(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU – Staatsminister Bauckhage: Sehr gut!)
Frau Kohnle-Gros, dies sind höchst erfreuliche Fakten, und dies ist Anerkennung für die erfolgreiche Arbeit von eineinhalb Jahrzehnten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können es aber nicht zulassen, dass wir, die wir bemüht sind, Studienangebote qualitativ und quantitativ weiter auszubauen, die Rechnung begleichen, vor der andere sich drücken. (Beifall der SPD und der FDP – Frau Kohnle-Gros, CDU: Aha! Interessant!)
Wir können es nicht zulassen, dass unser Grundsatz eines gebührenfreien Erststudiums zu einem Massenansturm auf unsere Hochschulen führt, der ohne Korrektiv irgendwann nicht mehr zu verkraften sein wird und die grundgesetzlich geforderte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Frage stellt.
Dabei – das ist der wirklich ernste Teil, meine Damen und Herren von der CDU – besteht kein Zweifel daran, dass wir in Deutschland mehr Studierende brauchen. Wir werden es auch bekommen, dieses Mehr an Studierenden.
Die Kultusministerkonferenz – einstimmig, wie wir wissen – und der Wissenschaftsrat fordern Bund und Länder deshalb zu einem gewaltigen Ausbau der Hochschulen auf.
35 % eines Altersjahrgangs möchte der Wissenschaftsrat künftig als Jungakademiker von den Hochschulen ins Berufsleben entlassen. Zum Vergleich: Gegenwärtig sind dies knapp 20 %. Um all dies zu leisten, sei ein Ausbau der Studienplätze um 25 % bis 30 % notwendig.
Hinsichtlich der künftigen Finanzierung des Hochschulsystems ruft der Wissenschaftsrat Bund und Länder zu einer neuen Grundsatzdebatte auf. Während im föderalen Wettbewerb Forschungsinvestitionen der Länder durch zusätzliche Bundesmittel erheblich belohnt würden, so der Wissenschaftsrat, gebe es beim Studium und bei der Lehre keine ausreichenden Anreize für die bedarfsgerechte Bereitstellung zusätzlicher Studienplätze.
Dies könnte dazu führen, dass Länder zulasten der Ausbildung Gelder in die Forschung umlenken, so der Wissenschaftsrat. Recht hat er; denn es gibt eine ganz enge Korrelation zwischen den unterschiedlichen Anstrengungen einzelner Länder in den Bereichen Forschung und Lehre, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lassen Sie mich nun, da ich Ihnen die Entwicklung im Bereich der Lehre dargestellt habe, auf die Forschung eingehen. Rheinland-Pfalz hat in den vergangenen Jahren seine Forschungsinfrastruktur erheblich ausgebaut.
Hochrangig besetzte, gut ausgestattete und national wie international beachtete Einrichtungen innerhalb und außerhalb der Hochschulen haben Rheinland-Pfalz einen hervorragenden Ruf als modernes und innovatives Land eingebracht.
Die ersten beiden Fraunhofer-Institute in RheinlandPfalz wurden im Jahr 2001 gegründet. Mit diesen gezielten Investitionen und Ausbauansätzen sind in ehemals strukturschwachen Regionen unseres Landes, zum Beispiel Kaiserslautern, Wachstumskerne entstanden, die langfristig die Zukunft des gesamten Landes sichern werden.
Unternehmen finden Kooperationspartner für ihre Forschungsvorhaben. Durch Aus- und Neugründungen von Instituten entstehen zukunftsgerichtete Arbeitsplätze. Nachfrage und Umsätze der regionalen Wirtschaft steigen.
Ein weiterer Beleg für die forschungspolitische Attraktivität des Landes ist die im Jahr 2004 getroffene Entscheidung der Max-Planck-Gesellschaft, in Kaiserslautern ein Max-Planck-Institut für Softwaresysteme als Teil eines gemeinsamen Instituts mit Saarbrücken zu gründen. Gemeinsam mit der Forschungskompetenz der TU Kaiserslautern, den beiden Fraunhofer-Instituten, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz wird die Region und damit das ganze Land zu einem weltweit sichtbaren Zentrum für die Informationstechnologie ausgebaut.
Wir haben dies alles unter schwierigen Bedingungen geleistet. Damit meine ich nicht nur die angespannte Finanzsituation des Landes, ich meine damit die Verteilung von Forschungsmitteln des Bundes.
