Protokoll der Sitzung vom 12.10.2005

Sie geht Menschen aller Altersgruppen an. Für viele junge Menschen ist sie ein lohnendes Berufsziel. Die mittlere Generation versorgt ihre pflegebedürftigen Angehören. Die Älteren pflegen schließlich ihre Partnerinnen und Partner oder werden – selbst pflegebedürftig – von ihren erwachsenen Kindern unterstützt.

Der große Zuspruch zu unserem Kongress hat aber auch gezeigt, „Menschen pflegen“, die von mir vor drei Jahren ins Leben gerufene Initiative, hat bei den Fachkräften unseres Landes sichtbare Unterstützung gefunden.

Die Initiative „Menschen pflegen“ konzentriert sich auf unser Land, das heißt, auf das, was wir in RheinlandPfalz – die Politik, die beteiligten Verbände, die Fachkräfte, die Angehörigen und die Pflegebedürftigen – gemeinsam voranbringen können. Die anstehende Reform der sozialen Pflegeversicherung ist dagegen eine Sache des Bundes, zu der wir uns positionieren, die wir beeinflussen und aktiv mitgestalten werden. Im Mittelpunkt meiner Regierungserklärung steht allerdings das hier in unserem Land unmittelbar Machbare.

Meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordneten, wenn gefragt wird, was uns die Pflege wert ist, dann konzentriert sich die Antwort vielfach nur auf die monetären Aspekte, auch wenn diese natürlich sehr wichtig sind. Die Pflege aber, der Erfolg des gesellschaftlichen und politischen Engagements in der Pflege, ist keineswegs nur eine Frage ihrer Finanzierung. Vielmehr geht es um die Frage, wie viel gesellschaftliche Anstrengung uns diese Pflege wert ist.

Was ist uns die Pflege hier in Rheinland-Pfalz wert? Ich denke, eine erste Bilanz unseres Engagements macht deutlich, allen Beteiligten war und ist sie es wert, sich zunächst einmal in einem großen Bündnis für die Zukunft der Pflege zusammenzuschließen. Sie war und ist es uns wert, im Rahmen dieses Bündnisses Differenzen zu überwinden und einen Konsens bzw. tragfähige Konzepte zu erarbeiten. Schließlich ist uns die Pflege wert, die Umsetzung dieser Konzepte gemeinsam in die Hand zu nehmen.

In den vergangenen Jahren haben sich in unserem Land alle an der Pflege beteiligten Institutionen, Professionen und Organisationen auf Initiative der Landesregierung unter der Überschrift „Menschen pflegen“ zusammengeschlossen und es geschafft – auch das gehört ganz oben in die Bilanz unserer Anstrengungen –, Leitlinien und konkrete Konzepte zu erarbeiten, um die Qualität der Pflege in unserem Land gemeinsam sicherzustellen.

Menschen pflegen ist ein lebendiger Prozess der Erarbeitung von Konzeptionen und deren partnerschaftlicher Umsetzung, in den ständig neue Impulse einfließen. In meiner ersten Regierungserklärung zum Thema „Pflege“ im Dezember 2002 habe ich die Herausforderungen einer veränderten Pflegelandschaft beschrieben und Ihnen ein erstes umfassendes Handlungskonzept vorgestellt. Heute, in der zweiten Regierungserklärung zu diesem Thema, möchte ich mich mit den weiteren Perspektiven, den zukünftigen Schwerpunkten unserer Arbeit auseinandersetzen und darstellen, wie weit wir bisher gekommen sind.

Wir haben uns in der Vergangenheit mit den verschiedensten Aspekten der Pflege, mit Qualitätssicherung, den Fachkräften, den Hilfen für Menschen mit Demenzerkrankungen, der Unterstützung für pflegende Familien und auch mit Fragen der Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit beschäftigt und gemeinsam mit unseren Partnern und Partnerinnen eine Fülle von Initiativen entwickelt und wichtige Fortschritte erzielt. In Zukunft wollen wir uns über diese Aktivitäten hinaus vor allem auf zwei zentrale Aufgaben konzentrieren.

