Wir sprechen bei der Erhöhung des Renteneintrittsalters davon, dass das Ganze erst in ein paar Jahrzehnten stattfindet. Wir gehen davon aus, dass sich bis dahin die Arbeitsmarktsituation vollkommen verändert hat.
Bei der heutigen Situation wissen wir, dass ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf dem Arbeitsmarkt aussichtslos sind. Das wird sich aufgrund des Mangels an Fachkräften, die zur Verfügung stehen, in den nächsten Jahren sehr schnell verändern. Deshalb glauben wir, dass sich die reguläre Rate, wie sie heute liegt, sowieso erhöhen wird.
Es ist im Übrigen auch die Tendenz der letzten Jahre, dass das Renteneintrittsalter gestiegen ist. Das wird weiter steigen. Natürlich gehen wir davon aus, dass es auf dem tatsächlichen Arbeitsmarkt Veränderungen geben wird.
Frau Ministerin, Sie haben bei den Zugangszahlen in die Rente darauf hingewiesen, dass es hier keine Unterscheidung im Hinblick auf die Erwerbsminderungsrente gäbe. Gibt es Erkenntnisse darüber, dass sich die Zahlen der Erwerbsminderungsrentner durch die von der rotgrünen Bundesregierung beschlossenen Zugangserschwernisse tatsächlich verändert haben?
Wir sind gern bereit, dieser Sache noch einmal nachzugehen. Dies war in der Kürze der Zeit nicht möglich. Natürlich gehe ich davon aus, dass sie sich verändert hat. Gleichzeitig ist auch die Berufsunfähigkeitsrente abgeschafft worden. Die Erwerbsminderungsrente – so heißt sie jetzt – ist ganz anders gestaltet worden. Deshalb wird es auch eine Veränderung in diesem Personenkreis geben. Dessen bin ich mir sicher.
Frau Staatsministerin, könnten Sie uns bestätigen, dass die große Koalition in Berlin in ihrer Koalitionsvereinbarung festgelegt hat, das Rentenrecht künftig so zu gestalten, dass Arbeitnehmer mit 45 Versicherungsjahren auch mit 65 Jahren in Rente gehen können, ohne dass es zu Abschlägen kommt und demzufolge die jetzige vorgezogene Diskussion eine Diskussion um ungelegte Eier ist?
Herr Bischel, ich kann Ihnen bestätigen – das ist auch bekannt –, dass die 45 Jahre Geltung haben werden. Das war auch für uns ein sehr wichtiger Punkt, dass Menschen, die 45 Jahre lang in Arbeit stehen, mit 65 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können. Vielleicht schaffen Sie mir noch kurz Gehör auf Ihre Frage hin. Wenn wir jetzt die Rentenfrage neu aufgreifen mit dem Ziel, das wir gemeinsam teilen, nämlich das Renteneintrittsalter zu erhöhen, muss man die Frage beantworten, was mit denjenigen passiert, die körperlich und gesundheitlich so stark beansprucht werden, dass es unrealistisch ist, dass sie überhaupt das 67. Lebensjahr als Erwerbstätige erreichen können. Wir wissen, auch in den Berufsbiographien von heute wird es in Zukunft eher die Seltenheit sein, dass jemand 45 Jahre erreicht.
Frau Ministerin, geht die Landesregierung davon aus, dass es Ausnahmetatbestände in der von Franz Müntefering vorgelegten Regelung geben wird?
Die Landesregierung geht davon, dass es ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren im Zusammenhang mit der Veränderung der Rente geben wird. Es gibt zurzeit unterschiedliche Vorschläge. Ich finde, es ist Gott sei Dank eine große Diskussion entfacht. So gibt es die Vorschläge, dass man nach Berufsgruppen differenziert. Das ist in der Umsetzung sehr schwierig. Es gibt den Vorschlag beispielsweise von Rürup, dass die Beitragsabschläge von wem auch immer am Ende übernommen werden. Es gibt die Vorschläge – darauf hat auch der Ministerpräsident hingewiesen –, möglicherweise auch tarifvertragliche Regelungen zu finden.
All diese Vorschläge müssen aus meiner Sicht intensiv geprüft werden. Damit beschäftigen sich auch andere
Länder. Ein Blick nach Österreich zeigt auch vieles, was diese Entwicklung betrifft. Dann müssen wir im Gesetzgebungsverfahren zusehen, dass dieser Aspekt eine entsprechende Berücksichtigung findet.
Frau Ministerin, ich hätte gern auf die letzte Frage von Herrn Marz eine etwas konkretere Aussage von Ihnen. Er fragt nach, ob die Landesregierung gedenkt, das Rentenalter auch auf die Beamten zu übertragen. Sie haben geantwortet, grundsätzlich ist es das Ziel der Landesregierung, alle Bevölkerungsgruppen gleichmäßig zu ent- und belasten. Meine konkrete Frage, auf die ich eine konkrete Antwort erbitte, lautet: Werden die Beamten in Rheinland-Pfalz an diese Rentenregelung angepasst werden?
