Protokoll der Sitzung vom 20.01.2006

Punkt 3: Qualifikation und lebenslanges Lernen. – Um Beschäftigung und Innovation bundesweit, aber natürlich auch hier in Rheinland-Pfalz zu sichern, brauchen wir Qualifikation und lebenslanges Lernen. Ich möchte dabei ganz besonders die demografische Entwicklung betonen. Die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung und an betrieblicher Fortbildung wird allerdings sehr häufig – das haben wir in der Enquete-Kommission festge

stellt – selektiv wahrgenommen. Das heißt, gewisse Problemgruppen, vermeintliche Problemgruppen, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch Frauen, werden nicht genug in die betriebliche Weiterbildung einbezogen.

Meine Damen und Herren, das wollen wir ändern. Wir möchten ausdrücklich betonen, dass den Betriebs- und Personalräten bei der Fort- und Weiterbildung eine ganz große Rolle zukommt. Wir möchten auch betonen – das haben wir durch eine Anfrage an die Landesregierung erfahren –, dass die Gewerkschaften bei der betrieblichen Weiterbildung eine außerordentlich gute und eine sehr positive Rolle einnehmen.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Punkt 4: Neue Arbeitsstrukturen und tarifvertragliche Vereinbarungen. – Die Zukunft wird neue Arbeitsstrukturen verlangen. Das heißt, Betriebe müssen sich darauf einstellen, dass die Arbeitsstruktur, die Arbeitsformen und die Beschäftigungsmodelle andere werden. Hier hatten wir die Überlegung – das ist bei unseren Vorschlägen auch nachzulesen –, dass externe Berater, hier auch wieder in betrieblichen Verbünden, sehr gut dazu beitragen könnten, die unterschiedlichen strukturellen Gegebenheiten der kleinen und mittelständischen Betriebe zu verbessern. Auch – hier ähnlich wie bei der betrieblichen Fort- und Weiterbildung – spielen Betriebs- und Personalräte eine ganz wichtige Rolle.

Meine Damen und Herren, zu den tarifvertraglichen Vereinbarungen lassen Sie mich eines ganz klar sagen: Die SPD-Fraktion sieht keine tarifvertraglichen Hemmnisse, die den Arbeitsmarkt negativ beeinflussen könnten.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Ich sage ganz deutlich – der Vorsitzende Franz Schwarz hat eben auch völlig zu Recht darauf hingewiesen –, dass in den letzten Jahren so gravierende Reformen auf dem Arbeitsmarkt stattgefunden haben, die dann zu Ergebnissen gekommen sind, die ausschweifender waren und relevanter waren als jemals zuvor. Der Flexibilisierungsgrad hat den höchsten Grad seit zehn Jahren erreicht. Dabei möchte ich ausdrücklich betonen, dass die Gewerkschaften einen ganz großen Anteil daran haben, dass diese betrieblichen Bündnisse und diese verschiedenen Flexibilisierungsgrade möglich waren. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben in den letzten Jahren sehr viel auf sich genommen, um ihre Betriebe wettbewerbsfähig zu halten. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt ist auch, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer natürlich einen Anspruch darauf haben, dass ihnen eine gewisse Sicherheit gewährt wird. Diese Sicherheit wollen wir nicht durch weitere tarifvertragliche Lockerungen riskieren, jedenfalls nicht mit der SPD.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Punkt 5: Das familienfreundliche Unternehmen und die Stärkung der Frauenerwerbstätigkeit. – Wieder nenne ich die demografische Entwicklung. Wieder nenne ich

die Wichtigkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist aus guten Gründen und völlig zu Recht bundes- wie auch landespolitisch in aller Munde. Das AuditVerfahren in Rheinland-Pfalz „Beruf und Familie“ wie auch das Programm „Viva Familia“ sind außerordentlich wichtige Beiträge des Landes Rheinland-Pfalz, um diese Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu realisieren.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn wir von Vereinbarkeit von Familie und Beruf reden, müssen wir natürlich auch – auch das hat Franz Schwarz erwähnt, ich will es aber auch noch einmal betonen – von Lebens- und Langzeitarbeitskonten sprechen. Das sind wichtige Modelle, um die Übereinstimmung beruflicher und privater Interessen übereinzubringen. Diese Modelle können sehr gut dazu beitragen, der demografischen Entwicklung Rechnung zu tragen. Allerdings haben wir festgestellt, was die Lebens- und Langzeitkonten betrifft, dass dort noch erhebliche Informationsdefizite vorliegen. Diese müssen abgebaut werden, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern klar wird, dass beide sehr wohl etwas davon haben, wenn sie diese Lebens- und Langzeitkonten einrichten.