Wir wollen die häusliche Pflege noch stärker als bisher unterstützen, und wir wollen den Arbeitsmarkt Pflege in unserem Land aktiv voranbringen:

Um die häusliche Pflege zu stärken, werden wir die Pflegestrukturen so weiterentwickeln, dass die Menschen, die zu Hause gepflegt werden wollen, dies auch können. Weil sich die Pflege künftig als Hilfe-Mix aus familiärer, ehrenamtlicher und professioneller Hilfe darstellen wird, unterstützen wir den Aufbau von PflegeNetzwerken auf kommunaler Ebene.

Wir werden die Chancen, die der Arbeitsmarkt Pflege für die Menschen in unserem Land eröffnet, nutzen. Wer sich für einen Pflegeberuf entscheiden will, soll flexible Ausbildungsmöglichkeiten und vielfältige Berufsfelder vorfinden und sich auf stabile berufliche Rahmenbedingungen verlassen können. Die Pflege ist ein Arbeitsmarkt der Zukunft. Wir wollen auch dafür sorgen, dass die professionelle oder ehrenamtliche Arbeit in der Pflege die ihr zustehende hohe Wertschätzung erfährt.

Meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete, lassen Sie mich im Folgenden vor allem auf diese beiden politischen Schwerpunkte eingehen. Für die Pflege insbesondere alter Menschen haben die Familien in unserem Land nach wie vor eine zentrale Bedeutung. So werden in Rheinland-Pfalz über 70 % der pflegebedürftigen Menschen in ihren Familien betreut. Aber auch bei der außerhäuslichen Pflege sind Familien in vielfältiger Weise für das Wohlergehen der Pflegebedürftigen engagiert.

In Zukunft aber werden sowohl der demografische Wandel, also das Älterwerden unserer Gesellschaft, als auch der soziale Wandel, das heißt, die veränderten Familienstrukturen, die häusliche Pflege vor neue Herausforderungen stellen. Angesichts dieser Entwicklung kann die Sicherung der Pflege nur dann gelingen, wenn wir die häusliche Pflege künftig noch stärker als bisher unterstützen und auch bürgerschaftlich Engagierte für die Versorgung und Betreuung gewinnen. Solidarität bleibt nicht nur unverzichtbar, sie wird in der Pflege an Bedeutung gewinnen.

Der Wandel der Altersstruktur unserer Gesellschaft beschert uns aber nicht nur neue Aufgaben, sondern bietet uns gleichzeitig auch neue Möglichkeiten, diese Aufgaben zu meistern. So ist mit dem Älterwerden der Gesellschaft für jede und jeden Einzelnen von uns – mit etwas Glück bezogen auf unsere Gesundheit – ein Gewinn an Lebenszeit verbunden. Aber was machen wir mit den gewonnenen Jahren? Wir könnten und vielleicht müssen wir sie auch zum Wohl der Gesellschaft nutzen. Studien belegen, dass insbesondere die so genannten „jungen Alten“ motiviert sind, sich bürgerschaftlich zu engagieren. Dieses Engagement gilt es aufzugreifen und zu unterstützen, damit unsere Gesellschaft auch in der Pflege von den vielfältigen Erfahrungen und Kompetenzen der Älteren profitieren kann.

Weil die meisten der etwa 95.000 pflegebedürftigen Menschen ambulant, das heißt, zu Hause versorgt werden wollen, ist unsere Politik in der Pflege dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ verpflichtet. Auch die im Landespflegeausschuss vertretenen Gruppen – das sind im Übrigen alle Akteure des Pflegemarktes – haben sich auf diesen Grundsatz verständigt. Sie haben im Januar 2003 zehn Leitsätze verabschiedet, in denen ihr gemeinsames Verständnis von Qualität in der Pflege zum Ausdruck gebracht wird. Mit den Leitsätzen „Wir streben eine wohnortnahe Versorgung an“ und „Wir setzen uns für die Vernetzung aller an der Pflege Beteiligten ein“ ist von allen im Landespflegeausschuss vertretenen Gruppen dargestellt worden, wie der Grundsatz „ambulant vor stationär“ in unserem Land umgesetzt werden soll.

