Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Im Sommer dieses Jahres hat die Landesregierung auf Anforderung des Landtags einen umfassenden Bericht über die Situation und die Perspektiven des Sports und der Sportförde

rung in Rheinland-Pfalz vorgelegt. Dieser Bericht behandelt die gesellschaftlichen Funktionen· des Sports, die Arbeit der Sportorganisationen und die sich ständig wandelnden Rahmenbedingungen, die Grundsätze und Förderschwerpunkte der Sportpolitik der Landesregierung und die ZukunrLSperspektiven· des Sports in unserem Land. Er geht ausführlich und detailiert auf den Breiten-, Leistungs- und Behindertensport ein, befasst sich mit dem Schul- und- Hochschulsport, dem Kinder-, Jugend- und Seniorensport, um nur einige •·•ichtige Beispiele zu nennen.

Daneben wird eine Vielzahl wichtiger sportpolitischer Einzelaspekte dargestellt. Wir werden den Bericht heute im Plenum

behandeln. Ich will nur auf einzelne wichtige Aspekte und Perspektiven kurz eingehen.

Zentrale Zukunftsaufgabe staatlicher Sportpolitik und Sportförderung bleibt es, die organisatorische, personelle und bauliche Infrastruktur des Sports zu sichern und seine sozial

politischen Funktionen durch entsprechende Förderprogramme aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln.

(Beifall des Abg. Dr. Schiffmann:sPD)

Dabei müssen die Autonomie des Sports gewahrt bleiben und die notvvendigen Rahmenbedingungen für seine ehrenamtlich getragene Organisation gesichert werden.

Meine Damen und Herren, umgekehrt hat der Sport die Aufgabe, seine Organisation so zu gestalten, dass Mittel nicht in unsinnige und im Kommunikationszeitalter überholte Struk

turen fließen.

(Beifall der SPD)

Die Landesregierung als subsidiärer Partner des Sports hat insbesondere die Pflicht, dort gezielt zu helfen, wo soziale Defizite am größten sind. Das betrifft zum Be!ispiel gesellschaftlich benachteiligte Gruppen wie ausländische Jugendli

che, Behinderte, Arbeitslose oder ivienschen aus sozialen Brennpunkten unserer Gesellschaft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unerlässlich ist vor allem eine Stabilisierung und Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Ehrenamt im Sport. Sie alle wissen, wie sich die Landesregierung und sämtliche Fraktionen seit einigen Jahren noch intensiver um die Stärkung des Ehrenamts bemühen. Der Aufbau einer landesweiten Ehrenamtsagentur sowie von Ehrenamtsbörsen in den Kommunen, die Veranstaltung von Kongressen, Fachtagungen und Informationsveranstaltungen; die Schaffung eines-interministeriellen Ausschusses zur Koordinierung aller Aktivitäten zur Förderung des Ehrenamts, die vom Ministerpräsidenten ins Leben gerufene Initiative.. Wirtun was" sowie inzwischen viele Anträge, Debatten und Diskussionen im Landtag sind nur. einige Facetten dieser wichtigen politischen Arbeit.

Im Sport hat vor allen Dingen das so genannte 630-DMGesetz Aufregung verursacht. Dieses Gesetz war vom Grundsatz herwi'chtig und richtig, weil es Missbräuche bekämpft,

Zurufe von der CDU)

in einigen Fällen auch Missbräuche im Sport. Aber es hat auch als unbeabsichtigte Nebenwirkung für viele Organisationen, deren Arbeit durch gering vergütete Ehrenamtliche getragen wird, iusätztich_e Bürokratie gebracht. Dies muss durch Vereinfachungen und Pauschalregelungen wieder geändert werden.

(Beifall bei der SPD)

Der Bundeskanzler hat dies in einem Gespräch mit dem Präsi" denten des Deutschen Sportbundes in diesem Sommer zugesagt. ln einem Briefwechsel mit Bundesarbeitsminister Riester habe ich solche Vereinfachungen, insbesondere eine Harmonisierung zwischen Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht,

gefordert, und er hat verspmchen, sich bei den Spitzenverbänden der Sozialversicherung dafür einzusetzen. Es ist im Übrigen bekannt, dass eine hochrangige Arbeitsgruppe der Bundesregierung kurz vor dem Abschluss ihrer Arbeiten steht und die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages ebenfalls entsprechende Vorschläge machen wird.

Gemeinsam werden wir in den kommenden Jahren auch darüber nachzudenken haben, wie wir Ve_reinen mit ver~insei

genen Sportanlagen bei der Unterhaltung und Sanierung helfen können. Sowohl im Hinblick auf diese Problematik als auch als generelle Unterstützung für die Vereine und die Rahmenbedingungen ihrer täglichen wichtigen Arbeit habe ich mich zusammen mit der Sportministerkonferenz der Länder dafür ausgesprochen, alle Fragen der steuerrechtliehen

R~elungen für die SporJ:vereine sorgfältig zu überprüfen und dabei die derzeit im Bundesrat ruhenden Vereinsbesteuerungsinitiativen wieder aufzugreifen.