Dann komme ich zur Erwerbstätigkeit von Frauen. Ich hole deshalb tief Luft, weil ich mir dabei wünsche, dass alle Fraktionen – ich blicke dabei auf die große Oppositionsfraktion – diesem wichtigen Aspekt auch genug Raum in ihren Schlussbetrachtungen einräumen würden. (Beifall bei der SPD)

An dieser Stelle darf ich mich besonders freuen, dass der Kollege Schweitzer aus dem Innenausschuss beherzt klatscht, was die Förderung von Erwerbstätigkeit von Frauen angeht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hatte das schon bei der Debatte über die Ausbildungsplatzsituation angemerkt, wir können nicht die ganze Zeit darüber reden, wie wichtig uns das ist, dass Frauen wieder in den Arbeitsmarkt eintreten können, oder wie wichtig Frauen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sind, dass sich das dann aber nicht in den schriftlichen Endbetrachtungen niederschlägt. Das halte ich für schade.

Ich würde denken, dass wir das vielleicht beim nächsten Mal, bei der nächsten großen Enquete-Kommission, bei den Schlussbetrachtungen mit ausreichendem Platz bedenken würden.

Ich darf Ihnen ein Beispiel aus meinem Wahlkreis nennen, was die Erwerbsfähigkeit von Frauen angeht, wie man die steigern kann.

Boehringer Ingelheim hat eine wirklich wunderschöne Kooperation mit der Stadt Ingelheim, was die Betreuung von Kindern angeht, getroffen. Dort wurden Krippenplätze neu geschaffen. Das war der erste Schritt. Jetzt gibt es einen zweiten Schritt. Das Potenzial an Krippenplätzen wird verdoppelt. Boehringer Ingelheim hat den

Grund und Boden zur Verfügung gestellt. Die Stadt Ingelheim ist Träger dieser Krippengruppen.

Ich finde, das ist ein beispielhaftes Vorgehen. Ich denke, hiervon können wir uns viel abschneiden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, das waren in Kürze die Verbesserungsvorschläge der SPD.

Ich möchte allerdings noch anmerken – das ist mir sehr wichtig –, dass vieles von dem, was wir in der EnqueteKommission erarbeitet haben, jetzt in Berlin auf dem Aktionsplan der großen Koalition steht. Man sieht, Rheinland-Pfalz ist durchaus nicht nur in Bildungspolitik, sondern auch in Arbeitsmarktpolitik Vordenker in allen politischen Feldern.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Ich möchte betonen, dass wir in dieser EnqueteKommission viel gearbeitet haben. Wir haben viel gelernt. Aber wir haben auch viel Spaß gehabt. Es hat Spaß gemacht, in dieser Enquete-Kommission zu arbeiten. Ich darf sagen, dass wir natürlich auch die Sachverständigen der Oppositionsparteien sehr ernst genommen und sehr wohl respektiert haben. Ich denke, das Arbeiten insgesamt war sehr fair und sehr freundschaftlich.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich auch dem Dank des Vorsitzenden anschließen. Ein Dank an die Landtagsfraktionen, an die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Ministerien und Staatssekretär Dr. Auernheimer.

Ich darf zum Schluss an alle Mitglieder dieses Landtags einen Appell artikulieren.

Der Sachverständige Professor Dr. Bomarius hat davon gesprochen, dass wir in Rheinland-Pfalz eine hervorragende Ausgangssituation haben. Er hat aber auch davon gesprochen, dass das allgemein noch nicht so wahrgenommen wird.

Lassen Sie uns alle dafür sorgen, dass es wahrgenommen wird, weil es wahr ist. Wahr ist, Rheinland-Pfalz ist ein hervorragender Standort. Wahr ist, Rheinland-Pfalz ist das Aufsteigerland. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Menschen ohne Arbeit wieder Arbeit finden oder zumindest die Chance auf eine Integration in den Arbeitsmarkt haben.

Meine Damen und Herren, das ist unsere Verpflichtung, und dafür haben wir in der Enquete-Kommission gearbeitet.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD, der FDP und des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Abgeordneter Thelen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde mir jetzt die Bemerkungen zur Frau Kollegin Grosse für den Schluss aufheben, weil ich noch das eine oder andere dazu sagen möchte.

Als wir den umfangreichen Arbeitsauftrag für diese Enquete beschlossen haben, waren wir uns eigentlich schon im Klaren, dass dieser Auftrag in den verbliebenen drei Jahren dieser Legislaturperiode kaum zu schaffen sein würde.