Mit dem Begriff einer wohnortnahen Versorgung wird eine sozialräumliche Pflegestruktur beschrieben, die von den Ressourcen des pflegebedürftigen Menschen ausgeht, in einem zweiten Schritt die Kompetenzen und Leistungsfähigkeit seiner Angehörigen, Freunde und Freundinnen, Nachbarn und Nachbarinnen sowie bürgerschaftlich engagierter Menschen einbezieht und dann ergänzend die professionell notwendige Hilfe bestimmt. Bei alle dem ist nicht nur eine Betreuung das Ziel, vielmehr ist und bleibt gesellschaftliche Teilhabe das Leitbild.

Das vom Landtag verabschiedete Landesgesetz zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur, das zum 1. Januar 2006 in Kraft tritt, greift diese Zielsetzungen auf. Durch flächendeckende Beratungsstrukturen, ergänzende niedrigschwellige Angebote und die Einbeziehung des bürgerschaftlichen Engagements werden wir die häusliche Pflege aufgrund dieses Landesgesetzes noch besser unterstützen können; denn wir alle wissen, neben guten medizinischen und pflegerischen Leistungen sind Kontakte und emotionale Bindungen zwischen den Generationen und im sozialen Umfeld der Pflegebedürftigen entscheidende Faktoren für deren Wohlbefinden und Lebensqualität.

Unabdingbar für eine gut funktionierende Pflege ist die Kooperation aller Beteiligten, seien es ambulante Dienste oder stationäre Pflegeeinrichtungen, Ärzte und Ärztinnen, Krankenhäuser, Pflegekassen, Familienangehörige oder bürgerschaftlich Engagierte. Mit dem Landesgesetz geben wir den Kommunen das richtige Instrument an die Hand, um koordinierend wirken zu können; denn nur auf örtlicher Ebene lässt sich der Anspruch auf eine regional gegliederte, ortsnahe und aufeinander abgestimmte Pflegestruktur konkretisieren und umsetzen.

Die 36 kommunalen Gebietskörperschaften haben nunmehr die Aufgabe, eine Pflegestrukturplanung vorzunehmen, die sich auf die Sammlung und Auswertung relevanter Strukturdaten, das Angebot bedarfsgerechter komplementärer Hilfen im Vor- und Umfeld der Pflege, die Einbeziehung des bürgerschaftlichen Engagements und die Entwicklung neuer Formen pflegerischer Angebote erstrecken muss. Wir werden die Kommunen bei dieser Aufgabe selbstverständlich unterstützen.

Mit regionalen Pflegekonferenzen, die zum 1. Januar 2006 ihre Arbeit aufnehmen sollen, werden wir örtliche Pflegenetzwerke initiieren und stärken. Damit sollen Schnittstellenprobleme zwischen den Versorgungsstrukturen und den Beteiligten beseitigt und alle an der Pflege beteiligten Berufsgruppen sowie die Betroffenen und ihre Vertretungen eingebunden werden. Insbesondere die Kooperation der Institutionen und Berufsgruppen soll durch eine engere Zusammenarbeit im Rahmen der regionalen Pflegekonferenzen verbessert werden.

Beratungsstrukturen in der Pflege und in Fragen rund um das Alter gewinnen künftig noch mehr an Bedeutung. Mit 135 Beratungs- und Koordinierungsstellen halten wir in Rheinland-Pfalz ein Angebot vor, um das uns andere Bundesländer beneiden.

Im Beziehungsgefüge Pflege nehmen die Beratungs- und Koordinierungsstellen eine zentrale Rolle ein, weil sie die Schnittstelle zur familiären Pflege und allen sie unterstützenden und ersetzenden Pflegeleistungen bilden. Zu ihren Aufgaben gehören neben der qualifizierten Beratung und Unterstützung die Vermittlung und Koordinierung pflegerischer und komplementärer Angebote. Zukünftig werden sie sich darüber hinaus verstärkt auf die Gewinnung, Unterstützung und Einbeziehung bürgerschaftlich engagierter Menschen in das Arbeitsfeld Pflege konzentrieren.

