Herr Präsident meine Damen und Herren! Ein Ergebnis der verfehlten Wirtschaftspolitik in unserem Bundesland ist die verheerende Bilanz in der Ausbildungsmarktpolitik. Die Landesregierung und die Wirtschaftspolitik der Landesregierung hat es mit zu verantworten, dass die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge für das Ausbildungsjahr 2005/2006, also für dieses Ausbildungsjahr, auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren gesunken ist.
Dies erfolgt bei gleichzeitig steigenden Zahlen von Schulabgängern. Diese Zahl ist ständig steigend, also steht eine ständig steigende Anzahl von Bewerberinnen und Bewerbern einem kleinen Angebot von Ausbildungsplätzen gegenüber.
Mit einem Minus von 5,3 % bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen für das Ausbildungsjahr 2005/2006 verzeichnet Rheinland-Pfalz den höchsten Rückgang aller alten Bundesländer.
Die Kammern haben beim zuständigen Bundesinstitut für berufliche Bildung – genau das ist das Institut, das bundesweit die Statistik über den Ausbildungsmarkt führt – gerade einmal 26.445 abgeschlossene Ausbildungsverträge in Rheinland-Pfalz gemeldet. Für das Ausbildungsjahr gab es aber von den Arbeitsverwaltungen 36.633 Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz.
Vor diesem Hintergrund und vor diesen Zahlen dann von erfolgreichem Handeln und von erfolgreichen und bewährten Strukturen Ihrer Politik zu reden, halte ich schlicht und ergreifend für zynisch, meine Damen und Herren.
Sie werden das auch gleich wieder tun – das weiß ich ganz genau –, und Sie werden dann auch wieder darauf verweisen, in anderen Bundesländern sei es noch viel, viel schlimmer. Ich glaube ganz ehrlich, vor diesem Hintergrund der Zahlen, die ich eben gerade erläutert habe, ist es unfair und ungerecht den jungen Menschen gegenüber, auf andere Bundesländer zu verweisen, da sei es noch viel schlimmer, meine Damen und Herren.
Die Basis für die wirtschaftliche Entwicklung in Rheinland-Pfalz bildet natürlich in erster Linie eine gute und qualifizierte berufliche Ausbildung von jungen Menschen hier in Rheinland-Pfalz. In den Empfehlungen der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern für eine zukunftsorientierte Landespolitik ist unter dem Titel „Den demografischen Wandel gestalten“ der folgende Satz zu finden: „Die rheinland-pfälzischen Unternehmen verzeichnen bereits heute einen Mangel an qualifizierten Fachkräften.“ – Das war ein Zitat der rheinlandpfälzischen Industrie- und Handelskammern.
Das heißt, bereits heute besteht ein Mangel an Fachkräften, und nicht erst – wie häufig prognostiziert – nach 2015 oder 2020. Das heißt auch, bereits heute müssen Politik und Wirtschaft verstärkt und ganz vehement in die Ausbildung dieser dringend benötigten qualifizierten Fachkräfte investieren, meine Damen und Herren.
Die Appelle an die Wirtschaft und die bisher durchgeführten Maßnahmen der öffentlichen Hand sind alle richtig und wichtig, aber sie reichen offensichtlich in keinem Fall aus, um die berufliche Ausbildung der jungen Menschen zu garantieren. Die Ausbildungsbereitschaft der rheinland-pfälzischen Wirtschaft ist 2005 noch einmal um 8,5 % zurückgegangen. Gerade einmal 25 % der Betriebe bilden überhaupt noch aus. Rund 19.000 der knapp 37.000 Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz verblieben ohne Einmündung in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis, wie es so harmlos formuliert ist. Das ist ohne Zweifel ein Skandal und einer der größten Skandale in der Wirtschaftspolitik unserer Landesregierung.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Schweitzer, SPD: Sagen Sie doch einmal, was Sie machen wollen.)
Herr Schweitzer, ich erzähle Ihnen jetzt, dass wir seit Jahren hier in diesem Parlament, in den Ausschüssen und in der Öffentlichkeit immer wieder endlich ein Sofortmaßnahmenprogramm „Vorrang für Ausbildung“ fordern, weil wir es uns im Hinblick auf die Zukunft nicht leisten können, auch nur einen einzigen jungen Menschen ohne eine berufliche Qualifizierung zurückzulassen. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Das ist doch ein Quark, den Sie hier erzählen!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Beim Beschäftigungszuwachs liegt Rheinland-Pfalz an der Spitze der Bundesländer. Beim Abbau der Arbeitslosigkeit belegt das Land jetzt schon seit vielen Monaten den drittgünstigsten Platz im Ländervergleich. Viele andere wirtschaftspolitische Indikatoren, über die wir hier schon öfter diskutiert haben, haben Rheinland-Pfalz zum Aufsteigerland gemacht.
