Protokoll der Sitzung vom 17.01.2001

- Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder Mitte. Dezeff!ber hatte als Vereinbarung zur Folge, dass wir bis Ende dieses Monats die Finanzierungsfragen ge~lärt haben wollen, nämlich, welche Menge an.finanzieller Unterstützung vom Bund und aus Brüssel kommt. Daraus können wir in den Ländern, auch in Rheinland-P1alz, ableiten, welche zusätzlichen Finanzierungshilfen für die betroffene Landwirtschaft und -die betroffenen Kreise aus Sicht des Landes noch bereitge- _

stellt werden müssen. Alles andere macht keinen Sinn.

Im Übrigen verfahren auch alle anderen Länder so. Lassen Sie sich nicht von dereinen oder anderen Presseerklärung täuschen. Dort werden zum Teil Selbstverständlichkeiten verbreitet oder das, was wir in Rhelnland-Pfalz auch machen·:

Wir übernehmen die Kosten der Schnelltests. - Wir werden dem Zweckverband Tierkörperbeseitigung unter die Arme greifen. Erst wenn wir das gesamte Finanzierungspaket geschnürt _haben, kann man sagen, wer was zahlt.

(Beifall der SPD und der F.D.P.}

Meine Damen und He!ren, wir können zum jetzigen· Zeitpunkt noch 9ar nicht VG!lstandig abschätzen, welche Kosten an welcher Stelle exakt entstehen werden. Sollten sich bei uns Bestände ergeben, die positiv getestete Tiere haben,

dann verändert sich von einer Stunde auf die andere die Ko- stensituation schlagartig, und es wird ein Unterschied sein, ob wir einen Bestand mit 100, 80 oder 50 Tieren haben, die wir sperren und· wo wir entsprechende Finanzmittel leisten müssen. Deshalb ist es richtig - ich sage dies noch einmal

deutlich -, dass die Landesregierung die Landwirte, die Höfe, nicht "im Regen stehen lassen; wird. Wir stehen selbstver

standlieh zu unserem Wort.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Wir werden aber die Größe und di~ Menge der jeweiligen Unterstützung auch· an der m.omentanen Situation vor Ort auszurichten haben.

Meine Damen und Herren,.neben den finanziellen -Folgen, die wir aus dieser BSE-Situation in Deutschland haben, er- wachsen noch weitere, andere Problemstellungen. Wir sind

der Auffassung- ich giaube, das bisherige Verhalten der Landesregierung hat dil!s auch unterstrichen --. Verbraucherschutz hat oberste Priorität. Das Verhalten der Landesregie

rung hat auch unterstrichen, dass es keine Gleichung geben kann, die da lautet: entvveder für Verbraucherschutz oder gegen Bauern oder für Bauern und gegen Verbraucherschutz. - ·

(Belfaii der SPD und der F.D.P.)

Es geht nur miteinander. Wer für die Verbraucherinnen und Verbraucher richtig handeln möchte, handelt automatisch richtig für die La':ldwirtschaft. Wer für die Landwirtschaft richtig handelt, handelt auch automatisch im Sinn der Um\velt.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Deshalb mein dringender Appell in d-ieser schwierigen Situa

tion, in der sich die Schlagzeilen überschlagen, die Gruppie

rungeil nicht gegeneinander auszuspielen.

(Kuhn·, F.D.P.: Richtig!)

Viele Gespräche, die ich mit Bauern, Landwirten, geführt ha

be, zeigen mir, dass das dort auch so gesehen wird. Die Landwirte. haben einen hohen Anspruch an ihre Produkte. Sie haben diesen hohen Anspruch an ihre Produkte völlig zu Recht.