Es ist unser Ziel, die Bereitschaft zum Engagement der so genannten „jungen Alten“ gezielt zu fördern, quasi 60 plus für 80 plus. Hier sind die formellen und informellen Hilfen zusammenzuführen, gezielte Qualifizierungs-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für professionell und ehrenamtlich Pflegende anzubieten und die bestehenden Strukturen des ehrenamtlichen und freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz, beispielsweise die Freiwilligenzentren und Ehrenamtsbörsen oder Ehrenamtsagenturen, einzubinden.

Außerdem werden wir im Jahr 2006 gezielte Fortbildungsveranstaltungen für Fachkräfte der Familienarbeit anbieten, die pflegende Angehörige bei ihrer Arbeit motivierend begleiten und ihnen den Weg zu unterstützenden Anlaufstellen und Angeboten weisen. Von großem Interesse war für mich in diesem Zusammenhang im Übrigen eine Erkenntnis, die Herr Professor Dörner auf dem Pflegekongress erläuterte: Die Wahrnehmung von Verantwortung für andere Menschen diene auch der eigenen psychischen Gesundheit. Auch insofern war und ist es richtig, die Pflegeversicherung als so genannte Teilkaskoversicherung zu gestalten; denn wir dürfen die Pflege nicht ausschließlich in die Hand Dritter legen. Jede und jeder Einzelne von uns muss in der Pflege auch ein Stück gesellschaftlicher Verantwortung tragen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wie Herr Professor Dörner gesagt hat, statt einer personellen „Entpflichtung“ gehe es hier darum, eine „Verpflichtung“ für andere wahrzunehmen.

Meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete, das Landesgesetz zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur hat viele einzelne Elemente meiner Initiative „Menschen pflegen“ aufgenommen. Nun ist es an uns, dem Land, aber auch an den Kommunen, es umzusetzen, um damit die ambulante Pflege und das häusliche Umfeld verstärkt zu unterstützen.

Die Expertinnen und Experten, die wir auf dem Pflegekongress als Gäste empfangen durften, haben uns wissen lassen, dass mit dem Gesetz die richtigen Instrumente für eine sozialräumliche Pflegestruktur entwickelt wurden.

Zur Stärkung der häuslichen Pflege gehört vor allem auch die verstärkte Unterstützung von Familien, die Angehörige mit einer Demenzerkrankung pflegen, meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete. In Rheinland-Pfalz sind dies etwa 70.000 Menschen, von denen 60 % zu Hause versorgt werden. Für die Angehörigen geht dies oftmals mit einer vollständigen Umorganisation des bisherigen Lebensalltags einher. Mit viel Geduld und Kraft müssen sie sich auf einen wechselhaften Tagesablauf voller Unwägbarkeiten einstellen.

Im Rahmen unserer Initiative "Menschen pflegen" haben wir bereits vielfältige Anstrengungen unternommen, um den Leitsatz des Landespflegeausschusses „Wir verbessern die Situation von Menschen mit Demenzerkrankung“ mit Leben zu erfüllen.

Zunächst hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit im Jahr 2004 gemeinsam mit der Landeszentrale für Gesundheitsförderung und vielen weiteren Kooperationspartnern eine Demenz-Kampagne durchgeführt, die das Ziel verfolgte, die Öffentlichkeit über die Krankheit und ihre Verlaufsformen aufzuklären, aber auch Hilfeangebote und Fortbildungsmöglichkeiten aufzuzeigen; denn nur in einer Atmosphäre der gesellschaftlichen Offenheit für das Krankheitsbild Demenz, das heißt, nur wenn frei und offen über die Befindlichkeiten und Bedürfnisse demenzkranker Menschen gesprochen werden kann, wird sich die Lebensqualität der erkrankten Menschen, aber auch ihrer pflegenden Angehörigen spürbar verbessern lassen.

