zu rechnen. Das heißt, dass wir nach wie vor eine Entlastung von 2 176 DM haben. Es ist also ein Überschuss von 2 176 DM, den diese Familie hat. Das ist gegenüber 1998 eine Entlastung von 2 882 DM.

Wenn ich die Rechnung fortsetze und rechne sie für das Jahr 2005, dann kommen wir unter dem Strich, wobei die gleichen Kriterien unterstellt sind, also eine Erhöhung der steuerlichen Belastungen, die bereits beschlossen sind, und Entlastungsfaktoren, auf eine Summe von 4 034 DM mehr in der Tasche als jetzt. Wenn sie nominal und real rechnen und zugrunde legen, dass die Preissteigerung im Jahr bei etwa 1,4% liegt

-dabei ist mehr der Satz dieses Jahres angenommen als der in den letzten Jahren wirklich reale Durchschnitt -, dann kommen sie auf eine Differenz zwischen dem, was nominal und dem, was real an Entlastung vorhanden ist, die sich etwa auf 160 DM beläuft, was gegenzurechnen ist, was also in der jetzigen Situation in Abzug zu bringen ist.

Dies ist zu den Horrorzahlen zu sagen, die vorhin hier verbrei- tet worden sind. Ich denke, wir sollten einfach bei den Fakten bleiben. Es wird im Protokoll stehen. Sie können es nachrechnen lassen. Es wurde ·im Finanzministerium vom Kollegen Herrn Dr. Deubel gerechnet. Da bin ich ganz sicher, dass es richtig ist, was er gerechnet hat.

(Beifall bei der ~PD)

Jetzt nehmen wir einmal jemanden, der ein bisschen besser verdient und, um besser zu verdienen, auch bereit ist, einen noch weiteren Fahrweg auf sich zu nehmen und 80 Kilometer zur Arbeit fährt. Es ist ein Chemiefacharbeiter, verheiratet, zwei Kinder mit einem Einkommen von 100 000 DM. Das gibt es auch. Das sind zum Beispiel Leute, die aus der Westpfalz aus Kusel bis nach Ludwigshafen fahren. Es ist ein einfacher Fahrweg von 80 Kilometern. Ich nehme die gleiche Rechnung. Es kommt unter dem Strich _bei der ganzen Geschichte -wieder alles gegengerechnet-zwischen 1998 und 2001 eine Verbesserung von 3 594. DM für diese Familie heraus. Im Jahr 2005 werden es 5 117 DM sein. Auch dort beträgt die RealNominal-Differenz knapp 600 DM, die noch einmal gegenzurechnen wäre. Dies zu der Legendenbildung, das Ganze wäre sozusagen im Jahr 2005 schon alles aufgefressen.

Ich möchte Ihnen auch gern ein Beispiel eines verheirateten Malermeisters und dessen Situation bei einem durchschnittlichen zu versteuernden Gewinn vor Steuern von 90 000 DM nennen. Nun sage niemand, das hätte nichts mit der Realität zu tun. Zumindest wenn ich mit den Leuten rede, sind wir im Regelfall in dieser Größenordnung und nicht in der Regel in der Größenordnung, in der der Spitzensteuersatz greift. Dort

. haben wir eine Entlastung unter dem Strich in der Größen

ordnung von 5 641 DM anzusetzen.

Ich möchte jetzt die Beispiele nicht noch weiter fortsetzen. Ich habe noch eine ganze Reihe anderer Beispiele, die alle spitz gerechnet sind nach der Kunst unserer Steuerbeamtin

nen.und Steuerbeamten. Lassen Sie uns also mit der Mär aufhören, die Wirkung würde sich nicht so entfalten, wie wir dies in diesem Land von diesem Rednerpult aus zum Maßstab unseres politischen Handeins gemacht hC!ben.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, wer wüsste es nicht, oder wer sollte es de.nn verschweigen, dann spielen natürlich auch Grundorientierungen unterschiedlicher Parteien bei der Frage eine Rolle, wie wir uns bei einem so großen Steuervorhaben am Ende verhalten. Wir haben über· diese Fragen intensiv kommuniziert. Ich war ein bisschen weit weg, aber glauben Sie mir, ich habe intensivst mit komr_nuniziert, so weit die Akkus der Handys getragen habe. Der Kontakt zum Bundeskanzler war während dieser ganzen Zeit einwandfrei, auch der Kontakt zum Finanzminister. Der Kontakt zum Koalitionspartner war einwandfrei während dieser Zeit. Wir haben die Möglichkeit gehabt, die Interessen unseres Landes und die grundsätzlichenAbwägungen und Einordnungen vorzunehmen.

Dass es durchgesetzt worden und ri~htig platziert worden ist, ist im Wesentlichen das Verdienst des Kollegen Mittler. Wir haben das platziert, was letztendlich als maßgebliche Verbes

serung noch einmal für die Personengesellschaften, also für den Mittelstand einzuordnen ist. Ich werde Ihnen kein Ge

heimnis verraten, wenn ich Ihnen sage, kurz nach der Opera

tion, also kurz nach der Abstimmung, nein, es war am Samstagmorgen, hat mich Herr Eichel angerufen und hat mir ge

sagt: Ihr wart mir die Teuersten!- Frau Thomas, das hat sich aber nicht darauf bezogen, dass v11ir irgendwo um etwas gefeilscht haben, was uns aus anderen Gründen zustand, sondern wir haben nur über diese inhaltlichen Fragen gerungen, dabei allerdings eine Menge herausgeholt, weil wir das für richtig gehalten haben. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