(Beifall des Abg. Dr. Schiffmann, SFD)

Meine Damen und Herren, Sie werden sicher einige Ausfü!}-rungen zur zuktfnftigen Sportförderung erwarten. Zunächst zu den Finanzen:

Der Haushaltsgesetzgeber hat in den letzten Jahren jeweils über 60 Millionen DM für den Sport in Rheinl1Jnd-Pfalz bereitgestellt. Im Rahmen des Doppelhaushaltes 2000/2001 _haben wir gemeinsam dieses hohe Niveau mit einigen Akzentsetzungen fortgeschrieben. ln Beziehung zur Bevölkerungszahl gesetzt liegt unser Bundesland mit diesem Sportförderetat in der Spitzengruppe aller Flächenländer in Deutschland. Bei dem Bemühen, aiesen Spitzenplatz zu halten, setze ich auch in der Zukunft auf die Unterstützung des Parlaments.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Bel der für den L

gen_-"vichtigsten Haushaltsposition, nämlich der Beteiligung an den Wetterträgen, haben wir im Jahr 1999 den so g~nann ten Pauschalen Aufwendungsersatz aufeine neue rechtliche Grundlage gestellt

(Pörksen, SPD: Sehr gute Regelung!} und ihn von der Wettleidenschaft der Spielteilnehmer unab- hängig gemacht. (Bruch, SPD: Sehr gut!)

Dieser Vertrag, der dem Landessportbund jährl_ich 21,5-ivlillionen DM garantiert, läuft bis zum Jahr 2002. Dann ist neu zu verhandeln. Wir sollten gemeinsam überlegen, ob wir den Sport iil Rheinland-Pfalz nicht auch an den Erträgen der sehr erfolgreichen Oddset-Wette beteiligen können.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, die Atmosphäre der Verhandlungen mit dem Landessportbund ist stets durch etwas gekennzeichnet, das ich als eine ga_11z wichtige Rahmenbedingung für die Entwicklung des Sports in Rheinland-Pfalz halte-, nämlich durch die gute Partnerschaft zwischen der Landesregierung und dem Landessportbund.

(Pörksen, SPD: Sehr gut!)

Ohne eine solche vertrauensvolle und partnerschaftliehe Zu

sammenarbeit von Sport und Politik ist auf Dauer eine zu

kunt'-LSfähige Sportförderung kaum möglich.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, lasse_n Sie mich auf einige wichtige Zukunftsfelder des rheinland-pfälzischen SportS eingehen. Die SportStättensituation in Rheinland-Pfalzist gut, zum Teil vorbildlich. Pröbleme bereitetden Kommunen und dem Land als Zuschussgeber die große Zahl der immer notwendiger werdenden Bädersanierungen. Wir bemühen uns um verträgliche Lösungen und neue Akzente bei der Prloritätensetzung, aber der Sanierungsstau ist mit den zurzeit in den kommuna-len Haushalten und im Landeshaushalt verfügbaren Mitteln nicht zu bewältigen. Ich bitte Sie alle, zur Lösung dieser Pro

-blematik beizutragen, nicht zuletzt auch bei der Entwicklung zukunftsfähiger Orts- und Kreisgrenzen übergreifender Bäderkonzepte.

Meine Damen und Herren, die Alterspyramide unserer Bevölkerung wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. dramatisch verändern. Auch wird sich der Anteil ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, insbesondere der nach-vvachsenden Generation, vergrößern. Auf beide Entwicklungen müssen die Sportverbände und -vereine vorbereitet sein. Wir sollten in enger Abstimmung mit dem Sport in diesen Be

reichen Förderakzente setzen.

(Beifall der SPD)

Das Gesundheitsbewusstsein der i\IJenschen nimmt zu. Neue, durch Umvvelteinflüsse und Lebensführung entstehende

Krankheiten sind zu beobachten. Schon heute fördern wir spezifische Gesundheitssportangebote, zum Beispiel die so genannten Gesundheitssportberater in den Turnverbänden. Insbesondere im präventiven Gesundheitssport werden zukünftig neue Anstrehgungen notv'.rendig werden.

Die soziale Schere in unserer Gesellschaft öffnet sich. Neben einer großen, relativ wohlhabenden, am gesellsthaftliehen und kultureilen Leben teilnehmenden Schicht entsteht eine wachsende sozial benachteiligte Bev61kerungsgruppe, zum Beispiel Menschen mit geringem Einkommen, Arbeitslose, Sozialhilfempfänger, mehrfach Behinderte, Angehörige ethnischer rv'iinderheiten und andere.

Schon heute existieren viele, allerdings oft nur vereinzelte Modellangebote für diese Zieigruppen. Eine Sportlandschaft,

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die sozial und gerecht sein will, wird in diesem Bereich in zu:

kunft die Anstrengungen verstärken müssen. Auch hierbei_ müssen Staat und Gesellschaft helfen. Gemeinsam muss auch darüber nachgedacht werden, wie künftig neben den SportVereinen-andere Spor:tanbieter;zum Beispiel Kirchen, Kindergärten und WohlfahrLSverbände, auch bestimmte erwerbswirLSchaftliche Sportanbieter und andere mehr, im Sinne ei