Trotz all dem möchte ich vorab bei diesem Abschlussbericht, auch wenn es schwer war, das Pensum abzuarbeiten, den Kolleginnen und Kollegen auch der anderen Fraktion und auch Herrn Kollegen Schwarz sehr herzlich danken, weil trotz aller Unterschiedlichkeiten in den Positionen, worauf ich nachher natürlich noch eingehen werde, das menschliche Miteinander doch sehr angenehm war. Ich denke, das Arbeitsklima war auch sehr förderlich.

Ich danke auch besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Wissenschaftlichen Dienstes, allen voran Herrn Dr. Edinger, und auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stenographischen Dienstes; denn sie haben wirklich umfangreiche, aber auch sehr anerkennenswerte Arbeit geleistet. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall im Hause)

Zu Beginn unserer Arbeit war schnell klar, dass zusätzliches Geld für eine wissenschaftliche Analyse des Standorts Rheinland-Pfalz, seiner Stärken und Schwächen, nicht zur Verfügung steht. Die Erwartung, dieses Manko auszugleichen, richtete sich an unsere Sachverständigen, was allerdings von diesen im Rahmen der Expertentätigkeit nicht geleistet werden konnte.

Die CDU dankt allerdings auch ausdrücklich allen in der Enquete mitarbeitenden Experten und Sachverständigen für die Anregungen und Informationen, die sie für unsere Arbeit gegeben haben. Besonders möchte ich dabei den von uns benannten Sachverständigen, Herrn Dr. Klös, vom Institut der Deutschen Wirtschaft nennen und ihm auch in besonderer Weise danken, weil er die Diskussion und Arbeitsweise in einer Art und Weise befördert hat, die schon beeindruckend war,

(Beifall der CDU)

auch wenn leider nicht alle unsere Vorschläge und Anregungen von der Mehrheit umgesetzt wurden.

Leider hat sich die Mehrheit dem zentralen Kern des Arbeitsauftrags – Herr Kollege Schwarz das war kein zusätzlicher Arbeitsschwerpunkt, sondern sehr nah an unserem Einsetzungsbeschluss orientiert –, also der Fragestellung nach den auszuräumenden Hemmnissen auf dem Weg zu mehr Wachstum und Beschäftigung, auch nicht in der nötigen Intensität stellen wollen. Zuletzt blieb uns eine entscheidende Anhörung der Hauptbetroffenen, nämlich der Vertreter der Wirtschaft, der Unternehmerschaft, versagt. Lediglich eine schriftliche Befragung wurde eingeräumt.

Gleichwohl enthalten die zum Teil sehr ausführlichen schriftlichen Stellungnahmen und Anregungen insbesondere zum Bürokratie- und Regelungsabbau für die künftige Regierung wichtige Hinweise zur Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Rheinland-Pfalz. Deshalb an dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an alle Teilnehmer der von der Enquete durchgeführten Anhörungen. Es waren einige. Sie haben alle durch schriftliche Vorlagen und interessante Diskussionsbeiträge zu durchaus wichtigen Erkenntnissen beigetragen, die im Detail im Rahmen der Vorlagen, die zur Verfügung stehen, und über die Empfehlungen der Fraktionen hinaus Hinweise für eine Verbesserung der Landespolitik enthalten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Nun liegt uns heute der umfangreiche Abschlussbericht mit den ergänzenden Stellungnahmen von den Sachverständigen Dr. Klös und Dr. Seifert ab der Seite 140 vor. Insbesondere die Stellungnahme von Herrn Dr. Klös empfehle ich wirklich allen noch einmal zum Nachlesen, weil sie meines Erachtens in hervorragender Art und Weise die Schwächen und Stärken des Standorts Rheinland-Pfalz analysiert.

Die Stellungnahmen und Empfehlungen der Fraktionen der SPD und FDP finden wir in der Vorlage ab der Seite 154, die Empfehlungen der Fraktionen der CDU ab der Seite 166 und die der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab Seite 176.

Ich gehe davon aus, dass vielleicht auch die Besucher, aber doch zumindest die Medien über unseren umfänglichen Abschlussbericht verfügen und deshalb dort noch einmal einiges nachlesen können, was ich hier im Rahmen der knapp bemessenen Redezeit leider nicht benennen kann.

Meine Damen und Herren, gemeinsame Empfehlungen waren aufgrund der zwischen den Regierungsfraktionen und der CDU sehr unterschiedlichen Bewertung der Situation des Landes Rheinland-Pfalz und der sich hieraus ergebenden Handlungsnotwendigkeit wirklich nicht zu erwarten.