Öie Landwirte wollen gute, hochwertige Produkte in den Verkehr bringen, den Verbrau-cherinnen und· Verbrguchern anbieten. Umgekehrt dürfen und sollen yerbraucher nicht den Eindruck haben, dass die Landwirtschaft sozusagen zu ih

rem Nachteil produziert. Deshalb müssen beide zusammenkommen. Wir haben gute Gespräche am runden Tisch "Verbraucherschutz" geführt. Das muss weitergeführt werden.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, wenn wir in die Situation kommen

sollten, was bislang Gott sei Dank nocti nicht der Fall war,: dass wir einen BSE-Fal! in einer Herde hätten, wird sich die Frage stellen, wie wir mit dem gesamtenBestand umgehen. Im Einzelfall wilre zu prüfen, ob man aus Gesichtspunkten der Forschung und aus Gesichtspunkten des Tierschutzes auf die_Keulung des gesamten Restbestands verzichten oder dies

verhindern könnt!;!. Unsere Position ist die, dass.;.,ir versuchen

sollten~ dies wollen wir auch-, auf diese Keu!ung des gesamten Bestands zu verzichten und eine Maßnahme, ilhn!ichwie in der Schweiz, zu ergreifen, also die Herausnahme bestimm

ter Tiere aus dem Bestand, bei denen der Verdacht am ehesten begründet ist, dass sie sozusagen rriit dem gleichen Futter in Kontakt kamen, und die anderen Tiere stehen zu lassen.

Welche Probleme es in der Landwirtschaft mit sich bringen kann, wenn auf der Abnehmerseite die Kette nicht funktioniert, ist uns selbstverstilndlich klar und bekannt.

Meine Damen und Herren, es ist auch klar und bekannt, dass eine solche Lösung nur dann machbar ist und auch durchge

. halten werden karm, wenn wir vom Bundesamt entsprechen"

de. Möglichkeiten eingeräumt bekommen; denn eines darf nicht sein: Dass wir sozusagen bundesweit unterschiedliche Regelungen in dieser Frage haben und dann von Bundesland zu Bundesland gegeneinander ausgespielt werden, je nachdem, wir sind mehr für Verpraucherschutz, und die anderen sind mehr für Tierschutz, wer ist der Bessere, und wer ist der Schlechtere.

Deshalb ist unser Bemühen- dies findetsowohl heute in einer Besprechung in Potsdam als auch morgen in einer BundLänder-Runde in Bonn statt-, diese Fragen mit der Zielrich

tung dort vorzutragen, eine einheitliche, für die ganze Bun

. desrepublikgeltende Regelung zu bekommen. Was wir wol

len und was wir uns wünschen, das hal:5en wir formuliert. Ich hoffe, dass wir Wege finden, um dieses-Ziel zu erreichen, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Das Gleiche gilt für die Frage, wie es mit dem so genannten Marktbereinigllngsprogramm in _Europa weitergeht, das vor

sieht, bis zu 2 Millionen Rinder europaweit·aus dem Verkehr zu ziehen. Das hört sich harmlos an, bedeutet aber nichts an~ deres, als.K~eaturen zu töten und zu verbrennen, also wegzuwerfen. Ich halte d~s - diesbezüglich bin ich bereits zitiert worden - für eine perverse Ausformung_ dessen, was wir als Menschen in unserer Nahrungs- und Produktionskette auf den Weg gebracht haben.

Die- einzelnen Landwirte sind die Betroffenen; denn sie sin~

sozu~agcn Bestandteil des Systems. Sie haben sich das System nicht selbst ausgesucht, sondern sie sind in das System hinein

geraten. Ich bin überzeugt und sicher, dass so_mancher Landwirt, wenn er seinen Bestand in seinem Stall sieht, alles andere als Freude hat, wenn er sich vorstellt, was das bedeutet.

Deshalb macht es keinen Sinn, und es bringt nichts, wenn wir - jetzt politische Scharmützel abhalten und.,Hin-und-her-und

Her-und-hin-Spiele" veranstalten. Es geht um ganz konkr~tre Schicksale von Betrieben, die in ihrer Wirtschaftlich.keit massiv beeinträchtigt sind, aber auch um Schicksale von Kreatu

ren, von Tieren, deren Wohlergehen wir un:; auf die Fahne und sogar in die Verfassung geschrieben haben, meine Damen und Herren.

(Beifali der SPD und der F.D.P.)

Wir sind also alle miteinander in dieser_ Situation in einer sch\•Jierigen Entscheidungslage. Man kann fast sagen, dass es das ist, was in einer griechischen Tragödie geschrieben ist: Egal wie Sie sich entscheiden, die Entscheidung wird immer schlecht sein. Sie wird immer mit einer großen Belastung ver