Eine konkretere Antwort würde bedeuten, sich zurzeit über ungelegte Eier Gedanken zu machen. Wenn die Einführung kommt, das Rentenalter auf 67 Jahre zu erhöhen, ist es erforderlich, das Gesetzgebungsverfahren abzuschließen. Im Beamtenrecht ist die Frage zurzeit noch virulent, wobei gestern ein Stück weit beantwortet wurde, wie die Zuständigkeiten letztendlich verlaufen werden. Wenn diese Fragen geklärt sind, werden wir im Land wie auch in der Vergangenheit dafür sorgen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Wirkungsgleichheit entsprechend eintreten wird.
Bevor ich die nächste Mündliche Anfrage aufrufe, möchte ich etwas sehr Wichtiges nachholen. Ich möchte nämlich Herrn Staatsminister Hans-Artur Bauckhage sehr herzlich zu seinem 63. Geburtstag gratulieren. Herr Bauckhage, alles Gute!
Außerdem möchte ich Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Hauptschule Mainz-Gonsenheim, Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Böbingen und Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule Rockenhausen. Herzlich willkommen im rheinlandpfälzischen Landtag!
Zum Schluss möchte ich noch einen alten Bekannten begrüßen, und zwar den ehemaligen Landtagsvizepräsidenten Professor Dr. Fritz Preuss, der auf der Tribüne sitzt. Herzlich willkommen!
Meine Damen und Herren, ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Grosse (SPD), „Jedem jungen Menschen (s)eine Chance“ – Nummer 7 der Drucksache 14/4970 – betreffend, auf.
4. Welche Auswirkungen dieser Aktion sieht die Landesregierung im Zusammenhang mit der Jugendarbeitslosigkeit im Land?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Herren, meine sehr verehrten Damen! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Grosse beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die Jugendaktionswoche wurde vom 6. Februar bis zum 10. Februar 2006 an verschiedenen Standorten in Rheinland-Pfalz durchgeführt. Im Rahmen von fünf Regionalveranstaltungen wurde das Thema „Neue Chancen: 6000 Plus für Jung und Alt“ zielgruppenorientiert in fünf unterschiedlichen Ausprägungen aufgegriffen. An den Regionalveranstaltungen haben rund 920 Besucher und Besucherinnen teilgenommen. Auch der abschließende Jugendkongress am 14. Februar 2006 im KUZ in Mainz wurde mit rund 550 bis 600 Teilnehmern und Teilnehmerinnen ausgesprochen gut besucht. Insgesamt konnten fast 1.500 Besucher und Besucherinnen registriert werden, davon mehr als zwei Drittel aus der direkten Zielgruppe „Jugendliche, Schüler und Schülerinnen, Eltern und Multiplikatoren“.
Die Jugendaktionswoche wurde am 6. Februar 2006 mit der Regionalveranstaltung „Jedem jungen Menschen (s) eine Chance durch Ausbildung und berufliche Qualifizierung“ im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Koblenz in Rheinbrohl gestartet. Angeboten wurden
eine Podiumsdiskussion unter anderem mit dem Staatssekretär des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit sowie des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Informationen für Ausbildungsberufe sowie deren praktische Erprobung in insgesamt sieben Projektwerkstätten, eine Quizrallye durch alle Werkstätten, an der über 50 Schüler und Schülerinnen teilnahmen, sowie die Möglichkeit eines Berufsprofilings mit Zertifikat.
Zielgruppe waren hier insbesondere Schüler und Schülerinnen abgangsnaher Klassen. Die Regionalveranstaltung in Birkenfeld zum Thema „Jedem Menschen (s)eine Chance durch Kooperation und Vernetzung“, die am 7. Februar auf dem Umweltcampus Birkenfeld stattfand, sollte vor allem arbeitslose Jugendliche, insbesondere die Kunden und Kundinnen der ARGEN, aber auch Fachpublikum im Kooperationsbereich „Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit“ ansprechen.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Vorstellung von neun Berufsfeldern, zum Beispiel Garten- und Landschaftsbau, Maler-, Bau-, Metallgewerbe, verbunden mit der Möglichkeit zum Mitmachen und Ausprobieren an einzelnen Ständen.
Im Rahmen einer Diskussion von Politik mit Vertretern der Wirtschaft und Arbeitsmarktakteure wurde vor etwa 100 Zuschauern und Zuschauerinnen erörtert, wie die Chance ausbildungs- und arbeitsuchender Jugendlicher in der Region nachhaltig verbessert werden kann.