Dazu gehört auch die Früherkennung und qualifizierte ärztliche Betreuung von Menschen mit Demenz. Die Qualifizierung der Ärzteschaft wurde in den vergangenen Jahren auf unsere Initiative hin von der Landesärztekammer vorangebracht, sodass wir heute davon ausgehen können, dass mehr Hausärztinnen und Hausärzte Demenz frühzeitig und kompetent diagnostizieren können. Auch wenn Demenz nach wie vor nicht heilbar ist, so ist doch der Verlauf der Erkrankung herauszuzögern, und die Folgen sind therapeutisch, zumindest für eine begrenzte Zeitdauer, abzumildern.

Um die oft schwierige Kommunikation von Angehörigen, Fachkräften oder ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern mit dementen Menschen zu verbessern, fördern wir seit 2003 eine Telefon-Hotline beim Validationszentrum in Bad Dürkheim. Alle Rat Suchenden werden auf diese Weise schnell und unbürokratisch mit qualifizierten Informationen und notwendigen Tipps versorgt. Die Validation ist eine Technik im Umgang mit verwirrten und psychisch veränderten alten Menschen, die auf Wertschätzung und Akzeptanz aufbaut und die Kommunikation zwischen der oder dem Kranken und der Pflegeperson entscheidend verbessert und erleichtert.

Insbesondere für Menschen mit einer fortgeschrittenen Demenz müssen neben den ambulanten Strukturen auch die stationären Angebote verbessert werden. Demenz ist nämlich der häufigste Grund für den Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung.

Damit sich die Pflegeheime in Zukunft stärker als bisher auf die Versorgung und Betreuung psychisch veränderter Bewohnerinnen und Bewohner einstellen, haben wir in den vergangenen zwei Jahren gemeinsam mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen ein Projekt zur Optimierung der Versorgung von Menschen mit Demenz in stationären Pflegeeinrichtungen durchgeführt. Das Ergebnis ist positiv: Wenn Einrichtungen baulich und personell ihre Konzepte und die Praxis auf die besonderen Bedürfnisse der Demenzkranken einstellen, wenn die milieutherapeutische Gestaltung und die Qualifizierungsmaßnahmen angepasst werden, dann hat dies spürbar positive Auswirkungen auf die Bewohnerschaft, aber auch auf die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Derzeit befindet sich das Projekt in seiner Schlussphase.

Auf unseren bisherigen Aktivitäten und Erfahrungen aufbauend, die ich hier nur beispielhaft genannt habe, planen wir für die Zukunft natürlich weitere Schritte, um

die Situation von an Demenz erkrankten Menschen und ihren Angehörigen weiter zu verbessern.

So soll die Diagnostik und Früherkennung weiter ausgebaut werden. Wir werden die im Land bereits bestehenden Gedächtnisambulanzen bekannter machen und dafür Sorge tragen, dass das Angebot in der Fläche Ausweitung findet.

Mit 365.000 Euro fördern derzeit das Land, die Kommunen und die Pflegekassen 82 niedrigschwellige Betreuungsangebote, um ergänzende Ressourcen der sozialen Betreuung zu gewinnen und um damit einen zukunftsweisenden und nachhaltigen Pflegemix aus familiären, bürgerschaftlich engagierten und hauptamtlichen Versorgungsstrukturen zu schaffen. Der flächendeckende Ausbau schreitet zügig voran.

Darüber hinaus werden wir noch in diesem Jahr in sieben Regionen in Rheinland-Pfalz Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen auch im Sinne einer stärkeren Vernetzung von Altenhilfe, Pflege und Gesundheitswesen sowie zur Erprobung neuer Strukturen und Konzepte beginnen. Wir erwarten davon wertvolle Erkenntnisse, die wir dann allen zur Optimierung ihrer Strukturen und Versorgungsangebote zur Verfügung stellen werden.

