Protokoll der Sitzung vom 17.08.2000

Fall möglich ist, bei dem es um zwei -kurdische Geschwister ging, die abgeschoben werden sollten. _

Ich möchte auch sagen, in diesem Fall wurde von einem Mitglied des Petitionsausschusses, von Herrn Schreiner, zum Teil unsäglich argumentiert, indem er sagte, man solle sich lieber um rheinland-pfälzische Bürgerinnen und Bürger kümmern als um Mei]SChen, die ohnehin auf der Liste der Abschiebung stehen. Ich habe das damals nicht noch einmal angesprochen. Aber ich möchte heute sagen, ich halte das für völlig verfehlt, und ich hielt es auch damals für völlig verfehlt. Ich glaube, so kann man rnit ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern oder Einwohnerinnen und Einwohnern nicht umgehen, auch wenn es keine Staatsbürger sind, Herr Schreiner.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- ZurufdesAbg. Schreiner, CDU)

-Wollen Sie eine Zwischenfrage stellen? Dann benutzen Sie das -Mikrophon!

(Schreiner, CDU: Nein, das will ich nicht! Si~ haben mirdamals nicht zugeh-ört, und ich habe keine Hoffnung, -dass Sie mir heute zuhören!)

Herr Schreiner, ich - zitiere aus dem Protokoll vom 11. Mai 2000: ,.Herr Dr. Braun,", sagt Herr Schreiner, ·.. ich wünsche mir, dass Sie häufiger mit der gleichen Inbrunst für rheinland-pfälzische Bürger fm Petitionsausschuss eintreten, die um ihre Baugenehmigung kämpfen oder denen der Stadtbus durchs Wohnzimmer fährt." Dann haben Sie entsprechend gesagt, die anderen Fälle sind weniger wichtig. Das stimmt eben nicht. Alle Fälle sind gleich wichtig.Die Fäl

- le, die die Ausländer-betreffen, sind genauso wichtig. Sie sind

diesbezuglieh vielleicht auf einer Linie mit dem- Oberbürgermeister der Stadt Landau, Herrn Dr. Wolff, der gedacht hat, ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Deutschland hätten gar kein Recht auf Petitionen. Herr Schreiner, das ist njcht so, vielleic~t_lernen Sie das auch noch.

Im Bereich dieses einen Verfahrens können wir doch einen Erfolg vermelden, obwohl damals der Petitionsausschuss und das Parlament abgelehnend reagiert haben. Deswegen war es richtig, diese Petition im Parlament zu besprechen, damit wir sehen, es gibt noch Wege, auch wenn schon alles hoffnungslos aussieht. Das Bundesamt in Nürnberg hat entschie

den, die Geschwister dürfen bleiben. Das konnte nur so geschehen, weil es ein Kirchena5yl gab, ansonsten wären c:fie Geschwister abgeschoben worden, Das konnte nur so geschehen, weil es ein-Petitionsverfahren gab, das die Abschiebung zunächst einmal aussetzt.

Das ist richtig, und das muss beibehalten werden. Darum_bit-te ich die Abgeordneten, die heute zuhören und die das Protokolllesen können, also alle Mitglieder des Landtages: Wer

ben Sie vor Ort dafür, dass dies~s Verfahren beibehalten wird, dass Petitionen ln Rheinland-Pfalz eine aufschiebende Wirkung haben. Wir können damit Menschen aus Not retten, und dies war ein Beispiel dafür. Wir können damit Menschen aus Not und Gefahr retten: Ich glaube, es istwichtig, dass der Petitionsausschuss dieses Recht hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen möchte ich auch noch einmal erwähnen, das Pa_rlament, das Ministerium und auch die Landesregierung müssen darüber wachen, dass der Petitionsausschuss und de; Bürger

beauftragte ernst genommen werden. Es gibt erste Anzeichen, dass die Bürgermeister mancher Städte, wie beispielsweise Herr Deubig in Kaiserslautern, überhaupt nicht mehr ant1111orten, wenn der Bürgerbeauftragte sie anschreibt. Das kann nicht sein, das darf nicht sein, und das untergräbt die politischen Möglichkeiten dieses Parlaments.

Es istdarauf hinzuweisen, der Petitionsa_usschuss und der Bürgerbeauftragte haben das Recht nachzufragen, und sie haben auch das Recht auf eine Antwort. Es kann nicht sein, dass Kommunalpolitiker sagen, das geht uns nichts an, sollen die doch machen, was sie wollen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPO)

Insgesamt wünsche ich mir vom Petitionsausschuss, dass er auch bei seiner nächsten -Zusammensetzung so weiterarbeiten kann.--Dieser Ausschuss arbeitet am längsten. Auch nach _ der Wahl werden wir uns noch treffen. Wir werden auch dann noch entscheiden müssen und entscheiden dürfen, wie es mit den Petitionsverfahren weitergeht. Der Petitionsaus:

schuss sollte aber auch mehr Selbstbewusstsein und mehr Mut haben, die Landesregierung mit einzubeziehen und zweifelhafte Petitionen an die Landesregierung zu verweisen. Das Parlament hatsein Recht. Es gibt diesen Petitionsausschuss aus bestimmten Gründen, nämlich um Verwaltungen mit zu kontrollieren, und zu diesen Verwaltungen gehört auch die Landesregierung.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Dröscher das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesverfassung gewährleistet jedermann das Recht, sich mit Eingaben an den Landtag zu wenden. Der Landtag hat

die Entgegennahme, die sachliche Prüfung und die Beantwortung dieser Petitionen dem Petitionsausschuss übertragen, der dabei vom Bürgerbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt wird.