Des Weiteren stellte Thomas Mallon von der Kompetenzagentur Braunschweig das Projekt „Marketing für Hauptschüler“ in einem Workshop mit Vertretern von Betrieben und Lehrern und Arbeitsmarktakteuren vor. Der Leiter des Ressorts Arbeitseingliederung der Gemeinde Losser, Niederlande, informierte über neue Ansätze zur Berufsintegration Jugendlicher in den Niederlanden.
Die Regionalveranstaltung in Trier zum Thema „Bildung und Qualifizierung“ am 8. Februar im Palais Walderdorff richtete sich an Jugendliche, die nicht direkt den Einstieg in die Arbeitswelt geschafft haben bzw. bei denen zu befürchten ist, dass sie den Einstieg nicht direkt schaffen werden. Das Angebot umfasste eine Bildungs- und Informationsmesse, in der auch die örtliche Berufsberatung sowie die zuständigen Arbeitsgemeinschaften eingebunden waren, sowie ein Messebegleitprogramm, in dem durch Filmbeiträge, Interviews und Vorstellungen die Frage der zweiten Chance bzw. die Wege zur Ausbildung der Jugendlichen nochmals verdeutlicht wurde. Zudem konnte während der Messe das betreute Selbstlernzentrum der Volkshochschule genutzt werden.
Auch erfolgte eine Podiumsdiskussion von Jugendlichen mit der Arbeitsministerin und dem Wissenschaftsminister zu Fragen der Arbeitslosigkeit, ALG II, Probleme bei der Ausbildungsplatzfindung usw.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete nach dem offiziellen Teil ein Musikprogramm für Jugendliche. Unter dem Motto „Jedem jungen Menschen (s)eine Chance durch Berufsorientierung und Elternarbeit“ waren am 9. Februar in der Karl-Hoffmann-Schule in Worms im Rah
men der am Nachmittag organisierten Fachdiskussion zum Thema „Unterstützung bei der Berufsorientierung und die Bedeutung der Eltern bei diesem Prozess“ vor allem Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen, Sozialarbeiter, Eltern und weitere Interessierte angesprochen. Für den am Abend stattfindenden Workshop „Eltern als Berufswahlbegleiter“ waren es die Eltern von Schülern und Schülerinnen abgangsnaher Klassen.
Im Rahmen der fünften Regionalveranstaltung zum Thema „Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen“ am 10. Februar im Rathaus der Stadt Mainz diskutierte ein Fachpublikum mit den Vertretern und Vertreterinnen des Arbeitsministeriums, der arbeitsmarktpolitischen Migrationsprojekte Berufliches Qualifizierungsnetzwerk und INPACT, dem türkischen Generalkonsulat und Multiplikatoren aus Vereinen und Migrantenorganisationen die Möglichkeiten und Chancen, die in einer engen Zusammenarbeit zwischen den Akteuren liegen.
In der Diskussion haben die Vertreter und Vertreterinnen der Vereine die Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Zusammenarbeit sehr anschaulich aufgezeigt. Die Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, dem türkischen Generalkonsulat und den Trägern wurde erneuert und die Ausdehnung des Engagements auf andere Nationalitäten diskutiert. Zudem wurden Vereinbarungen über die weitere Zusammenarbeit getroffen.
Zum Ausklang der Jugendaktionswoche fand der große Jugendkongress am 14. Februar in den Räumen des KUZ in Mainz statt. Hier brachten sich noch einmal alle Akteure der Vorwoche unter dem Motto „Jedem jungen Menschen (s)eine Chance“ ein.
Ein Highlight des Abschlusskongresses waren für fast 600 Besucher und Besucherinnen sicherlich die Projektmesse mit praktischen Ausprobiermöglichkeiten in Berufsbildern, die Angebote der Berufsberatung, ein Kompetenzcheck, Schulungen zum Thema „Finanziell fit“, das Job-Fit-Quiz, bei dem es attraktive Preise gab, der Talk mit dem Mainz-05-Trainer Jürgen Klopp zum Thema „Was macht einen Profi im Berufsleben aus“, die Diskussionsrunde mit dem Ministerpräsidenten und der Arbeitsministerin rund um die gesamten Themen, das Bilanzgespräch zur Jugendwoche sowie natürlich auch die Live-Musik-Acts der Band Rainbow, das sind Jugendliche aus arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.
Zu Frage 2: Angesprochen werden sollten vor allem junge Menschen in Rheinland-Pfalz, die am Übergang von der Schule in die Ausbildung oder in das Berufsleben stehen, das heißt, je nach Themenschwerpunkt Schülerinnen und Schüler abgangsnaher Klassen allgemein bildender Schulen, Jugendliche in weiterführenden Schulen, Maßnahmeteilnehmer und -teilnehmerinnen sowie arbeitslose Jugendliche aus dem Kontext des Dritten und Zweiten Sozialgesetzbuchs.