Neu ist auch, dass auf meine Initiative hin in allen Kommunen des Landes – also flächendeckend – Schulungen für Angehörige von Demenzkranken durchgeführt werden, die für die Teilnehmenden von den Pflegekassen finanziert werden. Die Betreuung der Demenzkranken wird während der Schulungszeit selbstverständlich sichergestellt. In der stationären Pflege werden wir die Evaluation und Dokumentation der Ergebnisse des Projektes zur Optimierung der Versorgung von Menschen mit Demenz landesweit nutzbar machen. Natürlich wird die Demenzkampagne auch in diesem Jahr und im nächsten Jahr weitergeführt.

Neben der Versorgung in der Familie und dem Leben in einem Pflegeheim kann das Wohnen in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft für viele, auch für an Demenz erkrankte Menschen, eine wünschenswerte Alternative sein, zum Beispiel dort, wo Familienstrukturen sich ändern oder auflösen. Bisher existieren in Rheinland-Pfalz nur sehr wenige dieser Angebote.

Meine Kollegen im Kabinett, Herr Finanzminister Mittler und Herr Innenminister Bruch, und ich haben es zu unserer gemeinsamen Aufgabe gemacht, innovative Wohnmodelle im Quartier beziehungsweise im Wohnumfeld zu fördern. Wir wollen Strukturen schaffen, die es interessierten Bürgerinnen und Bürgern und Trägern geeigneter Wohnimmobilien ermöglichen, das notwendige Know-how abzurufen. Unabdingbar ist, dass Kommunen, die Wohnungswirtschaft und Träger sich dieser Aufgabe ebenfalls annehmen.

Gestern hat der erste gemeinsame große Kongress zu diesem Thema stattgefunden. Er war gut besucht, und wir sind hoffnungsvoll, dass wir mit diesem gemeinsamen Konzept tatsächlich auch große Schritte voranschreiten werden.

Die bisherige Bundesregierung hat im Juli dieses Jahres eine Änderung des Heimgesetzes angekündigt, um bestehende Hürden zur Ermöglichung neuer Konzepte abzubauen. Wir haben die Pläne mit entwickelt und setzen uns für ihre Umsetzung ein. Darüber hinaus werden wir uns in Rheinland-Pfalz mit den Leistungs- und Kostenträgern auf gemeinsame Qualitätsgrundsätze beim Thema „Wohnen“ verständigen.

Die Bedürfnisse der Menschen mit Demenz müssen auch bei der anstehenden Reform der sozialen Pflegeversicherung stärker berücksichtigt, das heißt, die Leistungen der Pflegeversicherung für diesen Personenkreis ausgebaut werden. Weiterhin spreche ich mich dafür aus, dass in einem nächsten Schritt der Begriff der Pflegebedürftigkeit geändert wird, damit auch der tatsächliche Beaufsichtigungs- und Betreuungsbedarf dieses Personenkreises angemessen berücksichtigt werden kann.

Meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete, eine qualitativ hochwertige Pflege setzt gut ausgebildete und motivierte Pflegekräfte voraus. Darauf hat unsere Initiative „Menschen pflegen“ von Anfang an gesetzt.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2003 bundesweit 1.226.000 Fachkräfte in der Pflege beschäftigt, in Rheinland-Pfalz lag die Zahl bei über 62.000.

Experten und Expertinnen sind sich darin einig, dass wir es in der Pflege mit einem boomenden Markt zu tun haben, der Arbeitsplätze schafft und wirtschaftliche Perspektiven bietet, auch wenn wir derzeit in der stationären Krankenpflege aufgrund der Einführung der DRGs eine vorübergehende Einstellungsstagnation feststellen. Nach aktuellen Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung sind allein durch die Einführung der Pflegeversicherung rund 250.000 Arbeitsplätze im Pflegebereich geschaffen worden.

(Vizepräsident Itzek übernimmt den Vorsitz)

Der demografische und soziale Wandel wird die Nachfrage nach professionellen Hilfs- und Pflegeangeboten sowie nach geronto-medizinischen Leistungen weiter steigern. Pflegekräfte werden verstärkt Beratungsaufgaben übernehmen. Dazu zähle ich auch die Prävention, ein Gebiet, das zurzeit noch wenig Beachtung findet.