Es wundert nicht, dass Bayern und Baden-Württemberg die großen Gewinner der ersten Antragsrunde der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern sind. Mit Hilfe der überregionalen Forschungsförderung des Bundes haben diese beiden Länder bis in die 80er-Jahre hinein eine beachtliche Forschungsinfrastruktur aufbauen können. Auf dieser Grundlage haben sie ihre Forschungskapazitäten deutlich ausgeweitet, während ihr Studienplatzangebot – deswegen waren die Zahlen, die ich gezeigt habe, wichtig – stagniert oder sogar rückläufig ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist mit Blick auf eine gesamtstaatliche Verantwortung, die wir auch als Länder haben, nicht befriedigend. Dies ist ein ganz zentraler Punkt. Wir brauchen auch das zweite Standbein: den qualitativen und quantitativen Ausbau
Um nicht missverstanden zu werden: Für mich ist die Exzellenzinitiative von Bund und Ländern ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung des deutschen Wissenschaftssystems. Mir sei der Hinweis gestattet, dass die Landesregierung die Ausgestaltung dieses Zukunftsprogramms ganz entscheidend mit beeinflusst hat. Ich bin mir sicher, dass es unserer Wissenschaftslandschaft einen entscheidenden Schub bringen wird, nicht zuletzt auch bei uns in Rheinland-Pfalz. Ich sage dies ganz bewusst vor dem Hintergrund des nicht zufrieden stellenden Abschneidens unserer Hochschulen in der ersten Antragsrunde. Ich mache überhaupt keinen Hehl daraus, dass ich ein besseres Ergebnis erwartet hätte. Aber ich warne vor leichtfertigen Urteilen. Wir müssen zunächst einmal die Expertisen der Gutachter abwarten und dann die entsprechenden Schlüsse ziehen.
Niemand sollte in diesem Zusammenhang verzagen. Vielmehr wünsche ich mir, dass unsere Hochschulen den Ehrgeiz haben, aus der zweiten Antragsrunde erfolgreicher hervorzugehen. Unsere Hochschulen sind gut, und sie werden dies auch noch bei der Exzellenzinitiative unter Beweis stellen.
Der Unterstützung des Landes, nicht zuletzt durch Fördermittel des rheinland-pfälzischen Exzellenzprogramms im Rahmen von „Wissen schafft Zukunft“, können sie auch weiterhin gewiss sein.
Zu einfach macht es sich jedenfalls, wer wie die Opposition meint, das Abschneiden unserer Universitäten sei eine Folge ihrer angeblichen Unterfinanzierung durch das Land.
Das Ergebnis ist in der Tat in erheblichem Maße auf Finanzentwicklungen zurückzuführen. Aber damit meine ich nicht die Mittel des Landes, sondern letzten Endes eine Schieflage in der gemeinsamen Forschungsförderung von Bund und Ländern. Von dieser, eben gemeinsamen Forschungsförderung von Bund und Ländern profitieren einige Länder überproportional, und das auf Kosten der anderen. Der Betrag, den zum Beispiel Baden-Württemberg überdurchschnittlich durch die überregionale Forschungsförderung des Bundes erhält, ist größer als die gesamten Mittel des Länderfinanzausgleichs für Rheinland-Pfalz. Meine Damen und Herren, diese Einseitigkeit verhindert genau jenen Wettbewerbsföderalismus, der sonst lauthals gefordert wird.
(Beifall der SPD und der FDP – Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist etwas ganz Neues! Jetzt wissen wir endlich, wer schuld ist!)
Zusammengefasst lautet der Befund: Wir haben Rheinland-Pfalz in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten auch in der Wissenschaftspolitik zu einem Aufsteigerland gemacht. Junge Menschen aus allen Teilen Deutschlands und aus vielen anderen Staaten strömen an unsere Hochschulen. Sie wissen, dass sie dort gute Studienbedingungen vorfinden und auf hohem Niveau ausgebildet werden.
Auch in Sachen Forschung sind wir dabei, das aufzuholen, was vor allem bis in die 80er-Jahre hierzulande nicht realisiert wurde. Ich sage das ausdrücklich ohne jegliche Schuldzuweisungen.
(Frau Kohnle-Gros, CDU: Jetzt sind wir es! – Heiterkeit des Abg. Dr. Weiland, CDU – Dr. Weiland, CDU: Narrhallamarsch!)
Wenn jetzt zum Beispiel bei der Verlagerung der Hochschulbauförderungsmittel des Bundes und der Etablierung eines Hochschulpakts Einseitigkeiten weiter verstärkt werden, werden die mittel- bis langfristigen Folgen bedrohlich sein.
Bei allem notwendigen Ehrgeiz, uns mit den Besten der Welt messen zu wollen, dürfen wir nicht übersehen, dass das Fundament zu bröckeln droht, auf dem diese Spitzenleistungen überhaupt nur möglich sind.
Meine Damen und Herren, aus den beschriebenen Sachverhalten ergeben sich aus Sicht der Landesregierung folgende Konsequenzen, einerseits bezogen auf Rheinland-Pfalz, andererseits bezogen auf Deutschland:
1. eine Finanzierung der Hochschulen, die ihrem Auftrag entspricht und die ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherstellt und
2. wir brauchen veränderte, das heißt, faire Rahmenbedingungen, die einen qualitativen und quantitativen Wettbewerb in Forschung und Lehre – ich betone – und Lehre ermöglichen.