Die Inanspruchnahme des Petitionsrechts ist für die Bürgerinnen und Bürger des LandesRheinland-Pfalz in den vergangenen Jahrzehnten- im Jahr 1999 feierten wir das 25-jährige Jubiläum- der Einrichtung der Stelle des Bürgerbeauftragten selbstverständlich geworden. 1999 waren es fast 3 000 Einga

ben aus allen Städten und Landkreisen unseres Landes, aber auch aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland. Zusammen mit einigen hundert Gesprächen bei den Sprechtagen des Bürgerbeauftragten belegt dies eindrucksvoll diese Selbstverständlichkeit, dass im Land Rheinland-Pfalz jedermann das Recht hat, sich mit Eingaben an uns zu ~venden.

Im Durchschnittsind es sechs von 10 000 Eimoyohnern des Lan

des, die dieses Recht in Anspruch nehmen, wobei die Bürge

rinnen und Bürger der Stadt Mainz und aus dem näheren Umfeld mit mehr als zehn von 10 000 Einwohnern die absolu

te Spitze darstellen, während die Einwohner der Region Frankenthai mit 1,9 Einwohnern am wenigsten petitionsfreudig sind. Man kann nun darüber streiten, ob es die größere

Leidensfähigkeit der Frankenthaler oder weniger Grund zu Beschwerden ist; Dies istsicherlich eine Mentalitätsfrage.

(Zuruf von der CDU: Das liegt am guten Abgeordneten!- Rösch, SPD: Das sieht man am Kollegen Dr. Schiffrnann!)

Die Schwerpunkte lagen wie in den vergangenen Jahren mit 12,5 % im Ausländerwesen, beim Sozialhilfegesetz, beim Strafvollzug und etwas weniger als in den vergangenen Jah

ren beim Bauaufsichtsrecht. ln diesem Bereich hat sich die neue Landesbauordnung sicherlich bewährt.

lnsg~samt sind die Schwer-punkte dieser Eingaben sicher auch ein Barometer für gesellschaftspolitische Probleme und für die Qualität von Gesetzen und Verordnungen. Die Diskussion holt uns jeweils ein.

Das Ergebnis bei fast 3 000 Petitionen ist zunächst einmal auf den ersten Blick sehr gut; denn von den abgeschlossenen 2 907 waren nur 720 nicht einvernehmlich. Wir als Ausschuss bekommen natürlich diese nicht einvernehmlichen Sachen auf den Tisch. Da kann manchmal die Frustration schon wachsen. Meine Erfahrung aus den vergangeneo Jahren ist, dass diese Petitionen, die mit dem Vorschlag eines nicht einver

nehmlichen Abschlusses auf die Tage~ordnung des Ausschusses kommen, vom Bürgerbeauftragten und seinem Team sorgfältig und teilweise mit einem erheblichen Arbeitsaufwand auf alle Möglichkeiten der Hilfe für die Petenten abgeklopft worden sind. Das erleichtert-wesentlich die Arbeit der Ausschussmitglieder, die diese Vorgänge vertreten müssen.

ln diesem Zusammenhang ein herzliches Dankeschön an Uli Galle und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diese Unterstützung und Zuarbeit

(Beifall bei SPD, F.D.P. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, die den Ausschuss ebenfalls nach Kräften unterstützen.

Das Ergebnis zeigt a_ber auch, dass die Möglichkeiten des Aus

schusses begrenzt sind. ln vielen Fällen müssen wir doch akzeptieren, dass auch Anliegen von Petenten, denen wir gern in einer schwierigen Situation helfen würden, nicht entsprochen werden kann. Das sind weniger die Fälle, die in der Presse groß berichtet werden, wie das Falschparken auf dem eigenen Grundstück oder das mit den Schornsteinfegern. Das sind in vielen Fällen auch ganz schwierige und dramatische Situationen, die einfach nicht bereinigt werden können.

Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass die Arbeit dieses Ausschusses- das wurde von den Vorrednern bereits erwähnt -eher im Verborgenen geschieht und dass es auch nicht so attraktiv zu sein scheint, diesem Ausschuss anzugehören und

dass auch die Besprechung des Berichts von der einen Sitzung auf die andere verschoben wurde. Deshalb besteht heute auch der Bedarf an Werbung für diese Arbeit.

Wir haben heute im zweiten Teil der Aktuellen Stunde ge

hört, dass die Rückführung der Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien und dem Kosovo aufgrund der hohen Rückkehrbereitschaft zügig geschieht. Das ist ein gutes Ergebni?.

· Im Petitionsausschuss haben wir es aber dann gerade mit den

Menschen zu tun, die aus teilweise sicher sehr subjektiven Gründen nicht zurück wollen. Für mich persönlich und für an-·

dere Mitglieder des Ausschusses sind es oft auch die schwie