. Wenn.wir eine Chance haben, dann haben Herr Kollege Bauckhage und ich sie auch genutzt, dass wir nämlich über Luft im Investitionsplan für Straßen im Bundeshaushalt reden können. Dies ist jetzt, weil eben durch die schon eintretende psychologische Wirkung der Steuerreform, aber auch durch ein allgemeines und sich schon vorher ankündigendes Anziehen der Konjunktur·dort Luft entstanden ist. Dann wären wir geradezu leichtfertig, würden wir uns nicht melden. Wir ha

ben uns gemeldet. Sie können davon ausgehen, in anderen Fragen stehe ich auch mit der Bundesregierung in engem Kontakt. Wenn es eine Chance gibt, dann heben wir den Fin

ger, dann wollen wir auch im Interesse unseres Landes mitreden. Das hat überhaupt nichts mit politischen Kompensationsgeschäften zu tun. Das möchte ich ein für alle Mal und ganz deutlich gesagt haben: Alles andere, wenn es behauptet

. \Vird, ist eine glatte Lüge.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Ich bezichtige Sie nicht der Lüge, ich möchte es nur darge

stellt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir das, was wir an Maßstäben gehabt haben, jetzt einmal darauf abklopfen, wie die Wirkungen sein werden, dann möchte ich doch auch einige Bemerkungen dazu machen. Ich komme zunächst zu der Verzweiflungsattacke der Union, die schon im Bundes

rat losging und jetzt fortgesetzt wird, die politische Kultur in Deutschland wäre beschädigt worden. Ich möchte gar nicht so weit zurückschauen und einmal fragen, wie bestimmte Entscheidungen beispielsweise mit Aufträgen für Fregatten zu früheren Zeiten schon zustande gekommen sind.

(Böhr, CDU: Wie denr:, Herr Ministerpräsident?)

Aber ich möchte noch eines deutlich machen.

(Böhr, CDU: Wie denn, Herr Ministerpräsident?)

-Lesen Sie es doch nach, Sie wissen es doch so gut wie ich.

(B.öhr, CDU: Wie denn, Herr Ministerpräsident?- Mertes, SPD: Lesen Sie es doch nach!- Weitere Zurufe von der CDU)

- Nein, ich rede doch gar nicht von ,.Bimbes" oder so etwas. Ich rede davon, dass bestimmte Aufträge an bestimmte Werften vergeben worden sind und dafür bestimmte Verhaltensweisen zu bestimmten Zeiten in der Landesregierung zustan- _ de gekommen sind.

(Beifall bei der SPD)

Sie müssen sich nicht aufregen. Es ist nicht alles auf Sie gemünzt. Darum geht es gar _nicht. Davon habe ich geredet. Es wardoch so. Das weiß dochjeder in Deutschland.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, dass wir nicht das Recht haben, zu kritisieren, wie Herr Kollege Diepgen sich in dieser Frage entschieden hat. Ich finde auch nicht; dass wir das Recht haben, zu kritisieren, wie Herr Kollege Perschau und Herr Kollege Scherf sich in dieser Frage entschieden haben. Das Gleiche billige ich auch der brandenbur

gischen Landesregierung zu. Ich gehe davon aus, dass sie in der Sache de-n Weg für vertretbar gehalten haben. So ist es mir auch bestätigt worden.

Unter dem Gesichtspunkt einer Interessenlage in ihrem Land haben sie eine Entscheidung getroffen. Ihnen war es nicht wert, in die Solidarität der Parteiraison in dieser Interessenlage gezwungen zu werden. Das ist die künstliche Aufregung über das Vertun von irgendwelchen Spielregeln oder irgendwelcl]en verfassungsgemäßen Vorgehensweisen im Bundesratnicht wert, was hier abgezogen wird. Ich muss sagen, das sollte man ein bisschen herunterhängen. Ich habe manchmal auch Verständnis. Ich rege mich auch manchmal auf. Aber insoweit habe ich auch Verständnis, dass sich Herr Kollege Vogel aufgeregt hat. Wenn man sich selbst in die Gewissheit redet, man könne andere wider besseres Wissen in die Parteiraison gegen das Interesse des Staates zwingen, und man läuft: damit auf, dann kann man sich innerlich so enttäuscht fühlen, dass man solche Reaktionen an den Tag legt.

(Beifall bei SPD und F.D.P.- Zuruf des Abg. Schöneberg, CDU)

So ist das zu erklären und nicht anders.

Lassen_Sie- mich über diese politische Frage, über die Frage von aufgestell~n Taktiken, die manchmal danebengehen können, hinaus ein Wort zu der P,.uswirkung auf unsere Wirtschaft sagen. Ich bin sehr zuversichtlich. Aus den in den letzten Wochen und Monaten im Land geführten Gespräche im

Zusammenhang mit der Steuerreform -- auch in den Wochen seit sie entschieden ist- ergibt sich, dass sich diese Entscheidung sehr positiv auf das Investitionsverhalten der rheinlandpfälzischen Wirtschaft auswirken wird. Das ist für uns ein wichtiges Datum, wie-immer man das im Einzelnen politisch bewertet. Ich möchte darüber hinaus sagen, dass ich davon ausgehe, dass der Trend, der sich in Rheinland-Pfalz Gott sei Dank auch im_ letzten Jahr schon abgezeichnet hat, nämlich eine positive Beschäftigungsbilanz, fortsetzt. Es ist nicht nur

die drittgünstigste Arbeitsmarktbilanz, sondern auch eine positive Beschäftigungsbilanz. Das war bundeswelt bei wei

tem nicht so.

Ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend durch diese Ent