Es ist schön, dass Sie mir heute ein weiteres Mal Gelegenheit geben, dies zu betonen. Im Jahr 2004 hatte sich die deutsche Wirtschaft verpflichtet, bis 2007 im Rahmen des Ausbildungspakts bundesweit 30.000 neue Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Man mag zu dem Ausbildungspakt stehen, wie man will, wenn man eine solche Vereinbarung trifft, sollte man dem Partner auch Gelegenheit geben, diese Vereinbarung zu erfüllen. Wir sind uns sicher einig, dass es vorrangiges Ziel sein muss, Jugendlichen eine duale Ausbildung zu vermitteln. Dies ist im Jahr 2004 durch das beachtliche Engagement der rheinland-pfälzischen Kammern und der rheinland-pfälzischen Betriebe auch gelungen. Im Ländervergleich lagen wir bei der Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im oberen Drittel.
Zum 30. September dieses Jahres sieht die Bilanz nicht ganz so gut aus. Wir liegen zwar beim Rückgang der Ausbildungsplätze besser als die meisten anderen Länder, es ist allerdings in Rheinland-Pfalz auch eine deutli
che Zunahme der Bewerberzahlen zu verzeichnen gewesen, sodass zum 30. September noch 3.600 Jugendliche als Ausbildungsplatzsuchende gemeldet waren. Jetzt gibt es natürlich mehrere Möglichkeiten, wie man mit diesem zugegebenermaßen ernsthaften Problem umgehen kann. Man kann den Zustand beklagen und nach dem Schuldigen suchen, oder man kann handeln. Dies hat diese Landesregierung getan.
Sie unterstützt insbesondere das so genannte EQJProgramm. Das EQJ-Programm ist erfolgreich ins zweite Jahr gegangen. Den Agenturen für Arbeit sind bis Ende November des vergangenen Jahres 60 % mehr EQJPlätze gemeldet worden als im Jahr zuvor. Da die Vermittlung in EQJ schwerpunktmäßig erst während der Nachvermittlung beginnt, wird die Zahl der Einmündungen in den nächsten Monaten noch deutlich zunehmen.
Einstiegsqualifizierungen erweisen sich als erfolgreiche Brücke in Ausbildung. Erste Erfahrungen und Ergebnisse der Begleitforschung zum EQJ-Programm zeigen, mehr Jugendlichen als ursprünglich angenommen ist der Übergang in Ausbildung gelungen. 60 % der Teilnehmer, die 2004 eine Einstiegsqualifizierung begonnen haben, absolvieren in diesem Ausbildungsjahr eine Ausbildung. Drei Viertel derjenigen, die eine betriebliche Ausbildung aufgenommen haben, lernen im selben Betrieb. EQJ dient als Türöffner für Ausbildung oder Beschäftigung.
Aber die Landesregierung hat noch mehr getan. Um der sich abzeichnenden schwierigen Situation am Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu begegnen, hat die Landesregierung die Arbeitsmarktinitiative „6000 plus für Jung und Alt“ initiiert und im Juli 2005 der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Mittelpunkt stehen Jugendliche aus sozial schwierigen Familienverhältnissen mit Sprachproblemen oder Lernschwierigkeiten. Viele haben keinen oder einen unzureichenden Schulabschluss und sind daher schwer zu vermitteln. Mehreren hundert Jugendlichen soll der nachholende Schulabschluss gefördert werden. Mit dem Sonderprogramm „Fit für den Job“ soll vor allem Jugendlichen ein Angebot gemacht werden, die aus der Berufsfachschule I abgehen und aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen kaum Perspektiven auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt haben.
Ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz sollen mit praxisnaher Qualifizierung in außerbetrieblichen Werkstätten, beispielsweise im handwerklichen Bereich, und gezieltem Bewerbungstraining verbessert werden.
Ich könnte jetzt die Liste der Aktivitäten auch aus dem Wirtschafts- und dem Bildungsministerium erweitern, die zum Teil auch schon seit längerer Zeit zur Verbesserung der Ausbildungsplatzsituation beitragen. Vorgestern hat in der Staatskanzlei die Verleihung des Deutschen Förderpreises „Jugend in Arbeit“ auf Landesebene stattgefunden. Leider waren keine Vertreter der Fraktionen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN anwesend.
Sie hätten dort feststellen können, mit welchem Engagement und welcher Kreativität an dem Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Rheinland-Pfalz gearbeitet wird. Der Leiter der Regionaldirektion RheinlandPfalz/Saarland konnte jedenfalls in dieser Veranstaltung verkünden, dass sich die Zahl der unversorgten Bewerber seit Ende September mehr als halbiert hat.
Meine Damen und Herren, ich begrüße weitere Gäste im Landtag, und zwar Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Regionalen Schule Nieder-Olm. Herzlich willkommen im Landtag!
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin zunächst einmal den GRÜNEN sehr dankbar, dass sie dieses wichtige Thema für Rheinland-Pfalz heute in die Aktuelle Stunde gebracht haben. Ich möchte auch voranstellen, ehe es nachher in der Debatte untergeht, dass wir allen ausgesprochen dankbar sind, die sich der großen Verpflichtung der Ausbildung jugendlicher Menschen stellen, und das zum Teil seit Jahren und auch über den eigenen Bedarf hinaus.